Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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»Institut für Staatspolitik«
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Reiner Rhefus
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Auf den Spuren des Denkers, Machers und Revolutionärs im »deutschen Manchester«
184 Seiten | in Farbe | Hardcover | zahlreiche Fotos | EUR 16.80
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Lebenswertes Hamburg
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Karl Marx war fünf mal in Hamburg?

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Karl Marx in Hamburg
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184 Seiten | durchgängig farbig | Festeinband | viele bislang unveröffentlichte Fotos und historische Abbildungen | EUR 19.80
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Starke Einführung

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Linke Kommunalpolitik –
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Für Einsteiger*innen und Fortgeschrittene
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Crashkurs Kommune 12
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ISBN 978-3-89965-799-9

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DenkMal Friedhof Ohlsdorf
33 Stätten der Erinnerung und Mahnung | Herausgegeben von der Willi-Bredel-Gesellschaft – Geschichtswerkstatt e.V.
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Kleine Weltküche
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ISBN 978-3-89965-578-0

19. August 2016 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Hamburg: Mythos Schuldenabbau

Die Hamburger SPD stößt zwar auch bei den WählerInnen auf verminderte Zustimmung, aber in der Partei existiert große Zufriedenheit. Das Projekt Schuldenbremse werde eingehalten und die zentralen Zielsetzungen der rot-grünen Koalition verwirklicht:

Die Fortführung der Wohnungsbauoffensive für eine wachsende Stadt, die Stärkung des Bildungs-, Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes, der weitere Ausbau der Kindertagesbetreuung, die Fortsetzung der Sanierung der öffentlichen Infrastruktur und die Verbesserung der Lebensqualität durch moderne Verkehrs-,Stadtentwicklungs- und Umweltpolitik. Zugleich werde die stetige strukturelle Haushaltskonsolidierung fortgeführt und damit die Schuldenbremse des Grundgesetzes und der Hamburgischen Verfassung eingehalten.

Die kritische Haltung der Öffentlichkeit wird durch reichlich Selbstlob kompensiert. »Bereits in den vorherigen Haushaltsplänen konnte mit stetig und deutlich abnehmenden Finanzierungsdefiziten und Nettokreditaufnahmen geplant werden. Mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 werden erstmals geplante Überschüsse ausgewiesen.« Hamburgs Finanzsenator Tschentscher preist die Vorzüge der von ihm verantworteten Haushaltspolitik mit dem Hinweis darauf, dass die Stadt schon dabei sei, ihre Schulden zurückzufahren. So seien die Schulden des Kernhaushalts von 24,94 Mrd. Euro in 2013 auf 24,5 Mrd. Euro in 2015 zurückgeführt werden. Dieser politische Kurs werde fortgeführt.

Ausgangspunkt dieser positiven Entwicklung ist der deutliche Rückgang der Nettokreditaufnahme seit dem Jahr 2010. Damals hatte die Stadt vor dem Hintergrund der schweren Wirtschafts-und Finanzkrise noch 915 Mio. Euro Schulden machen müssen, um ihre Ausgaben decken zu können. In den darauf folgenden Jahren sank die Nettokreditaufnahme – vor allem infolge deutlich steigender Steuereinnahmen aufgrund der gut laufenden Konjunktur. Im Jahr 2013 mussten nur noch Schulden in Höhe von 198 Mio. Euro gemacht werden.

2014 konnte dann sogar gar einen Überschuss in Höhe von 398 Mio. Euro und im vergangenen Jahr von 240 Mio. Euro erzielt werden. Auch für 2016 sieht es noch gut aus. Zwar geht der aktuelle gültige Haushaltsplan noch von einer Nettokreditaufnahme in Höhe von 111 Mio. Euro aus. Es zeichnet sich allerdings ab, dass am Jahresende wieder ein Überschuss steht. Die Hansestadt hält damit im Unterschied zu einigen anderen Bundesländern den so genannten Konsolidierungspfad ein und wird daher den Anforderungen der Schuldenbremse entsprechen, die ab 2020 nur noch eine Kreditaufnahme in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässt. Für den Doppelhaushalt soll die Planung bereits davon ausgehen, dass keine neuen Kredite mehr ausgenommen werden. Gut 40 Mio. Euro Plus sieht die Finanzplanung des Senats für 2017 vor, 2018 sollen es dann schon 156 Mio. Euro sein. Das Ziel, die in den Verfassungen vorgegebene Sanierung der öffentlichen Finanzen einzuhalten, wird von Hamburg mithin übererfüllt.



Neben der guten Wirtschaftskonjunktur, die nun schon seit mehreren Jahren Steuermehreinnahmen in die öffentlichen Kassen spült, sind es die ungewöhnlich niedrigen Zinsen, von denen die Haushälter Hamburgs profitieren. Im Jahr 2010 hat Hamburg für Zinsen noch knapp eine Mrd. Euro aufwenden müssen. Das war damals rund zehn Prozent des Haushaltvolumens. Für das vergangene Jahr hat der Planansatz für Zinsausgaben bei nur noch 579 Mio. Euro gelegen – also mehr als 400 Mio. Euro weniger als fünf Jahre zuvor. Mit anderen Worten: Allein durch die niedrigen Zinsen hat Hamburg jährliche Minderausgaben von mehreren Hundert Mio. Euro.

