Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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»Institut für Staatspolitik«
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Reiner Rhefus
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Lebenswertes Hamburg
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Karl Marx war fünf mal in Hamburg?

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Linke Kommunalpolitik –
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Crashkurs Kommune 12
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33 Stätten der Erinnerung und Mahnung | Herausgegeben von der Willi-Bredel-Gesellschaft – Geschichtswerkstatt e.V.
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Michael Töteberg
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ISBN 978-3-89965-578-0

20. Juni 2016 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Rot-grüne Haushaltsplanung: demokratische Öffentlichkeit unerwünscht

Der Senat nimmt diese Woche die Beratungen über den Etatentwurf für 2017 und 2018 auf. Der Ausgangsrahmen: Pro Jahr stehen knapp 13 Mrd. Euro zur Verfügung, also rund 26 Mrd. Euro für den Doppelhaushalt. Nachdem SPD und Grüne Ende 2015 auf die sehr hohen Steuereinnahmen der vergangenen Jahre reagiert und das Finanzrahmengesetz geändert hatten, haben sie etwa 400 Mio. Euro pro Jahr mehr zur Verfügung als in den Vorjahren.

Die Ankündigung der Planungsverfahren verheißt nichts Gutes: »Wie in früheren Haushaltsplanaufstellungsverfahren hat der Senat auch im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfes 2017/2018 Eckwerte für die Haushaltsanmeldungen der Behörden festgelegt, die als Planungsgrundlage für den weiteren senatsinternen Beratungsprozess dienen.

Die Eckwerte sind mit zahlreichen Bedingungen, Zielsetzungen und Verfahrensvorgaben verbunden, können bei Umschichtungen zwischen den Plänen der Behörden beziehungsweise der Allgemeinen Finanzwirtschaft und in Abstimmung mit der Finanzbehörde verändert werden und sind insofern Teil des internen Entscheidungsprozesses im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung durch den Senat, der erst mit der Beschlussfassung über den Haushaltsplanentwurf voraussichtlich Mitte 2016 abgeschlossen sein wird.«

Eine gesellschaftlichen Debatte über den öffentlichen Haushalt ist also nicht vorgesehen und das früher einmal angedachte Projekt eines »Bürgerhaushalts« in der Ablage gelandet. Fakt ist weiter: Die Steuerschätzung aus dem Mai 2016 sieht dank der anhaltenden Aufwärtsbewegung der Konjunktur deutliche Mehreinnahmen vor.


   
»Grundlage für die wachsenden Steuereinnahmen ist eine weiterhin gute konjunkturelle Entwicklung«, unterstreicht  Finanzsenator Tschentscher. Hamburg befinde sich mit einer überdurchschnittlichen Wirtschafts- und Finanzkraft im Länderfinanzausgleich wieder deutlicher auf der Seite der Zahlerländer. Die hohe Abweichung der Steuererträge vom Haushaltsplan 2016 (+478 Mio. Euro) beruhe auch auf einem Vorsichtsabschlag in Höhe von 350 Mio. Euro, der Anfang 2014 in die Planung aufgenommen wurde. Im Klartext: Das Plus liegt noch deutlich über den hohen Abschlägen, die in der Haushaltsrechnung aus Rücksicht auf eine mögliche Abschwächung der Konjunktur oder für den Stadtstaat negativer Entwicklung des Steuerrechts vorgenommen wurden.

In der nach wie vor gültigen Finanzplanung ist also ein erheblicher Puffer von rund 600 Mio. Euro eingebaut.


 
Fakt ist weiter: 2014 und 2015 hat die rigorose Sparpolitik bei positiven Steuereinnahmen dazu geführt, dass ein Haushaltsüberschuss von 420 Mio. Euro und 200 Mio. Euro erwirtschaftet werden konnte. Auch im laufenden Jahr 2016 wird es einen Haushaltsüberschuss geben. Im Klartext: Die Hansestadt hält im Unterschied zu einigen anderen Bundesländern den so genannten Konsolidierungspfad ein und wird daher den Anforderungen der Schuldenbremse entsprechen, die ab 2020 nur noch eine Kreditaufnahme in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässt. Für den Doppelhaushalt soll die Planung bereits davon ausgehen, dass keine neuen Kredite mehr ausgenommen werden. Gut 40 Mio. Euro Plus sieht die Finanzplanung des Senats für 2017 vor, 2018 sollen es dann schon 156 Mio. Euro sein. Das Ziel, die in den Verfassungen vorgegebene Sanierung der öffentlichen Finanzen einzuhalten, wird von Hamburg mithin übererfüllt.

