26. Februar 2020 Peter Stahn: Was bringt die neue Vereinbarung?
Opel: Mensch vor Marge? Fehlanzeige!
Angesichts des dramatischen Wandels in der Autoindustrie, bei dem bis zu 400.000 Arbeitsplätze in der deutschen Zulieferer- und Herstellerindustrie gefährdet sind, soll den Unternehmen und ihren Beschäftigten, wie kürzlich auf dem in Berlin stattgefundenen »kleinen Autogipfel« beschlossen, staatliche Hilfe gewährt werden.
Bei den geplanten Maßnahmen geht es vor allem darum, für die durch den Wandel vom Verbrennungs- zum Elektromotor den von Arbeitsplatzverlust bedrohten Beschäftigten den Zugang zu Kurzarbeit zu erleichtern und sie für neue Aufgaben im Zuge der Digitalisierung zu qualifizieren.
Opel hingegen bestätigt in diesen Tagen unsere Analyse, sich in der krisengetriebenen Transformation der Autoindustrie vor allem mit weiterem Arbeitsplatzabbau pur aufzustellen.
Der französische Mutterkonzern PSA hatte Opel im August 2017 mit rund 19.000 Beschäftigten in den deutschen Werken übernommen. Mitte 2018 schlossen Opel-Management, Betriebsrat und IG Metall den »Zukunftstarifvertrag« mit dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2023 als zentralem Punkt. Seitdem haben rund 6800 Beschäftigte einem vorzeitigen – noch nicht von allen bis heute vollzogenen – »sozialverträglichen« Ausstieg über Altersteilzeit, Vorruhestand oder Abfindungen zugestimmt. Zum gesamten Maßnahmenpaket gehörte auch der Verkauf eines Teils des Rüsselsheimer Entwicklungszentrums an den Dienstleister Segula. 700 Opel-Mitarbeiter des Entwicklungszentrums wechselten dorthin, 1400 wählten eine Abfindung. Aktuell sind laut IG Metall in Deutschland noch knapp 15.000 Mitarbeiter an Bord, also fast 4000 weniger als vor der Übernahme durch PSA.
Und der rigorose Arbeitsplatzabbau wird fortgesetzt. Zum einen, weil neue Überkapazitäten im Konzern entstanden sind: durch die Fusion von Fiat-Chrysler und PSA, Umsatzrückgänge auf dem Weltmarkt und aufgrund des Fakts, dass für Elektroautos weniger Arbeitskräfte nötig sind als für Benziner und Dieselautos. Bei Opel ging der Absatz im letzten Jahr noch einmal um 6,4% zurück. Zum anderen lässt PSA-Chef Tavares keine Zweifel darüber aufkommen, dass es Investitionen in Elektromobilität nur im Verein mit einer hohen Unternehmensrendite geben kann: »Mit der Elektromobilität sinken die Margen der Unternehmen. Entweder können wir also den Preis erhöhen oder Restrukturierungen vornehmen, um Verluste zu vermeiden.« (FAZ, 12.9.2019)
Peter Stahn ist aktiv in den Sozialistischen Studiengruppen (SOST) und Redakteur von vorortLinks.
[1] Peter Stahn: Opel – wie weiter? Menetekel für eine krisengetriebene Transformation der Autoindustrie? In: Sozialismus 12/2019, S. 49-53.
Der gesamte Beitrag, der in der Printausgabe 2-2020 des Zeitschriftenprojekt Sozialismus.de erschienen ist, kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden.