Der rechte Rand

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5. Februar 2019 Joachim Bischoff / Norbert Weber

HSH mutiert zur Hamburg Commercial Bank – Privatisierung mit Steuerverschwendung

Die Umwandlung der öffentlichen HSH Nordbank zum privaten Geldhaus »Hamburg Commercial Bank« ist rechtskräftig und mit dem Eintrag in den Handelsregistern von Hamburg und Kiel formal abgeschlossen. Nach dem Vollzug der Privatisierung beginnt jetzt die Bewährung in der privatkapitalistischen Konkurrenz.

Der alte und jetzt neue Bankchef Ermisch bleibt bei vollmundigen Erklärungen: »Wir werden unseren Radius erweitern, straffen unsere Strukturen, gehen pragmatisch an unsere Aufgabe und erhöhen unsere Rentabilität. So werden wir uns als Hamburg Commercial Bank als Geschäftsbank für die richtigen Kunden am Markt durchsetzen.«

Aktuell geht es um die Straffung der Strukturen, d.h. mit weniger Personals sollen die alten und demnächst auch neuen Geschäfte durchgezogen werden. Das Unternehmen will die Zahl der Beschäftigten nach dem Personalabbau der letzten Monate bis Ende 2020 von etwa 1.700 auf rund 950 reduzieren. In Hamburg solle die Belegschaft von rund 1.000 auf etwa 650 schrumpfen, am Standort Kiel sei ein Abbau der Beschäftigen von rund 700 auf etwa 200 geplant.

Dieser Schrumpfungsprozess ist keine Überraschung. Überraschend ist hingegen die Ankündigung: Kurz nach der Privatisierung hatte der Bankvorstand einen abermaligen Vorsteuerverlust von 100 Mio. Euro angekündigt. Dies war offensichtlich eine Finte. Die erst kürzlich privatisierte ehemalige Landesbank wird für das vergangene Jahr 2018 einen – wenn auch sehr kleinen – Vorsteuergewinn ausweisen, nach einem hohen Verlust im Vorjahr.

Die privatisierte Kernbank startet neben dem Firmenkundengeschäft mit drei weiteren Geschäftssegmente: Mit Immobilienkunden verdienten die Nordlichter zuletzt vor Steuern 84 Mio. Euro, mit der Schiffsfinanzierung 171 Mio. Euro und im Bereich Treasury & Markets mit Kapitalmarktprodukten 166 Mio. Euro.

Hereingelegt fühlten sich neben den öffentlichen Händen vor allem 18 Gläubiger der HSH Nordbank mit einem Anlagevolumen 1,4 Mrd. Euro. Am 28.02.2018 wurde der Kaufvertrag zur Privatisierung der HSH Nordbank unterschrieben (»signed«). Die Tinte war noch nicht trocken, da gab die HSH Nordbank eine Ad-Hoc-Meldung heraus, nach der Gläubiger der HSH mit Anleihe-Tranchen an den Verlusten beteiligt werden.

Ergebnis ist, dass die Bank einseitig formal Tier-1-Anleihen gekündigt und festgelegt hat, dass die Bank die Anleihen zu 15 Euro je 100 Euro Anlage bis Ende 2020 zurückkaufen wird. Der Verlust auf den eingelegten Nominalbetrag beträgt somit 85%. Verständlich, dass hier Gläubiger »auf Zinne« sind. Durch den nachträglichen Gewinn-Ausweis wird diese Operation noch dubioser.

Die öffentlichen Eigentümer machten gute Miene zum schlechten Spiel. Die Käufer der Bank um den Investor Cerberus & Co. sind fein raus. Formal ist zwar ein »Kaufpreis« über etwa einer Mrd. Euro an die Länder geflossen, die Erwerber erhalten aber hierfür eine absolut durchbereinigte Bank. Im Gegenzug hatten die Länder nochmal 5,7 Mrd. Euro an die Bank überweisen müssen, um ihre Ländergarantie abschließend zurück zu erhalten. Nach Schlussabrechnung ist somit die der Bank gewährte Ländergarantie über 10 Mrd. Euro vollständig in Anspruch genommen worden. Dabei war über viele Jahre den Parlamenten und den Bürger*innen hoch und heilig versichert worden, von der Garantie würde nicht ein Euro tatsächlich fließen müssen.

