5. Juni 2015 Joachim Bischoff / Norbert Weber
HSH-Nordbank – erneut ein schlechter Auftakt
Die HSH-Nordbank ist das mit Abstand größte Haushaltsrisiko für die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein. Ende Mai hatte die Bank die Öffentlichkeit mit den Überlegungen zu einer Umstrukturierung der Altlasten überrascht. Wenige Tage später veröffentlicht die Bank ihren Quartalsbericht und preist sich in bekannter Manier an: “Die HSH-Nordbank ist erfolgreich in das laufende Geschäftsjahr gestartet und hat im ersten Quartal 2015 einen Vorsteuergewinn in Höhe von 234 Mio. Euro (Vorjahreszeitraum: 355 Mio. Euro) erzielt.“
Das erfolgreiche Starten war offenkundig nicht so erfolgreich, dass die Bank endlich auf eigenen Füssen stehen könnte. „Damit setzt die Bank den positiven Trend nach der Ergebniswende im Vorjahr fort und verzeichnete in den ersten drei Monaten deutlich steigende operative Erträge in den Bereichen Immobilien, Energy & Infrastructure und in der Schiffsfinanzierung. Außerdem wurden die risikobehafteten Altlasten weiter reduziert und die Bank senkte dank der Fortschritte bei dem bereits 2014 gestarteten Sach- und Personal-kostensenkungsprogramm zugleich den Verwaltungsaufwand. Allerdings trug der Forderungsverzicht der Garantiegeber im Auftaktquartal mit 289 (Q1 2014: 487) Mio. Euro deutlich weniger zum Ergebnis bei als bei seiner erstmaligen Anwendung Anfang 2014.“ Immerhin wird verklausuliert eingeräumt, dass der harte Fakt der positiven Geschäftsentwicklung ein Forderungsverzicht der Bundesländer ist.
Die wirtschaftliche Situation der HSH-Nordbank im ersten Quartal
ist gleichermaßen schlecht wie die die Jahre zuvor. Schlechte Quartalsergebnisse konnte man bereits vermuten, da die Bank die Veröffentlichung der Finanzinformation mit deutlicher Verspätung nach der Pressmitteilung zugänglich machte. Im Gegensatz zur Lyrik aus der Presseabteilung besagt das Zahlenwerk aus der Finanzinformation: (im Vergleich zum Q 1 – 2014)
- 27 % Rückgang beim Ergebnis vor Restrukturierung von 489 Mio. Euro auf 357 Mio. Euro
- 34 % Rückgang im Ergebnis vor Steuern von 355 Mio. Euro auf 234 Mio. Euro
- Kernkapitalquote gesunken
- Eigenmittelquote gesunken
- Zinsüberschuss getragen vom Ergebnis aus hybriden Finanzinstrumenten (Hedge) mit über 100 Mio. Euro
- 47 % Rückgang im Handelsergebnis
- 95 % Rückgang im Ergebnis aus Finanzanlagen
- 54 % Rückgang der Barreserve (von 5,967 Mrd. Euro in Q1-14 auf 2,764 Mrd. Euro)
- Risikovorsorge ist um 28 % vermindert bzw. im Saldo ergebniswirksam /-erhöhend aufgelöst worden
- 36 % Rückgang des Bestandes der „als Finanzinvestition gehaltene Immobilien“ – also ebenfalls ergebniserhöhend veräußert worden
- Die IFRS-Bilanzierungsregel „Going Concern“ ist erneut ausgereizt worden
Wir bemängeln in den letzten Jahren stets die Ausreizung der IFRS-Bilanzierungsregel „going concern“.Daher sei an einem Beispiel das "window dressing" bei der Bilanzgestaltung verdeutlicht.
Die Rohbilanz steht, die Vorstände überlegen, wie man das Ergebnis besser präsentieren kann. Entscheidender Punkt: durch Umbuchung von Forderungsverzichten eröffnet man sich einen Spielraum für den Gewinnausweis. Zudem darf die Bank nach IFRS in Zukunft erwartete Zuflüsse schon jetzt vorwegnehmend erlöswirksam und damit gewinnerhöhend in die Gewinn-und Verlustrechnung buchen.
Genau das darf nach den US-Bilanzierungsregeln IFRS der Vorstand! Die HSH-Vorstände pervertieren diese Möglichkeiten und nutzen die Spielräume in größtmöglichen Dimensionen!
Diese Buchungsgebaren, genutzt von den HSH-Bankern zunehmend seit der Finanzkrise, haben jedoch ein Problem: Die Angelegenheit geht nicht endlos!
Und damit sind wir bei der aktuellen Situation:
Die US-amerikanischen Bilanzierungsregeln fordern eine Rückbuchung für den Zeitpunkt, wenn sich herausstellt, dass sich die entsprechende gewinnerhöhende Maßnahme als nicht eintreffend herausstellt!
