Der rechte Rand

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12. August 2016 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Alleinerziehende in Hamburg – von der rot-grünen Koalition verlassen

Bei aller kontroversen Diskussion über die soziale Spaltung und Armutsentwicklung gibt es einen unstrittigen Tatbestand: die soziale Gruppe der Alleinerziehenden ist von Dauerarmut und mangelhaften Aufstiegschancen geprägt. Rund 40 Prozent von ihnen beziehen Hartz IV, das eigentlich Arbeitslosengeld II heißt.

Das sind in Deutschland 625.000 Haushalte. In neun von zehn Fällen ist der alleinerziehende Elternteil die Frau. Mutter zu sein, ohne Partner, bedeutet in Deutschland meist eines: den Abstieg in die Armut. Und die Hartz-IV-Statistik untertreibt sogar noch. Dazu komme noch die Dunkelziffer, sagen Wissenschaftler, diejenigen Alleinerziehenden, die sich nicht trauten, aufs Arbeitsamt zu gehen und Hartz IV zu beantragen.


Die Situation im Stadtstaat Hamburg

Gemäß den Daten der amtlichen Statistik waren in Hamburg 2014 15,9% oder 280.000 Bürgerinnen von Armut betroffen. Sie verfügten über weniger als 60% des durchschnittlichen Einkommens in Deutschland. Gemessen am Durchschnittseinkommen in Hamburg betrug ihr Anteil sogar 18,0% (320.000 HamburgerInnen). Auch diese Zahl berücksichtigt noch nicht ausreichend die spezifischen Lebensbedingungen in einer Großstadt wie Hamburg mit knappem Wohnraum und höheren Lebenshaltungskosten, die aus dem Einkommen bezahlt werden müssen. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, die das unterschiedliche Preisniveau berücksichtigt, kommt deshalb für 2013 zu dem Schluss, dass die amtlichen Daten das Armutsrisiko in den Städten unterzeichnen.

Das gilt zum Beispiel für die im Durchschnitt durchaus wohlhabende Metropole München: Dort gelten offiziell lediglich 10,3% der Menschen als armutsgefährdet, weil ihr Haushaltsnettoeinkommen weniger als 60 Prozent des deutschlandweiten Mittelwerts beträgt; das ist einer der günstigsten Werte überhaupt. Berücksichtigt man aber die hohen Lebenshaltungskosten in München, schnellt die dortige Armutsgefährdungsquote auf 18% hoch.

Ähnlich deutlich zeigt sich dies in Stuttgart, Frankfurt und Hamburg: Solange man nur die Einkommenshöhe misst, liegen die dortigen Armutsgefährdungsquoten in der Nähe des Durchschnittswerts von 15,5 Prozent für ganz Deutschland. Sobald man aber mitrechnet, dass das Leben auch in Stuttgart, Frankfurt und Hamburg deutlich teurer ist als anderswo, springen die Quoten dort auf mehr als 20 Prozent. Im Durchschnitt aller Großstädte sind, gemessen am Kaufkraftmaßstab, sogar 22 Prozent der Menschen armutsgefährdet. Das sind 3 Prozentpunkte mehr, als wenn man nur die Einkommen vergleicht.



Im bundesweiten Vergleich ist die Kaufkraftarmut in Bayern am niedrigsten. Hohe Lebenshaltungskosten in Städten erhöhen jedoch das Armutsrisiko.

Für Hamburg weist die Studie für 2013 eine Armutsquote von 20,7% (360.000 Personen) aus. In der amtlichen Statistik sind es dagegen »nur« 16,9% (Bundesmedian) bzw. 18,7% (Landesmedian).



Besonders betroffen von Armut in Hamburg wie bundesweit sind dabei vor allem Arbeitslose, Personen mit Migrationshintergrund und Alleinerziehende.



Bei der Analyse der Situation von Alleinerziehenden in Hamburg ist also zu berücksichtigen, dass die auf Basis der amtlichen Statistik ausgewiesene Armutsproblematik die Situation der betroffenen (vor allem) Frauen und Kinder noch unterzeichnet.


