23. November 2015 Joachim Bischoff / Norbert Weber
HSH Nordbank – die Bundesländer im Kampf ein drohendes Abwicklungsszenario
In der politischen Debatte um die weitere Zukunft der HSH Nordbank lässt sich in der politischen Klasse auch ein Anflug von Realismus nicht mehr vermeiden. Der Abgeordnete Lars Harms vom SSW traf in der Landtagsdebatte den richtigen Punkt: »Wir bügeln jetzt das aus, was schon 2009 versemmelt wurde.«. Allerdings ist mit dem »Versemmeln« noch immer nicht Schluss. Die Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein stehen vor der Alternative: Rettung oder Abwicklung auf Raten? Nach sechs Jahren immer neuer Rettungsversuche ist der Optimismus der Regierenden verbraucht. Eigentlich geht es um die Alternative: Abwicklung sofort oder Abwicklung in zwei Jahren, d.h. 2018.
Seit dem Frühjahr 2015 steht für die Politik fest: das HSH Nordbank-Management hat es erneut versemmelt. Über Monate haben PolitikerInnen und ExpertInnen über die Alternativen gebrütet. Für 30 Mio. Euro hat man ein »renommiertes Beratungsinstitut« mit einem »Brainstorming« beauftragt. Die teure Wahrheit: der Status quo geht nicht mehr, die Bank muss mehr öffentliche Gelder erhalten oder das neue Sanierungs- und Abwicklungsgesetz für Geldhäuser wird von der europäischen Bankaufsicht zur Abwicklung eingesetzt. Jetzt soll es plötzlich nach dem Willen der Konkursverschlepper ganz schnell gehen.
Die Landesregierungen setzen erneut die Parlamente unter Druck. Das geplante Gesetzespaket zum Umbau der HSH Nordbank muss noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Über den schrecklichen Konkursfall wird also im Turbo-Verfahren beraten und beschlossen. »Würde das Parlament Teile der Verständigung mit der Europäischen Kommission erst im nächsten Jahr beschließen, könnte der Eindruck entstehen, dass die informelle Verständigung nicht vollständig umgesetzt würde«, gibt Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) zu Bedenken. Da es sich bei der Verständigung mit den Brüsseler Behörden um einen »handshake-deal« handelt, könnte die EU auf den dummen Gedanken kommen, die Eigentümer treten von der Verständigung zurück.
Deshalb muss der komplette Staatsvertrag von Hamburg und Schleswig-Holstein noch im Dezember beschlossen werden. Die Einigung mit der EU sieht vor, dass beide Eigentümer-Länder der Bank Altlasten aus faulen Schiffskrediten von bis zu 6,2 Mrd. Euro abnehmen und Gebührenforderungen für ihre zehn Mrd. Euro Garantien senken. Das wird den Haushalt künftig stark belasten. Die Bank, die 2.500 Mitarbeiter hat, darunter 1.000 in Kiel, muss spätestens 2018 verkauft werden. Gelingt dies nicht, soll sie abgewickelt werden.
Die Bank werde mit der Einigung enorm entlastet und bekomme die Chance, sich am Markt zu bewähren. Da die Bewährung am Markt in den letzten sechs Monaten nicht sonderlich erfolgreich war, müsse sich die Bank anstrengen – so die Ministerin, da ein Verkauf das Landesvermögen mehr schone als eine Abwicklung. Wichtig sei es, dass mit der Verkaufsauflage ein Schlussstrich unter das Kapitel »Landesbeteiligung an der Bank« gezogen wird. »Es ist nicht Aufgabe einer Landesregierung, für eine international tätige Aktiengesellschaft Verantwortung zu tragen.«
Hauptverantwortlich für die Vernichtung von Milliarden an Steuergeld sind Ex-Vorstände der Bank, die in abenteuerlicher Höhe Risiken eingegangen seien und mit der staatlichen Gewährträgerhaftung spekuliert hätten. Nebenverantwortlich ist die politische Klasse, die diesem Spielerclub immer wieder neue Ressourcen eröffnet haben.
