5. Februar 2018 Joachim Bischoff / Norbert Weber
Die politischen Führungen in Hamburg und Kiel im Sanierungssumpf - Das Manöver mit HSH-Beteiligungsmanagement GmbH
Im Zentrum des politischen Interesses: der anstehende, durch die EU-Kommission angeordnete Verkauf oder Abwicklung der HSH Nordbank. Die politischen Führungen in Hamburg und Kiel haben seit der Anordnung der EU-Kommission zur Beendigung des Trauerspiels HSH Nordbank etliche Verschönerungsoperationen mitgetragen, damit ein möglichst reibungsloser Verkauf möglich wird.
Hamburg und Schleswig-Holstein haben als Haupteigentümer der Bank daher einige Zweckgesellschaften gegründet, die jeweils spezielle Aufgaben erfüllen. Schon längere Zeit, seit 2009, gibt es den HSH Finanzfonds (Finfo). Über ihn wurde der Kredit von drei Mrd. Euro für die Auftakelung des verbrauchten Eigenkapitals der bankrotten Bank zu bewerkstelligt. Außerdem hält der Fond schon seit 2009 eine Garantie über zehn Mrd. Euro für die Bank. Er hatte auch lange treuhänderisch die Mehrheit der Länderanteile an der Bank gehalten. Wegen des von der EU angeordneten Verkaufs bis Ende Februar wurden diese jedoch allesamt auf eine neue Beteiligungsholding (HoldCo) übertragen, die als Verkäufer auftritt. Und dann gibt es noch die HSH Portfoliomanagement AÖR (PoMa), die der HSH im Namen der Länder für 2,4 Mrd. Euro faule Kredite und die dazu gehörigen Schiffe abgenommen hat.
Nach vielem Hin- und Her – so richtig sind die Eigentümer nicht an Transparenz interessiert – hat die HSH Beteiligungsmanagement GmbH (kurz: HoldCo) nunmehr ihren Jahresabschluss 2016 auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Erst jetzt ist der Öffentlichkeit »offiziell« bekannt gegeben geworden, dass die HoldCo in ihrem 1. Jahr (Rumpfgeschäftsjahr) einen Bilanzverlust über 2,635 Mrd. Euro hingelegt hat. Wirklich beeindruckend: Man gründet mit Millionenaufwand eine Firma zum Verkauf der Eigentümeranteile und fährt gleich einen ordentlichen Verlust ein.
Bereits im Konzernabschluss 2016 der Freien und Hansestadt Hamburg war der Verlust in einer einzeiligen Spalte zwar bekannt gegeben worden (wohl eher »versehentlich«), fand jedoch kaum Resonanz und schon gar keine hinreichend erläuternden Worte des Senates dazu. Logisch: Einen solche Operation ist ja ziemlich peinlich.
Was ist der Auftrag der HSH Beteiligungsmanagement GmbH?
Mit Beendigung des Zweiten Beihilfeverfahrens vor der EU-Kommission zum Jahreswechsel 2015/2016 war eine der wesentlichen Auflagen, die Bank nunmehr in einem Zeitkorridor von zwei Jahren zu privatisieren. Sollte das nicht gelingen, muss die HSH-Nordbank ihr Neugeschäft einstellen und abgewickelt werden.
Die HSH Beteiligungsmanagement GmbH ist ins Leben gerufen worden, um diese Privatisierung operativ umzusetzen. Dafür sind der Gesellschaft 94,9% aller HSH Nordbank-Aktien übertragen worden. Genau diese 94,9 % stehen nun zum Verkauf. Daneben hält J.C.Flowers 5,1%, die jedoch nicht zum Verkauf stehen. Gesellschafter der HSH Beteiligungsmanagement GmbH sind unmittelbar und mittelbar (über die ländereigene HSH Finanzfonds AöR) die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein in Summe mit 94,15% sowie der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein mit 5,85 %.
Gleichzeitig hat die HSH Beteiligungsmanagement GmbH die Verpflichtung übernehmen müssen, die Garantieleistungen an die Länder aus der 10 Mrd. Euro Ländergarantie zu bezahlen. Die Bank hatte lange daraufhin gewirkt, dass ihr die Hauptlasten für die Garantie reduziert werden. Das hat nicht geklappt, weil die Bank hat nicht einmal die Gebühren für die Garantien erwirtschaftet hat. Auch hier ist die einstige Konstruktion der »Sanierer« gescheitert. Die HSH Nordbank selbst muss deshalb nur noch denjenigen Teil der Garantieprovisionen zahlen, der sich auf die noch nicht in Anspruch genommenen Anteile bezieht – also den weitaus geringeren Anteil. Alles andere, einschließlich der rückwirkenden Zusatzprovision, musste die HSH Beteiligungsmanagement übernehmen.
Da die HoldCo keine eigenen Einnahmen generieren kann, hat sie sich die Zahlungsverpflichtungen zunächst einmal stunden lassen. So kam bereits im 1. Geschäftsjahr ein Verlust über 2,635 Mrd. Euro zustande, den sich die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zurechnen lassen müssen. Es sind die Bundesländer und letztlich deren Haushalte die für die Verluste gerade stehen. Zu Recht weist der Landesrechnungshof in Kiel daraufhin, dass allein Schleswig-Holstein absehbar fünf bis acht Mrd. Euro an zusätzlichen Belastungen durch die HSH Nordbank entstehen werden.
