Der rechte Rand

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21. Februar 2012 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

»Schuldenbremse« oder gerechte Besteuerung

Die regierende SPD in Hamburg verfolgt einen rigiden Sparkurs, der darauf hinausläuft bis 2020 den Zuwachs bei den Ausgaben auf unter 1% zu begrenzen, um gemäß den Anforderungen der »Schuldenbremse« zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen.

Aus diesem Grund hat sich der SPD-Senat auch geweigert, die Steuermehreinnahmen in 2011 für Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit und Investitionen in die Zukunft der Stadt zu verwenden. »Wir haben dann alle Mehreinnahmen, die durch die gute Konjunktur hineinkamen, nicht wieder in Mehrausgaben umgesetzt – wie es die Vorgängersenate oft getan haben – sondern gesagt: Wir haben trotzdem kein Geld.« (Finanzsenator Tschentscher)

Dabei sind die Steuereinnehmen 2011 wegen der günstigen Konjunktur außerordentlich gestiegen (+ 623 Mio. gegenüber 2010) und haben selbst die positiven Schätzungen aus dem November 2011 übertroffen. Gegenüber der Ursprungsplanung noch des schwarz-grünen Senats addieren sie sich auf über eine Mrd. Euro (gegenüber der Mai-Steuerschätzung auf ca. 380 Mio. Euro). Durch diese Mehreinnahmen und eine klammheimliche Sparpolitik, die auch vor dem Zusammenstreichen öffentlicher Investitionen nicht halt gemacht hat, konnte das ursprünglich eingeplante Defizit von 1,6 Mrd. Euro auf Mio. 431 Mio. Euro gedrückt werden. Zum Ausgleich wurden für 269 Mio. Euro neue Kredite aufgenommen und 162 Mio. aus Grundstöcken und Rücklagen entnommen.

Haushalt 2011: Plan (März) und Ist (Dezember)


Die Bilanz des Jahres 2011 fällt noch besser aus, wenn man bedenkt, dass Hamburg auch über 400 Mio. Euro Schulden getilgt hat.

In seinem »Jahresbericht 2012« begrüßt der Landesrechnungshof den eingeschlagenen Konsolidierungskurs. Es sei einiges mit gutem Willen auf den Weg gebracht worden. »Insbesondere sind die Wegweiser richtig aufgestellt: Haushaltsausgleich spätestens 2020, Konjunkturbereinigung von Einnahmen, jährliche Steigerungsraten unter 1%.« Allerdings geht dem Rechnungshof der eingeschlagene Kurs noch nicht weit genug: »Die Umsetzung aber lässt noch zu wünschen übrig (...) Wesentliche, von Hamburg gestaltbare Aufgabenfelder, werden zu Schonbereichen erklärt. Wo wirklich gespart werden soll, bleibt offen. Ein Konsolidierungserfolg ist nur bei – bisher fehlenden – aufgabenkritischen Eingriffen in die überproportional steigenden Ausgaben für Personal und gesetzliche Leistungen realistisch.« Im Kern läuft das auf eine sehr viel rigideren Personalabbau im öffentlichen Dienst hinaus, als ihn der SPD-Senat mit 250 Stellen pro Jahr eh schon plant. Der Rechnungshof argumentiert in Richtung FDP und CDU und fordert einen weiteren Stellenverzicht von 700 pro Jahr.

