Der rechte Rand

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Das IfS. Faschist*innen
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ISBN 978-3-89965-578-0

10. Januar 2013 Björn Radke

Schleswig-Holstein: Auch die Sparkassen spüren die Krise

„Die Sparkassen und die Provinzial Versicherung sind in der Finanzkrise ein Garant dafür gewesen, dass das Finanzsystem nicht gänzlich zusammengebrochen ist und wir müssen alle gemeinsam dazu beitragen, dass dieses System so erhalten bleibt“. Das betonte ein Vertreter der Ver,di-Nord-Landesleitung auf einer Kundgebung am 12,Dezember letzten Jahres vor dem Kieler Landeshaus. Über 2.000 BürgerInnen waren gekommen, um gegen einen möglichen Verkauf der Provinzial-Versicherung zu protestieren.

Ausgelöst wurde dieser Vorgang durch eine Option des SVGH (Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein) durch Verkauf seiner Anteile von 18 Prozent an der POVINZIAL-Versicherung finanzielle Engpässe zu mildern. Anfang des Monats waren Pläne der Allianz zur Übernahme der Provinzial NordWest mit Sitz in Münster und Kiel bekannt geworden. Nach Medienberichten lag das Angebot bei über 2,2 Milliarden Euro. Auf Initiative der der rotgrünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen wird nun bis April 2013 statt eines Verkaufs eine Fusion zwischen der Provinzial Rheinland und der Provinzial NordWest geprüft. Eigentümer sind der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und die Westfälischen Sparkassen mit je 40 Prozent, die Sparkassen in Schleswig-Holstein mit 18 und die ostdeutschen Sparkassen mit zwei Prozent. Insgesamt geht es um 6.000 Jobs in Westfalen und Norddeutschland, darunter 3.000 in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. 2.000 sind es im nördlichsten Bundesland, allein 1.000 in Kiel.

Darüber ist erst wieder in den Focus gerückt, dass die Sparkassen in Schleswig-Holstein (noch mehr die Sparkassen in NRW) durchaus nicht unbeschadet die Folgen der Finanzkrise überstanden haben. Eingebunden in ein komplexes Netzwerk mit den Landesbanken sind deren Pleiten und riskanten Geschäfte bei den Sparkassen angekommen:

  • Vor der großen Wirtschafts- und Finanzkrise 2007 galten die Landesbanken als solide Finanzinstitute. Sie waren die Bankiers der Sparkassen und Landesregierungen, und da sie nicht auf Gewinn aus waren, brauchten sie auch keine hohen Risiken einzugehen. Ihre Aufgabe war die Förderung der regionalen Wirtschaft. Doch seit Beginn des vergangenen Jahrzehnts sind hierfür Förderbanken zuständig. Die Landesbanken orientierten sich am Investmentgeschäft des internationalen Finanzcasinos und stürzten sich – vor dem Hintergrund staatlicher Garantien für Bankeinlagen – ins Kreditersatz- und Spekulationsgeschäft. Sie fuhren mit dem Finanzcrash enorme Verluste ein, die der Staat zu tragen hatte. Überall schrammten alle Landesbanken seit Ende 2008 nur knapp an der Insolvenz vorbei. Rund 20 Mrd. Euro an Kapital und etwa 30 Mrd. Euro an Garantien waren bisher nötig, um Institute zu stützen. Die Landesbanken werden meist von den regionalen Sparkassen- und Giroverbänden gemeinsam mit dem jeweiligen Bundesland getragen. Im Jahr 2011 erwirtschafteten sie insgesamt einen Verlust in Höhe von 625 Mio. Euro.
  • 2007 hatte sich der Deutsche Sparkassen- und Giroverband inklusive einer stillen Einlage von 700 Mio. Euro in die Landesbank  mit 6,4 Mrd. Euro eingekauft. Schon 2011 mussten die Sparkassen weitere 850 Mio. Euro auf die Landesbank Berlin (LBB) abschreiben. Damit belief sich zusammen mit einer ersten Abschreibungsrunde die Wertminderung auf 1,28 Mrd. Euro – rund ein Fünftel der Investition. Die LBB gehört zu 98,7 Prozent den Sparkassen. Die LBB musste ihre griechischen Anleihen weiter abschreiben "Die Staatsschuldenkrise und die damit verbundenen Entwicklungen an den Finanzmärkten haben uns das Ergebnis verhagelt", sagte der LBB-Chef.  Die Sparkassen konnten bundesweit die Wertberichtigung in der Mehrzahl zwar noch gut verkraften, gleichwohl war das ein schwerer Schlag, da viele Sparkassen bereits unter den Lasten anderer Landesbanken zu leiden hatten.

