Der rechte Rand

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10. August 2018 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Skandal Altersarmut

Es kommt keineswegs überraschend: Rund 25.500 Hamburger haben Ende 2017 Leistungen der Grundsicherung im Alter erhalten. Das seien 4% mehr als ein Jahr zuvor, teilte das Statistikamt Nord mit. 55% der Unterstützten waren Frauen. Überraschend ist auch nicht, dass von rot-grüner Seite diese Meldung ignoriert wird.

Altersarmut ist in Hamburg kein relevantes gesellschaftliches Thema, das bundesweit, aber auch regionale Antworten bedarf. Eine weiter ansteigende und teils explodierende Altersarmut lässt sich im bestehenden System der Alterssicherung nicht mehr aufhalten – es sei denn, man wagt systemverändernde Umbauarbeiten.

Eine große Mehrheit der Deutschen weiß, dass sich die Altersarmut in Deutschland in den kommenden zehn Jahren ausweiten wird. In einer am 15. Juli 2018 veröffentlichten, repräsentativen Emnid-Umfrage zu den aus Sicht der Bevölkerung drängendsten politischen Themen wurde die Vermeidung von Altersarmut als wichtigstes politisches Ziel genannt. 79% der Befragten sahen dies als wichtiges Anliegen, dicht gefolgt von der Herstellung gleicher Bildungschancen (76%). Gegenüber einer gleichartigen Emnid-Umfrage aus dem August 2017, in der die Herstellung gleicher Bildungschancen (75%) und die Verhinderung von Altersarmut (70%) als wichtigste Themen bezeichnet wurden, hat die Relevanz der Alterssicherung in der Bevölkerung nochmals zugenommen. Zum Vergleich: Eine Begrenzung der Zuwanderung sahen die Befragten in keiner der beiden Umfragen als vorrangiges Thema. Mit 39% der Bevölkerung schätzte nicht einmal die Hälfte der 2018 Befragten die Bedeutung des Themas als besonders wichtig ein, das entsprach Platz 13 von 20 genannten Themen.

Die Gründe für große Bedeutung des Themas Altersarmut sind offensichtlich: hoher Anteil von Niedriglöhnen am deutschen Arbeitsmarkt, hohe Erwerbslosigkeit von Älteren und immer öfter Armutsrenten. Um Armut und Ausgrenzung zu vermeiden, muss das Rentenniveau dringend stabilisiert und erhöht werden. Überdies sind weitere gezielte Maßnahmen notwendig, etwa zur Aufwertung geringer Rentenansprüche bei langjährig Beschäftigten, eine angemessene Bewertung längerer Zeiten der Arbeitslosigkeit sowie die Abschaffung der Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten. Auch die Rentenversicherungspflicht der nicht obligatorisch abgesicherten Selbständigen dient der Bekämpfung von Altersarmut.Damit Erwerbsarmut nicht direkt und unveränderlich zu Altersarmut führt, müssen endlich der Niedriglohnsektor, prekäre Beschäftigungsverhältnisse sowie Langzeitarbeitslosigkeit eingedämmt werden.

Dass Altersarmut ein Schlüsselproblem in der Berliner Republik und auch in Hamburg ist und bei großen Teile der Bevölkerung zu Zukunftsängsten führt, ist jetzt nicht zuletzt durch den Druck der neuen rechtspopulistischen Herausforderung (1)  auch bei den bürgerlichen Parteien und der Sozialdemokratie angekommen, die sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt haben bis 2025 das Rentenniveau auf dem heutigen Niveau von 48% zu stabilisieren. Wie es danach weitergeht, steht allerdings in den Sternen.

Die Faktenlage ist eindeutig: Wegen der politisch gewollten Absenkung des Rentenniveaus auf 43% (Durchschnittsrentner, vollzeitbeschäftigt, 45 Beitragsjahre) droht ab 2030 allen Arbeitnehmer*innen, die weniger als 2.500 Euro brutto im Monat verdienen und 35 Jahre Vollzeit gearbeitet haben, eine Rente unterhalb des Grundsicherungsbetrags. Durch die Ausbreitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, hohe Massenarbeitslosigkeit, aber auch durch stagnierende oder gar rückläufige Lohneinkommen sowie die diversen Renten»reformen« der letzten beiden Jahrzehnte sind viele Lohnabhängige nicht mehr in der Lage ausreichende Rentenansprüche aufzubauen, weder in der Gesetzlichen Rentenversicherung noch in den ergänzenden Systemen.(2) Den akut Betroffenen stehen zwei Reaktionsweisen offen: zum einen Verlängerung der Erwerbstätigkeit – soweit gesundheitlich möglich – über das Rentenalter hinaus; zum anderen der Rückgriff auf das soziale Sicherungssystem »Grundsicherung im Alter«.

