Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

Einblicke in 20 Jahre
»Institut für Staatspolitik«
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Friedrich Engels zum 200.

Reiner Rhefus
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Auf den Spuren des Denkers, Machers und Revolutionärs im »deutschen Manchester«
184 Seiten | in Farbe | Hardcover | zahlreiche Fotos | EUR 16.80
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Lebenswertes Hamburg
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Karl Marx war fünf mal in Hamburg?

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Karl Marx in Hamburg
Der Produktionsprozess des »Kapital«
184 Seiten | durchgängig farbig | Festeinband | viele bislang unveröffentlichte Fotos und historische Abbildungen | EUR 19.80
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Starke Einführung

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Linke Kommunalpolitik –
Eine Einführung

Für Einsteiger*innen und Fortgeschrittene
Aktualisierte Neuausgabe |
Crashkurs Kommune 12
104 Seiten | EUR 7.50
ISBN 978-3-89965-799-9

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DenkMal Friedhof Ohlsdorf
33 Stätten der Erinnerung und Mahnung | Herausgegeben von der Willi-Bredel-Gesellschaft – Geschichtswerkstatt e.V.
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Das etwas andere Kochbuch

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Kleine Weltküche
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Kulturgeschichte im Film

Michael Töteberg
Filmstadt Hamburg
Kino-Geschichten einer Großstadt:
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ISBN 978-3-89965-578-0

25. April 2012 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Der Bürgermeister, der Öffentliche Dienst und der »Schuldenberg«

Andreas Morlok / pixelio.de

Hamburg befindet sich unbestreitbar in einer schwierigen finanziellen Lage. Die jährliche Zinslast Hamburgs beträgt derzeit ca. 1.000 Mio. Euro. Um zu verhindern, dass der Schuldenberg der Stadt, der sich aktuell auf etwa 28 Mrd. Euro (inkl. WK) beläuft, weiter wächst und damit sicherzustellen, dass die grundgesetzlichen Vorgaben der neuen Schuldenregelung (»Schuldenbremse«) eingehalten werden, hat sich der SPD-Senat verpflichtet, die städtischen Ausgaben jährlich bei unter 1% zu deckeln.Damit das auch eingehalten werden kann, sollen jährlich 250 Arbeitsplätze (Vollzeitäquivalente) im Öffentlichen Dienst abgebaut werden. Falls, wie gerade passiert, deutliche Einkommensverbesserungen für die städtischen Beschäftigten beschlossen werden sollten, hat Finanzsenator Tschentscher schon einmal damit gedroht, noch weiter an der Personalschraube zu drehen.

In 2011 hat das mit dem Personalabbau noch nicht richtig geklappt. Das geht aus den Antworten des SPD-Senats auf eine Große Anfrage der CDU-Fraktion hervor (DKS 20/3008). Danach ist der statistische Personalbestand (bezogen auf Vollzeitäquivalente) zum 31.12.2011 um 752 Stellen auf 58.852 Stellen gestiegen. Dasselbe Bild beim budgetrelevanten Personalbestand, der zusätzlich die Auszubildenden, die geringfügig oder Sonstigen Beschäftigten (stundenweis Beschäftigte, nebenamtliche Lehrbeauftragte, Beschäftigte mit Unterrichtsvergütung, Beschäftigte im freiwilligen oder sozialen Jahr) umfasst. Auch hier ein Aufwuchs um 509 Stellen auf 62.320 (Vollzeitäquivalente).

Penibel rechnet der Senat allerdings vor, dass der Personalzuwachs auf politischen Entscheidungen beruht, die er nicht zu verantworten hat. Dazu gehören 450 noch unter der Vorgängerregierung beschlossene zusätzlichen Lehrerstellen (»Schulfrieden«), 213 Schulsozialarbeiterstellen im Zusammenhang mit dem Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung sowie 141 neue Arbeitsplätze bei den in diesen Fragen autonomen Hochschulen. Im Gegenzug zu diesen 714 zusätzlichen Jobs sind seit Amtsantritt des SPD-Senats in 2011 269 Arbeitsplätze abgebaut worden. Selbstverständlich hat der Senat schon ausrechnen lassen, was das an Budgetentlastung bringt: »Bei durchschnittlichen Personalkosten in der Höhe von 50.000 Euro pro Vollzeitäquivalent liegt die Personalkosteneinsparung in einer Größenordnung von 13,4 Millionen Euro jährlich.«
Selbst in Rechnung gestellt, dass die Stellen im Bereich der Schulsozialarbeit aus Bundesmitteln finanziert werden und ein Teil der von den Hochschulen besetzten Stellen drittmittelfinanziert sind, bleibt Klärungsbedarf, wieso trotz mindestens 400 zusätzlicher Stellen das Personalbudget für die Kernverwaltung (inkl. NHH-Bereiche, ohne Einrichtungen und Landesbetriebe) für 2011 nach den Ergebnissen der vorläufigen Jahresabschlusses 2011 um 86 Mio. Euro unterschritten wurde.

