Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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Reiner Rhefus
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1. April 2014 Björn Radke

Konflikt um VION beigelegt

Nach seiner vorübergehenden Schließung darf der Betrieb des niederländischen Lebensmittelkonzerns VION in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg, Schleswig-Holstein) die Produktion unter Einhaltung verschärfter Bedingungen wieder aufnehmen. Dazu zählen deutlich reduzierte Schlachtdurchläufe bis zum Einbau einer neuen Tötungsanlage sowie bauliche und organisatorische Verbesserungen im Schlacht- und im Zerlegebetrieb des Betreibers.

Zusätzlich hat der Kreis Segeberg als zuständige Veterinärbehörde zugesagt, seine Überwachung neu aufzustellen. Durch das Landwirtschaftsministerium als Fachaufsicht wird der Kreis zu verstärkter Kontrolltätigkeit angewiesen, und selbst unangekündigte Kontrollen durchführen.

»Die nun vereinbarten Maßnahmen erfüllen unsere Bedingungen. Bei strikter Einhaltung kann so in Zukunft ein mängelfreier Betrieb gewährleistet werden. Damit hat VION die rechtlichen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs erfüllt«, erklärte der zuständige Minister Harbeck. »Verstöße gegen Tierschutz- und Hygienevorschriften sind keine Lappalien«, betonte Habeck. »Wir töten Tiere, um sie zu essen, und da wir dies tun, brauchen wir auch genügend – und also mehr – Schlachtkapazitäten in Schleswig-Holstein. Das ist schon aus Tierschutzgründen notwendig, um den Tieren lange Transportwege zu ersparen. Die Betriebe müssen Recht und Gesetz jedoch penibel einhalten, Verstöße dürfen nicht Teil des Systems sein.«

Für den Schlacht- und Zerlegebetrieb in Bad Bramstedt hat der Betreiber VION nun einen Katalog mit mehr als 40 Maßnahmen vorgelegt, um Verstöße gegen Tierschutz- und Hygienebestimmungen künftig auszuschließen. Dieser Katalog muss bis zum Herbst  umgesetzt sein.

  • So wird die veraltete Betäubungsfalle bis zum Juni 2014 ausgetauscht.
  • Für den Bereich Hygiene soll unter anderem eine verbesserte Lüftungs- und Kühltechnik und Lufttrocknung bis Ende September installiert werden.
  • Parallel dazu wird der Kreis seine Überwachung neu organisieren.

»So, wie der Schlachtbetrieb gearbeitet hat, konnte es nicht weiter gehen. Deshalb mussten wir ein Verfahren zum Entzug der Betriebsgenehmigung einleiten lassen«, so der Landwirtschaftsminister Robert Habeck. »Der konkrete Fall in Bad Bramstedt hat eine Reihe von Fragen zum System Tierproduktion und Schlachtung aufgeworfen. Das Kontrollsystem muss unter die Lupe genommen werden. Dazu werden wir Gespräche mit den Kreisen wie mit den Ländern und dem Bund führen.«

Die vorübergehende Schließung war aufgrund schwerwiegender Missstände notwendig geworden. Es wurden erhebliche Verstöße gegen Tierschutzrecht, Hygienerecht und Etikettierungsvorschriften festgestellt (unter anderem kranke, nicht schlachtfähige Tiere, Verdachtsmomente nicht fachgerechter Tötung) festgestellt. VION war schon vorher im Zuge von Prüfungen wegen Hygienemängel im Bad Bramstedter Betrieb unangenehm aufgefallen.

2013 baute VION den Konzern um. Der Geschäftsbericht wies in 2012 ein Minus von 830 Mio. Euro aus. Als direkte Folge wurde unter anderem die Ingredients-Sparte verkauft, um an »frisches Geld« zu kommen. Zudem wurden unrentable Standorte, wie Minden, Kasel-Golzig, Weimar und jüngst Lingen, geschlossen. Der Schlachthof in Bad Bramstedt ist mit 120.000 Schlachtungen im Jahr der größte in Norddeutschland. Mit insgesamt knapp 400 Mitarbeitern erwirtschaftet er laut VION einen Umsatz von 200 Mio. Euro. So einen Betrieb vollständig zu schließen, war nicht das Ziel dieser Aktion. Nach Schleswig-Holsteins Bauernverbandspräsident Werner Schwarz ist eine Wiedereröffnung für die Bauern im Land wichtig, denn die meisten schleswig-holsteinischen Rinder werden in Bad Bramstedt geschlachtet.

