Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

Einblicke in 20 Jahre
»Institut für Staatspolitik«
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Reiner Rhefus
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Linke Kommunalpolitik –
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7. Juni 2012 Bernhard Sander

Politisches Risiko RestLB

Die Zerschlagung der WestLB steht unmittelbar bevor. Der Gesetzentwurf, mit dem sich der neue nordrhein-westfälische Landtag jetzt in erster Lesung beschäftigt hat, heißt zwar »Gesetz zur Restrukturierung der West LB«, doch in Wirklichkeit geht es um die Abwicklung der einst größten deutschen Landesbank.

Die Vereinbarung mit den Sparkassen ist aus dem Vorjahr, die gesetzliche Umsetzung erfolgt mit der neuen NRW-Landtagsmehrheit von SPD und Grünen. Die Sparkassenverbände hatten sich ihrer Anteile an der Westdeutschen Landesbank entledigt und dafür noch einmal Geld bereit gestellt.

Die lukrativeren Teile der Bank sowie rund 400 Beschäftigte gehen an die Hessische Landesbank. Der größere Teil nicht strategienotwendiger Geschäfte sowie die Risikopositionen der WestLB gehen in die Erste Abwicklungsanstalt (»bad bank«). Die Garantie und Verlustausgleichspflicht für die Bad Bank wird erneuert. Der größere Teil der zuletzt 4.200 Mitarbeiter geht in eine sogenannte Portfolio-Management-Bank namens Portigon (»Rest LB«), zu deren Gründung die Bundesregierung ihre bisherige stille Einlage von drei Mrd. Euro, die mit der Auflage einer Privatisierung oder Abwicklung der WestLB befristet war, in eine zwei Mrd.-Euro-Beteiligung umwandelt. Die Landesregierung steht mit einer Mrd. Euro bereit.

Die Gewährträgerhaftung im Zusammenhang mit den künftigen Pensionsverpflichtungen in Höhe von 2,35 Mrd. Euro geht von den Sparkassen auf das Land über. Diese Bank wird keine Universalbank am Markt darstellen, sondern bisher nicht zurückgezogene Einlagen verwalten und notwendige Servicefunktionen für die Sparkassen übernehmen, bis auch dafür spätestens 2017 die Genehmigung erlischt.

Die EU-Kommission hatte mit der Genehmigung des Sanierungsplans im Dezember des vergangenen Jahres eine Frist bis zum 30. Juni gesetzt. Mit der Schlussaufteilung der WestLB steht die Landesregierung für die nach wie vor toxischen Portfoliobestandteile gerade, was sich in Zeiten der wieder anschwellenden Bankenkrise und entwerteter Staatsanleihen als zunehmend risikoreicher darstellen könnte.

Die von der Portfolio-Bank geführte Bad Bank hält Titel im Nennwert von 77,5 Mrd. Euro Mrd. Euro, deren Marktwert völlig ungewiss ist, sowie aus dem in Irland registrierten Phoenixfonds, in den 2008 bereits 23 Mrd. Euro aus schwer handelbaren Giftpapieren (bei einer Haftungssumme des Landes in Höhe von 5 Mrd. Euro) ausgelagert wurden. »Es ist nicht konkret bestimmbar, zu welchem Zeitpunkt die vorgesehenen Haftungsübernahmen auslaufen«, schreibt das Finanzministerium in die Drucksache. Es handelt sich also mitnichten um eine Aufteilung lukrativer Filetstücke, wie mancher in der Linkspartei glauben mag.

Wie das Land diese Haftungs-Milliarde aufbringen wird, sagt das jetzt dem Landtag vorgelegte Gesetz nicht. Im Haushalt für 2012 stehen diese Mittel jedenfalls nicht. Dies sei auch nicht nötig, erläutert die Gesetzesbegründung, da sich aus der Eigentümerverantwortung zwar eine etwaige »Verlustausgleichspflicht«, nicht aber eine »konkrete Zahlungspflicht« ergäbe. Es handele sich lediglich um eine beihilferechtliche Garantieerklärung.

In den noch laufenden Koalitionsverhandlungen ist für die kommenden Jahre von Kürzungen in Höhe von eine Mrd. Euro die Rede, um erstens die Neuverschuldung in ein verfassungsgemäßes Verhältnis zu den Investitionen zu bringen, und zweitens der Schuldenbremse des Grundgesetzes Rechnung zu tragen. Auch wenn die eine Milliarde Haftungskapital für die West LB zeitlich gestreckt oder in einem noch mit der EU auszuhandelnden Rahmen durch Beteiligungen statt durch Geld dargestellt wird, müssen diese Mittel in den Haushalten der kommenden Jahre beziffert werden. Das Einbringen von Beteiligungen unterwirft zudem öffentliches Eigentum z.B. im Bereich Wohnungsbauförderung den Risiken der Finanzmärkte.