Der SPD-Senat sieht sich nach Anlaufschwierigkeiten ordentlich aufgestellt auf dem Weg zu einem nachhaltigen Personalabbau und will auf ihm in den nächsten Jahren auch konsequent fortschreiten. Die bürgerliche Opposition rechnet derweil kleinkrämerisch nach, weil sie deutlich weniger Personal im Öffentlichen Dienst haben will. Die praktischen Konsequenzen dieser Politik bekommen indes die BürgerInnen der Stadt schon jetzt immer deutlicher zu spüren (soziale Projekte, die schließen müssen, weil die Zuwendungen gestrichen werden, oder öffentliche Einrichtungen, die zumachen, weil Sach- und Personalmittel fehlen).
Selbst wenn man den nicht unerheblichen Abbau im Beschäftigung im öffentlichen Dienst in den 1990er Jahren außen vor lässt und nur die Entwicklung des Personalbestands im öffentlichen Dienst in den letzten 10 Jahren berücksichtigt, sind Abbaureserven nicht erkennbar. Denn von 1999 bis 2010 ist der budgetrelevante Personalbestand um 12% (absolut: 8.500 Vollzeitäquivalente) gesunken. Er beruht nur darauf, dass Bereiche ausgegliedert wurden (u.a. UKE 5.800 Stellen, Strom- und Hafenbau 1.700 Stellen). Der von der bürgerlichen Opposition und der SPD noch in der Opposition viel beklagte Stellenaufbau seit 2007 hat vor allem mit den Folgen einer desaströsen Privatisierungspolitik, also den Rückkehrern aus den privatisierten Landesbetrieben LBK und Pflegen & Wohnen (ca. 1.800), und mit der unverzichtbaren Verbesserung der Personalsituation in Kitas, Schulen und Universitäten zu tun (Behörde f. Schule u. Berufsbildung + ca. 1.200 Stellen seit 2007). Gleichzeitig ist das Personal in vielen Amtsstuben und Dienstleistungsbereichen das Personal trotz zusätzlicher Aufgaben weiter ausgedünnt worden. Konsequenz: Für viele Beschäftigte ist die Arbeitsbelastung enorm gestiegen. (Beispiel Bezirke) Weiterer Personalabbau führt hier ganz zwangsläufig zu noch mehr Stress und Qualitätsminderung öffentlicher Dienstleistungen.

           Beamte Angestellte Gesamt   Beamte    Angestellte Gesamt   % ggb.1999 Gesamt/VZÄ
                          absolut                               Vollzeitäquivalente        
1999    41.513    36.307    77.820    38.933,2    31.367,3    70.300,5    100,00%    110,70%
2000    42.539    35.880    78.419    39.724,0    29.560,2    69.284,2    98,55%    113,18%
2001    42.836    34.407    77.243    39.935,0    28.999,0    68.934,0    98,06%    112,05%
2002    42.513    29.364    71.877    39.625,6    24.358,4    63.984,0    91,01%    112,34%
2003    41.865    30.328    72.193    38.926,1    24.082,1    63.008,2    89,63%    114,58%
2004    41.932    30.019    71.951    38.182,9    23.862,3    62.045,2    88,26%    115,97%
2005    41.549    28.174    69.723    37.693,2    21.894,4    59.587,6    84,76%    117,01%
2006    41.200    28.234    69.434    37.307,5    21.724,9    59.032,4    83,97%    117,62%
2007    40.838    28.457    69.295    37.011,2    21.364,4    58.375,6    83,04%    118,71%
2008    40.754    29.730    70.484    37.021,4    22.316,0    59.337,4    85,64%    118,79%
2009    40.898    30.978    71.876    37.262,2    23.284,4    60.546,6    86,13%    118,71%
2010    41.517    32.067    73.584    37.853,1    23.957,3    61.810,4    87,92%    119,05%

