Der rechte Rand

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29. November 2012 Joachim Bischoff/Bernhard Müller

Krise der maritimen Wirtschaft und die massiven Probleme der Hansestadt Hamburg

Henry M. Trotter /en.wikipedia

Weil sich die Krise der Schifffahrtsbranche verschärft, braucht die HSH Nordbank schon im kommenden Jahr neue Finanzspritzen von den Anteilseignern, Schleswig-Holstein und Hamburg. Auch andere große Unternehmen wie Hapag-Lloyd und HHLA stecken in der Krisenspirale. Zurzeit sind in Deutschland 130 Schiffe in der Insolvenz, Banken stehen vor hohen Abschreibungen. Die HSH Nordbank hat insgesamt über 30 Mrd. Euro in der Schiffsfinanzierung. Es drohen Abschreibungen in der Größenordnung von etlichen Mrd. Euro.

Seit Jahren steckt die Schifffahrt in einer schweren wirtschaftlichen Krise. Die Transportpreise für Container (Frachtraten) und die Mietpreise für Handelsschiffe (Charterraten) sind niedrig. Befeuert von Anlegergeldern in Milliardenhöhe und günstigen Krediten hatten die Reeder bis 2008 zu viele Frachter bestellt, nun gibt es mehr, als gebraucht werden. Vor wenigen Monaten sah es noch so aus, als könnte das kommende Jahr eine Erholung bringen. Die Raten stiegen leicht. Doch inzwischen ist die Zuversicht dahin. Den Fondsgesellschaften, die Schiffe mit dem Geld ihrer Anleger und mit Krediten finanziert haben, droht eine Insolvenzwelle.

Wegen der Schuldenkrise und der Rezession in Europa geht die Nachfrage auf der wichtigen Asienroute stark zurück. Dadurch steigt das Überangebot an Transportkapazität weiter. In der Folge sinken die Mieten, welche die Charterreeder für ihre – vielfach von Anlegern finanzierten – Schiffe erzielen können. In diesem Umfeld glaubt kaum noch jemand, dass sich die Situation schon im kommenden Jahr verbessert.

Die Schifffahrtsindustrie finanziert sich in der Regel über geschlossene Fonds. Ihnen fehlen nun zunehmend die nötigen Einnahmen, um Zinsen zu zahlen, Kredite zu tilgen und die von Anlegern geforderte Rendite zu erwirtschaften. Hunderte von Einschiffsgesellschaften (Schiffsfonds), die das Geld von Hunderttausenden Anlegern verwalten, kämpfen ums Überleben. Vor allem die kleineren Schiffe mit Stellplätzen für weniger als 3.000 Standardcontainer (TEU) fahren oft nicht genug ein, um die Betriebskosten zu decken und den Zins- und Tilgungsdienst zu leisten. Nach Daten der Deutschen Fondsresearch sind bisher 113 Fondsschiffe in die Insolvenz gefahren. Einige Fachleute schätzen, dass es insgesamt mehr als 130 sind. Und dabei wird es nicht bleiben.

Ein Aufschwung im Welthandel, der das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Stellplätzen auf Schiffen schneller wieder herstellen könnte, ist nicht in Sicht. Selbst wenn die Ladungsmenge, wie von einigen Reedern avisiert, im kommenden Jahr um 4% wachsen würde, bliebe die Überkapazität bestehen. Denn in der gleichen Zeit kommen Schiffe mit einem Stauraum von knapp 10% der fahrenden Flotte neu auf den Markt. Selbst die steigende Zahl an Verschrottungen kann das nicht aufwiegen. Der Vorstandsvorsitzende von Deutschlands größter Linienreederei Hapag-Lloyd, Michael Behrendt, rechnet damit, dass es noch zwei bis drei Jahre dauern wird, bis die Überkapazitäten verschwinden.

Logischerweis stellt diese sich zuspitzende Krise der maritimen Wirtschaft auch für Hamburg eine große Herausforderung dar. Dies betrifft insbesondere die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und die Reederei Hapag-Lloyd, denn die Stadt ist mit zwei Dritteln an der HHLA und mit rund 37% an Hapag-Lloyd beteiligt.

Bei der HHLA macht sich der wirtschaftliche Abschwung schon deutlich bemerkbar. So stagnierte im dritten Quartal der Umschlag des Unternehmens auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums bei 1,9 Mio. Containern (TEU). Der Umsatz sank von 316 Mio. auf 281 Mio. Euro, der Gewinn vor Steuern von 63 Mio. auf 41 Mio. Euro.

Das dritte Quartal gilt in der Branche europaweit als das wichtigste des Jahres. Zwischen Juli und September wird der größte Teil der Weihnachtsimporte abgewickelt. Doch die fielen in diesem Jahr enttäuschend aus. »Das wirtschaftliche Umfeld der HHLA hat sich im dritten Quartal weiter eingetrübt«, sagte Konzernchef Klaus-Dieter Peters. »Die Abschwächung der Weltkonjunktur, die Schifffahrtskrise und der Aufbau von Terminal-Überkapazitäten in Nordeuropa belasten unsere Mengen- und Erlösentwicklung.« Für das Gesamtjahr rechnet das Unternehmen mit einem Gewinnrückgang. Ein Gewinnrückgang aber schlägt sich letztlich in rückläufigen Beteiligungserträgen nieder, die die Stadt über ihre Vermögensholding vereinnahmt.

