4. April 2012 Joachim Bischoff / Bernhard Müller
Hamburg auf dem Weg zur Staatswirtschaft?
Bis vor einigen Jahren dominierte auch in Hamburg die Tendenz zur Privatisierung. Nun hat sich der Trend umgekehrt. Die Stadt ist an mehr Unternehmen direkt beteiligt als je zuvor. An 89 Firmen ist die Hansestadt nach den jüngsten Zahlen direkt beteiligt, an weiteren 260 indirekt. Mit 56.000 ist die Zahl der bei städtischen Firmen Beschäftigten höher als je zuvor. Hapag-Lloyd ist nur ein Beispiel.
Mit dem Beschluss der Hamburger Bürgerschaft, grünes Licht für die Erhöhung der städtischen Anteile zu geben, kann Hamburg dem Touristikkonzern TUI für 420 Mio. Euro weitere 13% der Reederei Hapag-Lloyd abkaufen. Die Stadt steigt mit 37% zum größten Einzelaktionär des Hamburger Traditionsunternehmens auf. Die allein regierende SPD und DIE LINKE stimmten in der Bürgerschaft dem Geschäft zu, CDU, GAL und FDP lehnten es ab.
Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) begründete die Investition mit der möglichen Übernahme der Reederei durch einen Investor oder einen Konkurrenten und den dann drohenden »schwerwiegenden Folgen für Hamburg«. Hapag-Lloyd sorge als fünftgrößte Containerreederei der Welt für gut 40% des Containerumschlags im Hafen und sichere 45.000 Arbeitsplätze im Norden. Für Tschentscher hat vor allem die Privatisierung der Hamburger Krankenhäuser einen Stimmungswechsel in Hamburg ausgelöst. »Das war ein schlechtes Geschäft gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger.«
Während die CDU sich in Frage des Engagements bei HAPAG gespalten zeigte, suchten GAL und FDP bis zum Schluss die Abstimmung zu verhindern. Das Argument dieser eigenwilligen Koalition aus abgehalfterten Marktradikalen und grünen Fans von Schuldenbremse und Kreativwirtschaft: Es bestehe weder die Gefahr einer Übernahme noch würde ein Eigentümerwechsel zwingend Nachteile für Hamburg und den Hafen mit sich bringen. GAL-Fraktionschef Jens Kerstan hatte sogar versucht, die Entscheidung mit einem Eilantrag beim Hamburgischen Verfassungsgericht zu verschieben. Er scheiterte, weil das Gericht den Antrag für »offensichtlich unzulässig« hielt, und will nun über eine Feststellungsklage nachträglich klären lassen, ob vor allem der Preis der Hapag-Anteile marktgerecht war.
Um über den Ausbau der Beteiligung bei Hapag-Lloyd die maritime Wirtschaft zu sichern, muss Hamburg viel in die Hand nehmen. Mit den 420 Mio. Euro für den Ausbau der Beteiligung beträgt die Gesamtinvestition 1,1 Mrd. Euro. Da die Stadt das Geld nicht hat, muss das Investment kreditfinanziert werden. An anderer Stelle werden solche kreditfinanzierte Lösungen verweigert bzw. bei den kommunalen Ausgaben (aktuell Jugendhilfe) wird gekürzt. Unbestreitbar ist auch, dass der Ausbau des Engagement bei Hapag Lloyd sowohl vom Geschäftsfeld wie von der Lage der Finanzmärkte hohe Risiken für die Hansestadt birgt. Die politische Heuchelei wird mit diesem Engagement auf die Spitze getrieben: Einerseits will das Bündnis von SPD, GAL und FDP die auf Bundesebene geregelte Schuldenregelungen auch in der Hamburger Verfassung verankern, andererseits wird zur gleichen Zeit die Verschuldung ausgeweitet.
Keine Frage: Für Hamburg ist die maritime Wirtschaft existentiell wichtig. Mitten in einer krisenhaften Umbruchsituation kann freilich kein wirtschaftlicher Strukturwandel erzwungen werden. Seit 2008 versucht der Tourismus-Konzern TUI eine Abspaltung der Schifffahrtssparte (Hapag-Lloyd) umzusetzen, um mit den gewonnenen Finanzmitteln eine Schuldenreduzierung und eine Verstärkung des Kerngeschäfts zu organisieren. Um die Reederei in Hamburg zu halten, ist die Stadt 2008 schließlich mit einigen mehr oder minder hanseatischen Kaufleuten in das Geschäft eingestiegen und hat einen Minderheitenanteil übernommen. Die Transaktion geriet anschließend wegen der großen Finanz- und Wirtschaftkrise, die bekanntlich bis heute anhält, in schweres Fahrwasser.
