Der rechte Rand

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17. August 2015 Björn Radke

Flüchtlinge in Schleswig-Holstein

Wie in anderen Bundesländern und Kommunen wird auch der kommunale Alltag in Schleswig-Holstein durch die enorme Fluchtbewegung geprägt. Die Situation im Kreis Segeberg stellt sich aktuell so dar: Derzeit leben allein in den zentralen Erstaufnahmen in Neumünster und Boostedt zusammen rund 2.400 Flüchtlinge. Noch Anfang des Jahres war die bis dato einzige Erstaufnahme des Landes in Neumünster nur für 650 Menschen ausgelegt. Seit Mitte Juni gibt es zusätzlich eine Einrichtung in Seeth (Kreis Nordfriesland) mit derzeit 450 Asylbewerbern.

Die meisten Flüchtlinge werden im Durchschnitt nach zwei bis drei Wochen weiter auf die Kommunen verteilt. Fast 1.000 Menschen suchten allein in den ersten zwölf Augusttagen Zuflucht in der zentralen Erstaufnahme des Landes in Neumünster. In diesem Jahr kamen bislang über 10.500 Asylsuchende neu nach Schleswig-Holstein. Die deutlich gestiegenen Zahlen zwingen zur Improvisation: So mussten bis zu 350 neu angekommene Flüchtlinge seit dem zweiten Juli-Wochenende in dem Sporthallenkomplex einer Gemeinschaftsschule in Neumünster untergebracht werden. Höchstens zehn Tage waren dafür zunächst geplant; jetzt soll das Provisorium Ende nächster Woche aufgehoben werden – nach fünf Wochen. Zu den Übergangslösungen gehören auch vier 50-Mann-Zelte in Neumünster, die voll belegt sind. Am 1. September soll dort ein neues festes Gebäude eröffnet werden, um die Situation etwas zu entspannen.

8,9 Prozent aller Flüchtlinge, die nach Schleswig-Holstein kommen, nimmt der Kreis Segeberg auf. 2014 waren insgesamt 710 Migranntinnen und Migranten im Kreis eingetroffen, für das Jahr 2015 wurden aber schon 1550 Menschen erwartet. In Boostedt, der Außenstelle der Erstaufnahme Neumünster sind bisher diesem Jahr 508 Flüchtlinge eingetroffen. Von Seiten der Kreisbehörde stehen für die Menschen gerade mal 4 Mitarbeiter zur Verfügung. Eine zusätzliche Stelle wurde nun zusätzlich bereitgestellt.

Die Verteilungsquoten ergeben sich aus der Einwohnerzahl. Demnach bekommen Norderstedt und Ellerau bis Ende des Jahres 479 Menschen zugeteilt. Die Verteilung ergibt:

Ort

Prozent

Personen

Norderstedt/Ellerau
Henstedt-Ulzburg

Kaltenkirchen

Bad Segeberg

Bad Bramstedt

Wahlstedt

Amt Bad Bramstedt-Land

Amt Boostedt-Rickling *

Amt Bornhöved

Amt Itzstedt

Amt Kaltenkirchen-Land

Amt Kisdorf

Amt Leezen

Amt Trave-Land

30,00
10,36

7,63

6,36

5,16

3,51

4,06

4,41

4,09

4,68

4,04

4,06

3,25

7,50

479
161
118
99
80
54
63

68

63

73

63

63

50

116

* darin sind die im Erstaufnahmelager untergebrachten Personen nicht eingerechnet. (Angaben nach HA vom 6.6.2015)

Die zentrale Aufnahmestelle Schackendorf wird derzeit saniert und steht vor dem Frühjahr 2016 zur Verfügung. Dann sollen dort 80 bis 85 Personen Unterkunft bekommen. Der Kreis Segeberg bekommt für jeden Flüchtling zurzeit eine Betreuungskostenpauschale in Höhe von 95 Euro pro Quartal vom Land Schleswig-Holstein und verteilt das Geld an die Kommunen und Ämter.

