Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

Einblicke in 20 Jahre
»Institut für Staatspolitik«
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Friedrich Engels zum 200.

Reiner Rhefus
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Lebenswertes Hamburg
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Karl Marx war fünf mal in Hamburg?

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Linke Kommunalpolitik –
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Crashkurs Kommune 12
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DenkMal Friedhof Ohlsdorf
33 Stätten der Erinnerung und Mahnung | Herausgegeben von der Willi-Bredel-Gesellschaft – Geschichtswerkstatt e.V.
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ISBN 978-3-89965-578-0

19. Januar 2018 Joachim Bischoff / Norbert Weber

Schlussakt im Privatisierungsdrama HSH Nordbank

»Das Privatisierungsverfahren der HSH Nordbank AG läuft gut«, sagt die Finanzministerin von Schleswig-Holstein, Heinold . »Der Verkauf kann gelingen.« Die Frist für nachgebesserte Kaufangebote für die frühere Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein ist abgelaufen.

Und die beiden Bundesländer haben sich in Sachen Verhandlungen festgelegt: Sie wollen  mit dem Finanzinvestor Cerberus einig  werden. Unklar ist dank der Informationspolitik der öffentlichen Eigentümer, welche Rolle der Investor J.C. Flowers spielt.  In den vergangenen Wochen war mehrfach berichtet worden, dass er ein Konsortium mit Cerberus gebildet habe. J.C. Flowers ist seit der Neuregelung zum Jahreswechsel 2015/2016 mit gut 5% an der HSH Nordbank beteiligt. Die Differenz zum vorherig höheren Anteil hat er ohne Gegenansprüche in die 94,9 % der HSH Beteiligungsmanagement GmbH eingebracht. Cerberus ist ein US-amerikanischer Finanzfonds, der  bereits Beteiligungen an mehreren anderen europäischen Banken angekauft hat.

Für die öffentlichen Eigentümer wird es zeitlich eng: Die Länder müssen bis zum 28. Februar 2018 einen Verkaufsvertrag  über mindestens 75% ihrer Anteile an der HSH Nordbank abgeschlossen haben. Angeordnet hat den Verkauf EU-Wettbewerbskommissarin Vestager im Mai 2016 nach einem mehrjährigen Beihilfeverfahren. Das EU-Wettbewerbsrecht untersagt aus Gründen der Chancengleichheit im Wettbewerb, dass Banken mit Steuer-Milliarden am Leben gehalten werden. Scheitert der Verkauf, wird die  Bank nach den europäischen Richtlinien vermögensschonend abgewickelt. Mindestbedingung ist also: Ein Letter of intent, d.h. eine schriftliche  Absichtserklärung muss zwischen den Ländern als Verkäufer und dem Erwerber formuliert und unterschrieben sein. Anschließend folgt die Phase des »Closings«, d.h. die operative Umsetzung des Eigentümerwechsels, die bis Ende des Jahres 2018 abgeschlossen sein soll. »Es handelt sich um ein komplexes Verfahren. Neben dem möglichen Kaufpreis spielen auch Kriterien der Eignung der Bieter sowie ihr Konzept für die Zukunft der Bank eine Rolle«, unterstreicht  Heinold.

Zunächst war immer von einem möglichen Kaufpreis »über alles« von etwa 200 Mio. Euro die Rede. Im verbindlichen Angebot wagte sich das Bieterduo Flowers/Cerberus aus der Deckung und soll angeblich 700 Mio. Euro geboten haben. In ihrem Bericht zum Jahresabschluss 2016 taxierten Experten der Wirtschaftsprüfergesellschaft KPMG den Unternehmenswert der Bank auf 643 Mio. Euro. Weder die Schätzung des Unternehmenswerts noch die Höhe des gebotenen Kaufpreises sind belastbare Daten, denn viele Fragen sind dabei offen.