Das Desaster um die HSH-Nordbank, ab 4. Februar 2019 »Hamburg Commercial Bank AG«, hat den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein deutlich mehr gekostet als von den beiden Landesregierungen bisher eingeräumt. Die Verschwendung öffentlicher Mittel wird noch länger Kapitel im Privatisierungsprozess bleiben.

Hatten zum Jahreswechsel 2015/2016 die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein bereits Schiffskredite über etwa fünf Mrd. Euro der Bank abkaufen müssen (an die Bank geflossen sind 2,4 Mrd. Euro aus geschätztem Marktpreis zzgl. 3,6 Mrd. Euro aus der Ländergarantie), so konnten sich die Investoren um Cerberus & Co. parallel zum Kauf der Bank ein weiteres Kreditportfolio über nominal 6,3 Mrd. Euro zu einem Schnäppchenpreis an Land ziehen. Auf den hierfür errechneten Marktpreis von über 3,5 Mrd. Euro erhielten Cerberus & Co. einen weiteren Rabatt über eine Mrd. Euro. Hierfür erhielten sie die vollständigen Kreditansprüche aus den Krediten (einschließlich bereits erfolgter Restrukturierungen und Zinsen) sowie – nach übereinstimmenden Medienberichten – Zugriff auf die etwa 250 als Sicherheiten hinterlegten Schiffe. Die Investoren können mit den Ansprüchen nun genau das tun, was ihr eigentliches Geschäftsmodell ist: nämlich filetieren und realisieren.

Dieses Geschäft – Verwendung von abgeschriebenen Schiffkrediten, das gerade durch eine entsprechende Operation bei der NordLB in Höhe von 263 Schiffen erweitert wird – hat eine durchschlagende Wirkung: die sogenannten  Heuschrecken Cerberus und CO verfügen über »Geisterflotte«. Viele fürchten einen Ausverkauf des Schifffahrtsstandorts Deutschland.
Der größte Teil der von den öffentlichen Eigentümern angekauften faulen Kredite entfällt auf Schiffskredite, mit denen die HSH Nordbank rund 256 Frachter mitfinanziert hatte. Um die Privatisierung der Bank – eine Auflage der EU-Kommission im Gegenzug für Beihilfen der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein – vollziehen zu können, mussten die Altlasten komplett aus der Bilanz verschwinden. Eine Aufgabe, welche die neuen Eigner gerne übernahmen, denn sie erhielten die Kredite, die die Bank zuvor mehrfach zu Lasten einer Staatsgarantie der Länder im Wert berichtigt hatte, zum Schnäppchenpreis, wodurch die ganze Übernahme der HSH Nordbank erst richtig interessant wurde. Jetzt können sie frei darüber verfügen, etwa indem sie leistungsgestörte Darlehen fällig stellen und die Eigner zum Verkauf zwingen. Man »erwarte, dass auf diesem Weg etliche Frachter mit Gewinn ins Ausland losgeschlagen werden«, mutmaßen Experten. Im Klartext: Die öffentlichen Eigentümer sind ihre Probleme los, die Steuerzahler*innen stöhnen über die hohen Lasten und die Finanzinvestoren bringen durch Billigfrachter den Schiffsverkehr weiter durcheinander.

Zusätzliche Brisanz bekommt die Operation, weil bei der Nord LB diese Operation kopiert wird. Auch in Hannover werden faule Schiffskredite herausgelöst, um die Bilanz der Nord LB zu entlasten. Zwei weit größeren Portfolios namens »Big Ben« und »Tower Bridge« im Umfang von insgesamt 6,4 Mrd. Euro, hinter denen Hunderte Containerfrachter und andere Schiffstypen stehen, gehen – wie in Hamburg – an den  New Yorker Fonds Cerberus.

Fakt ist: Wenn große Portfolios an Schiffskrediten ins Ausland gehen, hat das erhebliche Auswirkungen auf den Schifffahrts-Standort Deutschland .Schon jetzt schrumpft die Flotte deutscher Eigner, überwiegend sogenannte Charterreeder, die ihre Schiffe an Linienschifffahrtsgesellschaften wie Maersk oder Hapag-Lloyd vermieten. Zuletzt umfasste sie knapp 2.400 Frachter, 40% weniger als zum Höchststand 2011. Und: Die verbliebenen Schiffe müssen unter härteren Bedingungen gegen die Flotte der »Heuschrecken« konkurrieren. Der Schrumpfungsprozess wird verschärft.

Aber nicht nur die Verschleuderung der faulen Schiffskredite ist eine wenig erfreuliche Konsequenz, sondern auch die famose Bereicherung des »Beratungsgewerbes«. Die Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage in der Hamburgischen Bürgerschaft belegt, dass sich Rechtsberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmens- und Privatisierungsberater sowie Treuhänder eine »goldene Nase« verdient haben. Die Rettungsbemühungen der beiden Landesregierungen haben sich zu einem gewaltigen Konjunkturprogramm für diese Art Berater entwickelt. Insgesamt sollen mehr als 300 Mio. Euro für diese Dienstleistungen ausgegeben worden sein, und das entscheidende »Closing-Jahr« 2018 ist noch gar nicht erfasst. Allgemein wird erwartet, dass zu der Summe noch mehr als 50 Mio. Euro hinzukommen werden.

Und was hat es gebracht?

So richtig lässt sich diese Frage noch von niemandem beantworten. Die Privatisierung der Bank ist zwar im Dezember 2018 vollzogen worden, aber zu welchem »Preis«? Wir haben eine – eher konservative - Berechnung des Schadens zu Lasten von Steuergeld (Stand März 2018) , also einschließlich Vernichtung des Eigenkapitals ab Fusion der beiden Landesbanken Hamburgs und Schleswig-Holsteins zur HSH-Nordbank in 2003, erstellt und sind auf in Summe etwa 30 Mrd. Euro gekommen, je Bundesland also etwa 15 Mrd. Euro. Die viel geringeren Schadensummen, die von den öffentlichen Eigentümern kommuniziert werden, erklären sich zum Teil aus einen kürzeren Betrachtungshorizont. Rechnet man die Aufwendungen seit dem beinahe Konkurs zusammen, fällt die Schadenssumme kleiner aus.

Die beiden Länder sind jedoch immer noch nicht von allen Risiken im Zusammenhang mit der HSH-Nordbank befreit, die Zitterpartie läuft noch bis mindestens 2041.
Zu den bei den Ländern verbliebenen Risiken gehören

  •  die restliche Gewährträgerhaftung bis 2041,
  •  die Haftung für Pensionsverpflichtungen sowie
  • alle eingegangenen Verpflichtungen der drei Rettungsgesellschaften HSH Finanzfonds AöR, HSH Beteiligungsmanagement GmbH sowie HSH Portfoliomanagement AöR

Und werden die eigentlichen Verursacher dieses Desasters doch noch zur Rechenschaft gezogen?

Vor einigen Tagen gab es die Meldung, dass die Strafprozesse gegen sechs ehemalige Vorstände der HSH Nordbank wieder aufgenommen werden müssen. Das Landgericht Hamburg hatte die Vorstände zwar bereits »freigesprochen«, der BGH hatte diese Urteile jedoch kassiert und die Verfahren ans Landgericht zurück verwiesen. Ob diese Verfahren erneut aufgerollt werden, ist jedoch noch lange nicht klar. Die Anwälte der Banker verhandeln nach Medienberichten mit Hochdruck, zu welchen Bedingungen Einstellungen der Verfahren erwirkt werden können. Da irgendwie niemand Lust hat, sich erneut mit dieser umfangreichen Materie zu beschäftigen (das Abendblatt spricht schon mal von 600 Seiten Anklageschrift, 330 Leitzordnern mit Gerichtsakten, 27 Seiten BGH-Urteil, 42 angesetzten Verhandlungstage, starker Belastung der Strafkammer), dürfte das Begehren der Verteidiger nicht ganz aussichtslos sein.

Die »Hamburg Commercial Bank AG«, lässt sich bereits für ihre »erste erfolgreiche Privatisierung« einer Landesbank feiern. Obwohl noch gar kein Termin für eine Veröffentlichung des Jahresergebnisses 2018 feststeht, hat man schon Schönwetter gemacht, indem man für 2018 einen Gewinn ausweist.

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