Der letzte Sachstandsbericht des Innenminsteriums Schleswig-Holstein über die »Erstaufnahmeeinrichtungen« für die steigende Zahl von Schutzsuchgenden stammt vom 21.7.2015. Im Rückblick wird deutlich, dass die Behörden sich beständig auf neue Dimensionen einstellen mussten. Stellten 2010 noch 1.300 BürgerInnen einen Asylantrag, so waren es 2014 bereits 7.600. Von bis zu 20.000 Flüchtlingen ging das Innenministerium noch im März 2015 aus. In dem aktuellen Bericht von Mitte Juli wird dargelegt, wie die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und SSW mit diesem Druck umgeht:

  • »Bis zum Juni 2015 wurde damit bereits annähernd die Anzahl von Flüchtlingen in Neumünster aufgenommen, die der Gesamtzahl für Jahr 2014 entspricht. Mit Stand 19. Juli sind bereits 8.460 Flüchtlinge in Schleswig-Holstein angekommen.
    Die traditionell zuwanderungsstarken Monate stehen allerdings noch bevor (ab September).Es wird damit immer wahrscheinlicher, dass die von Schleswig-Holstein zu Beginn des Jahres berechneten Szenarien (›bis zu 20.000‹) eintreffen, für die SH vom BAMF, BMI und anderen Ländern kritisiert wurden.
  • Daraus resultiert ein Bedarf von insgesamt 3.750 Erstaufnahmeplätzen für eine fachlich empfohlene EAE-Aufenthaltsdauer von sechs Wochen.
  • Um den prognostizierten Bedarf von ca. 2.400 zusätzlichen Aufnahmeplätzen zu decken, hat das Land im Innenministerium eine Projektgruppe Erstaufnahmeeinrichtungen eingerichtet, die zum Ziel hat, ab dem 01.09.2016 Erstaufnahmeeinrichtungen für 1.800 Flüchtlinge zu schaffen. Hinzu sollen Anfang 2017 in Heide 600 Plätze kommen. Für den Winter 2015/2016 werden entsprechende Übergangslösungen geschaffen.«

Sechs Wochen später muss Innenminister Stefan Studt die Prognose nach oben korrigieren. Die bisher erwartete Zahl von bis zu 20. 000 sei nicht mehr realistisch. Nach neuesten Berechnungen müsse sich das Land auf bis zu 25.000 Neuzugänge einstellen. In den ersten sieben Monaten des Jahres kamen bereits 10.300. Nach dieser Prognose würde dies nach dem Königsteiner Schlüssel für Deutschland insgesamt in diesem Jahr weit mehr als 700.000 Flüchtlinge bedeuten. Das Bundesamt für Migration hatte noch vor kurzem von 450.000 gesprochen, wobei Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eine neue Prognose für Ende August ankündigte. Schleswig-Holstein übernimmt nach dem Schlüssel der Verteilung auf die Bundesländer 3,4 Prozent der Flüchtlinge.

Die bisherigen Annahmen zeigen, dass die bisher beschlossenen Maßnahmen den kommenden Herausforderungen nicht gerecht werden, wobei es vor allem an geeignetem Wohnraum fehlt. Deshalb kommt es zu mehr und mehr unbefriedigenden Notfallmaßnahmen wie Containern bzw. Zelten, um die nötigen Unterkunftsmöglichkeiten zu schaffen.

 

Noch Anfang des Jahres war die bis dato einzige Erstaufnahme des Landes in Neumünster nur für 650 Menschen ausgelegt. Weil die Erstaufnahmeeinrichtungen in Neumünster, Boostedt und Seeth ihre Kapazitätsgrenzen erreichten, wurde am vergangenen Wochenende eine weitere provisorische Aufnahme in Albersdorf geschaffen. Sie soll bis zum 14. September geöffnet bleiben. Die Flüchtlinge würden von den Anwohnern mit offenen Armen empfangen. »Wir schreien nicht ›Hurra‹, stehen der Sache aber positiv gegenüber«, so der dortige Bürgermeister. Weitere Übergangseinrichtungen sind bis Oktober in Kiel und Eggebek (Kreis Schleswig-Flensburg) geplant. Dauerhafte Standorte sollen bis Ende kommenden Jahres in den Hochschulstandorten Lübeck, Kiel, Flensburg und Heide entstehen.

