Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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»Institut für Staatspolitik«
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Reiner Rhefus
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Auf den Spuren des Denkers, Machers und Revolutionärs im »deutschen Manchester«
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Linke Kommunalpolitik –
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33 Stätten der Erinnerung und Mahnung | Herausgegeben von der Willi-Bredel-Gesellschaft – Geschichtswerkstatt e.V.
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ISBN 978-3-89965-578-0

6. Oktober 2013 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Hamburg: Niedergang der öffentlichen Investitionen

Aus heutiger Sicht werden nur sechs Bundesländer die Vorgaben der Schuldenbremse ohne Ausgabenkürzungen erfüllen können: Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen und Hamburg. Die Schuldenbremse schreibt den Ländern vor, vom Jahr 2020 an strukturell ausgeglichene Haushalte vorzulegen und verbietet grundsätzlich die Aufnahme neuer Schulden.

Hamburgs SPD-Senat wird – diese Reihenfolge vor Augen – nicht müde zu behaupten, die Herkulesaufgabe der Haushaltssanierung ohne weiteren Vermögensverlust für die Stadt bewältigen zu können. Der Stadtstaat will in den Bereich eines gut verwalteten Gemeinwesens zurück. Aber in den nächsten Jahren sind dazu noch etliche Hürden zu überspringen: die Sanierung der Schul- und Universitätsbauten, ein geordneter Ausstieg aus der Reederei Hapag Lloyd, wo die Hansestadt mit über einer Mrd. Euro am Gesellschaftsvermögen per Kredite beteiligt ist und die erfolgreiche Sanierung der HSH Nordbank, wo die Hansestadt neben dem Eigenkapital auch für erhebliche Garantien gerade stehen muss. Auch die BürgerInnen sollen von geordneten Finanzen etwas haben, insofern steht der Wohnungsbau und die öffentliche Infrastruktur in Zentrum des öffentlichen Interesses. Der gewaltige Sanierungsstau bei der öffentlichen Infrastruktur soll vermindert und die dringend notwendige Investitionen etwa in den Hafenausbau trotz »Schuldenbremse« getätigt werden.

Die alltäglichen Meldungen sprechen bezogen auf die Regierungspraxis eine andere Sprache:

  • So hat sich nach Angaben der Verkehrsbehörde der Anteil der als sanierungsbedürftig einzustufenden Straßen zwischen 2008 und 2012 von 30,8 auf 35% erhöht. Dem miserablen Zustand von Gehwegen, Radwegen und Straßen will man nun mit einem »Masterplan« beikommen, der für 2014 Instandhaltungsmaßnahmen von 72 Mio. Euro vorsieht. Allerdings fehlt es bisher an belastbaren Informationen über den tatsächlichen Zustand von Straßen und Geh- und Radwegen. Diese Bestandsaufnahme soll nun über eine neue Straßen-Informationsbank (TT-SIB) stattfinden.
  • Auch beim Hafenausbau geht es – nicht nur wegen der strittigen Elbvertiefung – nicht recht weiter. So wird die sogenannte Westerweiterung des Hafenumschlagsbetriebs Eurogate, die als zentrale Maßnahme zur Erweiterung der Umschlagskapazitäten des Hamburger Hafens gedacht war, erst in einigen Jahren, wenn überhaupt, realisiert. Hauptgrund: Der Stadt fehlt das Geld, um das 250 Mio. teure Ausbauprojekt zu realisieren. Andere Projekte, wie der Bau einer neuen Kattwykhubbrücke, die 205 Mio. Euro kosten soll, können nur stufenweise, abhängig vor allem von der Kassenlage, realisiert werden.
  • Diese Beispiele stehen exemplarisch für eine Sanierungspolitik des SPD-Senats, bei der zur Aufrechterhaltung der »Schuldenbremse« bei Zukunftsinvestitionen gekürzt wird. Unter dem selbst auferlegten Zwang von Haushaltssanierung und Schuldenbremse wurden die öffentlichen Investitionsausgaben seit 2008 zurückgeführt. Und: Die mittelfristige Finanzplanung des SPD-Senats sieht weitere Kürzungen bei den öffentlichen Investitionen vor. Der Effekt: Die Investitionsquote, die den Anteil der Investitionen am Gesamthaushalt misst, ist 2012 mit 8% auf einen neuen historischen Tiefstand gesunken. Selbst wenn man den Hochschul- und Schulbau, die ja zur Umgehung der Schuldenbremse in Sondervermögen ausgelagert wurden, mit einrechnet, wie das der Senat tut, bleibt es mit einer Investitionsquote von 9,3% bei einer im historischen Vergleich und gemessen an den Herausforderungen extrem niedrigen staatlichen Investitionstätigkeit.
  • Diese Tendenz, Sanierung zulasten der Zukunftsfähigkeit wird auch deutlich, wenn man den Anteil der Investitionen auf das Wirtschaftsprodukt der Hansestadt rückbezieht.


Nun könnte sich der Senat vielleicht damit trösten, dass es in den anderen Bundesländern, die ja auch unter dem Zwang zur Haushaltskonsolidierung stehen, nicht anders aussieht. Doch weit gefehlt. Ach hier hielt Hamburg mit einer Investitionsquote von 8,3% in 2011 nach Berlin die rote Laterne im Ländervergleich. Bei diesem Vergleich muss man zudem wissen, dass Deutschland mit einer öffentlichen Investitionsquote von aktuell 1,5% (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Staaten von 2,5% liegt. In der EU rangieren Deutschland und Österreich beim Anteil staatlicher Investitionen am BIP sogar auf den letzten Plätzen.

Der SPD-Senat verteidigt seinen Schrumpfkurs bei den Investitionsausgaben mit dem Hinweis, dass »die ›Zukunftsfähigkeit der Stadt‹ nicht nur vom Umfang des Investitionsvolumens, sondern auch von der Qualität der Investitionstätigkeit abhängig« sei. Zudem gehe die Umstellung auf das neue Haushaltswesen mit einer Verringerung des ausgewiesenen Investitionsvolumens einher, was man allerdings nicht quantifizieren könne.

Einmal abgesehen davon, dass die »Qualität der Investitionsausgaben« mindestens in der Vergangenheit teilweise nicht besonders hoch und nachhaltig war (siehe Elbphilharmonie oder das Desaster der Internationalen Gartenschau), ist das nichts weniger als die Erklärung, dass man keine Ressourcen und keinen Plan hat, wie der Erhalt und Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und der notwendige Umbau der Hamburger Wirtschaft sichergestellt werden kann. Stattdessen setzt man aufs Durchwurschteln – mit der Konesequenz des weiteren Verfalls des öffentlichen Vermögens. Aber da wir in ferner Zukunft ja einen ausgeglichenen Haushalt und vielleicht sogar Überschüsse haben werden, können dann ja die zukünftigen Generationen darangehen, die Straßen, Fahrrad- und Gehwege, Schulen und Universitäten etc. zu sanieren. Bis dahin müssen sich die BürgerInnen und die Wirtschaft mit den wachsenden Unwirtlichkeiten des »Standorts Hamburg« arrangieren.

Die politische Formel ist einfach: Deutlich weniger Geld für Investitionen, höhere Ausgaben für Sozialleistungen und Personal – und ein insgesamt kaum noch wachsender Etat. Das sind die wichtigsten Kennzeichen der Hamburger Haushaltsplanung bis 2017.

Finanzsenator Tschentscher unterstreicht, dass sich die Finanzlage in den kommenden Jahren für Hamburg schlechter darstellen werde als zuletzt gehofft. Die Werte der Steuerschätzung vom Mai 2013 liegen deutlich unter denen der Vorjahresschätzung liegen. »Auch von diesen Werten erscheinen Vorsichtsabschläge für konjunkturelle Risiken geboten.« Außerdem müsse der Senat die für Hamburg »nachteiligen finanziellen Effekte aus den Ergebnissen des Zensus 2011« berücksichtigen. Danach leben in Hamburg weniger Menschen als bisher veranschlagt. »Insgesamt stellen sich danach die Einnahmeperspektiven für 2015 und 2016 ungünstiger dar als in der vorherigen Mittelfristplanung.« Es wird also kein gemütlicher Spaziergang bis zur Abrechnung der Schuldenbremse.

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