Für den Umbau der Bank wollen beide Regierungen noch in diesem Jahr eine Abwicklungsanstalt öffentlichen Rechts gründen. Die Gründung der neuen Anstalt soll unbedingt noch vor dem Jahreswechsel geschehen. Abgesehen von dem Misstrauen der EU-Kommission gilt ab 2016 ein neues EU-Abwicklungsrecht. Dann bräuchte die neue Zweckgesellschaft eine Banklizenz und müsste die nötigen Eigenkapital-Anforderungen erfüllen – und das würde noch teuer. Die Regierung will ihr Paket deshalb noch im Dezember im Eiltempo durch das Parlament bringen.
Was kostet die Abwicklung auf Raten?
Nachdem die HSH-Nordbank-Verantwortlichen die Bank erneut an den Rand der Insolvenz gesteuert haben, soll jetzt eine Mega-Operation das endgültige Ende einläuten. Die bisherige Garantie der Länder über 10 Mrd. Euro reicht zur Existenzsicherung nicht mehr aus. Wasa würde bei einer sofortigen Abwickelung fällig?
- Die Vermögenswerte der Eigentümer sind futsch. Allerdings steht der Aktienwert aktuell noch bei 4,88 Euro pro Stück, viel ist von dem einstigen Buchwert von über 70 Euro nicht übergeblieben.
- Die 10 Mrd. Euro Garantien sind auch futsch; allerdings sind es faktisch schon keine 10 Mrd. Euro mehr, denn 3,2 Mrd. Euro sind schon zur Abschreibung notiert.
- Bei einer sofortigen Abwicklung hätte sich die Gewährträgerhaftung besonders negativ ausgewirkt. Diese lag im Oktober bei 12,2 Mrd. Euro. Jetzt sind es noch 10,9 Mrd. Euro und zum Ende des Jahres werden es 2,5 Mrd. Euro sein.
- Es solle auch ein neues Risiko für die Sparkassen vermieden werden. »Das wäre bei einer sofortigen Abwicklung der Fall gewesen.« Der Sparkassenverband ist mit etwa 18% an der Gewährträgerhaftung beteiligt.
- Und: Die sofortige Abwicklung hätte noch Ausgaben für einen Sozialplan für die Beschäftigten nach sich gezogen.
Klares Votum der politischen Klasse: untragbar – zu teuer. Daher haben sich die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein seit Monaten mit der EU-Kommission auseinander gesetzt, um einen Weg zur preiswerteren Beendigung des Engagements zu erreichen. Die Einigung mit der EU sieht vor, dass beide Eigentümer-Länder der Bank Altlasten aus faulen Schiffskrediten von bis zu 6,2 Mrd. Euro abnehmen und Gebührenforderungen für ihre zehn Mrd. Euro Garantien senken. Außerdem sollen noch weitere zwei Mrd. Euro an Schrottpapieren verkauft werden. Weil diese Papiere aber kein normaler Investor haben will, werden sie deutlich unter ihren Buchwerten verkauft. Klug ausgedacht ist dabei der politische Schachzug: die Differenz von Marktwert und Buchwert wird aus der Garantie beglichen Das wird den Haushalt künftig stark belasten. Die Bank muss spätestens 2018 verkauft werden. Gelingt dies nicht, soll sie abgewickelt werden.
Nach Senatsmitteilung für die Hamburger Bürgerschaft sieht der von den Ländern favorisierte Lösungsweg wie folgt aus:
- Neben der bisherigen HSH-Finanzfonds AöR mit Sitz in Hamburg (hier wurden die drei Mrd. Euro Aufstockung des Eigenkapitals und die 10 Mrd. Euro Garantie per Kredite aufgenommen und verwaltet) wird eine weitere »HSH-portfoliomanagement AöR« mit Sitz in Kiel gegründet.
