Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

Einblicke in 20 Jahre
»Institut für Staatspolitik«
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Reiner Rhefus
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Auf den Spuren des Denkers, Machers und Revolutionärs im »deutschen Manchester«
184 Seiten | in Farbe | Hardcover | zahlreiche Fotos | EUR 16.80
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Lebenswertes Hamburg
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Karl Marx war fünf mal in Hamburg?

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184 Seiten | durchgängig farbig | Festeinband | viele bislang unveröffentlichte Fotos und historische Abbildungen | EUR 19.80
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Linke Kommunalpolitik –
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Crashkurs Kommune 12
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33 Stätten der Erinnerung und Mahnung | Herausgegeben von der Willi-Bredel-Gesellschaft – Geschichtswerkstatt e.V.
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ISBN 978-3-89965-578-0

31. August 2019 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Rot-grüne Koalition im Sommerschlaf

Im Februar 2019 sind Bürgerschaftswahlen. Umfragen deuten auch in Hamburg auf eine Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse hin. Die hanseatische Sozialdemokratie befindet sich im Krisenmodus, die Grünen können zulegen. Die Fortsetzung der rot-grünen Koalition ist keineswegs sicher.

Die SPD zieht ohne Koalitionsaussage in den Bürgerschaftswahlkampf in Hamburg. Eine Offerte der Grünen blieb unerwidert. Das macht sich auch schon in der Stimmung der rot-grünen Koalition bemerkbar. »Man merkt, dass der Wahlkampf nun schon seine Schatten vorauswirft«, sagte die Grünen-Spitzenkandidatin, Fegebank. »Ich habe den Eindruck, dass es jetzt schon ein bisschen mehr darum geht, wer welchen Erfolg für sich verbuchen kann, während wir vorher stärker von Gesamterfolgen gesprochen haben.«

Vor diesem Hintergrund hat der rot-grüne Senat jetzt eine Fortschreibung des Haushalts 2019 beschlossen. Der Hintergrund: Der finanzielle Spielraum für dieses Jahr hat sich erhöht. »Hamburg wächst – dies schlägt sich nicht nur in den Steuererträgen nieder, sondern auch in den Herausforderungen, die sich für Hamburg auf seinem Wachstumspfad ergeben«, so Finanzsenator Dressel. Wohl wahr. Deshalb hätte man erwarten können, dass Rot-Grün das Einnahmeplus nutzt, bei den vielen Baustellen der Stadt (Wohnen, Bildung, Klima, Gesundheit, Öffentlicher Nahverkehr, soziale Spaltung) entschiedener gegen die bestehenden Fehlentwicklungen vorzugehen. Auch die sich abzeichnende Verschlechterung der ökonomischen Großwetterlage könnte zum Anlass genommen werden, mit der Ausweitung öffentlicher Investitionen gegenzusteuern.

Doch der Hamburger Senat ist zu einer politischen Bewertung nicht bereit und deshalb läuft die  Fortschreibung des Haushalts als bürokratische Veranstaltung.  Die zusätzlichen Haushaltmittel sollen dazu genutzt werden noch mehr Schulden zurückzuzahlen, als bisher geplant. Das wenig überzeugende Argument von Finanzsenator Dressel: »Die Altschulden, die wir mit uns herumschleppen, sind eine Last.« In einer Niedrigzinsphase wie dieser merke man das nicht so. »Aber wenn sich die Lage ändert, stehen wir mit Gepäck voller Steine da.«

Selbst die Wirtschaftsverbände haben vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen (Klima, Transformation der Wertschöpfung) keine Angst mehr vor dem »Gepäck voller Steine« und fordern angesichts der günstigen Zinssituation Kredite für öffentliche Investitionen aufzunehmen.
Zudem will Rot-Grün die Reservekassen füllen nach dem Motto: »Geld zu sparen macht derzeit zwar keinen Spaß, hat aber den Vorteil, dass es nicht für andere Dinge ausgegeben werden kann.« (Dressel) Es bleibt bei der abgestandenen Formel: » Sichere Einhaltung der Schuldenbremse, vorsichtige Veranschlagung (insbesondere der Steuererträge), Orientierung am langfristigen Steuertrend (nicht an aktuellen Einnahmen) und Vorhalten von zentralen Reserve- und Risikopositionen.«

Einnahmesituation

Gegenüber der Haushaltsplanung ergeben sich in 2019 höhere Einnahmen, weil erstens die Maisteuerschätzung gegenüber der Prognose aus dem Herbst 2018 für 2019 noch ein Plus von 250 Mio. Euro ausgewiesen hat. Auch in den Folgejahren sollen die Steuereinnahmen weiter steigen, aber die Eintrübung der Konjunktur hinterlässt hier schon deutliche Spuren. So werden die Steuereinnahmen der Jahre 2020 bis 2023 insgesamt um 900 Mio. Euro niedriger ausfallen, als im Herbst des letzten Jahres noch prognostiziert.