Derzeit leben allein in den zentralen Erstaufnahmen in Neumünster und Boostedt zusammen rund 2.400 Flüchtlinge. Noch Anfang des Jahres war die bis dato einzige Erstaufnahme des Landes in Neumünster nur für 650 Menschen ausgelegt. Seit Mitte Juni gibt es zusätzlich eine Einrichtung in Seeth (Kreis Nordfriesland) mit derzeit 450 Asylbewerbern. Die meisten Flüchtlinge werden nach Behördenangaben im Durchschnitt nach zwei bis drei Wochen weiter auf die Kommunen verteilt.

Fast 1.000 Menschen suchten allein in den ersten zwölf Augusttagen Zuflucht in der zentralen Erstaufnahme des Landes in Neumünster. In diesem Jahr kamen bislang über 10.500 Asylsuchende neu nach Schleswig-Holstein. Die deutlich gestiegenen Zahlen zwingen zur Improvisation: So mussten bis zu 350 neu angekommene Flüchtlinge seit dem zweiten Juli-Wochenende in dem Sporthallenkomplex einer Gemeinschaftsschule in Neumünster untergebracht werden. Höchstens zehn Tage waren dafür zunächst geplant; jetzt soll das Provisorium Ende nächster Woche aufgehoben werden – nach fünf Wochen. Zu den Übergangslösungen gehören auch vier 50-Mann-Zelte in Neumünster, die voll belegt sind. Am 1. September soll dort ein neues festes Gebäude eröffnet werden, um die Situation etwas zu entspannen.

Noch im Mai stellte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) in Kiel auf der Flüchtlingskonferenz einem Flüchtlingspakt vor, mit dem »Politik, Verbände und Institutionen die Integration von Asylbewerbern in Schleswig-Holstein verbessern« wollen. »Wir wollen dabei als Land an die finanzielle Belastungsgrenze gehen, um zu helfen.« Ein erster großer Schritt dahin sei ein »Flüchtlingspakt«, den die Regierung mit Kreisen, Städten, Gemeinden, Wirtschaft, Wohnungsunternehmen, Hochschulen und Verbänden ausgearbeitet hat. Demnach sollten die Flüchtlinge ab Sommer bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Neumünster, Boostedt und ab Herbst auch in Kiel, Lübeck und Flensburg Sprachkurse erhalten. Startkosten: zwei Mio. Euro. Die Verteilung der AsylbewerberInnen auf die Kommunen wird künftig von FlüchtlingsmanagerInnen gesteuert. Die Kosten von zwei Mio. Euro im Jahr für je zwei neue Stellen in den vier kreisfreien Städten und elf Kreisen trägt das Land. In den Kommunen soll der Sprachunterricht möglichst nahtlos fortgesetzt, die Betreuung verbessert werden. Dazu zahlt das Land ab 1. Juli eine Integrationspauschale von 900 Euro je Flüchtling. Mehrkosten: rund zehn Mio. Euro. Im Gegenzug entfällt die bisherige Quartalspauschale von rund 100 Euro.

Die Regierung kündigte zudem an, das Verteilsystem für Flüchtlinge zu überarbeiten. Bisher ist die Einwohnerzahl der Kommunen ausschlaggebend. Das neue System, das ab Herbst greifen soll, führt dazu, dass Zentren wie Kiel und Neumünster oder Städte wie Eckernförde, Rendsburg und Preetz künftig mehr AsylbewerberInnen als bisher zugewiesen bekommen. Das Flüchtlingspaket und die weiter steigenden Asylbewerberzahlen ist für das nächste Jahr mit mehr als 180 Mio.Euro ausgestattet. Zum Vergleich: 2012 waren es rund 45 Mio. Euro.

