Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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»Institut für Staatspolitik«
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Reiner Rhefus
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Lebenswertes Hamburg
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Karl Marx war fünf mal in Hamburg?

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Linke Kommunalpolitik –
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Crashkurs Kommune 12
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33 Stätten der Erinnerung und Mahnung | Herausgegeben von der Willi-Bredel-Gesellschaft – Geschichtswerkstatt e.V.
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ISBN 978-3-89965-578-0

1. Juni 2016 Peter Stahn

Wie weiter nach den Kommunalwahlen? Frankfurter Römerbündnis aus SPD, CDU und Grünen

Im Ergebnis der Kommunalwahlen meldete Frankfurt eine historisch niedrige Wahlbeteiligung. Nur 39 Prozent der Bürger gaben ihre Stimmen ab. Das waren noch weitere rund fünf Prozentpunkte weniger als vor fünf Jahren. Die geringe Wahlbeteiligung kann als Ausdruck der Enttäuschung über die Politik der bisherigen Schwarz-Grünen Koalition gewertet werden. Die Koalition aus Schwarz-Grün fand keine Mehrheit mehr. Schwarz verlor 6,4 und Grün 10,5 Prozent der Wählerstimmen.

Die SPD ergänzt (mit ebenso vielen Sitzen wie die CDU) nach zehn Jahren Opposition die bisherige Koalition nach drei Monaten des Geschachers um Posten. Ein Zeichen für einen Neuanfang auch um der Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger ein Ende zu setzen sucht man im Koalitionsvertrag fast vergebens. Als schwerste Bürde wiegt das für die nächsten fünf Jahre von der CDU durchgesetzte Tabu einer Gewerbesteuererhöhung. Damit geht ein wichtiger Hebel zur Erhöhung  des Etats zur Finanzierung beispielsweise der Stadtentwicklung und des sozialen Wohnungsbaus sowie für Bildung und damit zur Förderung der sozialen Integration in der Stadt verloren. 


Neben CDU und SPD stimmten in den vergangenen Tagen trotz erheblicher Wahlverluste von zehn Prozent auch 76 Prozent der Grünen auf ihrer Mitgliederversammlung für den Koalitionsvertrag. Die geringe Wahlbeteiligung in Frankfurt und die besonders ins Gewicht fallende Abstrafung der Grünen durch die Wählerinnen und Wähler ist neben einer Quittung für die lähmende Politik im Römer möglicherweise auch auf das gute Gedächtnis der Grünen-Wähler zurückzuführen. Sie haben nicht vergessen, dass sich ihre Spitze bei der letzten Oberbürgermeisterwahl für den favorisierten CDU-Kandidaten Boris Rhein ausgesprochen hat. Bekanntlich hat sich der SPD-Kandidat Peter Feldmann damals überraschend gegen Rhein durchgesetzt. Dem nun inzwischen abgewirtschafteten damaligen Bürgermeister und Planungsdezernenten der Grünen, Olaf Cunitz, fiel als erste Reaktion damals nichts Besseres mit Blick auf die Römer-Koalition ein als zu meinen, er glaube, Schwarz und Grün würden »jetzt noch enger zusammenstehen« und »wir wollen uns nicht von Herrn Feldmann auseinanderdividieren lassen«.

Zu den Ursachen des Desasters der Grünen führen auch die Ergebnisse einer Untersuchung zur Wählerwanderung in Frankfurt. Danach stellen die Grünen den größten Teil der (enttäuschten) Nichtwähler aller Parteien und sie gaben die meisten Stimmen an die SPD ab, doppelt so viele wie an die AfD.

Im Ergebnis der Koalitionsverhandlungen verloren die Grünen in der Summe zwei Dezernate und die Zuständigkeit für das Integrationsdezernat sowie für Bildung, Planung und Verkehr. Sie erhielten die Dezernate Umwelt und Frauen sowie Gesundheit und Personal. Die SPD ist jetzt für Planen und Wohnen, Bildung und Integration, Kultur und Verkehr, die CDUI für Finanzen, Beteiligungen, Wirtschaft und Soziales zuständig.