Dieser Verlust ist leider noch lange nicht das Ende der Fahnenstange, einige Buchungsgebaren und Anmerkungen im Bericht lassen aufhorchen:
- Die 94,9 % Anteile an den HSH Aktien sind mit 610 Mio. Euro im Jahresabschluss der Beteiligungsmanagement aktiviert. Dieser Bewertungsansatz basiert auf ein KPMG-Sondergutachten zum 31.12.2015. Nach dem KPMG-Bewertungsgutachten begründet man diesen Wertansatz auf bankeigene Planungen (sogenanntes Management-Case), auch hinsichtlich einer nachhaltigen Stabilisierung der Bank.
- KPMG weist in dem einen, in der Presse zirkulierenden Auszug aus dem Gutachten darauf hin, dass man die Kundengeschäfte der Bank nicht hinreichend konkretisieren könne und somit einen überaus geringen Bewertungsabschlag genommen hat. Heißt für uns: Bei umfassender, realistischer Bewertung wäre der Wert des adjustierten Case wohl faktisch negativ, das Ergebnis des Gutachtens ist nach unserem Dafürhalten eher ein »Teil«gutachten und damit wertlos.
- Auf der Passivseite wird eine Kapitalrücklage über 1,392 Mrd. Euro ausgewiesen. Anzunehmen ist, dass man erst einmal mögliche Wertaufholungen der zum Verkauf stehenden Aktienanteile der HSH angesetzt hat, um den Verlust nicht noch höher ausweisen zu müssen. Eigentlich sind diese Aktien bereits auf einen Euro Restwert vollständig und nachhaltig abgeschrieben. In der Gewinn- und Verlustrechnung für dieses Rumpfgeschäftsjahr 2016 findet sich »lediglich« ein Kostenblock über 846 Mio. Euro als Abschreibung auf diese Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens.
- Als Eventualverbindlichkeiten wird ein Betrag über 567,6 Mio. Euro ausgewiesen. Gleichzeitig findet sich auch folgender Satz: »Die nicht in der Bilanz enthaltene finanzielle Verpflichtung aus zukünftigen Zusatzprämien bis zum Laufzeitende beträgt 3.262.887.353,34 Euro.« Dieser Satz sollte eigentlich alarmieren, denn es tun sich einige Fragen auf:
- Warum hat man dieses nicht sofort in den Rückstellungen berücksichtigt? (Verlust wäre damit mehr als 5,8 Mrd. Euro zum 31.12.2016 gewesen und würde das Risiko der Länder genauer spiegeln)
- Wieso kann die HoldCo bis auf den letzten Cent genau berechnen, wie hoch diese Verpflichtung ist und damit, wie lange (offensichtlich auf den Tag genau) das Elend noch dauern wird?
- Warum haben die Länderregierungen der HSH zum Jahresende 2015 die von der Bank selbst gebildeten Rückstellungen auf die von der HSH selbst zu zahlende Zusatzprovision aus der Garantie über etwa eine Mrd. Euro faktisch »geschenkt« und nicht zur Begrenzung der Verpflichtung genutzt? (Die Bank hat den Ländern nicht ein einziges Mal die Zusatzprovision überwiesen, sondern immer nur wertlose Besserungsscheine angedient) Mehrfach haben wir in unseren Kritik des »Sanierungsprozesses« der Bank auf diese Problematik hingewiesen, die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hat über mehrere SKAs eine Antwort des Senates erbeten. Eindeutige Antworten sind vom Senat nicht gekommen.
Den möglichen Verkaufserlös aus der Privatisierung der HSH Nordbank soll die HSH Beteiligungsmanagement GmbH generieren können. Aktuell im Gespräch sind in Summe etwa eine Mrd. Euro, davon 700 Mio. Euro cash sowie 300 Mio. Euro als Darlehn.
Zudem wird ein Verkaufserlös lediglich dazu dienen, dass die Länder ihre Garantieverpflichtungen an sich selbst leisten können. Zur Reduzierung der Milliardenschulden, die die Länder zur Rettung der HSH Nordbank im Namen der SteuerzahlerInnen aufgenommen haben, dient ein solcher Kaufpreis schon lange nicht mehr.
Bereits im Januar 2017 konstatierte Professor Martin Hellwig über das Verhalten der politischen Führungen: »Eine öffentliche Diskussion haben die Verantwortlichen in der Bank und den Regierungen erfolgreich unterbunden, durch Vertuschen, Beschönigen und Verweigern von Antworten.« Selbst im aktuellen Verkaufsprozess der Bank hat sich sowohl seitens der Länderregierungen als auch der Bankverantwortlichen an dieser Einstellung und diesem Gebaren nichts geändert.
In nächster Zeit sollen die ParlamentarierInnen in Hamburg und Schleswig-Holstein über den Verkauf abstimmen und beschließen, werden aber nach wie vor trotz vielfacher Bemühungen einfach im Dunkeln gelassen.