Der rechte Rand

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19. Oktober 2015 Björn Radke

Schleswig-Holstein: Herausforderung durch den Flüchtlingsstrom

Die Zahl der Zuflucht suchenden Menschen, die nach Schleswig-Holstein kommen, steigt weiter deutlich an. Nach Auskunft des Innenministeriums vom 18. Oktober haben im Monat September über 10.000 Menschen im Land Schutz gesucht. Im August lag die Zahl bei 5.600 und im Januar bei 1.067. Bis einschließlich September betrug die Zahl der Schutzsuchenden in diesem Jahr 24.915.

Bis Ende des Jahres rechnet die Landesregierung mit 50 bis 60.000 Schutzsuchenden. Im Verlauf des Oktobers seien weitere 5.300 Menschen eingetroffen. Im Land stehen rund 11.000 Plätze für die Erstaufnahme zur Verfügung, 12 Einrichtungen sind für die Erstaufnahme von Flüchtlingen in Betrieb oder als Reserve bezugsfertig.

 

Angesichts dieser Entwicklung hat die Koalitionsregierung aus SPD, GRÜNEN und SSW weitere Hilfsmaßnahmen angekündigt. Für den Bau von Übergangsunterkünften für 10.000 Flüchtlinge sind 50 Mio. Euro bereitgestellt worden. Geplant ist zudem ein neues Programm zur Wohnraumförderung in Kommunen. Ziel sind 20.000 Wohnungen. Gesamtinvestition: 1,5 Mrd. Euro. Darüber hinaus will die Landesregierung ihre Mittel für »dezentrale kommunale Unterkünfte« auf sechs Mio. Euro aufstocken.

Die Kommunen sollen für die Integration von Flüchtlingen künftig pauschal 1.000 Euro je Person erhalten. Bisher waren es 900 Euro. Versprochen sind bereits mehr LehrerInnenstellen. Derzeit besuchen 3.945 Flüchtlingskinder die Basisstufe in einem der landesweit etwa 100 DaZ-Zentren (Deutsch als Zweitsprache). Dort unterrichten 358 LehrerInnen. Auch an den Berufsschulen macht sich der Flüchtlingszustrom bemerkbar. Dort wurden Mitte September 2.033 jüngere Flüchtlinge beschult. [1]

In einer Grundsatzrede im Landtag räumt Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) nicht zu übersehende Probleme der Massenzuwanderung ein. »Ich sehe die Realität« mitsamt der Probleme, vor denen »wir uns nicht wegducken können«. Er sprach davon, dass in vielen Städten, Dörfern und Kreisen Flüchtlingsunterkünfte fehlen. »Wir wissen, dass viele und insbesondere kleinere Kommunen an der Grenze dessen sind, was sie leisten können.« Dasselbe gelte für ehrenamtliche Helfer: »Denen geht langsam die Luft aus.«

Zur Zustimmung der Landesregierung zum Berliner »Asylkompromiss« im Bundesrat und damit zur Absegnung von Maßnahmen, die die Koalition lange zu recht abgelehnt hatte, sagte er: »Wir müssen Kompromisse eingehen, die wir gestern noch für unerträglich gehalten haben«, und meinte damit die Ausweisung weiterer sicherer Drittstaaten oder Abstriche bei Asyl-Geldleistungen. Er ließ keinen Zweifel aufkommen am Entschluss, Menschen ohne Asylanspruch zurückzuschicken: »Ja, wir schieben ab, und wir werden abschieben.«

Andererseits bekannte er sich zum Asylrecht und nahm gegen Abschottungsoptionen Stellung. Er sei sicher, dass 2,8 Mio. Schleswig-Holsteiner die Zuwanderung von 50.000 Menschen in diesem Jahr verkraften könnten. Ein Ende der Flüchtlingswelle sieht er nicht. »Das Thema wird nicht wieder verschwinden.« Es werde künftig Klimaflüchtlinge oder Zuwanderer aus neuen Kriegsregionen geben. Den Vorschlag, an den deutschen Grenzen Transitzonen einzurichten, lehnte er ab. Man habe auch in Kiel die jahrelangen Warnungen, dass Bürgerkriege und Nord-Süd-Gefälle eines Tages Flüchtlingsströme nach Europa führen werden, nicht ernst genug genommen. Und: Der Zustrom von Flüchtlingen werde auch nicht schnell wieder aufhören. Darauf müsse man die BürgerInnen vorbereiten.
»Fata-Morgana-Lösungen« wie die Forderung nach mehr Außengrenzsicherung und Transitzonen würden die Menschen hingegen nur enttäuschen, weil sich schnell herausstellen würde, dass sie unwirksam sind, erklärte der Ministerpräsident und stellte sich ganz in die Vorgaben von Bundeskanzlerin Angele Merkel.

