Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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ISBN 978-3-89965-578-0

10. April 2013 Björn Radke

Maritime Konferenz: die Ökonomie der Küstenländer in Turbulenzen

Die alljährliche Nationale Maritime Konferenz stand dieses Mal unter dem Druck der Schifffahrtskrise. Diese Krise geht in ihr fünftes Jahr. Ein Ende ist nicht abzusehen. Viele – oder besser - die meisten Reeder sind am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt. Zu diesem Problemfeld kommen die Turbulenzen der OffshoreTechnologie für Windenergie-Parks und - vor allem – der marode Zustand des Nord-Ost-See-Kanals aufgrund eines jahrzehntelangen Investitionsstaus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haute aufs Blech. Sie sieht in der maritimen Wirtschaft eine Schlüsselbranche für die Zukunft Deutschlands. Die maritime Ökonomie sei gerade für die Bundesrepublik als Exportnation wichtig.  Angesichts des offenkundigen Verfalls der Infrastruktur  bei Strassen, Brücken, Eisenbahnlinien und Wasserstrassen rieb man sich die Augen: Frau Merkel  betonte in ihrer Rede die Bedeutung einer funktionierenden, angemessenen Infrastruktur. Sie mahnte die zügige Vertiefung der Elbe und einen schnellen Ausbau des seit Jahrzehnten sanierungsbedürftigen Nord-Ostsee-Kanals an. Dieses Auftreten hatte den Charakter eines Aufschreis nach dem Muster: Haltet den Dieb“.

Rund 800 Beschäftigte aus der Windkraftindustrie, der Schifffahrt sowie von Werften und Zulieferern haben zum Auftakt der Konferenz den Widerspruch zwischen Sonntagsreden und Praxis der  maritimen Wirtschaft angeprangert.  Die Gewerkschaften – neben der IG Metall Küste hatten auch DGB Nord und ver.di Kiel-Plön zu der Demonstration aufgerufen – sehen die Energiewende als große Chance für die Küste: „Allein in der Offshore-Industrie werden Investitionen von 100 Milliarden Euro erwartet. Die Zahl der Arbeitsplätze soll in dieser Branche in weniger als zehn Jahren von jetzt 10.000 auf über 30.000 steigen“, erklärte IG Metall-Bezirksleiter Geiken.  Aber die Regierungen müssten mehr als Reden halten.

Angesichts von Entlassungen, Insolvenzen und Kurzarbeit auf Werften und in der Windkraftindustrie forderte die IG Metall die Bundesregierung entschlossen zu handeln.“ Aber auch zum Erhalt von Arbeitsplätzen in der Werftindustrie fordert die IG Metall die Bundesregierung auf, das 5-Milliarden-Programm für die Offshore-Industrie auch für die Werften öffnen. Damit sollen die Werften trotz der massiven Finanzierungsprobleme Errichterschiffe, Plattformen oder Kabelleger bauen können. Außerdem forderte er eine Aufstockung der Fördermittel für Innovationen: „Der deutsche Schiffbau wird sich nicht mit billigeren, sondern nur mit besseren Produkten auf dem Weltmarkt durchsetzen.“

In der maritimen Wirtschaft
sind 400.000 Menschen beschäftigt und erarbeiten einen Jahresumsatz von 54 Milliarden Euro. Den Werften macht die anhaltende Schifffahrts- und Finanzierungskrise zu schaffen. Den Containerschiffbau verloren sie im Laufe der Jahre an die Konkurrenz in Asien. Zukunftschancen liegen letztlich bei Bau von Spezialschiffen sowie Offshore-Windanlagen. Zunehmend erhöht der existenzielle Druck die Akzeptanz der Belegschaften und deren gewerkschaftlichen Vertretungen für den Bau von Kriegschiffen und Luxusjachten für Oligarchen.

Offshore-Technologie zu teuer?