  •  Die HSH-Nordbank hat erst Anfang dieses Jahres ein EU-Beihilfeverfahren mit Ach und Krach beendet bekommen. Die EU-Kommission hat der Bank einen harten Auflagenkatalog verordnet, deren Ziel es ist, sich aus risikoreichen Geschäften herauszuhalten. So sieht der Auflagenkatalog vor, dass die Bank ihr Schiffsfinanzierungsgeschäft deutlich reduzieren muss. Trotzdem sitzt die HSH Nordbank immer noch auf einem Segmentvolumen von über 30 Mrd. Euro. Ein beträchtlicher Anteil dürfte mittlerweile (Insider sprechen von nahezu 50%) als hochproblematisch eingestuft werden. Die Anteile der Sparkassen an der schwer angeschlagenen HSH Nordbank verloren bis Ende 2011 mehr als 500 Millionen Euro an Wert. Für das Jahr 2012 wird mit weiteren Wertberichtigungen von mindestens 70 Millionen Euro auf die HSH-Anteile gerechnet. Hinzu kommen Abschreibungen aus der Beteiligung an der Landesbank Berlin in Höhe von rund 50 Millionen Euro.

Hausgemachte Probleme

Zu den genannten Problemen kommt noch hinzu, dass die Sparkassen zunehmend Schwierigkeiten haben, die wachsenden Anforderungen der europäischen Bankenaufsicht (BASEL III) zu erfüllen. Dort wird von den Instituten eine höhere und bessere Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung gefordert. Drei der 14 Sparkassen in Schleswig-Holstein sind Stützungsfälle.

  • Die Sparkasse Südholstein stand im Frühjahr 2009 kurz vor dem Kollaps, da sie unzureichend mit Eigenkapital ausgestattet war. Das Kreditinstitut ist aus der Fusion der Kreissparkassen Segeberg und Pinneberg sowie der Sparkasse Neumünster hervorgegangen, die alle drei waren schon damals eigenkapitalschwach waren. Hinzu kamen Altlasten durch geplatzte Kredite der früheren Kreissparkasse Segeberg gekommen, ferner die allgemeine Finanzkrise sowie Fehlspekulationen. Der Sicherungsfonds des Schleswig-Holsteinischen Sparkassen- und Giroverbands musste Kapital einschießen. Rund 130 Millionen Euro benötigte die Sparkasse. Rund 600 ungesicherte Kredite hatte die Kreissparkasse Segeberg mitgebracht, etwa 77 Millionen Euro waren verloren. Der Sicherungsfonds der Sparkassen sprang ein mit 50 Mio. Euro, wobei 30 Mio. Euro auf eine Bürgschaft und 20 Mio. Euro auf eine stille Einlage entfielen. Mit einem Nachrangdarlehen in Höhe von 50 Mio. Euro half zudem die Haspa-Holding aus.

  • Im Januar 2010 meldet die größte Sparkasse Schleswig-Holsteins, die Nord-Ostsee-Sparkasse (Nospa) extreme Schieflage: Die mit einer Bilanzsumme von 6,4 Mrd. Euro größte Sparkasse in Schleswig-Holstein, ächzt unter absehbaren Abschreibungen in Höhe von 120 Mio. Euro auf Unternehmenskredite. Diese sollen im Wesentlichen auf für Sparkassen eher untypische Beteiligungsfinanzierungen zurückzuführen sein, hieß es in Finanzkreisen. Auch Kredite an das Erotikunternehmen Beate Uhse seien notleidend. Die Nord-Ostsee-Sparkasse ist 2003 aus der Fusion der Sparkassen Schleswig-Flensburg und Nordfriesland entstanden. Als fatal erwies sich der Zusammenschluss mit der angeschlagenen Flensburger Sparkasse Mitte 2008. Zwar unterstützte der Sparkassenverband Schleswig-Holsteins die Übernahme durch eine Risikoabschirmung in Höhe von 37 Mio. Euro, doch diese reichte nicht aus. Weiter belastend für die NOSPA: Sie musste auch Abschreibungen auf ihre indirekte Beteiligung an der HSH Nordbank vornehmen.
  • Anfang 2012 stand die Spar- und Leihkasse zu Bredstedt AG in Nordfriesland kurz vor dem Aus. Das Geldinstitut mit einer Bilanzsumme von rund 550 Millionen Euro und etwa 100 Mitarbeitern war durch Millionenkredite im Bereich erneuerbare Energien (Windparks) gestolpert. Nur mit 20 Millionen Euro Soforthilfe und der Übernahme der Sparkasse durch die Haspa Finanzholding sowie den Sparkassen- und Giroverband zu je 50 Prozent konnte das Institut vor der Pleite gerettet werden. „Regional verwurzelte Sparkassen sind auch in Schleswig-Holstein Garanten einer flächendeckenden Versorgung breiter Bevölkerungskreise und des Mittelstandes mit kreditwirtschaftlichen Leistungen. Die Spar- und Leihkasse zu Bredstedt AG wird mit dem beschlossenen Konzept als regional verwurzelte Sparkasse gestärkt werden – zum Wohle der Bürger, der Wirtschaft und der Region“, erläuterte Reinhard Boll, Präsident des SGVSH.