- Die bisherige HSH-Nordbank AG wird unterteilt in eine Holdinggesellschaft (HoldCo) sowie eine Tochtergesellschaft. Diese Tochtergesellschaft hält dabei nach der geplanten Struktur sämtliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der HSH Nordbank AG, einschließlich der von der Garantie erfassten Vermögenswerte. Die Garantie selbst sowie die Banklizenz und bildet künftig die operativ tätige Bank.
- Die Tochtergesellschaft wird hierbei maßgeblich von den Garantielasten befreit und zahlt nur noch eine Garantiegebühr von 2,2 % auf den nicht gezogenen Teil der Garantie.
- Alle weiteren Garantieverpflichtungen übernimmt die HoldCo.
- Die HoldCo hält ausschließlich die Beteiligung an der operativen Tochtergesellschaft.
- Die HSH-Nordbank darf zu ihrer Stabilisierung ein Portfolio schlechtester Risiken in einer Größenordnung von bis zu 8,2 Mrd. Euro veräußern.
- Die Länder übernehmen davon direkt einen Portfolio-Anteil über 6,2 Mrd. Euro in ihre neu gegründete ländereigene HSH-portfoliomanagement AöR.
- Die Differenz zwischen Marktwert und Buchwert darf über die Ländergarantie abgerechnet werden. Die Verluste hieraus haben die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zu leisten.
- Die Europäische Kommission hat es zur Auflage gemacht, dass in einem Zeitraum von 24 Monaten gelingen muss, die Tochtergesellschaft zu veräußern bzw. zu privatisieren. Sollte diese Transaktion nicht gelingen, muss die HSH ihr Neugeschäft einstellen und wird abgewickelt.
- Die bereits bestehende HSH-Finanzfonds AöR soll ermächtigt werden, weitere Kredite in einer Größenordnung von 10 Mrd. Euro im Namen und in der Verantwortung der Länder aufnehmen zu können.
- Die neu zu gründende HSH-portfoliomanagement AöR soll zusätzlich ermächtigt werden, Kredite in einer Größenordnung von 6,2 Mrd. Euro im Namen und in der Verantwortung der Länder aufnehmen zu können.
- Die Finanzkontrolle übernehmen der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg sowie der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein.
Wenn man sich die Parlamentsdrucksache einschließlich der Anlagen prüft, steht die Frage nach dem »Warum das alles?« unbeantwortet im Raume! Letztendlich verlangen die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein mit ihrem favorisierten Lösungsweg einen nahezu unbegrenzten »Blankoscheck« in Sachen HSH-Nordbank.
Der Senatsdrucksache liegen bei:
- ein Gesetzentwurf zur Errichtung der „hsh portfoliomanagement AöR“ und zur Anpassung eines Staatsvertrages sowie Begründung,
- Sein taatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Errichtung der »hsh portfoliomanagement AöR« sowie Begründung,
- ein Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein zur Änderung des Staatsvertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Errichtung der »HSH Finanzfonds AöR« sowie Begründung.
Unser Kommentar
Schon die Überschrift »Verständigung der Freien und Hansestadt Hamburg und des Landes Schleswig-Holstein mit der Europäischen Kommission im Beihilfeverfahren zur HSH Nordbank AG« führt, wohl absolut bewusst, in die Irre: Die ganzen Transaktionsvorhaben und rechtlichen Winkelzüge, Verschachtelungen und nebulöse Verklausulierungen haben mit dem eigentlichen »Beihilfeverfahren« gar nichts zu tun. Das Beihilfeverfahren wäre sofort beendet, wenn die Bank die Garantie gegen Zahlung zurückgeben würde. In dem Beihilfeverfahren geht es ausschließlich um Wettbewerbsrecht, also ausschließlich um die Garantie. Stattdessen nutzt man offensichtlich diese Fassade bzw. diesen Mantel, um erneut, wiederholt, ziellos und nach dem »Prinzip Hoffnung« Steuergelder in die Bank zu versenken.