  • Soll der Kaufpreis für die gesamte operative Bank gelten oder nur für die lukrativen Teile?
  • Was ist mit der Ländergarantie? Sie beträgt nominell 10 Mrd. Euro, gilt aber aktuell zum  Zeitpunkt 2020 als komplett verbraucht.
  • Welche Risiken und Sicherheiten bestehen bei den Krediten?
  • Werden die Länder gezwungen, weiter mit bis zu 25% an der HSH beteiligt zu bleiben oder sind die Länder »raus«?
  • Was ist mit den vielen MitarbeiterInnen der Bank? Werden die alle übernommen? Müssen die bisherigen Eigentümer und damit die Länder Teile der Belegschaft übernehmen und bezahlen, wie es bereits in der Schlussphase der WestLB in NRW exakt so passierte?

In der Öffentlichkeit ist der  Eindruck entstanden, dass ein möglicher Kaufpreis den Ländern per Saldo zu Gute kommt. Das passiert definitiv nicht, denn:  Wie hoch ein möglicher Kaufpreis auch immer ist, dieser dient  der Zahlungsfähigkeit aus der übernommenen Garantieprämienverpflichtung. Die beiden Bundesländer haben bei der HSH-Rettung 2009 neben einer Aufstockung des verbrauchten Eigenkapitals in Höhe von drei Mrd. Euro eine Zehn-Milliarden-Garantie für mögliche Verluste in der Bank ausgesprochen. Diese Verluste sind eingetreten: Die HSH hat angekündigt, dass die Länder die komplette Garantie zahlen müssen. Diesen Ausgaben stehen zwar auch Einnahmen gegenüber, denn die HSH hat über die Jahre eine Art Versicherungsgebühr für die Garantie gezahlt. Aber: Diese Gebühren wurden zum einen  reduziert, und zum anderen die Zahlung bis Eintritt von belastbaren Gewinnen gestundet. Dieser offene Posten beträgt allein 1,8 Mrd. Euro.

Von dieser Verpflichtung haben die Länder die Bank letztlich  befreit, die Prämie muss nun die ländereigene HSH Beteiligungsmanagement GmbH (kurz: HoldCo) zahlen.  Und zur Ausfinanzierung dieser Verpflichtung dient der Kaufpreis. Das bedeutet:    Der Anspruch auf die gestundeten Prämien wird von den jetzigen Eigentümern aufrechterhalten, damit ein Verkaufserlös nahezu vollständig an die Länder und nicht an andere Anteilseigner fließt. Für die  EU-Bankenaufsicht ist  freilich der entscheidende Gesichtspunkt, ob  der Käufer ein tragfähiges Geschäftsmodell für die HSH Nordbank präsentieren kann – und die Bank nicht erneut zum Stützungsfall wird.
Zum Zeitpunkt der EU-Auflagen bestand  die Bank aus einer Kernbank und einer Abbaubank mit primär faulen Schiffskrediten. Die Bankenaufsicht bewertete das Geldinstitut als nicht überlebensfähig. Folglich sprach die Kommission auch von einer »Abwicklungsbeihilfe«. Diese Abwicklungshilfe schloss ein:

  1.  Die Bank konnte die hohen Prämiengebühren nicht mehr erwirtschaften. Sie musste 2015 davon teilweise entlastet werden, um eine  vorzeitige Abwicklung zu verhindern.
  2. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Länder zusätzlich zur 10 Mrd. Euro Garantie noch rund 13 Mrd. Euro Gewährträgerhaftung aus der Hochphase der Spekulation zu tragen. Bis vor wenigen Monaten ging es darum, die Bank so aufzustellen, dass zumindest ein positiver Kaufpreis, und sei es nur einen Euro, dabei herauskommt. Das war die Bedingung der EU-Kommission für die Privatisierung.

Dass nun von einem Verkaufspreis von bis zu 700 Mioi. Euro die Rede ist, hängt mit der drastischen Reduzierung der Risiken – vor allem der Reduktion der faulen Schiffskredite – zusammen. Der Bank ist es in Kooperation mit den politischen Führungen in Hamburg und Kiel  gelungen, das Volumen der notleidenden Kredite von 2016  von ca. 15 Mrd. Euro auf schätzungsweise zehn Mrd. Euro abzubauen. Im Laufe von 2018 soll der Anteil der faulen Schiffskredite weiter durch forcierte Abbaumaßnahmen auf unter fünf Mrd. Euro bis zum Ende des Closings gedrückt werden.