Drei Stützungsfälle von 14 Instituten, deuten auf eine schwächelnde Sparkassenstruktur hin. In der Aktuellen Stunde des Kieler Landtags wies der SSW-Abgeordnete Harms darauf hin: „Ich  komme aus einem Gebiet der Nospa, und der Nospa geht es nicht gut. Die haben Druck. Außerdem gibt es drei Sparkassen in Schleswig-Holstein, die einem enormen Finanzdruck ausgesetzt sind.“

Damit ist die Diskussion um das Sparkassengesetz und seiner Novellierung wieder auf der Agenda. Nach dem von der schwarzgelben Landesregierung durchgesetzten Sparkassengesetze sollen fremde Kreditinstitute künftig Minderheitsbeteiligungen an den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten von bis zu 25,1 Prozent erwerben können - vorausgesetzt, auch die neuen Anteilseigner sind "Institute aus dem öffentlichen Bereich". Das Gesetz zielt darauf ab, dass die Haspa Finanzholding, Mutter der Hamburger Sparkasse (Haspa), künftig bei den "befreundeten Sparkassen in Schleswig-Holstein" einsteigen kann.
Das ist sie schon bei:

Bordesholmer Sparkasse AG
LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg AG
NM Nord-IMMO Management GmbH & Co. KG
NRS Norddeutsche Retail-Service AG
Sparkasse Mittelholstein AG
Sparkasse zu Lübeck AG
Spar- und Leihkasse zu Bredstedt AG

Die HASPA-Holding macht keinen Hehl daraus, dass sie in Schleswig-Holstein weiter expandieren möchte. Sie kämpft für ihre Anerkennung als öffentlich-rechtliches Institut. Sie will dem Eindruck entgegentreten, sie sei eine "private" Bank, nur weil sie keine kommunalen Eigner hat. Sie „erfülle immerhin öffentliche Aufgaben und sei zur Wahrnehmung des Sparkassenauftrags verpflichtet.“ Sie lässt aber die Frage offen, wer eigentlich die Holding kontrolliert?

Die Schwächung der Handlungsspielräume der Schleswig-Holsteiner Sparkassen lässt den Druck auf einen weiteren Einstieg der HASPA größer werden. Sie allein verweist auf eine Bilanzsumme von 38,6 Milliarden Euro, die 14 Sparkassen im Land insgesamt 36,5 Milliarden Euro. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes kündigte Ende des Jahres  an: "Wir können in dieser Region einen gewissen Problemstau nicht übersehen. Hier werden wir 2013 vermutlich unterstützen, aber auch auf strukturelle Änderungen dringen müssen."

Zweifelhaft bleibt, ob die Landesregierung unter Torsten Albig (SPD)  den Willen und die politische Kraft hat, dieses Gesetz zu ändern, ohne ein alternatives Konzept für die Sanierung und Stabilisierung der Sparkassen vorzulegen.  Die Frage nach der Zukunft der Sparkassen in Schleswig-Holstein wird auch durch den weiteren Fortgang des Sanierungsprozesses der HSH Nordbank mitentschieden. Bislang ist die  Koalitionsregierung nicht dadurch aufgefallen, dass sie eine Bestandsaufnahme der Problemfelder vorgelegt hätte; völlig im Nebel bleiben die Fragen nach einer Entwicklungsperspektive.

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