Und genau das bringt die Bank derzeit erneut in hausgemachte Not, denn eine Vielzahl von bisherigen Buchungen in Milliardengröße müssen zurückgebucht werden.
Hinzu kommen die riesigen realen Probleme der Bank:
- Die Bank sitzt auf einem gewaltigen Forderungsvolumen über 15,9 Mrd. Euro, welches nicht ordnungsgemäß mit Zins- und Tilgung bedient wird (sogenanntes NPL-Volumen - „non performing loans“ oder „notleidende Kredite“) und eigentlich als „uneinbringlich“ eingestuft werden müsste, jedoch kann sich die Bank eine kaufmännisch gebotene Abschreibung der Forderungen nicht leisten. Die Kosten würden sofort auf die Ergebnisse durchschlagen! Nach Quartalsbericht hat die Bank hierauf lediglich einen Risikovorsorgebestand über 4 Mrd. Euro gebildet (Kernbank und Abbaubank Restructuring Unit)
- Im NPL-Volumen über 15,9 Mrd. Euro befinden sich 66 % des Schifffahrtsportfolios der Bank und 21 % des Immobilienportfolios
- Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein und damit Steuergelder haften für diesen „Schrottbestand“ mit ihrer Ländergarantie , die 78 % des Shipping- (10,5 Mrd. Euro) und 53 % des Immobilienkreditportfolios(3,4 Mrd. Euro) abdecken muss!
Bildlich stellt sich die Verwandlung von roten in schwarze Zahlen folgendermaßen dar.
Die Kernbank trägt mit -79 Mio. EUR (70%) den Großteil aus der Risikovorsorge vor Kompensation, die RU -34 Mio. EUR (30%); die Brutto-Kompensation wird durch Zusatzprämie deutlich gemindert, nach Berücksichtigung des Forderungsverzichts ergibt sich eine Netto-Kompensation von 315 Mio. EUR; GuV-wirksame Risikovorsorge von 202 Mio. EUR nach Kompensation.
Die Schlussfolgerung des Managements ist daher naheliegend: da eine Trendwende in der Schifffahrtskrise nicht erkennbar ist, muss die Bank auf irgendeine Art das Schiffsportfolio von etwa 28 Mrd. Euro loswerden. Unter dieser Voraussetzung könnte man mit den schmalen Margen aus dem umkämpften Bankgeschäft dann dauerhaft in den Bereich der schwarzen Zahlen vorstoßen.
Und in welchen Bereichen tätigt die Bank Neugeschäft und holt ihre Erlöse her?
Ergebnis des Q1 – 2015: die Kernbank hat insgesamt 188 Mio. Euro in Q1-15 eingenommen, davon kommen 150 Mio. Euro aus den Bereichen Shipping/Immobilien. Fazit: die Bank investiert erneut in genau die Branchen, die ihr wie ein Klotz am Bein hängen!
Neben diesen miserablen Zahlen aus dem Alltagsgeschäft bleibt noch ein gewaltiges Refinanzierungsproblem: die Bank muss noch in diesem Jahr Anschlussfinanzierungen über 18 Mrd. Euro finden. Diese Beträge laufen in diesem Jahr aus, bisher unterlegt durch die automatische Gewährträgerhaftung der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein.
Die Bank berühmt sich in ihrer Präsentation, in 2014 und 2015 insgesamt etwa 3,2 Mrd. Euro erfolgreich über Funding refinanziert zu haben. Da muss sich die Bank aber noch ordentlich strecken, um noch weitere 18 Mrd. Euro refinanziert zu bekommen. Das aktuelle Rating BBB- ist da nicht gerade zuträglich.
Und immer noch ist nicht ausgestanden, dass die EU-Kommission die abschließende Genehmigung der bereits vorläufig erfolgten Garantieerhöhung von 7 auf 10 Mrd. Euro tatsächlich genehmigen wird. Auch dieses Risiko wird in diesem Jahr noch schlagend werden!
Schlussendlich bleibt festzuhalten: in der Tat hat sich die Bank in der Gewinnzone gehalten, aber nicht mit realen wirtschaftlichen Ergebnissen, sondern als Ergebnis einer von diesem Institut bekannten "Schönrechnung". Es wird also auch in diesem Jahr dabei bleiben: die Bank verpulvert das aus Steuermitteln bereitgestellte Vermögen. Zum Jahresende 2014 war die HSH-Nordbank-Aktie nur noch 4,88 Euro wert. Diese Ermittlung führt zu einem weiteren Wertverlust von 355 Millionen Euro für die beiden Bundesländer allein in der ländereigenen HSH-Finanzfonds AöR (siehe Geschäftsbericht 2014 der HSH-Finanzfonds AöR ). Diese dürfen sich zudem freuen, dass sie am Ende des Engagements für weitere 2,1 Mrd. Euro einstehen dürfen. Es bleibt dabei: die HSH ist das größte Risiko für die öffentlichen Haushalte von Hamburg und Schleswig-Holstein.