Nun steht diese Forderung nach einer rigorosen Sanierung des Hamburger Haushalts zulasten der Beschäftigten, eines vernünftigen Angebots öffentlicher Dienstleistungen und der benachteiligten BürgerInnen der Stadt in einem merkwürdigen Kontrast zu der Feststellungen des Rechnungshofs über die marode städtische Infrastruktur. »Nicht nur bei Schulen, Hochschulen, Theatern und Parks, auch bei anderen Gebäuden der Stadt – von Musen über Vollzugsanstalten bis hin zu Brücken und Tunneln – wurde und wird zu wenig für Erhaltung und Modernisierung getan. Die von uns ermittelten bzw. geschätzten Zahlen sind dramatisch: Die langjährige, gegen Nachhaltigkeit verstoßende Vernachlässigung, hat allein im Hochbau und im Tiefbau zu 4,7 Mrd. Euro aufgestauten Sanierungsbedarfen geführt. Die Stadt hat offenbar die alte Mahnung Herbert Weichmanns vergessen, dass die Investitionsausgaben der Gegenwart die Betriebskosten der Zukunft sind. Die Folgen für den Betriebshaushalt sind dramatisch: Allein für die Unterhaltung ihrer Bauten muss die Stadt jährlich über 300 Mio. Euro zusätzlich und dauerhaft aufbringen.«

Für diese Konstellation von Überschuldung, Haushaltskonsolidierung und notwendigen Zukunftsinvestitionen haben der Rechnungshof wie auch der SPD-Senat keine Idee. Das Primat der Ausgabenkürzungen treibt die Stadt vielmehr immer tiefer in die Schuldenfalle. Aus diesem Teufelskreis kommt man nur heraus, wenn man die »Schuldenbremse« nicht einseitig im Sinne von Verminderung öffentlicher Aufgaben und Ausgabenkürzungen auslegt.

Die Logik, solide öffentliche Finanzen durch Ausgabenkürzungen erreichen zu wollen, basiert vor allem auf der stillschweigenden Akzeptanz der geschwächten Einnahmebasis des Staates. Denn durch die rigorosen Steuersenkungen zugunsten der Unternehmen und Vermögensbesitzer in den letzten 20 Jahren wurde diese Einnahmebasis systematisch ausgehöhlt. Dies zeigt auch die Entwicklung der Steuerquote, d.h. des Verhältnisses von Steuereinnahmen zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Sie ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gesunken und lag 2010 bei 21,2% und damit – trotz deutlicher Anhebung der Umsatzsteuer in 2007 – deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 22,8%. Ihren bisher niedrigsten Wert erreichte sie 2004, als die rot-grünen Steuersenkungsorgie ihren volle Wirkung entfaltete.

Steuerquote 1975-2011


Die Krise der Staatsfinanzen ist deshalb nicht in erster Linie eine Ausgaben-, sondern ein Einnahmeproblem. Nur mit einer deutlichen Verbesserung der Einnahmen lässt sich ein qualitativ hochwertiger öffentlicher Dienst und eine den Anforderungen der Zukunft entsprechende staatliche Infrastruktur sicherstellen.

Diese Entwicklung der Einnahmebasis des Staates spiegelt sich selbstverständlich auch in den Hamburg verbleibenden Steuereinnahmen wieder. Wenn der SPD-Senat seine Trendlinien der Steuereinnahmen zur Begründung für das in der Zukunft im Durchschnitt zu erwartende Steueraufkommen heranzieht, ist dies nicht vorraussetzungslos. Vielmehr hängt der Trend in Vergangenheit wie in der Zukunft entscheidend mit ab von den steuerpolitischen Rahmenbedingungen. Hätte sich etwa die frühere rot-grüne Bundesregierung zur Wiedereinführung Vermögenssteuer durchgerungen, sähe die »Trendlinie« ganz anders aus. Zuletzt ist die Vermögenssteuer 1996 aufgebracht worden und hat Hamburg jährlich rund 225 Mio. Euro Einnahmen (nach Länderfinanzausgleich) erbracht.