Angesichts der immer wieder aufkommenden Kritik in der Öffentlichkeit an der Produktionsweise und der zunehmenden öffentlichen Sensibilität gegenüber Qualitätsminderung von Lebensmitteln durch die Produzenten, hat ein Betrieb wie VION einen Image-Schaden mit unabsehbaren Folgen.

»Der internationale Fleischhandel nimmt schnell zu, allein in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent. Heute dominieren noch die Industrieländer den Weltmarkt, doch sein Wachstum wird inzwischen von den Entwicklungs- und Schwellenländern bestimmt. Noch geht nur ein Zehntel des Fleisches in den Handel. Denn exportieren kann nur, wer den Qualitätsansprüchen in den Abnehmerländern entspricht und dies auch nachweisen kann. Die Angst vor Tierkrankheiten wie BSE, Maul- und Klauenseuche oder Vogelgrippe ist groß. Der zeitweilige Zusammenbruch der Geflügelmärkte in Südostasien und der vollständige Kollaps der britischen Rindfleischexporte haben gezeigt, wie internationale Handelsströme innerhalb kürzester Zeit versiegen können.« (Fleischatlas , BUND 2014)

Dies macht die Bereitschaft VIONS zur Einhaltung der Auflagen erklärlich. Beim Kampf um die niedrigsten Schlachtpreise werden diese dann zu Lasten der Arbeitsbedingungen und von Niedrigstlöhnen der Beschäftigten gedrückt. Das industrielle Massenschlachten ist verbunden mit dem Prozess der Dequalifizierung und Mechanisierung der Arbeit. Eingestellt werden billige, immer häufiger nur angelernte Arbeitskräfte, wie bei VION, aus Rumänien.

Es bleibt die Frage offen, warum nicht auch die Arbeitsbedingungen der rumänischen Schlachthof-Mitarbeiter auf den Prüfstand kommen. Am 25. März berichtete die Segeberger Zeitung ausführlich von der »modernen Sklaverei« bei VION. Demnach

  • würden beim Zoll vorliegende Akten belegen, dass die Werkverträge mit Vion Scheinverträge seien;
  • deckten die Werkverträge, die VION mit der rumänischen Firma S.C. Ninbog abgeschlossen hat, nur die Schlachtung und die Zerlegung der Rinder ab;
  • würden die »Rumänen von Vion aber auch in der Vakuumierung, der Verpackung, der Einzelverwiegung und im Vakulager beschäftigt«;
  • hätten die rumänischen Mitarbeiter täglich ein riesiges Arbeitspensum zu verrichten – bis zu 14 Stunden am Tag;
  • kontrolliere VION nicht, dass die rumänischen Lohnarbeiter weder unfall- noch krankenversichert sind.

Zu den schlechten Arbeitsbedingungen gesellt sich der skandalöse Stundenlohn, der nach Aussage der NGG zwischen fünf und sechs Euro bewegt. Davon müssen die rumänischen ArbeitsmigrantInnen noch ihre Arbeitskleidung und ihre Arbeitsgeräte bezahlen. Viel bliebe am Ende nicht für sie übrig. Skandalös sind die Unterkunftsbedingungen, für die auch noch 300 Euro pro Schlafplatz zu zahlen seien.

Die gleiche Aufmerksamkeit, die konkurrenzfähigen Produktionsbedingungen geschenkt wird, haben die Beschäftigten, vor allem die über Werkverträge angestellten Menschen aus anderen EU-Ländern weder vom Kreis noch von der Landesregierung bekommen. In dieser Frage ist mächtig Luft nach oben und eine Reform der Beschäftigungsverhältnisse dringend nötig.

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