6. September 2018 Joachim Bischoff/Bernhard Müller

Finanzsenator Dressel: Konzern Hamburg ist Spitze

Hamburgs oberster Kassenwart, Finanzsenator Dressel, hat den Konzernbericht 2017 für die Stadt samt seinen öffentlichen Unternehmen vorgestellt. Auf größeres Interesse in der städtischen Öffentlichkeit stößt diese Jahresbilanz nicht. Das umfangreiche Rechenwerk gibt gleichwohl einen ungeschminkten Einblick in die Lage der Stadt.

Wie sieht der Konzern aus?

Hamburg ist als Stadtstaat gleichzeitig Land und Kommune der Bundesrepublik Deutschland und damit eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Kernverwaltung der Stadt Hamburg gliedert sich in Behörden und Ämter: Die 11 (Fach-)Behörden entsprechen den Ministerien in den Bundesländern, nehmen aber zugleich gemeinsam mit sieben Bezirksämtern auch kommunale Aufgaben wahr. Außerdem werden die kommunalen Aufgaben auch durch eine große Zahl von Landesbetrieben, Sondervermögen, juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie privatrechtlich verfassten Organisationen übernommen. Gemeinsam mit der Kernverwaltung bilden diese Organisationen den Konzern Freie und Hansestadt Hamburg. »Konzernmutter« ist die Kernverwaltung. Ein großer Teil der öffentlichen Unternehmen und Beteiligungen ist in einer Holdinggesellschaft, der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV), gebündelt. Sie vereint die Segmente öffentlicher Personennahverkehr, Verkehr und Logistik, Ver- und Entsorgung, Immobilien und Stadtentwicklung sowie sonstige Beteiligungen. Schematisch stellt sich der Stadtstaat folgendermaßen dar:



Greifen wir ein Segment heraus – die kommunale Wohnungsversorgung. In dem Konzernbericht heißt es: »Die SAGA Unternehmensgruppe engagiert sich für den sozialen Ausgleich in den Wohnquartieren. Sie versorgt die Hamburgerinnen und Hamburger mit Wohnraum zu angemessenen Preisen. Die SAGA Unternehmensgruppe vermietet mehr als 132.000 Wohnungen und 1.500 Gewerbeobjekte und leistet mit hohen Investitionen in die Quartiersentwicklung erhebliche Beiträge zur Wohnqualität und auch zum Klimaschutz.«
Diese Aufgabenbestimmung ist mehr als schön geredet. Die häufigen Debatten über die Wahrnehmung dieser Aufgaben in der Bürgerschaft belegen, dass sich dieses öffentliche Unternehmen – wie die meisten – ziemlich weit verselbständigt hat und die Kontrolle und Steuerung durch das Parlament mühsam ist.

Der Finanzsenator ist bei der Präsentation voll des Lobes über die wirtschaftlichen Ergebnisse des Konzerns, Probleme sieht er keine. Lässt man die Lobgesänge beiseite, dann ist die Lage eindeutig schlecht: Die Verschuldung des Konzerns Hamburg ist auf mehr als 44 Mrd. Euro angestiegen; nach kaufmännischer Betrachtung ist der Konzern pleite, denn er weist ein negatives Eigenkapital von knapp 26 Mrd. Euro aus, ist mithin kräftig überschuldet und eine Bereinigung dieser Situation ist nicht in Sicht. Macht aber nichts – so der rot-grüne Senat, denn die Zinsen sind aktuell niedrig und können auch locker aufgebracht werden.

Dressel jubelt: »Hamburg hält nicht nur die Schuldenbremse des Grundgesetzes und der Hamburgischen Verfassung bereits heute sicher ein, wir beenden auch den Substanzverzehr des städtischen Vermögens und bringen Erträge und Aufwendungen ins Gleichgewicht.« Richtig ist: entgegen dem Vorjahr ist die Lage leicht verbessert. Dass die Schulden steigen, obwohl von dem Berg 640 Mio. Euro getilgt wurden, liegt unter anderem an dem Desaster der HSH Nordbank. Dieses öffentliche Unternehmen hat der Stadt über die Jahre einen Verlust von etlichen Milliarden Euro gebracht und der eingeleitete Verkaufsprozess ist auch 2018 noch nicht abgeschlossen. Eine kritische Betrachtung findet sich im Geschäftsbericht nicht und auch Finanzsenator Dressel spielt die Rolle gut: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. Immerhin kann man dem Geschäftsbericht entnehmen, dass auf für das Jahr 2018 schon rund sieben Mrd. Euro an Verbindlichkeiten für die einstige Landesbank aufgelaufen sind, die auch noch auf die Tilgung warten.

Der Ausblick von Senator Dressel ist rosig: Bis zum Jahr 2024 soll der Konzern Hamburg auch nach unternehmerischer Buchführung (Doppik) endlich den Zustand erreicht haben, dass der Schuldenberg nicht weiter wächst. Die Vermögensubstanz des Konzerns wird also noch weiterhin angeknabbert, aber falls auf den Stadtstaat erneut eine schlechte Konjunkturkonstellation zukommen sollte, ist man gewappnet: Als Teil »unserer nachhaltigen und vorsorgenden Finanzpolitik (kommen) weitere Zuführungen zur Konjunkturposition, die bis Anfang der 20er Jahre einen Umfang von knapp 4 Mrd. Euro rechnerisch erreichen wird – ein ›Puffer‹ für schlechte Zeiten, in denen die Steuereinnahmen unter dem Trend liegen. Auch eine neu geschaffene Position ›Vorsorge für konjunkturelle Risiken‹ unterstreicht die vorsichtige Veranschlagung des Senats, sie wächst auf 300 Mio. Euro 2022 an. Weitere deutliche Tilgungs- und Kapitalverstärkungsschritte im Konzern Hamburg runden das Bild der Hamburger Finanzpolitik ab.« Na denn ist ja alles im Lot.

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