Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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ISBN 978-3-89965-578-0

4. Mai 2020 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Hamburg: Arbeitsmarkt im Corona-Schock

Die Corona-Pandemie prägt – wie nicht anders zu erwarten – die Entwicklung des Arbeitsmarkts auch in Hamburg. Kurzarbeit ist eine Brücke mit Vorteilen für die Beschäftigten wie für die Unternehmen. Mit Kurzarbeit behalten die Beschäftigten ihr Beschäftigungsverhältnis, wenn auch mit überwiegend geringerem Einkommen.

 Die Unternehmen werden von Aufwendungen entlastet, können aber ihren Arbeitskörper zunächst konservieren. Trotz dieses Vorteils haben sich doch viele Unternehmen von ihren Beschäftigten getrennt.  Der Grund: Die Unternehmen rechnen längerfristig mit Einschränkungen im Geschäft. Größte Gefahr in Hamburg ist eine Entlassungswelle beim Flugzeugbauer Airbus.
Also: Trotz der Vorteile auch der Unternehmen mit Kurzarbeit ist die Zahl der arbeitslos gemeldeten Hamburger*innen deutlich angestiegen – im bundesweiten Vergleich sogar unverhältnismäßig stark. Die höhere Entlassung ist ein Indiz dafür, dass relativ viele Unternehmen sich keine Rückkehr zu ihrem bisherigen Geschäftsmodell erwarten. Hamburg könnte damit sowohl vor einer Insolvenzwelle als auch größeren Veränderungen der Wertschöpfungsstruktur stehen.

Kurzarbeit auf Rekordstand: 19.235 Anzeigen mit 272.900 Beschäftigten

Die Zahl der Kurzarbeiter*innen hat im April extrem zugenommen: 272.900 Beschäftigte sind der Arbeitsagentur von den Unternehmen gemeldet worden, das ist mehr als jeder vierte (26,9%) sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer*in in der Hansestadt. Allerdings dürfte die tatsächlich realisierte und abgerechnete Kurzarbeit viel geringer ausfallen, weil viele Unternehmen Kurzarbeit pauschal für alle Mitarbeiter*innen im vollen Umfang angezeigt haben, »um eine maximale Flexibilität des Personaleinsatzes in der aktuell schwierigen Auftragslage zu haben«, so die Arbeitsagentur. Wirklich abgerechnet wird sie wohl nur für Teile der Belegschaft.

Arbeitslosigkeit auf höchstem Stand seit April 2010

Trotz der massiven Zunahme der Kurzarbeit ist auch die Arbeitslosigkeit überraschend stark gestiegen. So vermeldete die Bundesagentur für Arbeit Hamburg mit 77.518 Hamburger*innen einen Höchststand an gemeldeten Arbeitslosen. Dies ist ein Anstieg innerhalb eines Monats um fast 11.000 (genau 10.985) oder 16,5%. Zum Vorjahresmonat beträgt die Steigerung fast 15.000 (14.763) oder 23,5%. Damit verzeichnet Hamburg die höchste Arbeitslosigkeit seit zehn Jahren, im April 2010 waren 79.123 Hamburger*innen arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote steigt zum März um einen Prozentpunkt auf 7,3%.

»Die Coronapandemie hat den Hamburger Arbeitsmarkt voll erfasst«, sagte der Chef der Arbeitsagentur Hamburg, Sönke Fock. Auch er sei von dem starken Anstieg der Erwerbslosenzahl überrascht gewesen. Offensichtlich hätten sich viele kleinere Betriebe aus der Kultur und Gastronomie gegen Kurzarbeit und für Entlassungen entschieden. Fock: »Gerade dort gibt es oft kaum finanzielle Rücklagen und damit keine Perspektive für einen Neustart im früheren Geschäftsumfang.«

 


Die Arbeitslosmeldungen im April erstrecken sich über alle Berufsgruppen des Arbeitsmarktes. Besonders stark legte die Arbeitslosigkeit bei Beschäftigten aus der Lagerwirtschaft, der Gastronomie, im Verkauf, bei Büro- und Sekretariatsarbeiten sowie speziell unter Köchen zu. Vor allem gut ausgebildetes Küchenpersonal war vor der Krise in den Restaurants begehrt, nun findet es wegen der Corona-Krise keine Anstellung mehr, denn die Gastronomie ist nahezu komplett geschlossen. Auch bei Ungelernten steht ein deutliches Plus der Arbeitslosen von 16,1%. Mehr als 44.000 von ihnen suchen nun eine Beschäftigung. Es zeigt sich, dass vor allem weniger Qualifizierte im Zuge der Pandemie ihren Job verlieren werden.