Unsere Argumentation gegen den von den Ländern favorisierten Lösungsweg (immer bezogen auf die aktuelle Senatsdrucksache einschließlich Anlagen):
- Die Länder als Eigentümer lassen sich beraten von Beratungsunternehmen, in denen Ex-HSH-Banker arbeiten. Zudem vertrauen die Länder offensichtlich ungeprüft den Aussagen der aktuellen HSH-Vorstände.
- Als Argument »für« die erneute Rettung der HSH wird die »ausbleibende Erholung der Schifffahrtsmärkte« angeführt. Die beschriebenen nun zu organisierenden Maßnahmen lassen allerdings den Schluss zu, dass hochtoxische Wertpapierdepots aus dem Eigenbestand der HSH von den Ländern übernommen werden. Wie passt das zusammen?
- Zitat aus der Senatsdrucksache: »Alle Faktoren zusammen führten dazu, dass nach Einschätzung des Vorstands der HSH Nordbank AG ergänzende Maßnahmen zur Stabilisierung der Bank unabdingbar geworden sind. ... Dies spiegelt sich auch in der Bestätigung der Unternehmensfortführungsprognose für die Bilanzierung und Bewertung der Bank im Jahresabschluss 2014 ... wieder. Die Fortführungsprognose beruht auf der Annahme, dass die Europäische Kommission unter Berücksichtigung von weiteren umzusetzenden strukturellen Maßnahmen einer Wiederaufstockung der kapitalentlastenden Garantie zustimmt und die Änderung des Garantievertrags nach der im Juni 2013 erfolgten vorläufigen Genehmigung nunmehr abschließend genehmigt.« Mit anderen Worten: Sie Banker bilanzierten fröhlich weiterhin nach der »going concern« IFRS-Bilanzierungsmethode, und zwar wider besseren Wissens. Immer wieder haben wir Jahresabschlüsse nach HGB gefordert, insbesondere gerade um aus dieser, von den Bankern aufgemachten Zwickmühle herauszukommen. Faktisch wurden die Länder erpresst, nunmehr im alleinigen Interesse der Bank handeln zu müssen.
- Man spricht in der Drucksache davon, »eine (unkontrollierte) Abwicklung nach dem SAG« vermeiden zu wollen. Das absolute Gegenteil ist der Fall! Eine geordnete Sanierung, mögliche Restrukturierung und ggf. Abwicklung nach dem SAG wäre die einzig kontrollierte Abwicklung! Und das auch noch unter externer Aufsicht und Kontrolle, nicht »nur« durch die ländereigenen Rechnungshöfe.
- Die Senatsdrucksache widerspricht sich in diversen Punkten. So soll z.B. »ein von der HoldCo zu vereinnahmender Privatisierungserlös zunächst zur Begleichung der Ansprüche der Länder auf Garantievergütung genutzt werden«. Das dürfte die Besserungsscheine und damit den unbezahlten Provisionsrückstand betreffen, die die Bank den Ländern bisher schuldig geblieben ist. Gleichzeitig sollen, an anderer Stelle aufgeführt, diese Privatisierungserlöse (so denn überhaupt welche generiert werden können) für die laufenden Prämienverpflichtungen der HoldCo gegenüber der HSH-Finanzfonds AöR dienen. Da kann man nur den Kopf schütteln und muss laut daran erinnern, dass das »Fell« nur einmal verteilt werden kann.