Die Hoffnungen auf die Offshore-Technologie reiben sich leider an der harten Realität: Auf der Konferenz warf sich Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Meyer für die Werften in die Bresche: Die Werften seien  innovativ und hätten sich etwa im Spezialschiffbau oder eben im Offshore-Bereich ihre Nischen gesucht. Die Finanzierung sei aber schwierig geworden, weil sich immer mehr Banken aus der Finanzierung zurückzögen. Eben jener Rückzug aus der Finanzierung im Bereich Offshore hat z. B. auch der Traditionswerft Sietas bei Hamburg das Aus beschert. Ein zweites Spezialschiff für die Offshore-Technik kann nicht mehr gebaut werden, da der Investor sich aus dem Offshore-Geschäft zurückgezogen hat.

Bislang sind nach Angaben des Bundesamtes
für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) 29 Offshore-Windparks mit mehr als 1.500 Anlagen genehmigt - 25 in der Nordsee und vier in der Ostsee. Für mehr als 50 weitere Windparks laufen bereits die Planungen. Die Errichtung von Offshore-Anlagen wird durch immensen Kosten erschwert: Während für Anlagen an Land knapp 15 bis 20 Millionen Euro eingeplant werden müssen, kostet laut Jörg Kuhbier, Vorstandsvorsitzender der industrienahen Stiftung Offshore Windenergie, eine vergleichbare Anlage im Meer bis zu einer halben Milliarde Euro. Die deutschen Windräder werden  aus Gründen des Umweltschutzes wesentlich weiter von der Küste entfernt sein. Verkehrsminister Meyer sieht den Ausweg darin, die Windräder doch näher an der Küste zu bauen. Das sei technologisch nicht so anspruchsvoll und damit billiger.

Schiffahrtskrise hält an

Im Bereich der Seeschifffahrt sieht es auch nicht gut aus: Der Vorsitzende des Nautischen Vereins zu Hamburg, Walter Collet, hat auf deren Lage hingewiesen. “Die Anfang 2012 geäußerte Hoffnung auf eine Besserung der Situation habe sich nicht erfüllt. Vielmehr hätten die Fracht- und Charterraten nicht nur für den Massengut- und Containerbereich, sondern nahezu in der gesamten kommerziellen Schifffahrt mit hoher Geschwindigkeit und in beängstigendem Umfang weiter nachgegeben. Inzwischen sei man auf einem „geradezu lächerlichen „Niveau“ angelangt.“ Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch, stellt fest, dass im Zusammenspiel von Reedern, Anlegern und Banken in den Boomjahren vor 2007 zu viele Schiffe bestellt worden seien, die  jetzt sukzessive zulaufen und die Überkapazitäten weiter wachsen ließen.

Wegen Überkapazitäten und gesunkener Frachtraten können viele Unternehmen ihre Kredite nicht mehr bedienen, etliche Firmen gingen bereits Pleite. Die hohe Risikovorsorge für vom Ausfall gefährdete Kredite trägt denn auch maßgeblich dazu bei, dass die HSH wieder und immer noch rote Zahlen schreibt und auf Unterstützung ihrer Eigner Hamburg und Schleswig-Holstein angewiesen ist. Für Schleswig-Holstein eine nicht zu stemmende Herausforderung. Der Ausstieg anderer schiffsfinanzierender Banken ist vor diesem Hintergrund ein zusätzliches Risiko – für die betroffenen Schiffe, die Reedereien selbst und den verbleibenden Schiffsfinanzierer HSH Nordbank. Auch hier ist wie bei der Offshore-Technologie eine wirtschaftspolitische Intervention von Bund und Bundesländern unverzichtbar. Die berühmten Marktkräfte werden allein zu wenige Impulse setzen können. Notwendig wäre ein Konjunkturprogramm mit dessen Hilfe die  schwächelnde Wirtschaft wieder in Schwung kommen könnte.

Bei den politischen Akteuren steht aber die „Schuldenbremse“ im Zentrum. Da dem Land haushaltspolitisch das Wasser schon über dem Halse steht (27 Milliarden Defizit), beschränken sich die Gegenkonzepte der rot-grün-blauen Koalition auf Abbau im Öffentlichen Sektor. "Schuldenbremse und Stellenabbau gehören zusammen. Wir können die Neuverschuldung nur dann bis 2020 auf null bringen, wenn wir weniger Personal haben", so der Regierungssprecher: Der Wegfall von rund 5300 Stellen wird den Landesetat um etwa 267 Millionen Euro entlasten. Mit Kürzungsprogrammen in einer schwächelnden Ökonomie erreicht man keine Sanierung der öffentlichen Finanzen. Und was die Strukturschwäche des Landes angeht, hat die Regierung bisher nicht mehr zu bieten als den Bund aufzufordern, sich ohne Wenn und Aber hinter den Ausbau der Offshore-Windenergie“ zu stellen (so Torsten Albig). Ein weiterreichendes Konzept ist allerdings nicht erkennbar.

