Der rechte Rand

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26. Februar 2014 Björn Radke

Investitionsstau und die Folgen – am Beispiel Nord-Ostsee-Kanal

In Schleswig-Holstein gilt wie auf Bundesebene die Schuldenbremse. In den vergangenen beiden Jahren versuchten sowohl die Republik wie das Bundesland, die öffentlichen Ausgaben mit den laufenden Einnahmen in Einklang zu bringen. Dieser Sparkurs wirkt sich sowohl auf die Zahl und die Bezahlung der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst als auch bei den öffentlichen Investitionen negativ aus.

Der Nord-Ostsee-Kanal erweist sich in seinem gegenwärtigen Zustand als Achilles-Verse des Seeschiffverkehrs. Täglich wird er von knapp 100 Schiffen befahren und ist der wichtigste Zugang von der Nordsee über Hamburgs Hafen und die Ostsee ins Baltikum. Diese Wasserstraße ist zugleich das Symbol für den desaströsen Zustand der öffentlichen Infrastruktur. Obwohl CDU und SPD den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals im Koalitionsvertrag extra verankert haben, teilte das Bundesverkehrsministerium nun mit, der Ausbau der 20 Kilometer lange Oststrecke könnte »im besten Fall« in zehn Jahren fertig werden.

In diesem Jahr sei zunächst der Bau einer Lagerfläche für Baumaterialien vorgesehen. 2014 sei »nicht mit wesentlichen Ausgaben« für den Ausbau zu rechnen, die Maßnahme sei im Haushalt nicht besonders veranschlagt. Für 2015 lasse sich noch nichts sagen. Nach früheren Planungen hätte 2014 der Ausbau beendet sein sollen. Mit dem Ausbau sollen die Fahrspur und die Kurveninnenseiten erweitert werden, sodass größere und tiefer gehende Schiffe die Wasserstraße passieren können. Die bisher veranschlagten Kosten in einer Gesamthöhe bis zu 265 Mio. Euro wie auch der genannte Zeitplan sind nicht gesichert. Wie heißt es im Politsprech des Bundesverkehrsministeriums: »Der Investitionsbedarf und der voraussichtliche Zeitbedarf werden derzeit geprüft.«

In der Tat gehen die Kosten wohl aus dem Ruder. Der Neubau der fünften Nord-Ostsee-Kanal-Schleuse in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) wird deutlich teurer als erwartet. Dabei geht es um Mehrkosten von gut 100 Mio. Euro. Das hat die nun abgeschlossene Ausschreibung ergeben. Nach bisherigen Planungen schlug der Neubau mit 375 Mio. Euro zu Buche. Auch die Bauzeit dürfte sich wegen bautechnischer Detailprobleme um zwei auf sieben Jahre verlängern und die Arbeiten voraussichtlich bis 2021 dauern.

Schon im April letzten Jahres warf die komplette Schließung der beiden großen Schleusenkammern in Brunsbüttel für eine Woche wegen einer Notreparatur ein Schlaglicht auf die Zustände dort. Seit Monaten hat die marode Technik im Nord-Ostsee-Kanal der Schifffahrt zu schaffen gemacht. Jahrelang wurde nicht ausreichend investiert. Dass altersschwache Schleusen wohl bis ins nächste Jahrzehnt hinein einen reibungslosen Verkehr verhindern werden, belastet das Image des Kanals und den Bund als Betreiber.

Die Landesregierung Kiel forderte ein Sonderprogramm vom Bund in Höhe von 1,3 Mrd. Euro über ein Jahrzehnt. Der Bau einer fünften Schleuse in Brunsbüttel, die Sanierung der alten Anlagen dort und in Kiel sowie der Ausbau des Kanals sollen damit bezahlt werden. Der frühere schwarz-gelbe Bundesverkehrsministers Ramsauer sagte zu, bis 2021 die fünfte Schleusenkammer in Brunsbüttel fertig zu stellen und den Rest danach zu machen, wobei er dies auch noch von der Haushaltslage abhängig machte.

Derzeit läuft das Vergabeverfahren für den Neubau der fünften Schleusenkammer. Die zum 15. Oktober 2013 eingegangenen Angebote würden noch geprüft, sagte der Ministeriumssprecher. Die Frist, bis zu der die Bieter an ihre Angebote gebunden seien, ende am 17. April. »Auch an der Schleusengruppe in Kiel-Holtenau ist mittelfristig eine größere Instandsetzung beziehungsweise Sanierung erforderlich.« Hierzu erarbeite die Wasserschifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes aktuell ein Instandsetzungskonzept.