Die zusätzlichen Leistungen reichen aber nicht, um soziale Härten und damit mögliche neue Konfliktsituationen zu vermeiden. Albig kündigte an, dass man bei den Standards Kompromisse eingehen müsse. Man werde Flüchtlinge zur Entlastung der Kommunen erst einmal in Zeltlagern unterbringen müssen. Sie sollten »so wenig wie möglich frieren oder hungern«, mehr sei einfach nicht drin. Noch vor einem halben Jahr hätte er solch einen Satz mit »Abscheu und Empörung« zurückgewiesen. Auch werde zum Beispiel nicht jeder traumatisierte Flüchtling schnell eine Therapie bekommen, weil ausgebildetes Personal fehlt.

Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Landeschef Ralf Stegner sekundierte dem Ministerpräsidenten. Zu den Ankündigungen zur weiteren Hilfsmaßnahmen erklärte er: »Bei der Nachschiebeliste der Landesregierung, bei der Haushaltsdebatte im Dezember und ja, wenn es nötig wird, auch bei Nachtragshaushalten im kommenden Jahr. Wir werden allerdings das Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse den Realitäten und Verhältnissen in den anderen Bundesländern anpassen, weil wir uns den Luxus der doppelten Hosenträger und Gürtel samt Fesseln und Knebeln in diesen Zeiten nicht erlauben können.«

Die hiermit angekündigte kreative Ausschöpfung – sprich das Unterlaufen – der Schuldenbremse, wie es angesichts der Lage in anderen Bundesländern längst der Fall ist, ist ein Hinweis darauf, wie angespannt die Haushaltslage in Schleswig-Holstein ist, zumal man aktuell auch noch mit der HSH Nordbank vor einer zusätzlichen finanziellen Belastung von gut acht Mrd. Euro steht, die das Land nicht hat (bei einem Schuldenberg von 27,5 Mrd. Euro).

»Aufgrund der weiterhin deutlich steigenden Zugangszahlen an Asylbewerberinnen und -bewerbern werden auf Basis einer durchschnittlichen Zahl von Leistungsempfängerinnen und -empfängern von rund 27.500 im Jahr 2016 folgende Ausgaben im Haushaltsentwurf der Landesregierung für 2016 abgebildet:

  • für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 160,3 Mio. Euro,
  • für Ausgaben aufgrund von Werkverträgen (u.a. ärztliche Versorgung, Verpflegung, Betreuung, Wachdienst) 34,6 Mio. Euro,
  • für eine Integrationspauschale für die Betreuung von Flüchtlingen 13,5 Mio. Euro,
  • für die Finanzierung von jeweils durchschnittlich je zwei Stellen bei den Kreisen und kreisfreien Städten für die Koordinierung der integrationsorientierten Aufnahme von Asylsuchenden 2 Mio. Euro,
  • für Ausgaben zur Förderung von Sprache und Erstorientierung 4,0 Mio. Euro,
  • für die Personalbedarfe werden 72 neue Planstellen und Stellen veranschlagt, davon entfallen 15 auf den Bereich des Ministeriums und 57 auf das Landesamt für Ausländerangelegenheiten. Der finanzielle Mehrbedarf beläuft sich für 2016 auf rund 4,1 Mio. Euro.

Auch in 2016 wird weiterhin mit einer erheblichen Steigerung der Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gerechnet. Mit der Erhöhung des Ansatzes von 25,5 Mio. Euro (Nachtrag 2015) auf 38,2 Mio. Euro in 2016 wird den hieraus resultierenden Erfordernissen Rechnung getragen. Für Kontingentflüchtlinge sind in 2016 wie im Vorjahr 21 Mio. Euro vorgesehen. Rund 12 Mio. Euro sind u.a. für Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration und für DaZ-Maßnahmen sowie Bewirtschaftungskosten für Erstaufnahmeeinrichtungen eingeplant. Für den Aufgabenbereich Asyl/Flüchtlinge sind im Landeshaushalt im Jahr 2016 insgesamt rund 300 Mio. Euro veranschlagt.« [2]

