30. November 2017 Joachim Bischoff / Norbert Weber
Der HSH-Vorstandschef, Stefan Ermisch, haut bei der Präsentation des ihres Ergebnisberichts zum Ende September (Q3) mal wieder aufs Blech: »Mit diesem guten Zwischenergebnis, dem Zuspruch unserer Kunden und dem konsequenten Altlastenabbau sind wichtige Weichen für den im Februar angestrebten Eigentümerwechsel gestellt.« In der Logik der Marktschreier: »Die Bank entwickelt sich positiv, ist mittlerweile robust aufgestellt und hat die Basis für eine erfolgreiche Zukunft in privater Eigentümerstruktur geschaffen.«
Wie nicht anders zu erwarten, präsentiert die Bank ihr Ergebnis mit der Überschrift »HSH Nordbank wächst bei Ergebnis und Neugeschäft – Altlasten sinken deutlich« überaus positiv.
Weiter heißt es in der bankeigenen Presseerklärung:
Das Vorsteuerergebnis erhöhte sich in den ersten neun Monaten um zehn Prozent von 183 Mio. Euro auf 201 Mio. Euro. Das liegt deutlich über der Prognose von 120 Mio. Euro für das gesamte Jahr. Operative Erträge trugen zu der Verbesserung bei. Monika Heinold (Bündnis 90/Die Grünen), Finanzministerin des Landes Schleswig-Holstein, unterstützt die Verkaufskampagne der Bank: »Ich bin erfreut über die aktuelle Bilanz. Gute Zahlen sind gut für den laufenden Verkaufsprozess.«
Wirklich? Die vorstehenden »Highlights« sind ausgesuchte Zwischenergebnisse, die wirtschaftliche Situation der operativen Bank wird damit keineswegs abgebildet.
Der große Coup: In der »Abbaubank« konnte das ausfallgefährdete Kreditvolum um 40% auf 8,2 Mrd. Euro abgebaut werden.
Der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank wird zitiert, dass die bankinterne Abbaubank ihren Bestand an notleidenden Krediten zu Ende 2018 auf 4 Mrd. Euro reduzieren wird. Davon wäre die Hälfte bereits über gebildete Risikovorsorge abgedeckt. Eine sportliche Herausforderung, betrug der Bestand nur allein in der Abbaubank per Mitte 2017 noch 17,2 Mrd. Euro mit einer NPL-Quote (Non performing loans – Schrott) von 63,9 %. In manchen HSH-Veröffentlichungen spricht die Bank hier von NPE (Non performing Exposures), was exakt identisch ist.
Also: sportliche Herausforderung – Reduzierung von etwa 11 Mrd. Euro NPL (Stand Mitte 2017 Abbaubank) auf etwa vier Mrd. Euro bis Ende 2018. Wie kann das funktionieren?
Nun, die Bank ist hier, wie so oft, überaus kreativ und hat einige Gestaltungsmöglichkeiten, die ihr mit Unterstützung der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein als Eigentümer gegeben sind:
Diese speziellen Krediterlasse halten wir für äußerst gewagt.
Beispiel Döhle-Gruppe
Die Döhle-Gruppe ist nicht nur »Kreditkunde« bei der HSH Nordbank, sondern in diversen weiteren Geschäftsfeldern Partner der HSH Nordbank.
Diese Verflechtungen »riechen« förmlich nach Interessenkonflikt und Befangenheit. Es kann einfach nicht angehen, dass hier die HSH Nordbank offensichtlich einseitig und letztendlich zu Lasten von Steuergeldern der Döhle Gruppe Kreditanteile erlässt. Aktuell im Gespräch sind hier Kredite über 670 Mio. Euro. (Quelle: Abendblatt vom 18.11.2017, Überschrift »Irritationen um Schiffskredite der HSH Nordbank«)
Die HSH Nordbank hat ganz klar Probleme, sich selbst nachhaltig Gelder und Kapitalien zu verschaffen. Die öffentliche Gewährträgerhaftung fällt weg, die von den Ländern gewährten Garantien sind bereits vollständig in Anspruch genommen. Mit einer Privatisierung, wie angestrebt, fällt auch das »Sicherungsnetz« der Öffentlichen Banken und Sparkassen weg. Mit Übernahme der Bank durch einen privaten Investor muss die HSH Nordbank nämlich die Sicherungsreserve der Landesbanken und Girozentralen verlassen.