Verlängerung der Lebensarbeitszeit

Zum Thema Altersarmut gehört, dass auch in Hamburg immer mehr Rentner*nnen arbeiten gehen, um ihre unzureichende Rente aufzubessern. Ende vergangenen Jahres hatten über 20.000 Senior*innen ab 65 Jahren eine geringfügige Beschäftigung. Die Zahl der Rentner*innen mit Minijob stieg damit seit 2003 um 77%.

Einen besonders großen Zuwachs gibt es bei den RentnerInnen ab 75 Jahren. Die Entwicklung auf Bundesebene gilt auch für Hamburg: Ende 2015 waren bundesweit mit knapp 176.000 Senior*innen dieser Altersgruppe mehr als doppelt so viele in einem sogenannten 450-Euro-Job beschäftigt als im Jahr 2005. Während in der Gesamtbevölkerung die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten (Minijobs) seit 2005 rückläufig ist, verkehrt sich diese Entwicklung im Alter also ins Gegenteil. Die Quote der ausschließlich geringfügig Beschäftigten sinkt bei den 15 bis 64-Jährigen (2005: 8,0% auf 2014: 7,8%) und steigt aber bei den 65 und älteren von 4,4 auf 5,5% an.

 

Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig arbeitenden Senior*innen hat deutlich zugenommen. Im Dezember 2017 waren 10.000 sozialversicherungspflichtige Lohnabhängige älter als 65 Jahre. Rechnet man die raus, die die Altersgrenze noch nicht erreicht haben, waren das immer noch 7.700 Senior*innen. 2003 gingen erst 3.600 RentnerInnen zusätzlich einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach.

Ursachen

Durch die Ausbreitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, hohe Massenarbeitslosigkeit, aber auch durch stagnierende oder gar rückläufige Lohneinkommen sind viele Lohnabhängige nicht mehr in der Lage, ausreichende Rentenansprüche aufzubauen – weder in der Gesetzlichen Rentenversicherung noch in den ergänzenden Systemen.

Das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente ist in den vergangenen 15 Jahren durch diverse »Reformen« (Beitragssenkungen und Rentenkürzungen; zuletzt Rente mit 67) beständig abgesenkt worden. Durch Sicherung der Lohneinkommen und Ausbau der Beteiligung der Unternehmen an der Finanzierung hätte die umlagefinanzierte Altersrente auch krisenfest gestaltet werden können.

Faktisch wurde mit der Präferenz für kapitalgedeckte Renten der Abschied vom Ziel der Lebensstandardsicherung eingeleitet, wie sie seit der Reform 1957 prägend für die Rentenpolitik war. Die Eingriffe in die Rentenformel hatten zur Folge, dass die Bestands- wie die Zugangsrenten in ihrer Höhe nicht mehr dem allgemeinen Einkommenstrend der aktiven Lohnabhängigen folgen, sondern einen zunehmend großen Abstand haben.

Die seit 2001 in die Rentenanpassungsformel eingefügten zusätzlichen Faktoren – insbesondere der Riester-Faktor und der Nachhaltigkeitsfaktor führen dazu, dass die Rentenanpassung der Lohnentwicklung nur noch abgebremst folgt. Die Untergrenze dieser Abflachung ist per Gesetz (Niveausicherungsklausel) für das Jahr 2030 auf 43 % beziffert.


Quelle: Sozialpolitik-aktuell.de

Altersarmut als tickende Zeitbombe

Gemäß dem »Rentenreport Hamburg 2017 bekam im Jahr 2015 ein Hamburger Rentner im Durchschnitt 1.118 Euro, eine Rentnerin sogar nur 710 Euro. Mit einem solchen Einkommen kommt man in einer teuren Großstadt wie Hamburg nur schlecht über die Runden. Und: Bei den Ruheständler*innen, die 2015 erstmals eine Rente bezogen, lagen die Durchschnittssätze noch niedriger: Männer erhielten im Schnitt 985 Euro, Frauen 700 Euro. Für die Sicherung eines würdevollen Lebens im Alter reichen diese Einkommen nicht aus.

