16. Dezember 2016 Joachim Bischoff / Norbert Weber
HSH Nordbank – die Kosten für die Verschönerung eines maroden Bankhauses
Die HSH Nordbank soll bis Frühjahr 2018 verkauft sein. Die von Kapital- und Garantiehilfen gestützte Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein, die nach einem Beihilfeverfahren auf Geheiß der EU-Kommission bis Ende Februar 2018 verkauft werden muss, stellt sich seit einigen Wochen potenziellen Kaufinteressenten in Amerika, Europa und Asien vor.
Offiziell soll das Verkaufsverfahren im ersten Quartal 2017 eröffnet werden. Wie im Unternehmensbereich üblich, müssen bis dahin weitere Altlasten entsorgt und das angebotene Institut verschönert werden. Da die Bank selbst auf leere Kassen blickt, sollen die Eigentümer mal wieder herangezogen werden.
Eine wichtige Operation war der Ankauf von notleidenden Schiffskrediten (4,9 Mrd. Euro) durch die Eigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein. Dieser Schritt umfasst die Hälfte der Problemfälle unter den Schiffskrediten aus den Jahren bis 2009, und er hat die HSH Nordbank stark entlastet. Ohne diesen Transfer hätte das Institut nicht länger bestehen können.
Zur weiteren Risikoentlastung der Bilanz arbeitet die HSH Nordbank derzeit an dem geplanten Verkauf eines Bestands notleidender Kredite über 3,2 Mrd. Euro am Markt. Bis Jahresende soll ein Teil aus verschiedenen Assetklassen, voraussichtlich rund die Hälfte, Investoren finden, der Rest bis Mitte 2017. Bankchef Ermisch dementiert Spekulationen, die Bank werde bei Schiffskrediten möglicherweise Abschläge von 75% auf den Nominalwert in Kauf nehmen.
Resultat: In diesem Jahr hat die HSH Bank einen Großteil ihrer selbst verursachten Probleme auf die Länder übertragen können. Für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein wird es damit drei »neue« Problemfelder geben im Zusammenhang mit der HSH Nordbank.
1. Die neu gegründete HSH Portfoliomanagement AöR
Diese Portfoliomanagement AöR, kurz PoMa, hat die von der Bank an die Länder übertragenen schlechten Risiken in einer Größenordnung von etwa fünf Mrd. Euro übernehmen müssen. Von der Beratungsgesellschaft PwC ist ein Kaufpreis über 2,423 Mrd. Euro berechnet worden, die Differenz über etwa weitere 2,6 Mrd. Euro haben die Länder zusätzlich an die Bank aus der Garantielinie über 10 Mrd. Euro überwiesen. In der PoMa angekommen ist jedoch nur ein Asset-Bestand über 4,1 Mrd. Euro, weil die HSH Nordbank einzelnen Kreditnehmern bereits 800 Mio. Euro erlassen hatte. Die Basisberechnungen zur Wertfeststellung dieser 2,4 Mrd. Euro sind nicht kommuniziert worden. Mangels eines »Marktes« zur Preisfeststellung wurden vermutlich »Hilfskrücken« in Form von Vergleichs- und Schätzwerten herangezogen.
Da passt es doch ausgezeichnet, dass man nun ausgerechnet diesem Beratungsunternehmen das Mandat zur Jahresabschlussprüfung übertragen hat.(1)
PwC wird keine Energie zeigen, den Kaufpreis kritisch zu hinterfragen und alle vermutlich notwendigen Korrekturbuchungen zum 31.12.2016 aus Eigeninteresse mittragen. Nachdem Frau Heinold, die Finanzministerin des Landes Schleswig-Holstein, in dieser Woche bereits von weiteren Verlusten gesprochen hat, ist hier ganz sicher eine hohe Wertkorrektur des Ansatzes in der PoMa-Bilanz und damit von einem eigentlich hohen Verlustausweis auszugehen. Zieht man auch noch marktübliche Verwertungskosten der weltweit dümpelnden Sicherheiten in Form von Schiffen um etwa 10 % ab, wird der »Wert« der Assets faktisch gleich Null sein. Wir erwarten hier eine Wertkorrektur des Kaufpreises bereits zum Jahresende 2016 um etwa 50 %.
Auch hier sprechen wir von einem »eigentlichen« Verlustausweis, denn die PoMa ist vorbereitend auch bereits mit einer viel zu hohen Kreditlinie über 6,2 Mrd. Euro ausgestattet worden. Auch hier wird es entsprechende Umbuchungen zu Lasten der Kreditlinie geben, um die Verluste ausgleichen zu können.
2. Die HSH Finanzfonds AöR
Diese Gesellschaft im Eigentum der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein war in 2009 gegründet worden, um einerseits im Auftrage der Länder den weiteren Kapitaleinschuss über drei Mrd. Euro am Kapitalmarkt fremd zu finanzieren. Anderseits hat die HSH Finanzfonds AöR (kurz FinFo) die Aufgabe, anhand eines sogenannten Referenzportfolios die Aktivitäten der HSH Nordbank zu überwachen und den Assetabbau der Bank zu kontrollieren.