Situation der Alleinerziehenden in Hamburg

In 2015 gab es in Hamburg gut eine Mio. Haushalte. In 185.000 Haushalten (17,6%) lebten Kinder. Davon entfielen 73,9% auf Paare und 26,1% auf Alleinerziehende. In den 46.700 Alleinerziehenden-Haushalten lebten 66.000 minderjährige und 5.000 erwachsene Kinder. In 31.500 (67,5%) Alleinerziehenden-Haushalten lebte ein Kind, in 15.200 (32,5%) waren es zwei und mehr Kinder. 43.100 bzw. 91,7% der Alleinerziehenden waren Frauen.




Erwerbstätigkeit


Von den 47.000 Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren waren 2014 33.300 erwerbstätig. Das entspricht einer Beschäftigungsquote von 72,8%. Im Bevölkerungsdurchschnitt (15 bis unter 65 Jahre) beträgt sie 74,9%. Davon waren 16.700 vollzeit- (46%) und 16.700 (54%) teilzeitbeschäftigt.
Arbeitslose Alleinerziehende suchen logischerweise häufiger eine Teilzeitstelle als die Arbeitslosen insgesamt. So suchten im Jahresdurchschnitt 2014 44,6% der alleinerziehenden Arbeitslosen nach einer Teilzeitstelle. Bei allen Arbeitslosen waren es nur 16,9%. Alleinerziehende sind somit in besonderem Maße vom Stellenangebot für Teilzeitbeschäftigung abhängig.


Arbeitslosigkeit

Im Jahresdurchschnitt 2014 waren in Hamburg 7.414 alleinerziehende Arbeitslose gemeldet. Von ihnen wurden 89,8% im Rechtskreis SGB II und 10,2% im Rechtskreis SGB III betreut. Die Arbeitslosigkeit Alleinerziehender hat 2014 zugenommen: Im Vergleich zum Vorjahr wurden in 2014 6,5% mehr Arbeitslose gezählt, gegenüber einer leichten Abnahme um 0,3% von 2012 auf 2013. 2014 hat sich die Arbeitslosigkeit Alleinerziehender damit ungünstiger entwickelt als die Arbeitslosigkeit aller Erwerbspersonen, der Anteil der Alleinerziehenden an allen Arbeitslosen ist entsprechend gegenüber dem Vorjahr geringfügig gestiegen, von 9,7% auf 10,1%.

Alleinerziehende Arbeitslose waren zu 91,7% weiblich und 82,3% waren zwischen 25 und 49 Jahre alt. 18,9% von ihnen hatten keinen Schulabschluss und 37,6% einen Hauptschulabschluss. 63,7% verfügten über keine abgeschlossene Berufsausbildung, der Anteil mit akademischer Ausbildung lag bei 5,3%. Der Anteil an Langzeitarbeitslosen betrug 38,3%.

Die arbeitslosen Alleinerziehenden, die ihre Arbeitslosigkeit im Jahr 2014 beendeten, waren im Durchschnitt 43,7 Wochen arbeitslos, bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durchschnittlich 33,6 Wochen. Bei allen Arbeitslosen lauten die Werte 33,7 Wochen bzw. 22,3 Wochen. Alleinerziehende haben also ein überdurchschnittliches Verbleibsrisiko.


Alleinerziehende im Hartz IV-System

Im Jahresdurchschnitt 2014 erhielten 49.939 leistungsberechtigte Personen in 18.883 Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehender Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Rund die Hälfte der Leistungsberechtigten in Bedarfsgemeinschaften von Alleinerziehenden ist erwerbsfähig; dabei ist zu berücksichtigen, dass neben den Alleinerziehenden auch deren Kinder als erwerbsfähige Leistungsberechtigte geführt werden, wenn sie 15 Jahre oder älter sind.



Gegenüber 2013 ist die Zahl der Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehender und der darin lebenden leistungsberechtigten Personen nahezu unverändert geblieben (+149 oder +0,8% bzw. +616 oder +1,2%) – wie auch die Zahl aller Bedarfsgemeinschaften.