Nord-Ost-See-Kanal – Zukunft unklar

Im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit steht zu Recht die Situation des Nord-Ostsee-Kanals. Diese Wasserstrasse ist zugleich das Symbol für den desaströsen Zustand der öffentlichen Infrastruktur. Die komplette Schließung der beiden großen Schleusenkammern des Nord-Ostsee-Kanals in Brunsbüttel wegen einer Notreparatur für eine Woche warf ein Schlaglicht auf die Zustände dort. Seit Monaten hat die marode Technik im Nord-Ostsee-Kanal der Schifffahrt zu schaffen gemacht. Jahrelang wurde nicht ausreichend investiert. Dass altersschwache Schleusen wohl bis ins nächste Jahrzehnt hinein einen reibungslosen Verkehr verhindern werden belastet nicht das Image des Kanals und dem Bund als Betreiber.

Nicht unrealistisch ist ein immer wieder genanntes Szenario: "Wenn nach den Reparaturen längerfristig wieder garantiert werden kann, dass der Kanal wieder zu seiner Planbarkeit zurückkommt, dann habe ich die Hoffnung, dass die Verkehrsströme auch nicht gänzlich abwandern.", so der Geschäftführer von  Sartori & Berger: Oder andersherum: Bleibt die Planungssicherheit aus, werden massive ökonomische Einbrüche durch das Wegbleiben der großen Schiffe unvermeidlich. Dies würde Schleswig-Holstein, aber vor allem Hamburg schwer treffen. Denn ist die Kanalpassage nicht mehr kalkulierbar, lohnt sich für Schiffe auch der lange Weg die Elbe hinauf bis zum Hamburger Hafen nicht mehr. Jeder dritte Container, der dort umgeschlagen wird, passiert zurzeit den NOK.

Die Landesregierung Kiel fordert ein Sonderprogramm vom Bund in Höhe von 1,3 Milliarden Euro über ein Jahrzehnt. Der Bau einer fünften Schleuse in Brunsbüttel, die Sanierung der alten Anlagen dort und in Kiel sowie der Ausbau des Kanals sollen damit bezahlt werden. Es ist eine nicht geklärte Frage, welche Prognosen hinsichtlich der zukünftigen strukturellen Entwicklungen in der maritimen Wirtschaft den zu treffenden Entscheidungen zugrunde liegen. Die Vorschläge des Landes Schleswig-Holstein haben viel von „schneller, höher, weiter!“. Auf die Prognose immer größer werdender Containerschiffe lautet die Reaktion schlicht Kanalvertiefung und Verbreiterung. Die Bundesregierung agiert mit den merkelschen „Trippelschritten“: Trotz des verbalen Bekenntnisses von Angela Merkel zum NOK, gilt die Ankündigung des Bundesverkehrsministers Ramsauer, bis 2021 erst die fünfte Schleusenkammer in Brunsbüttel fertigzustellen und den Rest danach zu machen, wobei er dies auch noch von der Haushaltslage abhängig macht.

Angesichts von sinkenden Auftragszahlen, Überkapazitäten und Finanzierungsproblemen hatten sich vor allem Werften, Reedereien und Gewerkschaften konkrete Pläne von Bundeskanzlerin Merkel erhofft. Nach der Rede Merkels zeigte sich vor allem die IG Metall und der DGB-Nord enttäuscht. Merkels Grundsatzrede seien "schöne Grußworte, aber keine konkreten Hilfsmaßnahmen." Angesichts der unübersichtlichen Perspektiven steht weiterhin die Forderung nach einem „Marschall-Plan“ im Raum, der die Erfordernisse an eine zukunftsfähige Maritim-Wirtschaft unter Berücksichtigung sich abzeichnender Strukturveränderungen formuliert und Wege aufzeigt. Die maritime Konferenz hat in dieser Hinsicht nicht weitergebracht.


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