Lassen wir die Bewertung der Strategien des Bankvorstandes beiseite, dann steht fest, dass die Bundesländer durch Übernahme von Schiffskrediten in Höhe von rund fünf Mrd. Euro den Löwenanteil dieses Sanierungsbeitrages übernommen haben. Also neben der Aufstockung des Eigenkapitals, den Garantien und der Stundung der Garantiegebühren haben die Länder der HSH Nordbank Milliarden-Lasten abgenommen, wofür letztendlich die Länder und damit SteuerzahlerInnen einstehen müssen:

  • Die HSH Finanzfonds AöR hat sich am Kapitalmarkt mit drei Mrd. Euro 2009 zur Rettung der HSH verschulden müssen und zum Jahreswechsel 2015/2016 nochmals 10 Mrd. Euro zusätzliche Last übertragen bekommen.
  • Die HSH Portfoliomanagement AöR musste der HSH Nordbank Schrottkredite über nominal etwa fünf Mrd. Euro zu völlig überhöhten Marktpreisen abkaufen. Im ersten Jahr lag der Verlust bereits bei mehr als 500 Mio. Euro, Ende nicht abzusehen. Eine mögliche Totalabschreibung der Assets ist noch nicht einmal das »WorstCase«- Szenario, denn die Portfolio-Management AöR hat sich einen gewaltigen Fixkostenblock aufgebaut, der sich permanent thesauriert bzw. fortschreibt.
  • Die HSH Beteiligungsmanagement GmbH (kurz: HoldCo) übernahm die 94,9% der wertlosen HSH-Aktien und fungiert nun als Verkäuferin der Bank. In ihrem Rumpfgeschäftsjahr 2016 hat die HoldCo bereits einen Verlust über 2,635 Mrd. Euro hingelegt, Ende bei weitem nicht abzusehen. Zusätzlich hat die HoldCo die Verpflichtung zur Garantieprämienzahlung übernehmen müssen, hier dürfte ein weiterer Milliardenbetrag am Ende aus Steuergeldern beglichen werden müssen.

Der Schaden, den die politischen Führungen über die langwierige Sanierung der maroden Bank  in den öffentlichen Haushalten beider Länder  angerichtet haben, ist von einmaliger Größenordnung. Die Verluste der Länder aus der kurzen Geschichte des Instituts bewegen sich seit der »Rettung« im Jahr 2009 auf  mindestens ca. 16 Mrd. bis 18 Mrd. Euro. Ein Kaufpreis in dreistelliger Millionenhöhe mindert diesen Schaden geringfügig. Legitimiert wurde dieser Einsatz von öffentlichen Finanzmitteln von den politischen Führungen immer mit dem Hinweis auf die offenen Belastungen aus den Garantie-Summen der Gewährträgerhaftung. Eine kritische Gesamtbilanzierung unter Einbezug der  jeweiligen Vermögenswerte für diese Kreditgarantien wurde stets abgelehnt.

Die nächsten Wochen und Monate

Da die Länder um nahezu jeden Preis einen Verkaufserfolg präsentieren wollen, wird es wohl  zu einem Deal  und damit zu einer anteiligen Privatisierung der HSH Nordbank kommen. Wenn der Verkauf gelingt, wäre das für die Länder der Abschluss eines äußerst verlustreichen Kapitels ihrer Wirtschafts- und Finanzgeschichte. Der Polit- Zyniker von der FDP  Wolfgang Kubicki hat recht:  »Jedes Angebot über einen Euro ist ein gutes Angebot.« Ein Verkauf an einen privaten Investor sei jetzt die beste aller Lösungen und nehme dem Land die Last ab, die Bank abwickeln zu müssen. Das wäre die Alternative, wenn der Verkauf nicht bis zum 28. Februar über die Bühne geht. Und die Belastungen würden wohl weiter steigen. Die Opposition muss also darauf achten, dass nicht weiter Verabredungen zulasten der Bundesländer erfolgen.

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