Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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»Institut für Staatspolitik«
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ISBN 978-3-89965-578-0

23. November 2017 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Geldregen für den Stadtstaat Hamburg

Finanzsenator Tschentscher warnt erneut: kein Grund für neue Ausgaben. »Wir dürfen ja nicht in eine unvorsichtige Goldgräberstimmung verfallen«, sagte der Senator. Hamburg wird in diesem Jahr voraussichtlich im Haushalt einen Überschuss von mehr als 400 Mio. Euro haben.

Die Haushalts- und Finanzplanung, also das, was Hamburg an Steuereinnahmen fest eingeplant hat, wird von der jüngsten Schätzung sogar um 933 Mio. Euro übertroffen. Was ist der Grund für diesen Geldregen? Zunächst und wichtigster Grund: die gute Wirtschaftskonjunktur. Dann aber auch: In den vergangenen Jahren hat die Stadt rund 100.000 EinwohnerInnen dazu bekommen. Und jede/r zusätzliche Einwohner/in sorgt im Schnitt für 4.000 Euro weitere Steuereinnahmen. Die brauchen aber auch Kitas, Schulplätze, Wohnungen und sonstige öffentliche Infrastruktur. Es gibt also reichlich Gründe für ein Abrücken vom strikten Sparkurs und eine Anpassung an das Wachstum.

Fakt ist: Hamburg erwartet in 2017 erneut einen Haushaltsüberschuss, der nach der Einschätzung von Finanzsenator Tschentscher größer sein wird als die der letzten drei Jahre. Von 2014 bis 2016 hat die Stadt bereits Überschüsse von bis zu 423 Mio. Euro realisiert. Zur Einordnung: Es ist keine zehn Jahre her, dass der Haushalt infolge der Finanzkrise mit fast einer Milliarde Euro im Minus war und entsprechend durch Kredite ausgeglichen werden musste.

Hintergrund dieser Entwicklung sind die günstigen ökonomischen Rahmenbedingungen und die daraus resultierenden Steuermehreinnahmen. So wurden denn auch im Rahmen der November-Steuerschätzung die Erwartungen für dieses und die folgenden vier Jahre erneut um insgesamt 700 Mio. Euro nach oben korrigiert. Konkret werden für dieses Jahr nun Steuereinnahmen in Höhe von 11,285 Mrd. Euro erwartet – 164 Mio. Euro mehr als noch im Mai geschätzt. Im kommenden Jahr sollen es 11,415 Mrd. Euro sein (plus 92 Mio. Euro), 2019 dann 11,806 Mrd. Euro (plus 58 Mio. Euro), im Jahr 2020 würde mit 12,302 Mrd. Euro (plus 168 Mio. Euro) erstmals die Zwölf-Milliarden-Euro-Marke geknackt, und 2021 sollen die Einnahmen dann sogar auf 12,752 Mrd. Euro (plus 215 Mio. Euro) ansteigen.

 
Als weiteren Faktor für das Steuerplus betont Finanzsenator Tschentscher – jetzt neu – die wachsende Stadt aus. Der Senat beobachte »eine strukturelle Verbesserung der Wirtschafts- und Ertragslage, die auf eine wachsende Zahl an Einwohnern, Betrieben und Arbeitsplätzen zurückzuführen ist«, sagte Tschentscher. Daher denke er über eine weitere Anpassung der Finanzplanung nach, sprich: höhere Ausgaben. SPD-Haushaltsexperte Jan Quast unterstützt eine Steigerung der Ausgaben: »Mit der wachsenden Bevölkerung steigen auch die Anforderungen an die öffentliche Infrastruktur, an Quantität und Qualität der städtischen Leistungen.«

Der Spielraum dazu ist da. Bisher hat der Senat bei seiner Haushaltsplanung zwar klugerweise jährlich Vorsichtabschläge bei den voraussichtlichen Steuereinnahmen vorgenommen, um konjunkturellen Rückschlägen Rechnung zu tragen. Zweitens waren nicht die optimistischen Steuerschätzungen Grundlage für die Haushalte genommen. Vielmehr wurde aus den realen Einnahmen der vergangenen 21 Jahre abgeleitet, wie viel er in Zukunft ausgeben darf. Dadurch ist mittlerweile eine gigantische Lücke entstanden, im positiven Sinn: Die von den Steuerschätzern vorausgesagten Einnahmen für 2017 bis 2020 liegen insgesamt um fast vier Mrd. Euro über der Summe, die der Senat eingeplant hat.