Der zeitweilige weltweite Aufschwung 2010 brachte eine Erholung und Hapag-Lloyd konnte das Geschäftsjahr mit einem Gewinn von 428 Mio. Euro abschließen. Allerdings war die Erholung nur von kurzer Dauer. Denn der Geschäftsabschluss der Reederei für 2011 fiel wegen des Absturzes der Frachtraten und des massiven Anstiegs der Treibstoffkosten, die in dem Gewerbe immerhin über 20% an den Gesamtkosten ausmachen, nur mehr bescheiden aus. Unter dem Strich hat die Reederei bei einem im Jahresvergleich nahezu unveränderten Umsatz von 6,1 Mrd. Euro einen Verlust von 29 Mio. Euro stehen. Da 2011 alle Container-Reedereien hohe Verluste eingefahren haben, ist Hapag-Lloyd mit einer leichten Blessur davon gekommen.
Für die nicht mehr auskömmlichen Frachtraten waren Überkapazitäten bei der Schiffstonnage verantwortlich, die einen Dumpingwettbewerb der beiden Branchenführer Maersk aus Dänemark und MSC aus der Schweiz auslösten. Hapag-Lloyd konnte sich diesem ruinösen Preiskampf nicht entziehen. Mittlerweile deutet sich mit Preiserhöhungen mehrerer Reedereien eine Trendwende zumindest an.
Dieser Trend ist allerdings keineswegs stabil. Denn die Gesamtkapazität der globalen Containerschiffsflotte wird nach den derzeit vorliegenden Prognosen durch Neuauslieferungen in 2012 und 2013 weiter wachsen und die Entwicklung der Frachtraten bestimmen – vor allem auch dann, wenn sich der Welthandel und insbesondere das Wirtschaftswachstum Chinas abschwächen sollte. Unsicherheiten über die kurzfristige Branchenentwicklung ergeben sich weiter aus den in 2011 erheblich gestiegenen Transportaufwendungen. So lag der durchschnittliche Bunkerpreis (Treibstoff) 2011 bei 605 US-Dollar je Tonne und damit um 152 US-Dollar pro Tonne über dem Durchschnittswert des Vorjahres.
Zu Recht wird im Geschäftsbericht von Hapag Lloyd festgehalten: »Nachdem die Ergebnisentwicklung im Geschäftsjahr 2011 von dem erheblichen Anstieg der Transportaufwendungen und einem hohen Wettbewerbsdruck negativ beeinflusst wurde, strebt Hapag-Lloyd für 2012 wiederum ein positives operatives Ergebnis an… Eine möglicherweise stärkere Abschwächung der globalen konjunkturellen Entwicklung als erwartet, ein weiterer nachhaltiger Anstieg der Rohölpreise sowie eine hohe Volatilität der Frachtraten, letzteres vor allem bedingt durch die fortgesetzte Indienststellung sehr großer Containerschiffe in den asienbezogenen Verkehren, könnten jedoch wiederum einen deutlich negativen Einfluss auf die Branche und somit auch auf die Geschäftsentwicklung von Hapag-Lloyd im laufenden Geschäftsjahr nehmen.«
Ob deshalb das von Vorstandschef Behrendt genannte Ziel, 2012 »ein positives Ergebnis« anzustreben und den Aktionären wieder eine Dividende auszuzahlen, tatsächlich erreicht wird, ist eben so offen wie der für 2013 ins Auge gefasste Börsengang. Aber nicht nur wegen des sehr unsicheren Geschäftsfelds ist der Ausbau der Beteiligung an der Reederei für die Stadt nicht ohne Risiko. Denn das Engagement der Hansestadt verursacht jährlich rund 50 Mio. Euro Kreditkosten. Ohne Dividende müssen diese aus dem regulären Haushalt bestritten werden.
Es gibt deshalb zwar gute Gründe, dem Unternehmen und damit den Beschäftigten, aber auch der regionalen Wertschöpfung in der Kontinuität der Entscheidungen der letzten Jahre eine Entwicklungsperspektive zu eröffnen, aber die Risiken müssen klar benannt und nicht mit dem Mythos »Patriotismus« kleingeredet werden.