Noch härter ist es dem DGB-Report zufolge für Empfänger*innen von Erwerbsminderungsrenten: Sie lagen 2015 bei Männern im Schnitt bei 660 Euro, bei Frauen bei 701 Euro. Auch hier galt: Wer 2015 erstmals eine Erwerbsminderungsrente bezog, bekam noch weniger als der Durchschnitt der bisherigen Bezieher: Männer 598 Euro, Frauen 628 Euro.

Gleichzeitig arbeiten die Hamburger aber deutlich länger als noch vor einigen Jahren: Männer gingen 2015 im Schnitt mit 64,2 Jahren in Rente, Frauen mit 64,9 Jahren. Gegenüber dem Jahr 2000 stieg das Renteneintrittsalter bei Männern um 4,5 und bei Frauen um drei Jahre an.



 Die niedrigen Alterseinkommen haben auch damit zu tun, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs in Hamburg seit 2004 zwar um 26% gestiegen ist, dabei aber vor allem die »atypische Beschäftigung« deutlich zugenommen hat. So stieg dem DGB-Report zufolge die Zahl der Teilzeitbeschäftigten im gleichen Zeitraum um 83%: von 133.000 auf 245.000. Und die Zahl der Leiharbeiter*innen stieg sogar um 115%, von 13.900 auf 29.900. Nur die Zahl der geringfügig Beschäftigten lag mit einem Zuwachs um 21% (von 144.000 auf 174.000) leicht unter dem generellen Anstieg der Arbeitsplätze.

All diese »atypisch« Beschäftigten aber sind im Alter von Armut bedroht. Dies betrifft vor allem auch die Frauen. Denn 70% der Arbeitnehmerinnen arbeiten in Minijobs oder in Teilzeit. »Viele wissen gar nicht, was das für Folgen im Alter hat. Ich habe große Sorgen vor dem, was da auf uns zukommt«, so DGB-Chefin Karger.

Grundsicherung

Über eine Million Menschen nehmen die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Anspruch. Dies ist eine andere Konsequenz aus wachsender Altersarmut. (3) Als bedarfsorientierte Sozialleistung für hilfsbedürftige Personen ist sie das letzte Netz der sozialen Sicherung in Deutschland für ältere Menschen und Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können. Eine ausreichende gesellschaftliche Teilhabe ist damit nicht gewährleistet, da in der Regelsatzberechnung wie bei den Hartz IV-Leistungen viele Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden.


 Quelle: Aktuelle Sozialpolitik

Bundesweit ist seit Einführung der Leistung im Jahr 2003 ist die Zahl der Leistungsberechtigten nahezu kontinuierlich von rund 440.000 auf knapp 1.058.827 Leistungsberechtigte im Dezember 2017 gestiegen. Auch im Bundesland Hamburg zeigt sich diese Entwicklungstendenz. Hier zählten März 2018 fast 44.000 Personen zu den Empfänger*innen. Gegenüber 2003 entspricht dies einem Anstieg um über 300%. Es handelt sich dabei zu fast 60% (absolut: 25.932) um ältere Menschen, 40,8% (absolut: 17.836) sind dauerhaft Erwerbsgeminderte im Alter zwischen 18 Jahren und der Regelaltersgrenze. Der Anteil der Erwerbsgeminderten an allen Leistungsempfänger*innen hat sich seit 2003 schrittweise erhöht.



Die gesellschaftlichen Kosten von Erwerbsminderungs- und Altersarmut sind beträchtlich. 2015 mussten dafür in Hamburg 271 Mio. Euro aufgebracht werden. Das waren 51 Mio. Euro mehr als in 2013 und 261 Mio. Euro mehr als noch 2006. Und es ist keine gewagte Prognose, dass die Ausgaben für diese Mindestsicherungsleistung in den nächsten Jahren weiter sprunghaft zunehmen werden.

55% der Unterstützten waren Ende 2017 Frauen. 7% aller Hilfebeziehenden lebten in Einrichtungen (z. B. Altersheimen) und 78% erhielten die Leistungen ergänzend zur Altersrente. 42% der Hilfeempfänger*innen hatten zuvor Arbeitslosengeld II (»Hartz IV«) und 16% laufende Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten.

