Der rechte Rand

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Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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19. Oktober 2012 Joachim Bischoff / Norbert Weber

Marode HSH Nordbank braucht neue »Retter«

Bis vor kurzem war der Chef der HSH Nordbank, Paul Lerbinger, noch der Garant für das neue Geschäftsmodell der Landesbank. Jetzt geht er zum Monatsende – wie es hanseatisch vornehm heißt – »von Bord«. Er hatte den Übergang von der gescheiterten Kapitalmarktbank zur einer »Regionalbank« mit Schwerpunkt auf den Mittelstand für vollzogen: »Wir haben die Umsetzung der harten EU-Vorgaben zügig auf den Weg gebracht… Damit haben wir uns eine gute Ausgangsbasis erarbeitet, um als ›Bank für Unternehmer‹ unsere Marktposition in den kommenden Jahren weiter auszubauen.«

Dagegen stehen seit Monaten die Zahlen im operativen Geschäft. Von Quartal zu Quartal werden die Ergebnisse schlechter, die Bank befindet sich bereits ohne den Effekt der Schifffahrtskrise wieder »unter Wasser«. Seit Monaten werden Verluste geschrieben. Und im zweiten Quartal war das Geldinstitut insgesamt wieder in die roten Zahlen gerutscht. Wie üblich wurden – mit Unterstützung der Landespolitiker – alle Methoden der Bilanzverschönerung genutzt.

Nach einem Gewinn von 70 Mio. Euro im ersten Vierteljahr meldete die Bank einen Nettoverlust von 58 Mio. Euro. Die katastrophale Lage in der Schifffahrt hat gewiss nicht die marode Bank zu verantworten, aber die Politik hat jede kritische Haltung zur Geschäftspolitik abgelehnt und die Illusion vom unverzichtbaren Geschäftsfeld Schifffahrt befördert. Es ist dem Management nicht gelungen, in den neuen Geschäftsfeldern wie geplant Fuß zu fassen. Im Großkunden- und Großkreditgeschäft hat sie ihre Ziele verfehlt.

Mitten in einer nachhaltigen Krise für eine viel zu große Bank ein neues Geschäftsmodell durchsetzen zu wollen, war und ist eine Herkulesaufgabe. Dazu kommt die Schifffahrtskrise, für die ein baldiges Ende nicht in Sicht ist. »Wir erwarten den Tiefpunkt erst in den kommenden zwölf bis 18 Monaten«, hatte Lerbinger Ende August gesagt. Gleichzeitig kündigte er an, zusätzliche Maßnahmen zu prüfen, um das Risikopotenzial zu senken und dauerhaft angemessene Kapitalquoten zu sichern. Zusätzliches Kapital dürfte aber angesichts des abgeschlossenen Beihilfeverfahrens mit der EU schwierig zu beschaffen sein.

Die Bank hatte sich vor Jahren mit Kredit- und Wertpapiergeschäften verspekuliert und musste in der Finanzkrise 2009/2010 mit staatlichen Milliardenspritzen vor der Insolvenz bewahrt werden. Nach Verlusten in Milliardenhöhe hatten die beiden norddeutschen Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein die Bank 2009 durch eine Kapitalspritze von drei Mrd. Euro sowie Garantien über zehn Mrd. Euro gerettet. Wegen der massiven Staatshilfen und dem manipulierten Aktienwert musste sich die HSH einem Beihilfeverfahren der EU-Kommission stellen, das im Herbst 2011 mit erheblichen Auflagen endete: Das Geldhaus muss nun zu einer Regionalbank schrumpfen, die Flugzeugfinanzierung und das globale Immobiliengeschäft aufgeben und die Schiffsfinanzierung zurückfahren.

Der größte deutsche Finanzierer der Schifffahrtsbranche – die HSH hat sich jahrelang gerühmt, Marktführer in diesem Segment zu sein – ist in vielen Fonds engagiert, die sich bereits in Schieflage befinden. Die Commerzbank hat bereits zwangsweise einige Riesenschiffe in die eigenen Bücher nehmen müssen, die HSH wird sicherlich auch bald ihre hauseigene Flotte vor der Tür stehen haben.