Steuern: Konjunkturelle Schwankungen und langfristiger Trend


Als eine Folge dieser politisch herbeigeführten Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte »sind die Investitionen der öffentlichen Hand drastisch zurückgegangen, Verschuldung und Schuldzinszahlungen von Bund, Ländern und Gemeinden haben ein bedrohliches Ausmaß erreicht.« (Jarass/Obermair)

Der Versuch, dieses Dilemma der öffentlichen Finanzen durch eine strikte Begrenzung der Ausgaben lösen zu wollen, produziert in der Folge immer neue Anpassungsprozesse. Denn der Abbau von Beschäftigung, öffentlichen Dienstleistungen und Investitionen beschädigt nicht nur das öffentlichen Vermögen und die Versorgung der Bevölkerung, sondern schwächt auch die regionalen Wirtschaftskreisläufe durch Beschränkung der öffentlichen und privaten Nachfrage. In der Folge sinken die Steuereinnahmen, was zu weiteren Konsolidierungsmaßnahmen zwingt.

Hamburg hat also – wie im Übrigen auch alle anderen Kommunen und Stadtstaaten – ein massives Einnahmeproblem und gleicht dieses aus durch die strukturelle Unterfinanzierung bei Infrastruktur, Wissenschaft und Bildung sowie dem Personal. Wegen der stark eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten eines Bundeslandes bei der Gestaltung der Landes- und Kommunalsteuern sind die wesentlichen länderspezifischen Handlungsparameter erstens eine effektive Ausgestaltung des Steuervollzugs, und zweitens Initiativen zu einer umfassenderen Reformpolitik bei den Steuern auf Bundesebene.

Will man aus dem Teufelskreis der Spar- und Austeritätspolitik ausbrechen, bedarf es vor allem einer Verbesserung der Einnahmen der öffentlichen Haushalte. So hat der DGB hat im Juli 2011 die zentralen Forderungen zur Steuerpolitik programmatisch beschrieben: »Statt Steuersenkungen braucht Deutschland Steuergerechtigkeit: Vermögende, Unternehmen, Erben und hohe Einkommen müssen wieder stärker zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden.«

Praktisch bedeutet dies erstens Steuervermeidung und Steuerflucht zu bekämpfen[1]. Zur Bewältigung dieser Aufgaben müssen die Steuervollzugsorgane auch personell entsprechend ausgestattet werden. Welches Potential durch eine deutliche personelle Aufstockung der SteuerprüferInnen erschlossen werden könnte, machen die Steuermehreinnahmen, die durch den Ankauf von CDs mit den Daten von deutschen SteuerbetrügerInnen erreicht werden konnten, deutlich.

Der Ankauf einer Steuer-CD aus der Schweiz im Februar 2010 war nach Informationen der »Welt« für die Finanzministerien äußerst lukrativ. Allein in Hamburg hat sich die Zahl von 189 Selbstanzeigen im Jahr 2009 auf 764 im Jahr 2010 nahezu vervierfacht. Üblich seien in Hamburg sonst etwa 100 bis 150 Selbstanzeigen pro Jahr. Auf der CD hätten sich nur Daten von 18 Hamburger Steuerzahlern gefunden, von denen wiederum 6 Fälle bereits verjährt gewesen seien. Die Berichte über die CD hätten jedoch eine Welle von Selbstanzeigen anderer Steuersünder losgetreten. Das Geld, das die bisherigen Hamburger Selbstanzeiger nicht versteuert hatten, summierte sich nach Auskunft der Finanzbehörde auf 308,9 Mio. Euro. Rechnet man nun grob mit einem Steuersatz von 30 Prozent und einem Drittel dieser Steuern, die in Hamburg verbleiben, sind das knapp 30 Mio. Euro, die Hamburg in den vergangenen eineinhalb Jahren durch die gekauften Daten eingenommen hat.

Nach dem Ankauf einer weiteren CD in 2011 mit Kontodaten aus Luxemburg droht nun weiteren rund 170 HamburgerInnen ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung. Ihre Namen befinden sich unter den mehr als 3.000 Datensätzen mutmaßlicher SteuerbetrügerInnen, die das Land Nordrhein-Westfalen gekauft hat. Durch die neuen Daten aus Luxemburg wird die Zahl der Selbstanzeigen weiter steigen – ebenso wie die aus den Selbstanzeigen resultierenden Steuermehreinnahmen.