Die Finanzpolitik der Landesregierung von Rot-Grün fußt auf der Hoffnung auf eine möglichst lange Dauer der gegenwärtigen Schön-Wetter-Periode in der Realwirtschaft und damit sprudelnde Steuern und auf eine Ablösung der jetzigen Bundesregierung durch eine andere Konstellation, in der die SPD strukturelle Einnahmeverbesserungen im Steuersystem durchzusetzen in der Lage sein könnte. Um diese Aussicht nicht zu gefährden, wird die Landesregierung die WestLB-bedingten schmerzhaften Kürzungen vor der eigenen potentiellen Wählerschaft bis 2013 verstecken. Es ist eben keine Rettung auf Kosten der Steuerzahler beabsichtigt, wie es CDU, FDP und Piraten darstellen, sondern auf Kosten derjenigen, die auf den Landeshaushalt angewiesen sind (Auftragnehmer, Beschäftigte und LeistungsempfängerInnen).

Man konnte die haushaltspolitischen Grundpositionen der neuen Partei im Landtag bei dieser Gelegenheit etwas genauer kennenlernen als sich das im hastig aufgestellten Wahlprogramm darstellt. Der Pirat Robert Klein ging ins Grundsätzliche: Die WestLB hätte schon 2008 in eine »geordnete Insolvenz« überführt werden sollen, ohne Rechenschaft über die Verluste abzugeben. Wenn die Sparkassen als damalige Anteilseigner dabei pleite gegangen wären, »dann ist das so. Wir haben Marktwirtschaft«. (ND 6.6.12) Zwar haben die Sparkassenverbände als Anteilseigner eine Mitschuld an der Geschäftspolitik der WestLB in den vergangenen Jahrzehnten, doch erfolgte die Ausweitung des Geschäftsmodells in das verlustreiche Investmentbanking erst nach den Deregulierungseingriffen der EU-Kommission, die die Balance zwischen öffentlichem und privatem Banksektor zerstörte.

Ein Positionspapier erhellt den Hintergrund der WestLB-Position: »Die Piraten wollen so schnell wie möglich ausgeglichene Haushalte ohne Neuverschuldung erreichen. Die Staatsverschuldung soll zügig reduziert werden, um auch in Zukunft politische Gestaltungsmöglichkeiten für die Gesellschaft zur Verfügung zu haben. Darüber hinaus ist eine Schuldenrückführung auch aus Gründen der Generationengerechtigkeit (!) unabdingbar.« (https://finanzpolitik.piratenpad.de/Antrag-20LPT2012) Dem Ausmaß der Verschuldung wird man allerdings nicht – wie es sich der links-libertäre (Selbsteinschätzung) Pirat vorstellt – mit einem einheitlichen Schuldenmanagement und einer Anpassung des Zinsniveaus auf Bundesebene gerecht werden.

Rechnerisch ergibt zwar die Angleichung auf einen Zinssatz von 1% eine Reduktion der Zinskosten von 1,5 Mrd. Euro, doch vergisst Stein dabei, dass die Kreditkosten nicht von der Landesfinanzverwaltung, sondern auch von den Kreditgebern und der Marktlage bestimmt werden. Da man ansonsten alle neoliberalen Dogmen verinnerlicht hat (von Generationengerechtigkeit bis zur Notwenigkeit eines ausgeglichen Haushalts), ohne die Einnahmeseite zu betrachten, wird sich die Partei möglicherweise bald in das allgemeine Kürzen einschwingen.

Mit der Abwicklung der WestLB geht eine Epoche sozialdemokratischer Industriepolitik in NRW zu Ende, die sicherlich nicht glorifiziert werden sollte. Der Gründungsvorstand der Bank, Ludwig Poullain, meinte in ein Interview kürzlich: »Noch sind die Sparkassen euphorisch und meinen, dass sie ohne Landesbanken auskommen. Aber wenn sich die Zeiten normalisiert haben, werden selbst die großen Sparkassen zu klein sein, um die Bedürfnisse eines zunehmend globalisierten Mittelstandes zu erfüllen.« (SZ 24.5.12)

Noch aber befindet sich der gesamte Bankensektor in heftigen Turbulenzen, in denen sich die Banken gegenseitig tief misstrauen und über eine Neuordnung des (öffentlichen) Bankensektors leider nicht diskutiert wird.

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