Einen Teil der Steuermehreinnahmen in diesem Jahr will der Senat in die Konjunkturposition überführen. Damit soll Vorsorge für »schlechte Zeiten«, in denen die veranschlagten Steuererträge unter dem langjährigen Trend liegen, getroffen werden. 2019 will man diese Position um 635 Mio. Euro statt der bisher geplanten 309 Mio. Euro aufstocken. Ende 2017 waren hier schon 2,7 Mrd. Euro »geparkt«. Bis 2022 sollen hier (in der Bilanz) 5,6 Mrd. Euro angesammelt werden.

Da aber auch der aus dem langjährigen Durchschnitt errechnete Steuertrendwert, der der Haushaltplanung zugrunde gelegt wird, aufgrund der Mehreinnahmen der letzten Jahre nach oben korrigiert wurde, ergibt sich zusätzlicher finanzieller Spielraum für Mehrausgaben. So liegt der Planwert der Steuererträge für 2019 jetzt bei 11,76 Mrd. Euro. Da sind etwa 150 Mio. Euro mehr als in der bisherigen Planung. Für 2020 ergibt sich ein zusätzlicher Spielraum von 130 Mio. Euro.

 

Zweitens wird der Ansatz für Zinsausgaben erneut um 100 Mio. Euro gesenkt. Gut 400 Mio. Euro dürfte die Stadt am Jahresende für die Bedienung ihrer Altschulden aufwenden müssen. Zum Vergleich: 2002 hatte Hamburg noch mehr als eine Mrd. Euro für Zinsen ausgegeben – und das aus einem halb so großen Etat.

Drittens sind weitere 148 Mio. Euro an zusätzlichem Spielraum entstanden, weil sich der Bund stärker an den Integrationskosten beteiligt – indirekt, indem er den Ländern einen etwas größeren Anteil am Umsatzsteueraufkommen überlässt.

Schuldenabbau und »Vorsorge«

Den gewonnenen Finanzspielraum will Rot-Grün erstens dazu nutzen, die bisher für das Haushaltsjahr 2019 geplante Nettokredittilgung in Höhe von 393,5 Mio. Euro auf 635 Mio. Euro zu erhöhen.

Zweitens soll das »Sondervermögen Finanzierung Schnellbahnausbau« aufgestockt werden. Dabei handelt es sich dabei um eine Rücklage für den geplanten Bau neuer S- und U-Bahn-Strecken, vor allem der U 5, S 4 und S 32. Nachdem 2018 erste 50 Mrd. Euro eingezahlt worden waren, kommen nun weitere 115 Mio. hinzu. Bis Mitte der 2020er Jahre wolle er 500 bis 900 Mio. Euro zu diesem Zweck zurückgelegt haben.

Drittens soll mit der Aufstockung der Allgemeinen Zentralen Reserve um 50 Mio. Euro die Handlungsfähigkeit der Stadt insbesondere auch in Bezug auf die Planungen der Großprojekte der Zukunft wie z.B. Bau der S4, U5 und S32 sichergestellt werden.

Viertens wird die Risikovorsorge für Verluste aus den städtischen Beteiligungen sowie für steigende Schüler*innenzahlen und Pensionslasten um 200 Mio. Euro erhöht.

Fünftens, das bewegt sich allerdings mehr auf der Ebene der Portokasse, will Rot-Grün auch Investitionen vor Ort in den Hamburger Quartieren weiter fördern. Hierzu soll der 2018 geschaffene investive Quartiersfonds, der sich als Förderinstrument bezirklicher Stadtteilarbeit bewährt hat, um sagenhafte sechs Mio. Euro erhöht werden, um weitere Kofinanzierungen z.B. auch im Rahmen von Bundesförderungen für örtliche Projekte bereitstellen zu können.

Unter dem Druck der Verhältnisse hat der rot-grüne Senat mit dem Doppelhaushalt 2019/2020 zwar seine bisherige Politik der Haushaltskonsolidierung (teilweise) aufgegeben und die relativ guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die damit einhergehenden Steuermehreinnahmen der letzten Jahre dazu genutzt, einige Fehlentwicklungen in der Stadt zu korrigieren. Die Korrekturen reichen aber nicht aus. Bei der Fortschreibung des Haushalts 2019 wird die Chance vertan, hier noch einmal nachzulegen.

Wir können sicher davon ausgehen, dass den Wähler*innen im Wahlkampf das ein oder andere stadtpolitische Bonbon gereicht werden wird. So sucht aktuell Bürgermeister Tschentscher mit einem kostlosen HVV-Abo für Schüler*innen die Hamburger*innen von der klimafreundlichen und sozial gerechten Politik der Sozialdemokratie zu überzeugen. Das bleibt allerdings halbherzig, weil (wiederum) vor allem die Sozialleistungsempfänger*innen außen vor bleiben, und die angekündigte Erhöhung der HVV-Preise nur gemildert, nicht unterbunden wurde.

Was bei Rot, aber auch bei Grün bisher fehlt ist, dass solche Maßnahmen eingebunden sind in ein Zukunftskonzept für ein klimafreundliches und solidarisches Hamburg, indem auch die Fixierung auf die Hafenwirtschaft zugunsten neuer zukunftsorientierter Wirtschaftscluster überwunden wird. Das wäre auch nur mit einer deutlichen Korrektur der Finanzpolitik zu haben.

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