Die HSH müsste der entsprechenden Sicherungseinrichtung der privaten Banken beitreten, die sind jedoch wenig begeistert. Deren Vorsitzender, Peters, hat bereits kundgetan, dass man sich zwar grundsächlich nicht verschließen würde, jedoch keinesfalls für Altlasten einstehen würde. Da wären die Alteigentümer gefragt, die für entsprechende latente Risiken Garantien übernehmen müssten.
Und was macht die HSH Nordbank? Sie wird erneut kreativ und beschreitet den »innovativen« Weg der Akquise von Termingeldern bei privaten Einlegern. Die HSH bietet hier nämlich einen Zinssatz, der in Deutschland völlig marktunüblich und überzogen ist, und das für Termineinlagen bis zu 1 Jahr Laufzeit. Das HSH Angebot entspricht in etwa Angeboten von bulgarischen, maltesischen oder rumänischen Banken.
Wohlgemerkt: Wir sprechen hier von genau der Bank, die 2014 etwa 10.000 BestandskundInnen vor die Tür gesetzt hat, auch hochsolvente Firmenkunden. Die Begründung damals lautete, man müsse eine Mindestumsatzgröße von 50 Mio. Euro je Kunde erreichen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Also jetzt: Kehrtwende um 180 Grad: Privatkunden werden wieder angebaggert!
Die von der HSH emittierten Schuldverschreibungen finden nämlich kaum noch Abnehmer. Nachdem im Bewusstsein der meisten Anleger und Sparkassenbanker (hauptsächlich über deren Tresen sind die Dinger Privatanlegern angedreht worden) angekommen ist, dass diese Schuldverschreibungen mit tollen Namen wie »Osteranleihen« usw. zu 100% dem Emittentenrisiko und damit einem Totalverlustrisiko unterliegen, läuft das nicht mehr so.
Das perfide an dem neuen Geschäftsfeld der HSH: Die Bank hat gar kein Interesse an den Privatkunden, nutzt nur die einseitige Möglichkeit, hier erneut eine faktische Staatshaftung als Einlagensicherung zu erhalten. Derartige Einlagen unterliegen nämlich dem Einlagensicherungsgesetz. Dieses Bundesgesetz (EinSiG) vom 28. Mai 2015 regelt die Mindestanforderungen an die Einlagensicherung deutscher Kreditinstitute und gewährt Anlegern auch einen Gläubigerschutz für Bankguthaben bis zu 100.000 Euro je Anleger und Institut. Dieses Gesetz trat am 3. Juli 2015 in Kraft.
Konsequenz: Egal, ob die Bank privatisiert werden kann oder ggf. abgewickelt werden muss, oder ob die Sicherungseinrichtung der deutschen Privatbanken die HSH Nordbank aufnimmt: bis zu 100.000 Euro /je Einlage würde das Risiko unter das Einlagensicherungsgesetz fallen – und damit tragen die SteuerzahlerInnen das entsprechende Risiko. Mit dieser gesetzlichen Einlagensicherung wirbt die HSH Nordbank auch, und spricht bereits von »Milliarden, nicht Millionen«, die sie hiermit generieren will.
All diese erneuten Winkelzüge der HSH Nordbank zu Lasten von Steuergeldern hätten vermieden werden können, wenn man zum Jahreswechsel 2015/2016 die HSH Nordbank in ein geordnetes Verfahren nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (Kurz: SAG) überführt hätte. Es bleibt Schlichtweg ein Skandal, dass der HSH Nordbank die Handlungshoheiten nicht entzogen wurden, als noch die Gelegenheit dazu war.
So hätte auch vermieden werden können, dass sich die Bank werterholte Wertpapierassets über 4,5 Mrd. Euro aus der bankinternen Abbaubank in die Kernbank transferiert. Die Bank beschrieb diese Umbuchung mit »Reallokation«. Wie seit Monaten üblich, liquidiert sie nunmehr sukzessive die Wertpapierbestände und verbessert so ihre Quartalsergebnisse. Zum Q3-2017 hat diese Transaktion mit einem gewinnerhöhenden Deckungsbeitrag über 356 Mio. Euro zur Ergebnisverbesserung des Segmentes »Kernbank« beigetragen. Die Bank nennt dies »Hebung stiller Reserven«.
Fazit: Ob diese Verschönerungsoperation in Kombination mit Marktschreierei letztlich zum Ausverkauf an Hedgefonds führen, oder aber die Bank schlussendlich abgewickelt werden wird, ist nach wie vor offen. So oder so – als Bank hat dieses Geldinstitut keine Zukunft.