Die Knackpunkte sind Wohnen und Bildung.

Jahrzehntelang - genau 27 Jahre lang - wurde die Schulpolitik verschlafen: »Der Bedarf an Investitionen und Strukturreformen ist immens, die Erwartungen der Öffentlichkeit hoch und die Zeit angesichts wachsender Schülerzahlen knapp« (FAZ v. 31.05.16).  Es fehlen nicht nur Gymnasialplätze und Schulen in Wohnortnähe, weil der Bedarf falsch berechnet wurde, da ist auch noch der Sanierungsstau. An vielen Frankfurter Schulen bröckelt der Putz, sind Toiletten nicht benutzbar, Turnhallen marode. Nach Protesten der Elisabethenschulgemeinde, deren Gebäude fast zusammenfiel, hat Schwarz-Grün schnell noch einen Aktionsplan Schulbau aufgestellt. 150 Millionen Euro sollen zusätzlich zum regulären Haushalt für Erweiterungen und Sanierungen von Schulen bis 2018 ausgegeben werden. Doch nach Ansicht der Opposition wird der Aktionsplan nicht zügig genug umgesetzt, zudem seien nicht alle Schulen durch das Programm versorgt. 

Angesichts der steigenden Kinderzahlen in Frankfurt wird auch deren Betreuung und das Thema Ganztagsschule in den nächsten fünf Jahren der Wahlperiode eine Herausforderung in der Kommunalpolitik bleiben. Die schwarz-grüne Koalition hat zwar einige Betreuungsplätze aber kaum eine Ganztagsschule mit pädagogischem Unterricht in den vergangenen Jahren geschaffen. So werden etwa 60 Prozent der Grundschulkinder inzwischen am Nachmittag betreut aber nicht unterrichtet.

Mit Eintritt der SPD in die Koalition wurden in punkto Stadtentwicklung und Wohnungsbau ein paar neue Akzente gesetzt. Der städtische Immobilienkonzern ABG soll die Mieten ihrer mehr als 51 000 Wohnungen in den kommenden fünf Jahren nur noch um maximal ein Prozent pro Jahr erhöhen dürfen. Das will die neue Koalition sicherstellen – und greift damit eine zentrale Wahlkampfforderung der SPD und des SPD-Bürgermeisters Feldmann auf. Die schwarz-grüne Koalition und ABG-Chef Frank Junker hatten vor der Wahl massiv vor einem Mietpreisstopp gewarnt und sogar rechtliche Bedenken geäußert.

Die städtische AGB und die landeseigene Nassauische Heimstätte sollen nach dem Willen der neuen Koalition künftig mindestens 40 Prozent der neu entstehenden Wohnungen im geförderten Wohnungsbau errichten und auch freifinanzierte Neubauwohnungen so kostengünstig wie möglich errichten. Vom Passivhausstandard sollen ABG und Nassauische Heimstätte allerdings nicht abrücken. Auf Ausschüttungen des Gewinns der Wohnungsgesellschaften will die Stadt verzichten. Überschüsse sollen zum Wohnungsbau und für Sanierungsmaßnahmen verwendet werden heißt es im Vertragswerk. Auch darauf hatte die SPD gedrängt.

Damit auch preisgünstiger Wohnraum entsteht, soll die Stadt nach Willen der Koalition Vorkaufsrechte nutzen und Flächen aufkaufen und diese dann statt nach Höchstpreis nach Konzept vergeben. Damit will sie auch alternative Wohnformen, Baugruppen und Genossenschaften fördern.