Angesichts der ständig steigenden Flüchtlingszahlen hat die Landesregierung  im Haushalt eine Korrektur für den Haushalt im zweiten Halbjahr vorgenommen. Der Nachtragshaushalt sieht nun 287 Mio. Euro für die Versorgung, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen vor. »Angesichts der steigenden Zahlen an Flüchtlingen wissen wir aber nicht, ob das Geld reicht, zumal ein Großteil der Mittel, die das Land den Kommunen für Flüchtlinge zur Verfügung stellt, noch nicht abgerechnet ist«, sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Diese Erhöhung ist nur möglich, weil das Land im ersten Halbjahr ein Haushaltsplus von 155,7 Mio. Euro erwirtschaftet hat. Grund für die positive Entwicklung seien neben den weiter hohen Steuereinnahmen die niedrigen Zinsen und von der Regierung eingeplante Risikopuffer.

Sicherlich ist zunächst ein stärkeres Engagement des Bundes unverzichtbar. Der Bund hatte im Juni zugesagt, zur Bewältigung der steigenden Flüchtlingszahlen seine Hilfen für Länder und Kommunen auf eine Milliarde Euro zu verdoppeln und sich von 2016 an dauerhaft an den Kosten zu beteiligen. Entscheidungen dazu sollen im Herbst fallen. Wichtig ist neben der Aufstockung der Bundesmittel auch eine Überprüfung der Zuweisungs- und Abrechnungspraxis.

Die bisherigen Überlegungen, die Zuwanderungshürden für Flüchtlinge zu erhöhen und über eine Beschleunigung der Prüfung der Asylanträge durch Ausweisung mehr Plätze zu gewinnen, sind politisch eher eine Verstärkung rechtspopulistischer Vorurteile – auch Schleswig-Holstein sollte sich darauf einstellen, für die nächsten Jahre eine belastbare Infrastruktur für die Betreuung und Integration aufzubauen. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) macht sich zurecht für Steuererhöhungen stark, um die steigenden Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge finanzieren zu können. Wenn es gar nicht anders geht, dann müsse der Staat eben »die Einnahmeseite verbessern« – sprich neue Steuern einführen oder alte erhöhen.

Grundsätzlich aber hält die Landesregierung an ihrem Haushaltskonsolidierungskurs des Erreichens der »schwarzen Null« 2020 fest. Damit ist auch absehbar, dass bei weniger erfreulichen Konjunkturlagen Teile der propagierten und zum Teil auch praktizierten »Willkommenskultur« zurück genommen werden.

Im Dezember 2014 hatte die Landesregierung mit sofortiger Wirkung einen Abschiebestopp für Flüchtlinge und abgelehnte AsylbewerberInnen erlassen. Der Abschiebestopp galt bis zum 31. März für rund 2.250 betroffene Menschen aus 15 Staaten. Innenminister Stefan Studt (SPD) kündigte an, dass Schleswig-Holstein in Zukunft jeden Winter auf Abschiebungen in Länder verzichten werde, in denen wegen winterlicher Verhältnisse eine Rückkehr in Sicherheit und Würde nicht gewährleistet sei. Bereits in den vergangenen beiden Jahren hatte Schleswig-Holstein im Winter Flüchtlinge nicht abgeschoben. Allerdings galt dies insbesondere für Menschen aus westlichen Balkanstaaten. »Winter ist Winter«, begründete der Minister die Ausweitung der Duldung. Die zusätzlichen Kosten seien gering, denn an der Praxis der vergangenen Jahre ändere sich ja nichts.