Im Durchschnitt lebten in einer Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaft im Jahr 2014 2,6 leistungsberechtigte Personen. Im Vergleich zum Vorjahr ist diese Zahl konstant geblieben.
Im Jahresdurchschnitt 2014 gab es in 58,0% der Alleinerziehenden-BG ein und in 29,3% zwei minderjährige Kinder. In 22,8% der Alleinerziehenden-BG lebte mindestens ein Kind unter drei Jahren und in 32,9% mindestens ein Kind im Alter zwischen 3 bis unter 7Jahren.

Die alleinerziehenden eLb sind zu 94,6% weiblich und zu 84,3% zwischen 25 und 49 Jahre alt. MigrantInnen sind unter den alleinerziehenden eLb mit 35,1% – verglichen mit ihrem Bevölkerungsanteil – deutlich überrepräsentiert.


AE-elB Arbeitslosigkeit und Erwerbstätigkeit

Im Jahresdurchschnitt 2014 waren 6.148 oder 33,4% der alleinerziehenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (eLb) arbeitslos gemeldet. Die 12.324 oder 66,6% der eLb, die Leistungen aus der Grundsicherung erhalten, werden aus verschiedenen Gründen als nicht arbeitslos registriert.



Im Jahresdurchschnitt 2014 verdienten 6.081 oder 33,1% der alleinerziehenden eLb Einkommen aus Erwerbstätigkeit, 5.766 oder 31,4% als abhängige und 368 oder 2 % als selbständige Erwerbstätige (Mehrfachnennung möglich). 3.677 oder 20% der alleinerziehenden eLb arbeiteten in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und 2.089 oder 11,4% in einem ausschließlich geringfügigen Beschäftigungsverhältnis (oder ohne Beschäftigungsmeldung).

Im Vorjahresvergleich ist die Zahl der alleinerziehenden erwerbstätigen Arbeitslosengeld II-Bezieher leicht gestiegen (+111 bzw. 0,6%). Dabei ist sowohl die sozialversicherungspflichtige als auch die geringfügige Beschäftigung weiter angestiegen


Hilfequoten

Im Jahresdurchschnitt 2014 bezogen von allen Alleinerziehenden im erwerbsfähigen Alter mitminderjährige Kindern 40,5% Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende, im Vergleich zu 11% bei Paaren mit Kindern. Die Hilfequote bei Alleinerziehenden variiert mit der Zahl der minderjährigen Kinder. Sie betrug bei einem minderjährigen Kind 35,2%, bei zwei und mehr minderjährigen Kindern 51,1%.



Auch regional gibt es deutliche Unterschiede. Für Westdeutschland errechnet sich ein Wert von 36,6%, für Ostdeutschland ein Wert von 43,7%. Dabei reicht die Spanne auf Ebene der Länder von 23,3% in Bayern bis 49,8% in Sachsen Anhalt.


Armut von Alleinerziehenden

40,5% aller Alleinerziehenden Haushalte mit Kinder unter 18 Jahren sind 2014 auf Hartz IV angewiesen. Dies schlägt sich nieder in der enorm hohen Armutsgefährdungsquote der Haushalte mit einem Erwachsenen und Kindern.


 


Sozialräumliche Polarisierung: Verteilung AE-Haushalte und Kinderarmut


Bei der Verteilung der Haushalte der Alleinerziehenden über die Stadt finden wir die übliche sozialräumliche Polarisierung. Während im Bezirk Hamburg-Mitte 30,2% aller Haushalte mit Kindern Alleinerziehenden-Haushalte sind, sind es in den Bezirken Eimsbüttel und Wandsbek jeweils nur knapp 25 Prozent. Den höchsten Anteil an Alleinerziehenden-Haushalten weist der Stadtteil Dulsberg mit 43,7 Prozent auf. Auch in Hamburg-Altstadt, Horn, St. Pauli und Sternschanze lebt in mehr als jedem dritten Haushalt mit Kindern nur ein alleinerziehender Elternteil bzw. Erwachsener. In Tatenberg im Süden Hamburgs, in Othmarschen sowie in Lemsahl-Mellingstedt und Sasel im Norden wohnen demgegenüber verhältnismäßig wenig Alleinerziehende.