Der von der Mehrheitspartei SPD gestellte Senat befindet sich nach der Entscheidung für das erweiterte Engagement bei der Reederei keineswegs in einer komfortablen Situation. Einerseits wird ein hoher und risikoreicher Aufwand für die Sicherung der maritimen Wirtschaft getrieben und dafür auch die Neuverschuldung gesteigert. Hinzu kommen weitere, den Haushalt belastende und die Neuverschuldung nach oben treibende Faktoren.
So ist die HSH Nordbank alles andere als in »trockenen Tüchern«. Hamburg muss weiterhin auf Dividenden verzichten und weitere Abschreibungen vornehmen. Allein aufgrund der Neubewertung der Aktien muss der Fonds, der die Anteile von Hamburg und Schleswig-Holstein an der Bank hält, 951 Mio. Euro abschreiben. Auch die städtische Beteiligungsgesellschaft HGV und der Pensionsfonds für frühere städtische Bedienstete werden den Wert ihrer HSH-Aktien wohl um insgesamt etwa 180 Mio. Euro nach unten korrigieren müssen. Finanzielle Probleme dieser Gesellschaften fallen in der Regel direkt auf den Haushalt der Stadt zurück – also auf die Steuerzahler. Und bei den berüchtigten Leuchtturmprojekten Elbphilharmonie, Elbvertiefung und A7-Deckel drohen weitere Mehrkosten im dreistelligen Millionenbereich.
Gleichzeitig predigt man den BürgerInnen der Stadt den Zwang zum Sparen und kündigt unter Verweis auf die neue Schuldenregelung weitere drastische Kürzungen bei den kommunalen Ausgaben an. So wurde der im November 2011 von der Bürgerschaft verabschiedeten Doppelhaushalt 2011/2012 erstmals an der neuen, im Grundgesetz festgelegten Schuldenregelung ausgerichtet, die spätestens für 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorschreibt, d.h. keine neuen Kredite mehr zulässt. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die durchschnittliche Rate des Ausgabenzuwachses unter der mittleren Rate des Einnahmewachstums liegen.
Die Ausgabenzuwächse der kommenden Jahre sollen dementsprechend – ausgehend vom fortgeschriebenen Haushaltsplan 2010 – auf einen Wert von jährlich durchschnittlich unter einem Prozent begrenzt werden. Die Konsequenz sind massive Kürzungen bei den Einkommen bei Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, der Abbau von jährlich 250 städtischen Arbeitsplätzen und völlig unzureichende Investitionen in die öffentliche und soziale Infrastruktur sowie den Wohnungsbau.
Dieser Sparlogik folgend hat der SPD-Senat schon angekündigt, dass bei zu starker Erhöhung der Einkommen der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes mit weiteren Stellenstreichungen zu rechnen sei. Vom aktuellen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst ist der Hamburger Haushalt zunächst nicht direkt betroffen. Von ihm profitieren etwa 25.000 Beschäftigte in Hamburgs städtischen Betrieben. Sie sind nicht direkt bei der Stadt angestellt, sondern bei ausgelagerten öffentlichen Betrieben wie der Vereinigung Hamburger Kitas, der Stadtreinigung, der Flughafen GmbH, der Hamburg Port Authority, den Theatern oder der Bundesagentur für Arbeit. Diese Unternehmen kostet das in den nächsten zwei Jahren 84 Mio. Euro. Sie können jedoch nicht damit rechnen, dass sie entsprechende Zuwendungen von der Stadt erhalten, sondern müssen die Tariferhöhung selber finanzieren. Dies wird für einen Teil der städtischen Unternehmen, vor allem aber auch für die freien Träger kaum möglich sein.