Nun, im August 2015 stellt Innenminister Studt für dieses Jahr den Winterabschiebestopp in Frage: »Um die Integrationsperspektive für die vielen hierbleibenden Flüchtlinge von heute und Mitbürger von morgen nicht zu gefährden, spreche ich mich in der derzeitigen Situation dafür aus, dass Schleswig-Holstein keinen Alleingang beim Winterabschiebestopp macht.« Er halte an dem Ziel fest, Menschen mit schlechter Bleibeperspektive nicht in die Kommunen zu verteilen. Dies sei aber nur zu erreichen, wenn die Asylverfahren spürbar beschleunigt würden. Nur daran sei die Frage zu messen, ob alle Westbalkan-Länder gesetzlich zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden sollten, wie die Union dies will. »Sollte dies notwendig sein, sollten auch wir als Land Schleswig-Holstein auf einen gemeinsamen Weg aller Länder einschwenken«, sagte er. Damit schert er auf die Linie der Bundesregierung ein, die vor allem den Menschen aus dem »Westbalkan« den Zutritt nach Deutschland verweigern will. Dieser Vorstoß mit den »sicheren Drittstaaten« ist inhuman und falsch.

Im vergangenen Jahr wurden Serbien und Bosnien »sicheren Herkunftsländern« erklärt und die Zahl der AsylbewerberInnen aus diesen Ländern ist nicht gesunken. Auch der aktuelle Sachstand-Bericht des Innenministeriums hält fest: »Stand Juni 2015: Hauptherkunftsländer in SH sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Syrien (1.815 Personen - 24,9%), Albanien (1.126 Personen – 15,5%) und Kosovo (1007 Personen – 13,8% – allerdings zuletzt mit deutlich abnehmender Tendenz).«

Die unzureichende Verteilung der finanziellen Mittel zwischen Bund, Ländern und Kommunen mit den bekannten Folgen der chronischen  Unterfinanzierung der Kommunen, dem immensen Investitionsstau und dem heruntergefahrenen Sozialen Wohnungsbau schafft eine Drucksituation, die nun auf Kosten humanitärer Grundsätze zu Lasten jener Menschen gehen soll, die aus den ärmsten Regionen Südost-Europas – und darunter überwiegend diskriminierte Roma – hierher fliehen.

Angesichts der stark steigenden Flüchtlingszahlen wollen die Kommunen keine AsylbewerberInnen aus Westbalkanstaaten mehr aufnehmen und pochen auf der Einhaltung einer Zusage der Bundesländer. Die Kommunen stellten sich seit Monaten intensiv darauf ein, Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen, sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Eva Lohse. Die Belastung sei allerdings besonders hoch, »weil zu viele Menschen aus den Westbalkanstaaten in die Kommunen kommen«. Die Städte appellierten deshalb an Bund und Länder, die Verabredungen vom Flüchtlingsgipfel im Juni zügiger umzusetzen. Lohse sagte: »Die Menschen, die fast keine Aussicht auf Anerkennung als politisch Verfolgte haben, sollten erst gar nicht den Kommunen zugewiesen werden.«

Wohnungsbauministerin Hendriks (SPD) gibt zu, dass die »aktuell hohen Flüchtlingszahlen zu weiteren Herausforderungen auf den Wohnungsmärkten«, führen. Aber was sie anzubieten hat, ist doch sehr mager: Sie werde sich dafür einsetzen, »die den Ländern bis 2019 zur Verfügung gestellten Bundesmittel in Höhe von jährlich 518,2 Millionen Euro befristet zu verdoppeln«.

Dagegen fordert Städtetags-Vizepräsident Ulrich Maly(SPD) ein Engagement des Bundes »im Milliardenbereich«. Er hält den Bau von bundesweit jährlich 80.000 Wohnungen für notwendig, um Konkurrenz zwischen Einheimischen und Flüchtlingen um bezahlbaren Wohnraum zu verhindern. Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland müsse um 25 bis 30 Prozent gesteigert werden – »jährlich wiederkehrend natürlich«.

Immerhin sind hier Vorschläge auf dem Tisch, die den zur Ausgrenzung und damit rechtspopulistischen Stimmungen Vorschub leistenden »Lösungen« diskutierbare Alternativen entgegensetzen.

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