Von der oft von Armut geprägten Lebenssituation der Alleinerziehenden-Haushalte besonders betroffen sind natürlich die Kinder und Jugendlichen – auch wenn die Zahlen in den letzten Jahren leicht rückläufig waren. So lag die Quote der Kinder unter 15 Jahren, die mit ihren Eltern Leistungen zur Grundsicherung erhalten, mit 20,8% in 2014 fast doppelt so hoch wie die der LeistungsbezieherInnen insgesamt (12,7%). Dies betraf knapp 50.000 Kinder und Jugendliche. Noch ungünstiger stellt sich die Lage für Kinder bis sieben Jahre in Hamburg dar. Von ihnen lebt 2014 mit knapp 22,0% mehr als jeder fünfte Kind in Armut.

Armut ist also auch in Hamburg in erster Linie ein Problem für Alleinerziehenden-Haushalte und der Paar-Haushalte mit Kindern. Kinderarmut ist ein Armutsproblem der Eltern. Es zeigt sich aber bei genauerem Hinsehen, dass das Risiko, armutsgefährdet zu sein, mit der Kinderanzahl, die in einem Haushalt lebt, deutlich steigt. Haushalte mit drei und mehr Kindern fallen häufig unter die Armutsgrenze, auch wenn sie voll erwerbstätig sind. Da die Kinderzahl in Haushalten mit Migrationshintergrund (noch) deutlich höher liegt, gilt dies hier besonders. Auch von Arbeitslosigkeit sind Haushalte mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich betroffen – ebenso wie Alleinerziehenden-Haushalte mit Kindern. Da Arbeitslosigkeit und Armut in sehr engem Bezug zueinander stehen, sind diese Personengruppen ganz besonders von Armut betroffen.




Und: Der Durchschnitt der auf Hilfe angewiesenen armen Kinder sagt uns nur die halbe Wahrheit. Denn Kinder- (wie auch Alters-)Armut ist ganz unterschiedlich auf die Stadtteile verteilt. In Billstedt, Dulsberg, Veddel und Jenfeld liegt die Abhängigkeit bei fast 50%, in Wilhelmsburg und Rothenburgsort nur knapp darunter. Dagegen ist die Hilfequote in den Elbvororten, im Alstertal und den Walddörfern deutlich unterdurchschnittlich.




Was zu tun wäre


Alleinerziehende Eltern stehen vor der besonderen Herausforderung, die Erzielung eines ausreichenden Haushaltseinkommens und die Kinderbetreuung ohne einen Partner sicherzustellen. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass Alleinerziehende keine homogene Gruppe sind. Die Problemlagen variieren mit dem Alter und der Zahl der Kinder, dem Alter der alleinerziehenden Person, mit ihrer beruflichen Qualifikation, den regionalen Arbeitsmarktbedingungen und der lokalen Kinderbetreuungsinfrastruktur.

Neben Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen vom Menschen, die arm sind (wie z.B. kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel oder preisgünstiger Zugang zu kulturellen Angeboten), brauchen Alleinerziehende und ihre Kinder spezielle Unterstützung bei der Organisation ihres Alltags. Dazu gehört vor allem auch die Kinderbetreuung. Ein ausreichendes Angebot zur Betreuung von Kindern in unterschiedlichen Altersstufen ist eine wesentliche Voraussetzung zur zufriedenstellenden Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit für Mütter und Väter. Alleinerziehenden ermöglicht dies häufig erst eine eigene Erwerbstätigkeit, ohne die nicht selten andere staatliche Leistungen (z.B. Arbeitslosengeld II) in Anspruch genommen werden müssen.

Darüber hinaus geht es um spezifische, auf die individuellen Bedürfnisse der Alleinerziehenden zugeschnittene Angebote für die berufliche Qualifizierung wie auch der ihrer Situation Rechnung tragende Arbeitsmöglichkeiten. Dies betrifft vor allem das Angebot von Teilzeitstellen, die, wenn nicht anders möglich, in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor zur Verfügung gestellt werden müssten.