In neuen Bebauungsplänen und städtebaulichen Verträgen soll festgeschrieben werden, dass 30 Prozent für geförderten Wohnungsbau vorgesehen sind. Die Fördermittel für den Bau von Sozialwohnungen sollen erhöht, der Ankauf von Belegrechten soll ausgeweitet werden. Vom Land Hessen erwartet die Koalition dass es die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter einen Genehmigungsvorbehalt stellt um Mieter besser vor Spekulation zu schützen. Gemeinsam mit der Uni, Hochschulen, IHK und Handwerkskammer soll ein Pakt für preisgünstiges Wohnen für Studierende und Ausbildende entstehen. Den Hochhausrahmenplan für die Innenstadt will die Koalition so weiterentwickeln, dass mehr Wohnungen entstehen können.

Ob diese löblichen Absichten und Maßnahmen ausreichen, den erstarrten Wohnungsmarkt für Bürgerinnen und Bürger mit mittleren und geringen Einkommen sowie Studentinnen und Studenten zugänglich zu machen, ist mehr als fraglich. Gegenwärtig können sich nur noch Spitzenverdiener einen Zuzug nach oder Wohnungswechsel innerhalb von Frankfurt leisten. Das unwürdige Gerangel während der Koalitionsverhandlungen um die Erschließung von Baugebieten im Norden der Stadt und um mögliche Verdichtungen von Wohngebieten zwischen den Parteien, denen es dabei darum geht, nicht den Rückhalt in den ihnen verbliebenen jeweiligen Hochburgen zu gefährden, lässt nichts gutes für die zügige Schaffung bezahlbaren Wohnraums erwarten. So titelt sogar die FAZ am 31. Mai: »Weniger Wohnraum statt mehr. Nach der Kommunalwahl verflüchtigen sich die Flächen«.

In der Kulturpolitik soll es einen Spagat geben. Kultur für alle – das war einst ein Schlachtruf in den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, ausgelöst durch den damaligen Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann. Inzwischen haben sich die Zeiten gründlich geändert. Allein in Frankfurt leben über 80.000 Menschen an der Armutsgrenze. Viele Familien haben schon Probleme ihre Mieten zu zahlen und den täglichen Überlebenskampf zu meistern. Sie sind von der Teilhabe an Kultur definitiv ausgeschlossen. Denn die Eintrittspreise für Museen, Theater, Oper, Kino und Konzerte sind exorbitant gestiegen. Eine Initiative, Kultur für ALLE, hat einen Kulturpass für Bedürftige aufgelegt, mit dem die Teilhabe an möglichst vielen Veranstaltungen und der Besuch von Museen mit dem Ziel 1 € für den Einlass vergünstigt werden soll.

Die neue SPD-Kulturdezernentin will Hochkultur und freie Szene gleichermaßen fördern, europäische Städtepartnerschaft auf der Ebene der Kultur angesichts der wachsenden Europafeindlichkeit wiederbeleben sowie die Universität als Dialog- und Kooperationspartner einbinden. Ob damit die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an der Kultur gemeint sein kann werden wir sehen.

Die LINKE hat übrigens 2,6 Prozent hinzugewonnen und hat acht Sitze im Römer. Allerdings erhielt die AfD auf Anhieb mehr Stimmen als die LINKE und erreichte ebenfalls acht Sitze im Römer. Die LINKE könnte in dieser Lage gegenüber CDU, SPD und Grünen offensiv zeigen wie man mit Kommunalpolitik gegen die Spaltung der Stadt arbeiten könnte. Gute Ansätze dazu finden sich im Programm der LINKEN: sie will sich neben dem Bau preiswerter Wohnungen und Gesamtschulen auch für Industriearbeitsplätze und ein Investitionsprogramm einsetzen, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Infrastruktur auf Vordermann bringen, letztere sind Themen, die abgesehen von der Notsanierung der Schulen im Koalitionsvertrag so fast nicht vorkommen. Wenn es gelänge Einfluss auf die Stadtpolitik zu nehmen um so Konkurrenz und Entsolidarisierung in Frankfurt zurückzudrängen, gäbe es für Geringverdiener und Abstiegsbedrohte weniger Anlass sich den Rechtspopulisten zuzuwenden.

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