Bezieht man die GrundsicherungsempfängerInnen auf die jeweilige Gesamtbevölkerung zeigt sich, dass die Grundsicherungsquote Ende 2016 auch in Hamburg mit 7,5% (Regelaltersgrenze und älter) zwar noch recht niedrig liegt, allerdings kontinuierlich steigt. Und Hamburg liegt beim Anteil der GrundsicherungsempfängerInnen in Deutschland an der Spitze.

Besonders hoch ist der Anteil der GrundsicherungsbezieherInnen bei den Bürger*innen ohne deutschen Pass. Hier lag die Grundsicherungsquote Ende 2016 bei 28,6%. Aber auch bei den deutschen Senior*innen ist die Quote kontinuierlich auf 5,8% Ende 2016 gestiegen.


Quelle Sozialpolitik aktuell

Für den kontinuierlichen Anstieg der Grundsicherungsquote verantwortlich sind in erster Linie die Leistungsverschlechterungen im Bereich der Gesetzlichen Rentenversicherung: Vor allem die Absenkung des Rentenniveaus, die Anrechnung von Abschlägen bei einem vorzeitigen Rentenbezug sowie die unzureichende Absicherung in Phasen der Arbeitslosigkeit haben dazu beigetragen, dass seit der Jahrtausendwende die durchschnittlichen Zahlbeträge bei den neu zugehenden Altersrenten nur schwach angestiegen und bei den neu zugehenden Erwerbsminderungsrenten sogar gesunken sind. Zugleich haben sich die Bedarfssätze der Grundsicherung erhöht, so dass es zu einer zunehmenden Überschneidung von Renten und Grundsicherungsniveau kommt.


 Quelle: Sozialpolitik-aktuell.de

Diese Überschneidung wird sich durch die vorgesehene weitere Absenkung des Rentenniveaus ausweiten. Niedrigverdiener werden selbst bei langjähriger Beitragszahlung keine Rente mehr erhalten, die oberhalb des Grundsicherungsbedarfs liegt.

Da bei der Bedürftigkeitsprüfung, die mit der Grundsicherung verbunden ist, alle Einkommen im Haushalt angerechnet werden, führt dies jedoch nicht automatisch dazu, dass auch eine Anspruchsberechtigung besteht. Aber die Legitimation der Gesetzlichen Rentenversicherung wird in Frage gestellt, wenn die Rente nach einem langen Arbeits- und Versicherungsleben noch nicht einmal das Niveau der vorleistungsunabhängigen Grundsicherung erreicht.

Die Zahl der Bezieher*innen von Grundsicherung im Alter unterzeichnet das tatsäche Ausmaß von Altersarmut in Detushcland wie Hamburg. Nimmt man nämlich für die Alterseinkünfte den Median des Äuvialenzeinkommens der Bevölkerung in Privathaushalten als Bezugspunkt zeigt sich, dass in 2016 12,3% der Rentner*innen mit weniger als 60% des Medians leben müssen, also arm sind. Die sog. Armutsfährdungssschwelle betrug 2016 für einen Einpersonenhaushalt 1.040 Euro und für einen Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren 2.184 Euro.
Lange Zeit lag die sog. Armutsgefährdungsquote für Rentner*innen unter dem Durchschnitt. 2005 betrug der Abstand in Hamburg noch 8%. Durch die anhaltende Senkung des Rentenniveaus liegt die Armut von Rentner*innen in 2016 mit 12,3% nur noch leicht unter dem Gesamtdurchschnitt von 14,9%. Daran haben auch Mütterrente und Rente mit 63 Jahren für langjährig Versicherte kaum etwas geändert.


 Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder

Und die Tendenz zur wachsenden Altersarmut wird ohne Politikwechsel weiter anhalten. Es geht um mehr als kosmetische Korrekturen, um das Rentenniveau wieder zu erhöhen und die Grundsicherungsleistungen schrittweise auf ein armutsfestes Niveau anzuheben.
So fordert der Sozialverband VdK u.a.:

  • Das Rentenniveau muss dauerhaft auf über 50% angehoben werden. Das Festschreiben des Niveaus bei 48%, wie von Schwarz-Rot vorgesehen, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, dem eine Anhebung auf 53% folgen muss. Die Renten müssen wieder parallel zu Löhnen und Gehältern angehoben werden. Dafür müssen die Dämpfungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel abgeschafft werden.
  • Zur Vermeidung von Altersarmut innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung müssen gezielt die Elemente des sozialen Ausgleichs, wie Rente nach Mindesteinkommen, Bewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit und Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung  und Pflege von Familienangehörigen, überprüft, modifiziert und ausgebaut werden.
  • Wegen der Heraufsetzung der Regelaltersgrenze auf 67 müssen für diejenigen Menschen Regelungen geschaffen werden, die aus gesundheitlichen  oder behinderungsbedingten  Gründen nicht bis 67 arbeiten können.
  • Die Erwerbsminderungsrenten müssen angehoben werden, damit Krankheit nicht zur Armutsfalle wird. Die Abschläge von bis zu 10,8% müssen  abgeschafft werden, auch für Bestandsrentner*innen. Die von der schwarz-roten Koalition angekündigten Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente können hier nur der erste Schritt sein.
  • Die gesetzliche Rentenversicherung muss langfristig zu einer Erwerbstätigenversicherung ausgebaut werden. Das erfordert, alle Selbstständigen und Beamte in die Versicherungspflicht einzubeziehen. So wird die Einnahmesituation der Rentenversicherung verbessert, und die Pensionslasten werden verringert.

Auch auf Landesebene müssten Maßnahmen ergriffen werden, um die Altersarmut zu mindern. Dazu gehören z.B.

  • eine Erhöhung und Anpassung der Einkommensgrenzen, ab denen Wohngeld beantragt werden kann;
  • 50.000 kostenfreie kulturelle Angebote (z.B. Theaterplätze) für benachteiligte Menschen in Hamburg je Jahr;
  • eine Sozialkarte ÖPNV und einen Sozialtarif »Energie« für alle bedürftigen Menschen zur Sicherung der Stromversorgung durch Landesbetriebe in Hamburg, Einführung einer Seniorenkarte ohne Uhrzeitbarriere von Montag bis Freitag, Einrichtung einer Clearingstelle bei Strom-/Wassersperren;
  • Erhalt und Ausbau der Seniorentreffs in den Bezirken;
  • der Aufbau kostenfreier haushaltsnaher – sozialversicherungspflichtiger – Dienstleistungen.

Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfordert den Einsatz öffentlicher Mittel. Geld dafür ist vorhanden. Der rot-grüne Senat hat aufgrund der guten Entwicklung der Steuereinnahmen jetzt – wohl auch mit Blick auf die Bürgerschaftswahl Anfang 2020 – eine Teilkorrektur der bisherigen Politik der Haushaltskonsolidierung vorgenommen, und schon für 2018 Mehrausgaben von ca. einer Mrd. Euro beschlossen. Auch in den Haushaltsjahren 2019/2020 soll das Ausgabenvolumen gegenüber den bisherigen Planungen deutlich angehoben werden. Allerdings ist schon anhand der Beschlüsse für 2018 zu erkennen, dass die soziale Spaltung und damit auch das Thema Altersarmut für Rot-Grün keine Herzensangelegenheit ist. Hier muss dringend nachgebessert werden.

1) So hat der völkisch-nationale Flügel der AfD um Bernd Höcke angekündigt, das Thema Rente im nächsten Jahr auf die politische Agenda zu setzen. Angedacht ist eine Erhöhung des Rentenniveaus – allerdings, und das ist charakteristisch für den Rechtspopulismus, nur für Deutsche.
2) Zu beachten ist, dass bei der Einschätzung der Renten nicht einfach auf das Haushaltseinkommen der Renter*innen geschlossen werden kann. Die Rentenhöhe gibt für sich genommen nur eingeschränkt Hinweise auf die Einkommenssituation im Alter. Da weitere Einkommen nicht berücksichtigt werden, ist die Bezugnahme auf die Höhe des durchschnittlichen Bruttobedarfs von Empfänger*innen der Grundsicherung im Alter (800 Euro, Stand Dezember 2016) diesbezüglich nicht aussagefähig.
3) Auf die »Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung« (seit 2003 gesetzlich geregelt im SGB XII) haben Personen ab Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Volljährige, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, einen Anspruch. Bedürftigkeit liegt dann vor, wenn eigenes Einkommen und Vermögen sowie Einkommen und Vermögen des (Ehe)Partners nicht zur Bedarfsdeckung ausreichen. Wer also im Alter keine ausreichend hohe Rente hat und dem auch keine anderen Einkommen im Kontext des Haushaltes zur Verfügung stehen, hat Anspruch auf eine Aufstockung der Rente bis auf das Niveau des Grundsicherungsbedarfs.

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