Die Landesregierung kommt nicht umhin festzustellen, dass all diese Vorhaben mit den »Folgen des erhöhten Zugangs von Flüchtlingen auf den Landeshaushalt (…) der Höhe nach noch nicht absehbar sind«. Die CDU-Spitze im Norden zeigt sich angesichts dieser Situation gespalten. CDU-Fraktionschef Daniel Günther erklärte, auch einige Vorschläge aus Unionskreisen trügen nicht gerade zur Lösung der Probleme bei, kurzfristig werde keine Maßnahme die Flüchtlingszahlen senken. Der Vorsitzende der Nord-CDU, Ingbert Liebing, setzt voll auf die rechtspopulistische Ideologie. Er sprach sich für ein Abschiebe-TV zu Abschreckungszwecken aus. Mit Blick auf eine aus seiner Sicht »kippende Stimmung in der Bevölkerung« forderte der auf Sylt lebende Christdemokrat, dass Bund und Länder in der Flüchtlingsfrage künftig nicht mehr ausschließlich auf eine »Willkommenskultur« setzen dürften. »Wir brauchen auch eine Verabschiedungskultur«, sagte Liebing und forderte u.a. mehr »öffentlich sichtbare Zeichen der Abschiebung«.

Immerhin ist der CDU-Chef nicht tonangebend für seine Partei. CDU-Fraktionschef Daniel Günther und FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sprachen sich freilich für eine Begrenzung des Zuzugs aus. Dies sei auch eine Voraussetzung dafür, dass Integration gelingt, sagte Günther. »Wir sind ein starkes Land.« Schleswig-Holstein könne die 60.000 Flüchtlinge dieses Jahres integrieren. Er forderte vom Land allerdings mehr Unterstützung für die Kommunen ein, mehr Geld und Erleichterungen im Baurecht zum Beispiel, um schnell neue Unterkünfte errichten zu können. Dann müsse man mit Bund und EU daran arbeiten, die Fluchtursachen zu bekämpfen.

Auch FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki betonte, man müsse den Menschen aufrichtig sagen, »dass es schwierig wird, dass wir es aber schaffen können«. »Wir können es schaffen, aber nur, wenn wir schnell die notwendigen Voraussetzungen schaffen.« Derzeit sei ein »staatliches Versagen neuen Ausmaßes« zu erleben. So sei das System der Flüchtlingsversorgung nur deshalb noch nicht kollabiert, »weil die Zivilgesellschaft originär staatliche Aufgaben übernommen hat«. Erstmals habe er das Gefühl, »dass wir ein Demokratieproblem bekommen«. Ein typischer Kubicki: Er war ein maßgeblicher Verfechter der Zurückdrängung des Staates zugunsten des »freien Marktes« unter Inkaufnahme der Zerstörung öffentlicher Infrastruktur und nun klagt er – ohne jede Spur von Selbstkritik –dies an.

Die Landesregierung steht janusköpfig da. Da sind einerseits die zusätzlichen Mittel zur Bewältigung der Herausforderungen, die aber nicht ausreichen werden, und anderseits die restriktiven Maßnahmen:

  • Rückführungen in den Wintermonaten. In Schleswig-Holstein werden auch künftig schutzbedürftige Menschen (z.B. Familien mit Kindern, Kranke, Ältere, schwangere Frauen etc.) nicht in Unsicherheit und Not zurück geschickt. »Dies wird allerdings nicht mehr in Form pauschaler Regelungen für einen festen Zeitpunkt und eine abschließende Liste von Herkunftsstaaten angewandt. Vielmehr wird künftig eine sorgfältige Prüfung der Umstände des Einzelfalles erfolgen, die Rückführungen in Sicherheit und Würde gewährleistet. An der humanitären Praxis in Schleswig-Holstein ändert sich nichts, aber Schleswig-Holstein wird auch nicht Anziehungspunkt für die werden, die nicht schutzbedürftig sind.«

  • Innenminister Stefan Studt (SPD) hat jetzt bestätigt, dass es im Ministerium doch die Überlegung gibt, Zeltstädte zu errichten. Die Zelte müssten die Standards des internationalen Flüchtlingshilfswerks UNHCR erfüllen. Auch die Frage, wie viele Menschen in einer solchen Zeltstadt wohnen sollen, ist noch nicht geklärt. »Wir reden im Moment davon, dass die Zahl nie größer sein darf als 5.000. Das ist mein ganz persönlicher Ansatz. Wenn Sie mich vor vier Wochen gefragt hätten, hätte ich das für völlig abwegig erachtet. Aber die Situation ist jetzt eine andere.«

  • Mit der Zustimmung zum Asylpaket des Bundes wird die Abschiebepraxis verschärft werden. »Ja, wir schieben ab, und wir werden abschieben.«