Trotz dieses offen zutage liegenden großen Umfangs an Steuerhinterziehung verweigert der SPD-Senat eine deutliche Aufstockung des Personals der Steuerverwaltung mit dem Hinweis, der Hamburger Steuervollzug sei effektiv genug.

Schaut man sich die Entwicklung des Steuervollzugs in Hamburg in den letzten Jahren allerdings an, kommt man zu dem Ergebnis, dass der schonungsvolle steuerpolitische Umgang mit Unternehmen und Vermögenden sogar noch ausgeweitet wurde – die Steuerpraxis in Hamburg also keineswegs auf eine gerechte Besteuerung ausgelegt ist. So moniert der Landesrechnungshof: »Die in den Verwaltungsgliederungsplänen der Finanzämter ausgewiesenen Prüferstellen, die das Ergebnis der jeweils letzten Personalbedarfsberechnung widerspiegeln, werden seit mehreren Jahren durchschnittlich zu mehr als 16% nicht für die Betriebsprüfung, sondern im Innendienst der Finanzämter genutzt. Nach der letzten Personalbedarfsberechnung 2008 wurden 690 Stellen der Betriebsprüfung zugeordnet. Tatsächlich wurden jedoch nur 578 Stellen mit Betriebsprüfern besetzt.« Mehr

Die gewachsene »Effektivität« des Steuervollzugs besteht also erstens darin, dass Personal bei den Betriebsprüfungen abgezogen wird, um den unterbesetzen Veranschlagungsbereich der Finanzämter zu stärken. Zur gewachsenen »Effektivität« gehört zweitens, dass seit 2008 das Personal bei der Steuerfahndung abgebaut worden ist. Bei dieser Neufestsetzung setzte sich die Finanzbehörde über die länderübergreifend abgestimmten Berechnungsmethode für den Bedarf an Fahndungsprüfern hinweg. Sie war »der Auffassung war, dass das reguläre Ergebnis von 96 Fahndungsprüfern angesichts der hohen Bruttowertschöpfung pro Einwohner in Hamburg nicht sachgerecht sei.« Deshalb »kürzte sie den Bedarf um 15%, sodass rechnerisch nur noch 81 Fahndungsprüfer benötigt wurden. Der Abschlag hat sich wegen entsprechender Berechnungsvorgaben auch auf die Zahl der Sachbearbeiter in der Bußgeld- und Strafsachenstelle sowie auf die Zahl der sonstigen Mitarbeiter ausgewirkt.«

Für diese willkürliche und skandalöse Festlegung auf einen noch schonungsvolleren Umgang mit Hamburgs SteuerhinterzieherInnen hat auch der Rechnungshof wenig Verständnis: »Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Finanzbehörde – Steuerverwaltung – von der länderübergreifend abgestimmten Berechnungsmethode abgewichen ist, ohne die angebliche Gefahr einer überdimensionierten Steuerfahndungsstelle anhand konkreter Fakten belegen zu können. Abgesehen davon, dass die Berücksichtigung der Bremer Werte als Hilfsrechengröße in der Akte nicht dokumentiert ist, erschließt sich nicht, warum diese für Hamburg aussagekräftig sein und zum richtigen Ergebnis führen sollten.«

Gerade im Bereich des Steuervollzugs und der Steuerfahndung besteht also dingender Handlungsbedarf, um erstens die Einnahmen der Stadt zu verbessern und zweitens Steuergerechtigkeit herzustellen, die die skandalöse Bevorzugung von Unternehmen und Vermögensbesitzer durch einen schonungsvolle Prüfungspraxis beendet. Aber Finanzsenator Tschentscher zeigt wenig Neigung hier initiativ zu werden und zieht es stattdessen vor über die langen Gesichter bei den BürgerInnen wegen schlechter und gekürzter Leistungen zu philosophieren.