Um den daraus resultierenden finanziellen Spielraum zu nutzen, muss der Senat aber erst das im Rahmen der »Schuldenbremse eingeführte Finanzrahmengesetz ändern, das Ausgabenobergrenzen für den Haushalt definiert. Deshalb hat der Senat kürzlich beschlossen, die Ausgabenobergrenze um 200 Mio. Euro pro Jahr zu erhöhen, die noch von der Bürgerschaft beschlossen werden muss. Es dies ermöglicht es dem Senat überhaupt, die Mehreinnahmen wenigstens zum Teil auszugeben.

Diesen Spielraum nutzt der Senat nun keineswegs um die Grundlinien seiner Haushaltsphilosophie und seinen Kurs zu korrigieren: Es gilt weiterhin die Botschaft, die öffentliche Infrastruktur ist so flexibel, dass auch mehr EinwohnerInnen damit klar kommen. Noch immer wird bei kleineren Korrekturen, so dem Verzicht auf die völlig unsinnige Sauberkeitsgebühr, an der Politik der Haushaltskonsolidierung festgehalten. Praktisch bedeutet dies: Sparen bei Personal, bei den öffentlichen Investitionen und bei der Qualität der öffentlichen Dienstleistungen. Da die Schuldenbremse angesichts der Haushaltsüberschüsse als Argument nicht mehr zieht, wird stattdessen auf die negative kaufmännische Bilanz des »Konzerns Hamburg« verwiesen, der – inkl. Abschreibungen und Rückstellungen – noch immer tief rote Zahlen schreibt.

Das ist zwar richtig. So sind die Schulden der Stadt 2016 um knapp 2,3 Mrd. Euro gestiegen. Das war ein Plus von 7,8%. Der Hintergrund: Hamburg und Schleswig-Holstein mussten faule Altkredite der HSH-Nordbank übernehmen. Hamburg und Schleswig Holstein waren damit die einzigen Länder in Deutschland, deren Verschuldung 2016 nennenswert anstieg. Damit hat die Hansestadt jetzt 31 Mrd. Euro Schulden, pro Kopf sind das 17.400 Euro. Damit steht Hamburg bei der Schuldenentwicklung bundesweit auf dem letzten Platz. Diese Tendenz wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen, auch weil die die Endabrechnung für die HSH Nordbank noch gar nicht vorliegt.

Aber aus dieser Konstellation kommt man nicht heraus, indem man fast überall den Rotstift ansetzt. Vielmehr müsste es darum gehen die Probleme der »wachsenden Stadt«, vor allem die dramatische Situation am Wohnungsmarkt, energisch anzupacken, Maßnahmen zur Eindämmung der sozialen Spaltung in der Stadt, insbesondere auch durch Förderung eines sozialen Arbeitsmarkts, zu ergreifen, die marode öffentliche Infrastruktur zu verbessern und den dringlich erforderlichen Umbau der Hamburger Wirtschaft anzugehen. Dafür könnte Hamburg in diesem und im nächsten Jahr ohne Probleme jeweils 400 Mio. Euro locker machen.

Dies ist umso dringlicher, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich der jetzt schon acht Jahre währende Aufschwung der Wirtschaft mit den entsprechenden Effekten für Arbeitsmarkt und Steuereinnahmen noch auf Jahre fortsetzen wird. Finanzsenator Tschentscher versucht dem mit Vorsichtsabschlägen bei der Berechnung der Steuereinnahmen Rechnung zu tragen. Wenn es zu einem konjunkturellen Rückschlag kommt, werden die kaum ausreichen. Deshalb wäre es auch volkswirtschaftlich viel sinnvoller, schon heute massiv in die vielen großen Defizitbereiche in der Stadt zu investieren und so Zukunftsvorsoge zu betreiben.

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