Der rechte Rand

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Das IfS. Faschist*innen
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11. November 2016 Joachim Bischoff / Norbert Weber

Öffentliche Unternehmen: Die Stadt Hamburg macht Milliardenverluste

Hamburgs Beteiligungen an Unternehmen haben sich seit 1986 verdreifacht. Mit dieser großen Zahl wächst das Risiko und die Steuerung wird erschwert. Auch Vielfalt und Wert des Gesamtportfolios haben deutlich zugenommen. Zu den »Perlen« der Stadt gehören bekanntlich die Zombie-HSH Nordbank und die Dauerbaustelle Reederei Hapag-Lloyd.

Hinter den 404 Unternehmensbeteiligungen verbergen sich weitere Verlustbringer, die Rot-Grün zu verantworten hat: die Hochbahn, die Hamburg Messe und Congress GmbH und das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Institut (HWWI). So rechnet der Senat bei den Beteiligungen laut Haushaltsplan für 2017 und 2018 jeweils mit Verlusten im dreistelligen Millionenbereich.


 
Der städtische Beteiligungskonzern HGV (Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungs­management mbH), die Beteiligungsholding der Hansestadt, weist im Geschäftsbericht 2015 einen Konzernfehlbetrag von 192,8 Mio. Euro aus – 173 Mio. Euro mehr als 2014. Die Verschuldung der HGV stieg um gut 300 Mio. Euro auf 9,1 Mrd. Euro.

Fest steht, dass die Hamburger Beteiligungen 2011, 2012 und 2014 insgesamt ein Minus von 4,95 Mrd. Euro erwirtschafteten. Dabei lag der Ergebnisanteil der Stadt bei minus 2,78 Mrd. Euro. Einzig 2013 verzeichneten die Beteiligungen ein Plus von 33.706 Euro, ebenso 2015 mit 336 Mio. Euro, wie die Senatsantwort auf eine aktuelle Anfrage des Bürgerschaftsabgeordneten Kruse belegt.


 
Rot-Grün begründet die milliardenschweren Verluste mit Sondereffekten u.a. infolge der HSH-Krise. Ohne diese Effekte beliefe sich das Ergebnis 2011 bis 2014 auf plus 540 Mio. Euro und deren Anteil der Stadt auf plus 767 Mio. Euro. Folglich sieht die zuständige Finanzbehörde keinen Anlass, sich beispielsweise durch Privatisierung oder Liquidierung von Unternehmen zu trennen.

Dies ruft Hamburgs großen Privatisierer auf den Plan: Der frühere Finanzsenator und ehemalige Aufsichtsratschef, Wolfgang Peiner (CDU) (1): »Rot-Grün wäre gut beraten, alle Beteiligungen auf ihren aktuellen Zweck zu überprüfen.« Peiner  war 2001 Vordenker oder besser Chefideologe für die Privatisierung der Unternehmensbeteiligungen in Hamburg. Anders als der heutige Senat setzte er die radikale Trennung von Beteiligungen durch. Die prominentesten Beispiele waren die Verschleuderung von öffentlichen Immobilien und die Privatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser. Innerhalb des Projektes namens »Primo« wurden 181 wertvollste Immobilien aus dem Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg an Privatinvestoren verkauft. (alles nachzulesen in der öffentlich zugänglichen Drucksache 18/3678). Peiner entließ auch die Altenheime und den TÜV aus dem Besitz der Stadt. »Nach meinem ordnungspolitischen Verständnis soll der Staat bei den Dienstleistungen die Gewährleistungs-, nicht aber die Betreiberfunktion übernehmen«, sagt Peiner. Demnach müsse der Staat sicherstellen, dass es im Sommer genügend Freibäder sowie eine preislich wettbewerbsfähige Strom- und Gasversorgung gebe, dass der Nahverkehr funktioniere und die Gesundheitsleistungen auf hohem Niveau seien.

Peiners Credo: Finanzsenator Tschentscher müsse endlich Ordnung in den Beteiligungsdschungel bringen und Verlustbringer abstoßen.

In der Tat gibt es Bewegung über die öffentlichen Unternehmen: Kürzlich präsentierten die rot-grünen Regierungsfraktionen in der Bürgerschaft Eckpunkte für eine Bestandsaufnahme der Beteiligungen. Aus der Finanzbehörde heißt es dazu: »Der Senat wird eine Organisationsprüfung durchführen, die die Struktur der Aufsicht und Steuerung der öffentlichen Unternehmen überprüft und erforderlichenfalls Vorschläge für Veränderungen macht.« Behördensprecher Stricker betont allerdings auch, dass die Stadt nicht ausschließt, sich an weiteren Unternehmen zu beteiligen, »soweit fachpolitisch erforderlich«.