Hinzu kommt Hamburg in diesem Jahr für die Haushaltsentwicklung ein weiterer Umstand zu Hilfe: Die Fluchtbewegung ist – dank verschärfter Asylregelungen, verbesserter Finanzierung der Flüchtlingsmaßnahmen der UNHCR und einigen repressiven Grenzregimen in Europa – deutlich zurückgegangen. Statt, wie geplant, Unterkünfte, Versorgungsleistungen und Integrationsmaßnahmen für 40.000 neue Zufluchtsuchende bereit zu halten, wird jetzt mit 14.500 geplant. Selbst diese Zahl dürfte noch zu hoch sein. Außerdem erhält Hamburg höhere Zuschüsse für diese Leistungen vom Bund. Die Veranschlagung der Ausgaben für Flüchtlinge, zuletzt immerhin gut 600 Mio. Euro im Jahr, kann also reduziert werden. Angesichts der sinkenden Flüchtlingszahlen wird der Ansatz deutlich niedriger sein.

Allerdings ergibt der Blick auf die Schulden im Kernhaushalt nur die halbe Wahrheit, was auch die politisch Verantwortlichen wissen. Denn tatsächlich sind die Schulden der Hansestadt trotz guter Konjunktur und hoher Steuereinnahmen nach Angaben des Statistischen Bundesamts auch im vergangenen Jahr um 1,7% auf 28,73 Mrd. Euro gestiegen. Zu diesem wenig überraschenden Ergebnis kommt man dann, wenn man auch die Kreditaufnahmen der diversen Sondervermögen einbezieht. Dazu gehören z.B. Hamburger Unternehmensholding HGV und des HSH Finanzfonds.

Schuldenstand Hamburg in Mio. Euro   
31.12.2010    25.120
31.12.2011    24.891
31.12.2012    24.611
31.12.2013    25.083
31.12.2014    28.242
31.12.2015    28.725

Auf den Kernhaushalt entfielen danach Ende 2015 23,2 Mrd. Euro und auf die Extrahaushalte 5,5 Mrd. Euro. Nimmt man dazu noch die Schulden von Fonds, Einrichtungen und Unternehmen, die nicht zum Sektor Staat gehören, die Ende 2015 Schulden von knapp 5,5 Mrd. Euro ausgewiesen haben, betrug die Gesamtverschuldung des öffentlichen Bereichs in Hamburg laut Statistischem Bundesamt sogar 34,2 Mrd. Euro.

Entgegen dem von der politischen Führung gepflegten Mythos (Scholz: »Es muss zu Ende gehen mit der Politik des Schuldenmachens«) wachsen die Schulden der Stadt weiter. In einer etwas anderen Abgrenzung als das Statistische Bundesamt hatte der Rechnungshof in seinem »Monotoring Schuldenbremse Hamburg 2015« schon darauf hingewiesen, dass die Schulden des öffentlichen Bereichs zum 31.12.2014 insgesamt 38,6 Mrd. Euro betrugen. Davon entfielen 23,2 Mrd. Euro (2015: 24,5 Mrd. Euro) auf den Kernhaushalt, sieben Mrd. Euro auf die Extrahaushalte und 8,3 Mrd. Euro auf sonstige Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU).

Auf die vom Rechnungshof per Ende 2014 ausgewiesenen 38,3 Mrd. Euro sind in 2015 und 2016 weitere Kreditaufnahmen für die HSH Nordbank in Milliardenhöhe hinzugekommen, und auch das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Die Gesamtverschuldung dürfte deshalb aktuell schon deutlich über 40 Mrd. Euro liegen. Von der krisengeschüttelten Hafenwirtschaft (Hapag Lloyd, HHLA etc.) sind weitere Belastungen und Finanzierungsbedarfe zu erwarten – die durch Zinsen und Tilgung irgendwann auch den Kernhaushalt belasten werden. Denn auch die Schulden in einen Nebenhaushalt müssen am Ende doch von der Stadt beglichen werden.

Natürlich ist der immer noch aufwachsende Schuldenberg für die Stadt eine immense Herausforderung. Allerdings bietet die vom SPD-Senat nun auch für den Doppelhaushalt 2017/2018 angekündigte, wenn auch etwas abgemilderte (beim Personal soll nun nicht im bisherigen Umfang gespart werden) Haushaltskonsolidierungspolitik keinen Ausweg. Schuldenabbau durch Sparen funktioniert nicht, weil diese Politik die regionalen Wirtschaftskreisläufe beschädigt. Gleichzeitig werden die großen Probleme der Wirtschaftsstruktur (Krise der Hafenwirtschaft) und des Vermögensverschleißes nicht angepackt.

Es wäre klüger, wenn der SPD-Senat die vorhandenen finanziellen Spielräume nutzte, um diese Defizite anzupacken und Maßnahmen gegen die soziale Spaltung der Stadt ergriffe. Das wäre auch eine Art Konjunkturprogramm mit dem Effekt höherer Steuereinahmen. Würden dann gleichzeitig noch Maßnahmen ergriffen zur Verbesserung der Einnahmen (besserer Steuervollzug) und auch auf Bundesebene eine gerechtere Steuerpolitik eingefordert (z.B. Vermögenssteuer), würde das die Chancen einer Rückführung des Schuldenbergs deutlich verbessern.

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