Zur Sicherstellung einer hohen Qualität der von den städtischen Unternehmen und freien Träger erbachten Dienstleistungen und einer angemessenen Bezahlung der dort Beschäftigten müsste die Stadt ihre Zuwendungen erhöhen. Das lehnt der Senat strikt ab. Und auch in der Frage, welche Auswirkungen der Tarifabschluss für die 65.000 Beamten und Angestellten in der »Kernverwaltung«, also etwa in den Behörden und Bezirksämtern oder bei Polizei und Feuerwehr, haben werden, deren Tarifvertrag Ende des Jahres ausläuft, gibt sich der Senat zugeknöpft. »Das jetzige Ergebnis wird nicht automatisch übernommen«, sagte Senatssprecher Christoph Holstein und kündigt für den Fall der Orientierung am jetzt vereinbarten Abschluss für den Bund und die Kommunen an, dass das einen Personalabbau zur Folge haben könnte: »Die Schuldenbremse gilt und mit ihr die Verpflichtung zur Haushaltskonsolidierung.«
Diese strikte Haushaltskonsolidierung ist volkswirtschaftlich kontraproduktiv. Die Rechnung, das mit hohen Risiken behaftete finanzielle Engagement etwa bei Hapag-Lloyd zur Sicherung der regionalen Wertschöpfungsketten durch Sparen an anderer Stelle zu finanzieren, kann nicht aufgehen. Durch Personalabbau, Leistungsbeschränkungen und unzureichende Investitionen in die marode Infrastruktur der Stadt werden die öffentliche wie private Nachfrage geschwächt, das Vermögen der Stadt beschädigt und die Strukturprobleme der Hamburger Wirtschaft noch verstärkt. Das richtige Investment in Hapag-Lloyd sichert zwar eine bestehende Struktur, die in der Perspektive jedoch dringend verändert werden müsste. Das allerdings steht nicht auf der Agenda des SPD-Senats.
Die Strukturschwäche der Hamburger Wirtschaft belegen auch und gerade die vorliegenden Zahlen über das Wirtschaftswachstum 2011. Danach ist das Bruttoinlandsprodukt in Hamburg gegenüber 2010 nominal (in jeweiligen Preisen, ohne Preisbereinigung) um 2,2% gestiegen. Nach Bereinigung der Preisveränderungen stieg die Wirtschaftsleistung real um 1,4%.
Im Jahr zuvor betrug das reale Wirtschaftswachstum noch 3,4% und 2,1% im ersten Halbjahr 2011. Somit ist das Wirtschaftswachstum in Hamburg in der zweiten Jahreshälfte 2011 gesunken. Hamburg liegt mit diesem Ergebnis deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von real 3% und verzeichnet das bescheidenste Wachstum unter allen Bundesländern. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass der wirtschaftliche Rückgang während der Wirtschaftskrise 2009 im eher dienstleistungsgeprägten Hamburg mit -3,5% nicht so drastisch ausgefallen ist wie in anderen eher industriell geprägten Bundesländern, bleibt unterm Strich eine nur moderate wirtschaftliche Erholung in Hamburg (2009-2011: Deutschland: +1,9%; HH: +0,7%).
Das schwache Wirtschaftswachstum ist zu einem Großteil auf die Entwicklungen im Verarbeitenden Gewerbe zurückzuführen. Einige technische Branchen (Maschinenbau, Reparatur und Installation von Maschinen und Ausrüstungen) mussten Rückgänge hinnehmen, die chemische sowie die pharmazeutische Industrie konnten dagegen wie auch das Hamburger Baugewerbe deutlich zulegen. Die in Hamburg besonders bedeutenden Dienstleistungsbereiche wuchsen dagegen eher verhalten. Während für die Handelsbranchen und das Gastgewerbe ein stabiles Wachstum verzeichnet werden konnte, war die Entwicklung im Bereich Verkehr und Lagerei deutlich zurückhaltender.
Der Abbau des Investitionsstaus in die städtischen Infrastruktur (Schulen, Hochschulen, Straßen, Grünanlagen etc.), den der Rechnungshof auf 3,7 Mrd. Euro schätzt, könnte im Verbund mit der dringend erforderlichen Förderung des Baus vor allem preiswerter Wohnungen einen wichtigen Impuls für die Stabilisierung von regionaler Wertschöpfung und Arbeitsmarkt leisten.
Der Arbeitsmarkt zeigt sich zwar aktuell noch in guter Verfassung. Angesichts der wirtschaftliche Abschwächung droht aber in den nächsten Monate eine Trendwende. Im März waren insgesamt 72.005 Menschen in der Hansestadt arbeitslos gemeldet, das waren 892 oder 1,2% weniger als im Vormonat. Zum März 2011 reduzierte sich die Zahl der Arbeitslosen sogar um 4.326 oder 5,7%. Die Arbeitslosenquote bleibt jedoch unverändert bei 7,8%. Noch immer aber liegt die Zahl der Unterbeschäftigten, die neben den offiziell registrierten Arbeitslosen u.a. auch die Arbeitssuchenden umfasst, die sich in einer Beschäftigungsmaßnahme befinden, bei deutlich über 100.000.