Der Investitions- und Sanierungsrückstau in der öffentlichen Infrastruktur hat einen Grund: die strukturelle Unterfinanzierung des Landes und der Kommunen. Im Zuge der von der einer Allparteienkoalition (bis auf DIE LINKE) beschlossenen »Schuldenbremse« sind in allen Bereichen des öffentlichen Sektors Kürzungsprogramme durchgezogen worden, deren Folgen nun auch hier am Beispiel des NOK abzulesen sind. Es fehlt nicht nur das Geld, sondern, so die Gewerkschaft Ver.di, auch an Planungs- und Bauleitpersonal in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). Der Ministeriumssprecher sagte dazu, die Personalausstattung in der WSV des Bundes sei durch jahrelange haushaltsrechtliche Sparauflagen »äußerst knapp bemessen«. Zudem hätten bei der Verteilung der Ressourcen Investitionen in den Bestand Vorrang vor Ausbauinvestitionen. Für den Kanalausbau fehlen laut Ver.di vor allem Bauingenieure und Landschaftsplaner. Während der Bund für die Sanierung der Brunsbütteler Schleusen ein elfköpfiges Spezialteam gebildet hat, gebe es in Holtenau bisher gerade mal eineinhalb Stellen für die Verbreiterung der Oststrecke – nötig seien zum Start mindestens fünf, später zwanzig.

Für das Bundesverkehrsministerium gilt es nun Schadensbegrenzung zu betreiben. So werde man die Stellenzahl beim WSV bis zum Jahr 2022 wohl nicht wie geplant auf 9.800 senken. Vor allem bei den Ingenieuren müsse mehr getan werden. Ramsauer konnte 2013 aus seinem 600 Mio. Euro starken Budget zum Neu- und Ausbau von Wasserstraßen fast 200 Mio. Euro gar nicht ausschöpfen und 2012 fast 150 Mio. Euro. Für das Bundesministerium gilt künftig die Devise: Erhalt vor Aus- und Neubau. Daher hätten bei der Zuteilung des Personals »prioritäre Ersatzinvestitionen ins Bestandsnetz Vorrang vor Ausbauinvestitionen« wie am Kanal.

Die Folgen dieser Verknappungspoliltik sind für den Wirtschaftsfaktor NOK schwerwiegend: Mit Rückgängen bei den Schiffspassagen und der transportierten Ladung hat der Nord-Ostsee-Kanal das vergangene Jahr abgeschlossen. Insgesamt 31.097 Schiffe passierten die Wasserstraße zwischen Kiel und Brunsbüttel, berichtete die Schifffahrtsverwaltung. Das waren 10,8% weniger als 2012. Die Ladungsmenge sank um 9% auf 94,8 Mio. Tonnen.

Technische Pannen, Streiks und eine mehrtägige Havarie hatten den Kanal 2013 mehrfach tagelang lahmgelegt. 18 Tage dauerten die Einschränkungen insgesamt. Besonders betroffen waren die Monate März, August sowie generell das dritte Quartal 2013. Auch die von den Sturmtiefs »Christian« und »Xaver« auf der Elbe verursachten Hochwasser hatten die Schifffahrt auf dem NOK teilweise lahmgelegt. Trotzdem habe der Kanal ein ordentliches Ergebnis eingefahren, kommentierte die Schifffahrtsverwaltung die aktuellen Zahlen. »Das ist selbstverständlich kein befriedigendes Ergebnis, lässt aber hoffen, dass nach dem Abschluss der Reparaturen der Großen Nordkammer in Brunsbüttel im Jahr 2014 wieder positive Wachstumssignale zu erwarten sind«, betont Jörg Heinrich, Leiter des Dezernats Schifffahrt in der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) in Kiel.

Die jetzt von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen spiegeln nicht die veränderten Verhältnisse der maritimen Wirtschaft wieder. Auf die Prognose immer größer werdender Containerschiffe lautet die Reaktion schlicht Kanalvertiefung und Verbreiterung. Das führt zu neuen Problemen. Nicht nur, dass durch die ständigen Behinderungen die Zahl der den Kanal durchfahrenden Schiffe sinkt; die durchfahrenden Schiffe werden immer größer. Die Folge: Am Kanal werden die Schlepper knapp.

Die Kanalbehörde belegt den Trend zu immer größeren Schiffen mit Zahlen. Im vergangenen Jahr kletterte die Größe des »Mittelschiffs« erstmals auf über 6.000 BRZ. 2010 war das durchschnittliche Schiff noch 4.114 BRZ groß. Kommen immer größere Schiffe, führt das angesichts der stark reduzierten Schleusenverfügbarkeit in Brunsbüttel zu Engpässen. Die Wartezeiten hatten sich dort auf bis zu 14 Stunden summiert. Durch den Stau verlieren die Schiffe ihre Liegezeitfenster in den Häfen und das kostet Geld. Schleusensperrungen häufen sich, und jeder Tag Wartezeit am Kanal kostet bis zu 5.000 Euro.

Der sich abzeichnende Strukturwandel in der weltweiten Seeschifffahrt lässt darüber hinaus eine Veränderung der Bedeutung des NOK von einer weltweit bedeutsamen zu einer regionalen Wasserstraße erwarten. Das hat für Schleswig-Holstein weitreichende Folgen und schafft neue Probleme, denen nur mit neuen strukturellen Konzepten begegnet werden kann und nicht mit einem Mix aus kurzatmigen Korrekturen bei den »Stellschrauben« und einem schlichten »Schneller, Höher, Weiter!«. Eine eindimensionale Vertiefungs- und Modernisierungs-Option ist keine zukunftssichere Perspektive für Schleswig-Holstein.

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