Dies besondere Betroffenheit von Alleinerziehenden und ihren Kindern von schwierigen Lebensbedingungen und Armut sind seit langem bekannt. Der rot-grüne Senat verhält sich hier wie generell gegenüber den Problemen der sozialen Spaltung in der Stadt überhaupt weitgehend ignorant. Die bisher angebotenen Hilfestellungen für Alleinerziehende reichen hinten und vorne nicht. Die Ressourcen dafür sind angesichts der immer noch relativ guten Haushaltslage durchaus vorhanden. Es fehlt der politische Wille.

Sicherlich: Länderspezifische Unterstützungsmaßnahmen sind schwierig zu realisieren und werden stets gegenüber den bundestaatlichen Maßnahmen ergänzenden Charakter behalten. Die Kritik an Rot-Grün zielt darauf, dass jede Initiative zur Armutsbekämpfung auch bei dieser unstrittigen Kerngruppierung unterbliebt.

Es gibt in den europäischen Nachbarländern Beispiele, dass dies anders geht. Vorrangig wäre zunächst die Steuergesetzgebung. Dann könnte sich die Parteien ein Beispiel an der Sozialgesetzgebung in Schweden nehmen. Wenn eine alleinerziehende Schwedin etwa 30 Stunden die Woche arbeitet, übernehmen die Sozialkassen die Sozialversicherungsbeiträge, bis zum achten Lebensjahr des Kindes. In Deutschland haben wir stattdessen eine Mischung aus zielgerichteten Leistungen Grundsicherung für Kinder. Dann muss eine Mutter nur noch für ihre eigene Existenz aufkommen. Verbände wie der Deutsche Kinderschutzbund fordern, dass alle Kinder bis zum Alter von 18 Jahren rund 500 Euro im Monat bekommen. Kinder von Eltern, die gut verdienen, bekämen entsprechend weniger.

Die Grundsicherung würde bisherige Leistungen des Staates wie Kindergeld oder Sozialgeld ersetzen. Eine Studie hat kürzlich enthüllt, dass selbst die Zahlungen der ehemaligen Lebenspartner für die Kinder der alleinerziehenden ein großes Problem sind. die Hälfte der Alleinerziehenden – zu 89 Prozent sind dies Frauen – erhält überhaupt keinen Unterhalt für ihre Kinder. Weitere 25 Prozent bekommen nur unregelmäßig Geld. Bleibt der Unterhalt aus, geht in Deutschland ein Stück weit der Staat in Vorleistung. Alleinerziehende können dann den sogenannten Unterhaltsvorschuss beantragen. Je nach Alter des Kindes bekommen sie monatlich 145 oder 190 Euro. Die Zahlung endet allerdings abrupt mit dem zwölften Lebensjahr, auch wird sie nur maximal 72 Monate gewährt. Der Bertelsmann-Studie zufolge haben allein 2014 rund 455.000 Kinder die Ersatzleistung erhalten, die von Bund und Ländern finanziert und von den Kommunen ausgezahlt wird. Mindestens so viele Unterhaltspflichtige kamen ihren Verpflichtungen also gar nicht oder nur unzureichend nach. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) sprach sich jüngst dafür aus, die Altersgrenze für den Unterhaltsvorschuss auf 14 Jahre zu erhöhen, SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte in der »Bild«-Zeitung eine Anhebung auf 16 Jahre und will außerdem säumige Väter mit Führerscheinentzug bestrafen.

Union und SPD hatten sich darauf im Koalitionsvertrag verständigt, dass ein Richter zusätzlich zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe, als »Nebenstrafe« auch bei allen anderen Vergehen ein Fahrverbot verhängen kann – etwa bei Steuerhinterziehung, Diebstahl, Körperverletzung oder unterlassenen Unterhaltszahlungen. Dass dies jetzt am Ende der Legislaturperiode umgesetzt werden soll, ist sicherlich kein Zeichen für einen ausgeprägten politischen Willen. Die Begrenzungen des Unterhaltsvorschusses gehören endlich ganz abgeschafft. Und die Situation der Alleinerzerziehenden ist steuerlich und in der Sozialversicherung deutlich zu verbessern.

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