- Seit Monaten ist bekannt, dass die Ratingagenturen die Bank möglicherweise auf »non investment grade« herabstufen könnten. Immer wieder haben wir auf das Risiko hingewiesen, dass die Gefahr besteht, dass die Bank möglicherweise für die durch Ländergewährträgerhaftung unterlegten auslaufenden Refinanzierungstranchen über noch etwa 15 Mrd. Euro (in 2015 fällig 11 Mrd. Euro, in 2016 etwa 2,5 Mrd. Euro) keine Anschlussfinanzierungen aus eigener Kraft hinbekommt. Über Schriftliche Kleine Anfragen haben wir mögliche Maßnahmen der Bank erfahren wollen und nie Antworten bekommen. Nun stellt sich der Vorstand da hin und wird in der Senatsdrucksache wie folgt zitiert: »Eine solche Herabstufung hätte nach Aussage der Bank zu einer sehr angespannten Liquiditätssituation bis zum Jahresende geführt.«
- Die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein wollen eine landeseigene Abwicklungsanstalt namens »hsh portfoliomanagement AöR« gründen, die direkt ein Schwerstrisiko-Portfolio über 6,2 Mrd. Euro der Bank abkaufen soll. Faktisch wird das zu einem Preis erfolgen müssen, der nicht ansatzweise dem tatsächlichen Wert entspricht. So will man zwar zu (noch durch Gutachter festzulegenden) Marktpreisen erwerben, jedoch gleichzeitig die Differenz zu den Buchwerten der Bank direkt als Verlust unter Inanspruchnahme der Ländergarantie ausgleichen. Ein einziges finanzielles Himmelfahrtskommando zu Lasten der Länder! Die Bank hat nie ausreichend Abschreibungen auf diese Schrott-Bestände gebildet, weil sie sich diese kaufmännisch gebotenen Abschreibungen schlichtweg nicht erlauben konnte. Die Abschreibungen wären für die Bank-GuV (Gewinn-und Verlustrechnung) sofort als Kosten schlagend geworden und hätten einen entsprechenden Jahresverlust der Bank in Milliardenhöhe nach sich gezogen. Da wirft man lieber den Ländern und damit den SteuerzahlerInnen den Schrott vor die Tür.
- Die neu vorgesehene rechtliche Neuausrichtung ist aus unserer Sicht ebenfalls mit der heißen Nadel gestrickt. Es soll aufgeteilt werden in eine Holding (HoldCo) der Eigentümer sowie in eine operative Tochter, die nach der geplanten Struktur sämtliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der HSH Nordbank AG , einschließlich der von der Garantie erfassten Vermögenswerte, die Garantie selbst sowie die Banklizenz übernimmt. Sie bildet künftig die operativ tätige Bank. Ungeklärt hierbei ist, wie mit den bisherigen Anteilseignern Flowers und dem Sparkassenverband zu verfahren ist. Beteiligen die sich? Werden die einfach rausgelassen? Werden die irgendwie abgefunden? Müssen die eine Abstandszahlung leisten? Es gibt keine Informationen hierzu.
- Die neu zu gründende hsh portfoliomanagement AöR soll eine Kreditermächtigung über 6,2 Mrd. Euro erhalten, die bereits tätige und hochverschuldete HSH-Finanzfonds AöR soll eine weitere Kreditermächtigung über 10 Mrd. Euro erhalten, selbstverständlich alles garantiert durch die Länder. Damit wären wir schon allein bei einer zusätzlichen zeitgleichen Kreditinanspruchnahme der Länder über 16,2 Mrd. Euro. Ein unverantwortliches Hochschaukeln zur »Rettung der 10 Mrd. Euro Garantie« der Länder!
- Zudem soll die neue Eigentümergesellschaft HoldCo den Großteil der den Ländern zustehenden Provision aus Ländergarantie übernehmen, die neue operative Tochter soll nur noch lediglich 2,2 % auf den nicht in Anspruch genommenen Teil der Ländergarantie übernehmen. Da die Inanspruchnahme relativ zügig durch die vorgesehenen Transaktionen zu 100 % in Anspruch genommen sein wird, dürfte die Tochter und damit die eigentliche Bank nahezu vollständig von der Garantieprovision befreit sein. Die ländereigene Mutter leistet dann nur noch an die Länder. Tolle Konstruktion!