Weitere Stellschrauben auf der Einnahmenseite sind: die Erhöhung der Einkommenssteuer für Besserverdienende, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Erhebung des Grundsteuer auf Basis von Verkehrswerten wie auch die Einführung einer Gemeindewirtschaftssteuer. Eine maßvolle Besteuerung der erzielbaren Erträge von korrekt zu Marktpreisen bewerteten Vermögen wurde vom Bundesverfassungsgericht bereits 1995 ausdrücklich für zulässig erklärt, doch bis heute nicht durch entsprechende Gesetzgebung in Kraft gesetzt. Die Grundsteuererhebung erfolgt weiterhin auf der Grundlage der zuletzt 1964 bestimmten Einheitswerte. Im klaren Widerspruch zur grundsätzlich geltenden Rechtslage hat der Gesetzgeber (ähnlich wie bei der Vermögensteuer) geltendes Recht außer Kraft gesetzt und eine Aktualisierung der Einheitswerte seit 1964 verhindert.

Die Einnahmen der Länder werden zu mehr als 70 v.H. durch die Anteile an den Gemeinschaftssteuern geprägt, deren Höhe in Deutschland einheitlich geregelt ist. Zudem wird die Einnahmesituation zwischen den Ländern durch den Länderfinanzausgleich weitgehend ausgeglichen. Die Länder besitzen daher weder die Regelungskompetenz über die wichtigsten Steuersätze, noch können sie in hohem Ausmaß Einfluss auf die Höhe ihrer Einnahmen nehmen.

Allein durch die Einführung einer Vermögensteuer auf alle größeren Vermögen, und zwar auf deren Verkehrswerte, und die Einführung einer Bundesimmobiliensteuer als Teil einer allgemeinen Vermögensteuer könnte ein wichtiger Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte geleistet werden. Für Hamburg würde allein die Wiedereinführung der Vermögenssteuer zu jährlichen Mehreinnahmen von, je nach Ausgestaltung, 1-2 Mrd. Euro führen.

Auch hinsichtlich dieser anderen möglichen Heilmittel zur Verbesserung der Haushaltslage wie etwa Bundesratsinitiativen zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer (Volumen 1-2 Mrd. Euro jährlich) oder der Erhöhung der Einkommenssteuer für Besserverdienende verhält sich Hamburgs SPD-Regierung passiv. Ganz anders, wenn ums »Sparen« und die Einhaltung der »Schuldenbremse« geht. Die Lehren der Geschichte werden einfach in den Wind geschlagen und mit großem Eifer auf die segensreichen Wirkungen eines Aderlasses gesetzt. »Früher glaubten Ärzte, ein Aderlass könne teuflische Körpersäfte beseitigen. Tatsächlich wurde der Patient schwächer und der Tod wahrscheinlicher. Heute glauben Mediziner nicht mehr, dass der Aderlass Kranke heilt. Unglücklicherweise aber viele Wirtschaftspolitiker. Der ökonomische Aderlass verursacht nicht nur große Schmerzen; er dörrt unser langfristiges Wachstum aus.« (Paul Krugmann)

Aus der Krise kann man sich – das eben zeigt die Geschichte – nicht heraussparen. Gefordert ist ein Mix aus öffentlichen Investitionen in die unterfinanzierten Bereiche, verantwortungsvoller Konsolidierung und Verbesserung der Einnahmen. Übergangsweise muss dafür auch der öffentliche Kredit weiter in Anspruch genommen werden.

[1] Der Handlungsbedarf ist in Hamburg  eindeutig: So ist die Zahl der jährlich geprüften Großunternehmen in den letzten Jahren zurückgegangen. Auch die hohe Zahl der Selbstanzeigen wegen Steuerbetrugs macht eines deutlich: einen unzureichenden Steuervollzug, der letztlich die Gleichheit der BürgerInnen vor dem Gesetz untergräbt.

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