15. Oktober 2013 Joachim Bischoff
Ausverkauf bei der HSH Nordbank
Die Immobiliensparte der finanziell angeschlagenen HSH Nordbank ist Ende August 2013 verkauft worden. Die HSH Real Estate ging in einem so genannten Management-Buy-Out an den ehemaligen Real Estate-Geschäftsführer Lutz von Stryk. Von Stryk ist seither alleiniger Geschäftsführer. Nach Medienberichten soll dies zu einem symbolischen Kaufpreis von einem Euro geschehen sein.
Über den Kaufpreis und die Bedingungen der Übertragung der Vermögen geben die Beteiligten bislang keine Auskunft. Insgesamt wird durch die Umstände der Transaktion die Befürchtung genährt, erneut liege bei der HSH Nordbank ein fragwürdiges Geschäft vor. Die Bank stützt sich auf erhebliche öffentliche Garantien und trennt sich gleichzeitig von werthaltigen Vermögensbeständen. Dieser Zusammenhang könnte eine umfassende Neubewertung der Sanierungsaktion der Bank im politischen Raum auslösen.
Das Geschäft mit Immobilienfonds und -beteiligungen gehört zum Restrukturierungsbereich der HSH Nordbank und sollte bereits seit längerem weitestgehend abgestoßen werden. Die HSH hatte schon zuvor Teile dieses Bereich verkauft. So hat die HSH Real Estate AG 2011 ihre Aktienbestände an einem Hamborner Immobilienunternehmen (REIT AG) veräußert. Medienberichten zufolge sollen die Aktien für insgesamt 89,4 Mio. Euro verkauft worden sein. Dies entspräche 7,45 Euro je Aktie und läge damit um 4,2% unter dem Wert beim Vortagesschluss. Auch dies war im Kern ein »Verlustgeschäft«, um die Sparte zu verkleinern. Zuletzt hatte die HSH Real Estate mittelbar 35,18% an Unternehmen gehalten.
Grund für den Verkauf des gesamten Restbereiches der Immobiliensparte ist also die strategische Neuausrichtung der HSH Nordbank. Danach zählen die Aktivitäten ihrer Tochtergesellschaft HSH Real Estate nicht mehr zum Kerngeschäftsfeld und sollen deshalb abgebaut werden. Der Hintergrund dieser Transaktion ist die »Bilanzbereinigung« (d.h. Umwandlung von offenen Forderungen in liquide Mittel) oder der Verkäufer will unerwünschte Kreditkunden loszuwerden, d.h. solche, bei denen die ordnungsgemäße Rückzahlung ihrer Kredite fraglich ist. Diese Bilanzbereinigung ist gegenwärtig in den kapitalistischen Hauptländern immer noch ein blühender Geschäftszweig. Die Verkäufe betreffen nicht nur notleidende Kredite (d.h. solche, die derzeit nicht in voller Höhe getilgt werden), sondern auch Kredite, die ordnungsgemäß zurückgezahlt werden. Es ist gängige Praxis auch »nicht-leistungsgestörte« Kredite dem Verkaufspaket beizumischen. Über die finanziellen Risiken, die sich in der Immobiliensparte der HSH Nordbank angesammelt haben könnten, ist öffentlich wenig bekannt.
In den Medien wird zur gleichen Zeit berichtet, dass die HSH Nordbank möglicherweise 30 bis 40 Schiffe abwracken möchte. Auch hier dürfte es sich um den Versuch handeln, aus tendenziell insolventen Schiffsfonds und notleidenden Krediten auszusteigen. Die HSH Nordbank ist immer noch der weltgrößte Schiffsfinanzierer. Doch seit der Finanzkrise fällt es Kreditkunden immer schwerer, die Kredite auch zu bedienen. Die Meldung von einer möglichen Verschrottung von Schiffen aus dem HSH-Portfolio zeigt, wie akut die Krise der Schifffahrt immer noch ist. Die Hoffnung auf eine schnelle Kehrtwende ist bei den Banken – zumindest bei der HSH Nordbank – nicht mehr vorhanden. Die Schifffahrtskredite der Bank belaufen sich auf 26 Mrd. Euro, neun Mrd. Euro davon gehören zu der 2009 eingerichteten Restrukturierungssparte. Rund 15% oder etwa 165 der 1.100 Schiffe in der Sparte seien nicht zu retten, die übrigen 85% könnten restrukturiert werden, erklärt die Bank. Der Presssprecher der HSH Nordbank verweist auch hier auf die Notwendigkeit der Bilanzbereinigung. Von der Restrukturierung des Schiffsportfolios könnten möglicherweise 30 bis 40 der 1.100 Schiffe in der Restrukturierungssparte betroffen sein.