Abgesehen von den Steuereinnahmen kommt Hamburg beim Sanierungsprozess ein weiterer Umstand zu Hilfe: Die Fluchtbewegung ist – dank verschärfter Asylregelungen, verbesserter Finanzierung der Flüchtlingsmaßnahmen der UNHCR und einigen repressiven Grenzregimen in Europa – deutlich zurückgegangen. Statt, wie geplant, Unterkünfte, Versorgungsleistungen und Integrationsmaßnahmen für 40.000 neue Zufluchtsuchende bereit zu halten, wird jetzt mit 14.500 geplant. Selbst diese Zahl dürfte noch zu hoch sein. Außerdem erhält Hamburg höhere Zuschüsse für diese Leistungen vom Bund. Die Veranschlagung der Ausgaben für Flüchtlinge, zuletzt immerhin gut 600 Mio. Euro im Jahr, kann also reduziert werden. Angesichts der sinkenden Flüchtlingszahlen wird der Ansatz deutlich niedriger sein.

Die Führung der Sozialdemokratie lehnt angesichts dieser komfortablen Situation  jede Debatte über eine Verbesserung der Finanzausstattung für die städtischen Aufgaben entschieden ab. Die Steuereinnahmen seien zwar höher als erwartet und Hamburg habe in den letzten Jahren Haushaltsüberschüsse erreicht, aber dennoch gäbe es keinen Spielraum für eine Verbesserung öffentlicher Leistungen.

Scholz und Tschentscher werden wie bisher rigoros verfahren und den Behörden für Flüchtlingsausgaben nur einen gewissen Grundstock zur Verfügung stellen. Für eventuelle Mehrbedarfe soll zentral in der Finanzbehörde ein Topf zur Verfügung stehen – aus dem gibt es aber nur Geld, wenn die Behörden exakt den Bedarf nachweisen können. Dem Vernehmen nach hätten Innen- und vor allem Sozialbehörde das gern anders geregelt und gleich mehr Geld bekommen, sind jedoch abgeblitzt.

Die extrem unsoziale Sparpolitik zulasten des Personals, zulasten der Investitionen und der Sozialleistungen wird also fortgeführt. Auf dieser neuen Basis dürfen die Ausgaben weiterhin nur um maximal ein Prozent pro Jahr steigen.

Für die Personalausgaben, die gut ein Drittel des Etats ausmachen, ist eine Steigerung von 1,5% eingeplant. Eventuell höhere Tarifabschlüsse muss jedes Ressort wie gehabt selbst ausgleichen. Schon bei Planung der Haushalte werden damit weitere Kürzungen programmiert. Ein Blick auf die Tarifabschlüsse belegt, dass mit der Steigerungsrate von 1,5 % die Institutionen der Stadt zu weiteren Einschränkungen ihrer Leistungen verdonnert sind. Diese Regel stellt vor allem Behörden mit viel Personal wie Innen- und Schulbehörde sowie die Bezirksämter vor große Probleme. Auch an dem Ziel, die Verwaltung pro Jahr um 250 Vollzeitkräfte zu reduzieren, wird festgehalten – wobei sich selbst Insider die Frage stellen, wie das in einer wachsenden Stadt und angesichts der Herausforderungen durch die Flüchtlingsthematik funktionieren soll.

Eine Ausnahme bildet die Kulturbehörde: Ihr Etat wird um die Betriebskosten für die Elbphilharmonie, die 2017 eröffnet werden soll, um drei Mio. Euro im Jahr steigen. Hier gilt das Wort des Bürgermeisters, dass das Konzerthaus nicht zu Lasten anderer Kulturangebote gehen darf.

Immerhin hat es einen kleiner Fortschritt in Sachen Transparenz gegeben: Abschreibungen werden ab 2017 erstmals differenziert ausgewiesen, sodass der Abschreibungsaufwand für Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens in einem eigenen Kontenbereich geplant wurden. Und abzuschreiben gibt es ja einige Mrd. Euro, wenn man an die massiv gefallen Aktienwerte bei HHLA, HSH Nordbank etc. denkt. Die Umstellung der Nutzungsdauer von Gebäuden von 80 auf 50 Jahre wurde bereits 2015 durchgeführt. Die entsprechend höheren laufenden Abschreibungen auf Gebäude sind in der Planung berücksichtigt.

Der Aufwand aus Zinsen wurde auf Grund der bisherigen Anschlussfinanzierungen auf niedrigem Zinsniveau und der geringeren Nettokreditaufnahme gegenüber der bisherigen Mittelfristplanung leicht abgesenkt. In der Planung wird für neu aufzunehmende Kredite jedoch weiterhin ein Anstieg der Zinssätze unterstellt.

Die Haushaltsplanung wird also ein fragwürdiges und zukunftsloses »Weiter So« bringen. Dieses sozialdemokratisch-grüne Gesamtkunstwerk ist sowohl von seiner Machart wie von der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit ein Superbeispiel für eine Verachtung der demokratischen Öffentlichkeit. Und: Die finanzpolitischen Spielräume auch jenseits der Schuldenbremse werden auch weiterhin nicht genutzt, um Maßnahmen gegen dringlichsten Defizite in der Stadtentwicklung (Investitionen, Wohnungsbau, Ausstattung der sozialen Dienste und Armutsbekämpfung) anzugehen. Der weitere Vertrauensverlust ist damit programmiert.

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