Zum wenig fürsorglichen Umgang mit dem städtischen Personal durch die diversen Senate gehört auch, dass ein wachsender Teil – ganz den gesellschaftlichen Trends folgend – nur mehr prekär beschäftigt ist. So arbeiten 2010 von den Teilzeitbeschäftigten 19% (4.001) weniger als 20 Wochenstunden. 3.675 Beschäftigungsverhältnisse war zeitlich befristet und bei 2.765 Jobs handelte es sich um geringfügige Beschäftigung. Hinzu kommen ca. 800 sonstige Beschäftigungsverhältnisse. In der Summe sind ca. 16% aller Arbeitsverhältnisse bei der Stadt prekär. Auch hier wird also zulasten der Beschäftigten gespart.

Der SPD-Senat will mit der Beschneidung der Leistungen für die städtischen Beschäftigten (Kürzung der Sonderzahlungen) und dem Abbau von Arbeitsplätzen, bei dem zudem kein Konzept erkennbar ist, die öffentlichen Finanzen sanieren. Einmal abgesehen von der Sorgfaltspflichten gegenüber seinen Beschäftigten wie auch einer Gemeinwohlverpflichtung gegenüber den BürgerInnen, beschreitet er damit volkswirtschaftlich einen verhängnisvollen Weg. Durch die Kürzung der öffentlichen wie privaten Nachfrage werden nämlich die regionalen Wirtschaftskreisläufe beschädigt und damit perspektivisch auch die Steuereinnahmen. Bei insgesamt unsicheren Zukunftsaussichten für die Wirtschaft hat diese Politik kontraproduktive Wirkungen.

Im Prinzip wissen die Hamburger SPD und Bürgermeister Scholz, dass die Sanierung der öffentlichen Finanzen über die neue Schuldenregelung nicht zu haben ist. Das Ziel bis 2020 einen ausgeglichen Haushalt zu erreichen, geht faktisch nur um den Preis, den öffentlichen Dienst zu schrumpfen und die Beschäftigten schlechter zu bezahlen, sowie wichtige, eigentlich unverzichtbaren soziale und öffentliche Leistungen zu beschränken. Aber selbst dieser harte Kürzungskurs bringt die alten Schulden und die darauf fälligen Zinszahlungen nicht weg. Der Bürgermeister sieht sich unter Druck: »Ich werde aber fast jeden Tag gefragt, ob wir die Schulden irgendwann einmal auch zurückzahlen.« Zwei Antworten hat Scholz auf diese Fragen parat.

  1.  »Durch die Geldentwertung nimmt die Bedeutung des Problems im Laufe der Jahrzehnte von allein ab.« Man werde die Schulden sehr langfristig los, in dem sie schlicht nicht weiter anwüchsen. Dies unterstellt freilich lange Zeiträume.
  2. Ein weiterer Weg: »Der Bund erhält über 2019 hinaus weiterhin den Solidaritätszuschlag und finanziert darüber die Zinslasten der Länder.« Das verschaffe den Ländern finanziell Luft. »Die Länder verpflichten sich gegenüber dem Bund, ihre Schulden zu tilgen, und vereinbaren individuelle Tilgungspläne mit dem Bund.« Sozial gerecht ist dieser Weg zur Beseitigung der Schuldenlast auch nicht.

Klüger wäre es darauf zu verzichten, und den Haushaltsausgleich und die Schuldentilgung über eine deutliche Erhöhung der Einnahmen zu suchen. Ein solcher Perspektivwechsel erlaubte dann auch – vorübergehend kreditfinanzierte – Investitionen für den dringend notwendigen Umbau der Hamburger Wirtschaft auf den Weg zu bringen. Die auch von der Hamburger SPD unterstützte Initiative für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer ist da ein Schritt in die richtige Richtung. Würde der SPD-Senat dann noch seine Laissez faire-Haltung in Sachen Steuervollzug aufgeben, könnten weitere Ressourcen zu einer Verbesserung der Haushaltssituation erreicht werden.

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