Jetzt kommt das schlechte Wirtschaftsumfeld hinzu. Die Bank ist – über alles, also einschließlich der eigenen »Bad Bank«, der Restructuring Unit – mit etwa 30 Mrd. Euro in der Schiffbaufinanzierung engagiert, davon ist ein hoher Prozentsatz bereits als »uneinbringlich« eingestuft. Dieses spiegelt sich jedoch noch nicht in der gebildeten Risikovorsorge, z.B. den Abschreibungen, wider. Das Dilemma bleibt, dass die Bank diese notwendigen Abschreibungen nicht als Kosten buchen kann, ohne noch höheren Verlust ausweisen zu müssen.

Bankchef Lerbinger stimmte noch Mitte des Jahres Öffentlichkeit und Politik fröhlich, denn man erwarte für das laufende Jahr ein positives Ergebnis sowie schrittweise Verbesserungen in den folgenden Jahren. Nach dem vollständigen Abschluss des Umbaus im Jahr 2014 wollte die HSH Nordbank dauerhaft eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von 10% erwirtschaften.

Das freute die klamme Hansestadt. Hamburg musste bislang auf Dividenden verzichten und sowohl beim Hamburger Versorgungsfonds und der Vermögensverwaltung weitere Abschreibungen vornehmen. Allein aufgrund der Neubewertung der Aktien muss die HSH Finanzfonds AöR, die die Anteile von Hamburg und Schleswig-Holstein an der Bank hält, 951 Mio. Euro abschreiben. Das bedeutet: Die drei Mrd. Euro, die die Länder Hamburg und Schleswig Holstein 2009 in die Bank investiert hatten, um sie zu retten, sind nur noch gut zwei Mrd. Euro wert.

Hinzu kommt, dass in Hamburg auch die städtische Beteiligungsgesellschaft HGV und der Pensionsfonds für frühere städtische Bedienstete den Wert ihrer HSH-Aktien massiv nach unten korrigieren mussten. Finanzielle Probleme dieser Gesellschaften fallen in der Regel direkt auf den Haushalt der Stadt zurück – also auf die SteuerzahlerInnen.

Die HSH Nordbank überlebte bisher dank einer von den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gegebenen so genannten Zweitverlustgarantie von zuletzt sieben Mrd. Euro. Die Länder springen mit diesem Betrag ein, wenn die Bank in einem bestimmten Kredit- und Wertpapierportfolio Verluste einfährt, die über den vereinbarten Selbstbehalt der Bank von 3,2 Mrd. Euro hinausgehen.

Das Minus des seit April 2009 abgesicherten Portfolios lag laut der Bank Ende Juni bei rund 233 Mio. Euro. In ihrer Halbjahresbilanz bezifferte sie die Wahrscheinlichkeit einer Ziehung der Bürgschaft mit 41%. Laut den letzten Quartalsberichten sind die drohenden Verluste steil angestiegen, so dass ein Einspringen der Bundesländer wahrscheinlicher wird. Muss die Bank vom Markt verschwinden, drohen darüber hinaus weitere Garantieverpflichtungen aus früheren Bankanleihen (Gewährsträgerhaftung) gleichfalls in Milliardenhöhe.

Jetzt wollen es alle gewusst haben: Lerbinger sei eigentlich kein Sanierer. Der frühere Investmentbanker trat im März 2011 den Chefposten bei der schlingernden HSH Nordbank an und nach weniger als zwei Jahren wird der vom Aufsichtsratvorsitzenden Hilmar Kopper geförderte Manager wieder vor die Tür gesetzt. Lerbinger sei nicht der richtige Vorstandschef für diese Zeiten, wird in hanseatischen Finanzkreisen kolportiert.

Die beiden Haupteigner Schleswig-Holstein und Hamburg haben das Vertrauen in die Arbeit Lerbingers verloren. »Eine erfolgreiche Restrukturierung erfordert einen handlungs- und durchsetzungsfähigen Vorstand, der für Stetigkeit und Stabilität bei der Etablierung des neuen Geschäftsmodells sorgt.« (Finanzsenator Tschentscher) Anders formuliert: Die zaudernde Sozialdemokratie sucht sich mal wieder vor den kommenden bitteren Wahrheiten der eigenen Verantwortung zu entledigen.

Fakt ist: Lerbinger hat es nicht geschafft, die Landesbank in ruhigeres Fahrwasser zu lenken; er hat freilich erheblich daran mitgewirkt, die Situation des Finanzinstitutes zu beschönigen. Die Situation der Bank ist hochkritisch und die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein erhalten eine teure Quittung dafür, dass sie nicht bereits 2009, und zwar vor dem riesigen Sanierungseinschuss in Milliardenhöhe, den Problemfall HSH Nordbank schonend beendet haben.

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