Wer ist von Arbeitslosigkeit besonders betroffen

Betrachten wir einzelne Gruppen des Arbeitsmarktes, dann steigt deren Betroffenheit zum Vormonat von 8,8% bei den schwerbehinderten Menschen, um 14,9% bei den Migant*innen ohne deutschen Pass an und bei den Ungelernten um 16,1 % (+6.137) auf 44.186 zum Vormonat März an. Besonders dramatisch: Bei den Jugendlichen unter 25 Jahren meldeten sich zum Vormonat 23,5% mehr arbeitslos – ein deutlich überdurchschnittlicher Anstieg. Exakt 6.605 junge Hamburger haben nun keine Arbeit. Das sind 1.256 mehr als im März. Viele junge Hamburger sind aktuell verunsichert, wo und ob sie sich überhaupt noch auf eine Lehrstelle bewerben sollen.
 


Nicht nur der Hamburger Arbeitsmarkt
wird von der Corona-Krise voll erwischt. Bundesweit ist die Zahl der Erwerbslosen nach oben geschossen. So meldete die Bundesagentur für Arbeit im April 2,644 Mio. Menschen ohne Beschäftigung – ein Zuwachs von 308.000 gegenüber März. Die Quote legte um 0,7 Punkte auf 5,8% zu. Die sonst übliche Frühjahrsbelebung fiel wegen der Pandemie aus. Zugleich stiegen die Anzeigen auf Kurzarbeit auf ein Rekordhoch. Im März und April wurden 751.000 Anzeigen für 10,1 Mio. Arbeitnehmer*innen in Deutschland registriert.

Alarmierende Entwicklung

Die Zahlen für Mai dürften nach Meinung vieler Expert*innen für Hamburg und Deutschland noch schlechter aussehen. »Die Arbeitslosigkeit in Hamburg wird in den nächsten Monaten trotz großer Bemühungen aller verantwortlichen Akteure in Politik, Wirtschaft und Verwaltung weiter ansteigen«, so Fock. Auf eine genaue Zahl mag er sich für die Hansestadt aber nicht festlegen, dafür gebe es zu viele Unwägbarkeiten.

In Deutschland rechnet die Bundesregierung bereits mit drei Mio. Erwerbslosen wegen der Pandemie. Henning Vöpel, Direktor des Hamburger Wirtschaftsforschungsinstituts HWWI, nennt diesen bundesweiten Wert »eine realistische Untergrenze«. Aktuell würde es sich bei vielen in den Statistiken Erfassten noch nicht um »echte Entlassungen« handeln. Vöpel geht eher davon aus, dass das Gros der Betriebe Zeitverträge hat auslaufen lassen. »Doch die echten Entlassungen werden zunehmen«, davon ist Vöpel überzeugt.  Hamburg sieht Vöpel wegen der vielen Jobs in der Unterhaltungsbranche, der Gastronomie und Hotellerie besonders gefährdet. »Ich halte es nicht für unrealistisch, dass wir in diesem Jahr noch mehr als 100.000 Arbeitslose in Hamburg haben werden.«

Was jetzt in Hamburg zu tun wäre

Die hohe Zahl an Kurzarbeiter*innen, aber auch der starke Anstieg der Arbeitslosigkeit sind Alarmzeichen für die Hamburger Politik. Sie weisen auf die besonderen strukturellen Schwächen der Hamburger Wirtschaft mit ihrer einseitigen Ausrichtung auf die Hafenwirtschaft und Tourismus hin. Die großen Probleme etwa bei Airbus, aber auch im Bereich der Hafenwirtschaft signalisieren hohen Handlungsbedarf. Es droht eine Insolvenzwelle bisher nicht gekannten Ausmaßes, damit der Umwandlung von Kurzarbeit in Arbeitslosigkeit, wenn Rot-Grün neben den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie nicht schon jetzt ein Programm auflegt, das über große Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und den Umbau der Hamburger Wirtschaft die gesellschaftliche Wertschöpfung der Hansestadt zu stabilisieren sucht. Das Umsteuern wird keine einfache Aufgabe: Der rot-grüne Senat erhält faktisch eine Quittung dafür, dass eine zukunftsorientierte Strukturpolitik nicht als dringliche Anforderung begriffen wurde. Sollte die Stadt infolge des sich abzeichnenden Umbaus des Flugzeugclusters Hamburg massive Einschnitte verarbeiten müssen, wird es schwer, die regionale Wertschöpfung Zukunft gerichtet weiter zu entwickeln. 


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