Man kann nur hoffen, dass sich die Privatisierungslogik nicht erneut durchsetzt. Hintergrund dieser Philosophie ist freilich der richtige Gedanke: ohne Strukturpolitik, zukunftsgerichtete Strukturpolitik, befindet sich Hamburg auf einer schiefen Ebene. Peiners damalige Vision von der wachsenden Stadt: »Wir müssen Hamburg auf breitere Füße stellen und uns auch anderen Feldern zuwenden. Wir müssen die Clusterpolitik, also etwa das Herausbilden von Schwerpunkten in den Bereichen Luftfahrt und Medizintechnik, weiterentwickeln. Und wir müssen die Universitäten erheblich stärken. Wachstum darf sich nicht nur auf Quantität beziehen, sondern vor allem auf Qualität. Dabei geht es auch um die traditionellen Qualitäten unserer Stadt wie Grünflächen, die Lage am Wasser und das Kulturangebot … Die Stadt kann weit mehr als zwei Millionen Einwohner verkraften. Hamburg ist die am dünnsten besiedelte Großstadt in ganz Europa. Wir haben große Bereiche, in denen noch Wachstum stattfinden kann, zum Beispiel in Rothenburgsort, Wilhelmsburg oder das Bahngebiet in Altona. Außerdem stehen entlang der meisten Ausfallstraßen nur viergeschossige Wohnhäuser, während in fast allen anderen Metropolen fünf bis sechs Etagen üblich sind.«

Die Kritik an der Konzeptionslosigkeit sozialdemokratischer Stadtentwicklungspolitik werden sich viele zu eigen machen. Das Unangenehme ist freilich: Peiner und CDU sind unbeschadet der wenig überzeugenden Umgestaltungsideen schon wieder dabei, das Leitbild von der wachsenden Stadt zu aktualisieren und modernisieren. Die Bau- und Finanzruinen dieser Politik sind so wenig verarbeitet wie für den wachsenden Wohnungsmangel und die soziale Spaltung eine Konzeption zur Verbesserung erkennbar ist. Gleichwohl kann ohne Selbstkritik in aller Öffentlichkeit über eine neues Experiment nachgedacht werden.

Entscheidend ist also nicht die Begrenzung oder gar die Privatisierung der öffentlichen Unternehmen. Es müssen vielmehr die Steuerung und Kontrolle der Beteiligungen verbessert und die Beachtung politischer Vorgaben sichergestellt werden.

Da es sich bei den Beteiligungen um rechtlich selbstständige Einrichtungen handelt, werden die Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten des Parlaments umso geringer, je mehr Aufgaben der Verwaltung durch Beteiligungen wahrgenommen werden. Dem muss durch ein intensiviertes Informationsangebot des Senats an die Bürgerschaft Rechnung getragen werden.

Faktisch besteht eine Schieflage  zwischen Senat und Bürgerschaft: Seit dem Übergang zur doppischen Haushaltsführung müht sich die Bürgerschaft bei der Aufstellung und Bewirtschaftung des (Kern-)Haushalts auf der Höhe der Entwicklung zu bleiben. Über die vom Senat zu steuernden Beteiligungen und deren finanzielle Rahmenbedingungen wird sie kaum informiert, und kann insoweit nur begrenzt (mit)entscheiden. Für eine durchgreifende Initiative fehlt den Fraktionen die politische Substanz.

1)  Peiner trieb als Hamburger Finanzsenator 2003 die Fusion der Landesbanken in Hamburg und Schleswig-Holstein sowie die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft als Vorbereitung für einen Börsengang voran. Das von den Vorständen der HSH-Nordbank seit 2000 praktizierte »Kreditersatzgeschäft« hat er als Finanzsenator – wie die anderen Aktionäre auch – mitgetragen. Das nach seinen Worten »in der Rückschau viel zu große Portfolio an Wertpapieren« führte im Zuge der Finanzkrise 2008 zu hohen Wertberichtigungen, die vor allem verantwortlich waren für den Jahresfehlbetrag der HSH in Höhe von 2,8 Mrd. Euro. Am 1. Januar 2007 wurde er auf Wunsch der vier Aktionäre Aufsichtsratsvorsitzender der HSH Nordbank AG, um deren Börsengang vorzubereiten. Im Frühjahr 2008 leitete er im Hinblick auf die Turbulenzen an den Kapitalmärkten den Strategiewechsel der Bank ein (»Strategie Wetterfest«). Die finanziell schwer angeschlagene HSH Nordbank musste eine Finanzspritze der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg in Höhe von drei Mrd. Euro in Anspruch nehmen. Peiners Amtszeit endete am 1. Juli 2009.
Seit 2007 vertritt Peiner die Hamburger Unternehmer Günter Herz, Michael Herz und Klaus-Michael Kühne in Aufsichts- und Verwaltungsräten. Er war Aufsichtsratsvorsitzender des Germanischen Lloyd AG von 2007 bis 2013, Aufsichtsratsmitglied der mixingvest ag seit 2008, sowie seit 2007 Mitglied im Verwaltungsrat der Kühne u. Nagel International AG, der Kühne Holding AG und der Kühne Stiftung.

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