- In einem Nebensatz der Drucksache ist zu lesen, dass »bei einer intensiveren Nutzung der Garantie bei derzeit geltender Garantievereinbarung es im Ergebnis dazu führt, dass sich die operative Tochtergesellschaft die Portfoliotransaktionen nicht leisten könnte.« Auf den ersten Blick widersprüchlich, jedoch ist die Erklärung wie folgt: Die bisherige Garantie über 10 Mrd. Euro wirkt mit einem Faktor so auf die derzeitigen etwa 60 Mrd. Euro an RWAs (risikogewichtete Aktiva – risk weighted assets), dass die Bank »nur« etwa 40 Mrd. Euro davon in ihren Bilanzen ausweisen muss. So erreicht sie knapp die notwendigen Eigenkapitalkennziffern. Wenn die Bank jedoch etwa 8,2 Mrd. Euro davon abgeben kann und im Gegenzug die 10 Mrd. Euro Garantie zurückgeben müsste, sind die auszuweisenden RWAs deutlich drüber, nämlich in einer Größenordnung von etwa 52 Mrd. Euro. Damit würde sie die notwendigen Eigenkapital-Kennziffern nicht mehr erreichen, und das paradoxerweise wegen der Portfolioabgabe gegen Verlustausgleich aus der Ländergarantie. Wir vermuten, dass die Länder trotz entgegenlautenden Beteuerungen die Garantie weiter aufrecht erhalten werden. Es funktioniert bei der von den Ländern favorisierten Lösung nicht anders.
- Total absurd wird die Angelegenheit, wenn man sich die Staatsverträge zur Gründung der hsh-portfoliomanagement AöR ansieht. Da ist zu lesen unter § 8 »Fortbestand der Gewährträgerhaftung«: »Soweit die Träger für Verbindlichkeiten der HSH Nordbank AG als Gewährträger gemäß § 2 des Staatsvertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Verschmelzung der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale und der Hamburgischen Landesbank – Girozentrale – auf eine Aktiengesellschaft vom 4. Februar 2003 haften, besteht diese Haftung nach einem Übergang der Verbindlichkeiten auf die Anstalt in ihrem bisherigen Umfang fort.« In der entsprechenden Begründung wird wie folgt lapidar festgestellt: »Die Regelung stellt klar, dass die Gewährträgerhaftung für Verbindlichkeiten der HSH Nordbank AG in dem gemäß § 2 des Staatsvertrages vom 22. Mai 2003 gesetzlich definierten Umfang auch dann fortbesteht, wenn entsprechend garantierte Verbindlichkeiten auf die Anstalt übertragen werden.«
Diese Klausel ist schon der Hammer! Immer wird und wurde behauptet, man würde die Bank in einer Größenordnung über 6,2 Mrd. Euro an Assets entlasten und im Gegenzug der Bank dafür einen Preis bezahlen. Diese Assets betreffen jedoch ausschließlich die Aktiv-Seite der HSH-Bankbilanz. Nun wird in diesem § 8 von durch Gewährträgerhaftung der Länder unterlegte Verbindlichkeiten der Bank gesprochen, die man der Bank abnehmen will und dafür soll die Gewährträgerhaftung privaten Bankgläubigern gegenüber über den aktuell gültigen Endzeitpunkt hinaus gelten. Offensichtlich will man verschweigen, dass der Bank auch diese auf der Passivseite der Bankbilanz befindlichen Refinanzierungstranchen abgenommen werden sollen. Ein wirklich unglaubliches Vorhaben! - In der Drucksache bemüht man sich, den Eindruck zu erwecken, dass diese von den Ländern – aus welchen tatsächlichen Gründen auch immer –einzig vertretbare Lösung sein kann. Das SAG wird nur mit »sofortiger Abwicklung« beschrieben. Dabei sieht genau dieses Sanierungs- und Abwicklungsgesetz eine Sanierungs- und ggf. Restrukturierungsphase vor, die mit keinem Wort erwähnt wird. Das sehen wir nicht nur als grob fahrlässig an, sondern als Vorsatz!
Zusammengefasst kommen wir zu der Einschätzung, dass man sich ein weiteres Zeitfenster von lediglich zwei Jahren erkaufen will, und das zu einem viel zu hohen Preis!