Im Zusammenhang mit der erneuten Rettungsaktion der Bank zum vergangenen Jahreswechsel hat die FinFo weitere Aufgaben übernehmen müssen. Hierzu ist ihr eine weitere Kreditlinie über 10 Mrd. Euro genehmigt worden.
Als Einnahmen zur Bedienung des am Kapitalmarkt aufgenommenen Drei-Mrd.-Euro-Kredits standen der FinFo bisher die von der Bank zu zahlenden Garantieprovisionen zu. Diese hat die FinFo auch dringend gebraucht, um die Kredite zurückzahlen zu können.
Nach der neuen Regelung ist das nunmehr alles Geschichte. Die Bank ist weitestgehend von den Garantieleistungen befreit worden, zahlen soll nunmehr die neu gegründete Holdinggesellschaft im Eigentum der Länder (kurz: HoldCo) Da diese aber keine Einnahmen haben wird, sind die Leistungen an die FinFo bereits über Jahre gestundet worden.
Die fehlenden Einnahmen muss die HSH Finanzfonds nunmehr aus den neuen Kreditlinien über 10 Mrd. Euro abschöpfen, was sie auch bereits tut. Das führt zu der absurden Situation, dass die FinFo eigentlich hohe Verluste ausweisen müsste, dieses aber nicht tun wird, weil die entsprechenden Verluste sofort aus den Kreditlinien umgebucht werden.
3. HSH Beteiligungsmanagement GmbH (HoldCo)
Im Zuge der Entscheidung zur erneuten HSH Rettung zum vergangenen Jahreswechsel ist der bisherigen HSH Nordbank eine Holding »drüber gestülpt« worden, die HSH Beteiligungsmanagement GmbH. Diese hält nunmehr 94,5 % des Eigentums an der HSH Nordbank, die jetzt OpCo genannt wird. Zu dieser OpCo gehört nicht nur die HSH Nordbank hierzulande, sondern alle weltweit noch existierenden Töchter und alle Beteiligungen der HSH.
Diese neue Holding im Eigentum der Länder hat auch die Verpflichtung zur Zahlung von Garantieleistungen an die Finanzfonds AöR übernommen, mit Ausnahme der Anteile aus noch nicht in Anspruch genommener Garantie. Das führt zu der grotesken Situation, dass die Länder nun selbst die Garantieprovision an sich zahlen müssen. Die HSH Nordbank ist somit fein raus.
Im kommenden Jahr startet nun der Verkaufsprozess der HSH Nordbank. Verkauft werden soll somit die OpCo. Aktuell wird ja bereits thematisiert, dass die Bank als Ganzes nicht verkauft werden könnte, sondern nur in Teilen.
Da diese neue HSH Beteiligungsmanagement GmbH (HoldCo) nun 94,9% aller Aktien hält, wird die Jahresabschlussbilanz der HoldCo diese 94,9% auch als einziges Vermögen ausweisen. Da jedoch die Aktien auch nachhaltig nichts mehr wert sind und mit »Null« ausgewiesen werden müssen, wird in der Jahresabschlussbilanz der HoldCo nach HGB gleichzeitig auf der Gegenseite der Bilanz ein Korrekturwert von 100% des Wertansatzes ausgewiesen werden müssen. Somit dürfte die HoldCo vermutlich einen Jahresverlust über drei bis vier Mrd. Euro ausweisen müssen, je nachdem, ob man nur das Grundkapital ansetzt oder sofort das vollständige den Anteilseignern zuzurechnende HSH-Anteilskapital.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Vorsichtig überschlagen, wird den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein zum 31.12.2016 ein weiterer Verlust aus ihrem HSH Engagement in Höhe von etwa fünf bis sieben Mrd. Euro per buchhalterischem Stichtag zugerechnet werden müssen. Wie in den Punkten 1 und 2 beschrieben, wird man es nicht sofort merken, da die bereits vorliegenden Kreditlinien der FinFo und der PoMa über zusammen 16,2 Mrd. Euro in Anspruch genommen werden.
Fakt ist jedoch, dass am Ende aller Tage alles aus Steuergeldern bezahlt werden muss. Eine teure Entscheidung zum vergangenen Jahreswechsel, erneut der Bank gutes Geld dem schlechtem hinterherzuwerfen. Es gab stets die Alternative, nämlich die Bank sofort in ein geordnetes Sanierungs- und Abwicklungsverfahren nach SAG zu führen.
1) Gemäß der Antwort des Senats auf die Bürgerschaftsdrucksache 21/7195 hat der Verwaltungsrat die PricewaterhouseCoopers Aktiensgesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in seiner Sitzung am 1.Dezember 2016 als Abschlussprüfer bestellt (vorbehaltlich des Einvernehmens mit dem Rechnungshof).