Vor allem in den Bereichen Handel, Gesundheits- und Sozialwesen, Logistik, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen und im Gastgewerbe gibt es neue Jobs, während in der öffentlichen Verwaltung 2.278 Arbeitslätze (-5,5%) abgebaut wurden. Insgesamt hinkt Hamburg seit einiger Zeit beim Aufbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse gegenüber dem Bundestrend hinterher (Durchschnitt Bund: +2,6%; HH:+2,4%).
Und es gibt »Problemgruppen« des Arbeitsmarkt, die von der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der letzten beiden Jahre kaum profitiert haben. So ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen im März im Vorjahresvergleich um 7,9% gestiegen. Im Bereich des SGB II (Hartz IV) sind es sogar 9,8%. Die Arbeitslosigkeit der Arbeitslosen, die 55 Jahre und älter sind, stagniert auf hohem Niveau. Und auch Schwerbehinderte haben große Mühe einen neuen Job zu finden. Bei diesen Ausgegrenzten des Arbeitsmarkts macht sich der Kahlschlag in der Arbeitsmarktpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung besonders bemerkbar. So ist die Zahl der Bestand an TeilnehmerInnen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in Hamburg um 17% (von 20.337 auf 17.078) zurückgegangen ist. Besonders drastisch war der Abbau bei den Ein-Euro-Jobs (absolut: 3.876): -3220 bzw. 45,4% gegenüber dem Vorjahr.
Der SPD-Senat weigert sich – auch hier wieder unter Verweis auf die »Schuldenbremse« – gegenzusteuern und die fehlenden Bundesmittel wenigstens teilweise durch Landesmittel zu kompensieren. Die angekündigte Abwicklung der Hamburger Arbeit-Beschäftigungsgesellschaft mbh (HAB) muss zudem als klares Zeichen dafür gewertet werden, dass aktive Arbeitsmarktpolitik nicht zu den Prioritäten auf der Agenda neusozialdemokratischer Politik steht.
Als Fazit bleibt festzuhalten: Der vom SPD-Senat eingeschlagene Kurs der übermäßigen Haushaltskonsolidierung, der in der Praxis noch rigider ist als in der Planung, hilft Hamburg nicht. Anstatt angesichts der sich abzeichnenden Konjunkturschwäche und den Strukturproblemen der Hamburger Wirtschaft eine antizyklische Wirtschaftspolitik zu treiben, streicht der Senat in geradezu fahrlässiger Weise beim Einkommen der städtischen Beschäftigten und baut jährlich 250 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst ab. Er fährt die Investitionen runter und lässt die langzeitarbeitslosen BürgerInnen im Regen stehen.
Die angekündigte Großoffensive in Sachen Wohnungsbau findet im Regierungshandeln nicht statt. An dieser Grundausrichtung ändert auch das unbestritten sinnvolle wirtschaftspolitische Engagement bei Hapag-Lloyd nichts, wenn dies zugleich verbunden ist mit weiteren Einschränkungen bei anderen öffentlichen Dienstleistungen und Investitionen. Die Lobbyisten der maritimen Wirtschaft drängen auf die Verstärkung der Hafeninfrastuktur, im Wettbewerb der großen Häfen werde künftig die Qualität der logistischen Leistung den Wettbewerb entscheiden. Dies ist nicht falsch, aber die faktische Gefangenschaft der Stadt wird damit immer mehr zum Problem.
Die Haushaltspolitik des SPD-Senats wird in doppelter Hinsicht scheitern: Erstens beschädigt sie durch Ausgabenkürzungen letztlich die regionale Steuerbasis. Zweitens führt die Konsolidierungspolitik zu einer Verschlechterung öffentlicher Dienstleistungen. Die Neuauflage eines Sparprogramms mit kurzem Zeithorizont und hohem Volumenvorgaben wird im Resultat wichtige staatliche Leistungen beschädigen.
Dazu gibt es eine Alternative: Die notwendige Ausgaben zur Sicherstellungen qualitativ hochwertiger öffentlicher Dienstleistungen und einer den sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen entsprechenden städtischen Infrastruktur können durch eine deutliche Verbesserung der Einnahmen genau so sichergestellt werden wie die Einhaltung der »Schuldenbremse«. Allein durch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer ließen sich Hamburgs Einnahmen jährlich um 1-2 Mrd. Euro erhöhen.