Der größere Teil der notleidenden Schiffskredite soll gleichfalls verschleudert werden. Schiffe, die gerettet werden können, will die HSH Nordbank in Paketen von etwa zehn Schiffen an strategische Investoren verkaufen, um den Bestand an notleidenden Krediten zu verringern. Die Struktur der Transaktionen werde der Vereinbarung mit der griechischen Navios Group im April ähneln. Die Reederei aus Piräus zahlte nach eigenen Angaben insgesamt 300 Mio. US-Dollar (222 Mio. Euro) in bar und in Form eines Kredits für fünf Tanker und fünf Containerschiffe. Sie erwarb auf diese Weise eine »bedeutende Flotte zu historisch niedrigen Werten«.
Die HSH Real Estate, die jetzt unter dem Namen HGA Real Estate auftritt, verwaltet insgesamt 24 geschlossene Immobilien-Fonds mit einem Investitionsvolumen von etwa zwei Mrd. Euro. Von der Fondstochter HGA Capital, auf deren Fonds rund 85% des Immobilienbestands von 2,4 Mrd. Euro entfällt, wird allerdings für 2013 berichtet, dass bei einer Mehrheit ihrer geschlossenen Immobilienfonds die Ergebnisse unter Plan liegen werden. Die jeweiligen Immobilien befinden sich überwiegend in Deutschland, aber auch in Österreich, Luxemburg, Ungarn, Polen und Tschechien. An den Fonds sind etwa 20.000 Anleger beteiligt. Seit längerem gehören die geschlossenen Immobilienfonds zu einem Krisensegment, dessen Bereinigung durch staatliche Regulierung vorangetrieben wird. Experten bewerten die Erfolgsaussichten zahlreicher HGA-Fonds kritisch.
Die HSH Nordbank erfüllt mit der vollständigen Trennung vom Immobilienbereich EU-Auflagen, die im Zuge der Beihilfevereinbarung beschlossen worden waren. Diese sehen unter anderem eine erhebliche Verkleinerung des HSH-Geschäftsbereichs und den Ausstieg aus ganzen Geschäftsfeldern vor.
Die HSH Nordbank steht ohne Zweifel unter erheblichem Handlungsdruck. Es ist allerdings äußerst naiv, solche Transaktionen ohne Transparenz durchziehen zu wollen. Zwar verkündete sie den Verkauf parallel mit den Halbjahreszahlen – doch ging der Deal genau in diesen unter. Zudem wurde über den Kaufpreis Stillschweigen vereinbart. Diese Geheimniskrämerei ist kaum verwunderlich. Denn jetzt wurde bekannt, dass der Kaufpreis nur symbolisch ist. Für einen einzigen Euro soll die Bank ihre Immobiliensparte verschachert haben. Dabei entsprechen die Fonds einem Investitionsvolumen von rund zwei Mrd. Euro. Außerdem verwaltet die HSH Real Estate Wohnungen in den USA und Deutschland in einem Wert von 320 Mio. Euro. Da kommen nicht nur die PolitikerInnen in den an der Bank beteiligten Bundesländern ins Grübeln.
Zugleich muss man der HSH Nordbank zugestehen, dass sie zumindest jahrelang versucht hat, ihre Immobilientochter loszuwerden. Bislang hat das allerdings nur teilweise geklappt. Jetzt hat die Bank einen Schlussstrich unter die Immobiliensparte gezogen – allerdings liegt bei dem Kaufpreis die Vermutung nahe, dass auch Vermögen verschenkt wurde. Kein Außenstehender weiß, ob andere Angebote überhaupt vorgelegen und wie diese ausgesehen haben. Allerdings ist auch unstrittig, dass in einigen Immobilienfonds der HSH Real Estate erhebliche Risiken stecken. Andererseits ist die HSH Real Estate ausgerechnet an den ehemaligen Geschäftsführer der HSH-Tochter veräußert worden. Und der wird genau wissen, was er geschenkt erhalten hat. Würde ein Manager also ein risikobehaftetes Unternehmen übernehmen – selbst wenn er dafür nur einen Euro zahlt? Oder hat er am Ende die Lage der Bank zulasten der Eigner ausgenutzt? Der Verkauf muss auf jeden Fall genauer aufgeklärt werden.