Dass die enorm hohe Zahl von Menschen, die in Europa Deutschland und Schleswig-Holstein Schutzsuchen, eine gewaltige finanzielle, organisatorische und auch logistische Herausforderung bedeutet, ist unstrittig. Logischerweise rückt in dieser Konstellation auch die Frage nach den Fluchtursachen und was man dagegen tun kann, in das Zentrum des öffentlichen Diskurses. Unstrittig ist auch, dass die Landesregierung und etliche Kommunen überfordert sind. Vor allem im Bereich der Kommunikationspolitik werden mehr und mehr Konflikte mit dem ehrenamtlichen HelferInnen ausgelöst. Für die HelferInnen ist die Koordinierung und die Mobilisierung von weiteren UnterstützerInnen, sowie das Warten auf die Flüchtlinge jedes Mal nervenaufreibend. Vor allem die »scheinbar unverändert chaotische Informationspolitik der Landesregierung«, wie es ein Ehrenamtlicher ausdrückte, sorge für Frustration.

»Nörgelig zu sein, wäre unfair«, sagt Hartmut König, Bürgermeister von Boostedt (Kreis Segeberg). Er fühlt sich informiert vom Land und sagt, dass er immer schnellen Kontakt zur Staatssekretärin Manuela Söller-Winkler habe. Die Leute denken, dass der Bürgermeister die Befugnis habe, zu entscheiden, ob mehr Flüchtlinge in der Gemeinde untergebracht werden. »Das habe ich nicht, und wir versuchen, bestmöglich mit dem Land zusammenzuarbeiten.« Dass ehrenamtliche Helfer wegbrechen, kann König nicht feststellen. Es gebe in Boostedt viele KritikerInnen, aber eben auch viele Menschen, die sich für die Flüchtlingshilfe einsetzen.

Es gibt auch kritischere Stimmen. Glückstadts Bürgermeister Gerhard Blasberg bedauert die mangelnde Informationspolitik aus Kiel. »Das Land tut so, als ob die Stadt nichts damit zu tun hat. Wir brauchen aber das Ehrenamt«, sagt Blasberg, in dessen Stadt im Kreis Steinburg ab November 2.000 Flüchtlinge untergebracht werden. Und diese EhrenamtlerInnen vor Ort hätten schon jetzt Schwierigkeiten, weil sie Antworten geben müssen, aber nicht können. Es ist zügig eine Verbesserung in der Kooperation und Informationspolitik angesagt, soll der Unmut bei den EhrenamtlerInnen sich nicht weiter verstärken.

»Informationsmäßig sitze ich auf dem Trockenen«, beklagt Axel Pietsch, hauptamtlicher Bürgermeister in Kellinghusen. Weder Belegungszahlen noch sonstige Informationen kämen aus dem Kieler Innenministerium. »In Krisenzeiten muss eine vernünftige Informationspolitik betrieben werden«, fordert Pietsch. Die Stimmung in der Stadt leide unter der mangelnden Information. Denn würden es wirklich 2.000 Flüchtlinge, wäre diese Zahl für zahlreiche EinwohnerInnen zu viel, das wären mehr als 25 Prozent der Bevölkerung. Pietschs Fazit: »So kann man nicht zusammenarbeiten.«

Zwischenfazit: Die hohe Zahl der Schutzsuchenden stellt auch Schleswig Holstein vor enorme Probleme. Bemerkenswert ist das hohe zivilgesellschaftliche Engagement, dass z.T. durch die miserable Kommunikation und unzulängliche Zusammenarbeit der Behörden unterlaufen wird. Die Landesregierung versucht mit kurzfristigen Maßnahmen und einem erhöhten Ressourceneinsatz, für den auch das Unterlaufen der Schuldenbremse kein Tabu mehr ist, die Probleme in den Griff zu bekommen. Die zusätzlichen Mittel aus Berlin helfen dabei. Die Kehrseite: kontraproduktive Verschärfungen des Asylrechts werden dafür mindestens billigend in Kauf genommen. Wie bei der Bewältigung der Aufgabe der Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge agiert die Landesregierung allerdings auch in der Landespolitik eher kurzatmig. Sie hat für das Land keinen Plan, wie etwa Produktion und öffentliche Infrastruktur modernisiert werden können. Eine längerfristig angelegte landespolitische Vision, die überzeugend darlegt, wie den BürgerInnen eine Perspektive für die Zukunft eröffnet werden soll, bleibt die Regierung schuldig.

[1] Zahlen aus: Information zur Flüchtlingssituation
[2] Bericht der Landesregierung zum Antrag »Menschenwürdige Unterbringung sichern! Gemeinsames Konzept von Land und Kommunen zur Unterbringung von Flüchtlingen im Land Schleswig-Holstein« vom 25.09.2013

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