Noch schwieriger für die Stadt aber ist ein weiterer Fall: Die Reederei Hapag-Lloyd wurde im Frühjahr 2012 erneut von der Freien und Hansestadt Hamburg vor großen wirtschaftlichen Unsicherheiten gerettet. Hapag-Lloyd ist eines der traditionsreichsten Unternehmen und größeren Arbeitgeber am Standort Hamburg. Die Stadt hat sich in den letzten Jahren auch finanziell engagiert, um die Reederei und die damit verbundenen Arbeitsplätze für die Region zu sichern. Unternehmensrechtlich gehörte die Reederei Hapag-Lloyd zum Touristikonzern TUI. 2008 wollte die TUI Muttergesellschaft das Containergeschäft aus Hapag-Lloyd herauslösen, um sich auf ihr Kerngeschäft Touristik zu konzentrieren.

Im Wege einer Kapitalerhöhung erhöhte Hamburg seinen Anteil an der Reederei für einen Kaufpreis von 420 Mio. Euro auf nunmehr 39,3 %. Somit ist die Freie und Hansestadt Hamburg größter Einzelaktionär der Hapag-Lloyd AG. Insgesamt ist die Stadt mit 1,1 Mrd. Euro an der Reederei beteiligt.

Die Hansestadt wollte das wichtige Unternehmen nicht an einen ausländischen Investor oder Fonds verlieren und zudem sahen die wirtschaftlichen Perspektiven verlockend aus. Die letzten Jahre boomte der Markt, die Euphorie war grenzenlos bis zur globalwirtschaftlichen Rezession 2009. Bis dahin wuchs der Markt, die Frachtraten waren stabil und die Aussicht hervorragend. Es konnte gar nicht genug neue Schiffe geben. Um an das notwendige Investitionskapital zu kommen, wuchs eine ganze Branche heran und verdiente prächtig. Hierzu gehörten Banken, Finanzmakler und viele kreative Köpfe, die es immer wieder schafften, über geschlossene Fondskonstruktionen gut verdienende Privatpersonen zu motivieren, in diese Fonds zu investieren.

Die Stadt handelte als Investor zur Sicherung von Wirtschaftspotenzial und Arbeitsplätzen. Ob das eingesetzte Kapital ohne Wertberichtigungen zurückfließen wird, ist unsicher. Da diese »Vermögenspolitik« selbst über Kredite erfolgt, sind die Neuverschuldung und die aus dem Haushalt zu tragende Zinslast von ca. 50 Mio. Euro jährlich in den Zeiten der »Schuldenbremse« begründungsbedürftig. Das bisherige Hapag-Engagement der Stadt weist 81,6 Mio. Euro Finanzierungskosten aus, aber nur 23,5 Mio. Euro Einnahmen. Die Vermögensholding der Hansestadt hatte ab 2013 mit einem jährlichen Beteiligungsertrag von 35 Mio. Euro gerechnet; der Ausfall der Erträge wird die öffentlichen Finanzen belasten.

Im III. Quartal hat sich Hapag-Lloyd trotz abflauender Konjunktur etwas Luft verschafft und bei Umsatz und Ergebnis zugelegt. Hintergrund dafür sind vor allem die um 8% auf 1.647 Dollar (1.300 Euro) gestiegenen Frachtraten je TEU - der Preis, der für den Transport der Boxen gezahlt wird. Der Umsatz stieg um 15% auf 1,8 Mrd. Euro. Doch das Transportvolumen ging im Herbstquartal von 1,34 Mio. auf 1,28 Mio. TEU zurück.

Zwischen Juli und September lag der operative Gewinn bei 86,6 Mio. Euro. Im ersten Halbjahr war noch ein Verlust von 68,7 Mio. Euro angefallen. Allerdings hätte das dritte Quartal eigentlich besser laufen sollen. »Doch die Hauptsaison für die Transporte ist in diesem Jahr ausgefallen, und es ist uns nicht gelungen, den Aufwärtstrend bei den Frachtraten überall fortzusetzen«, sagte Hapag-Lloyd-Chef Michael Behrendt. Vor allem die Importe nach Italien, Spanien und Frankreich aus Asien und den USA gingen zurück. Dazu stiegen allein die Kosten für den Brennstoff der Frachter in den ersten neun Monaten im Jahresvergleich um 750 Mio. Euro.

Unter dem Strich musste die fünftgrößte Reederei der Welt einen Nettoverlust von 94,1 Mio. Euro ausweisen. Hintergrund sind Abschreibungen und hohe Zinszahlungen für Schulden. Und für das vierte Quartal erwartet das Unternehmen nichts Gutes. Denn es stehe ganz im Zeichen der sich verschärfenden Schuldenkrise im Euroraum. Händler und produzierendes Gewerbe füllten ihre Läger wegen knapper Liquidität und des nachlassenden Konsums nicht auf, sondern bauten Bestände ab, erläuterte Behrendt. Dadurch nehme die Transportleistung in diesen Märkten ab. Gleichwohl geht Vorstandschef Behrendt noch von einem insgesamt positiven operativen Ergebnis aus. Unter dem Strich dürfte es aber nicht für schwarze Zahlen reichen.

Schon in diesem Jahr wird diese Krise der maritimen Wirtschaft den Hamburger Haushalt belasten. Dafür sorgen allein schon der Gewinnrückgang bei der HLA und der Ausfall der Dividende bei Hapag Lloyd, den der Senat in einer sehr gewundenen Erklärung inzwischen selbst einräumen musste. »Die zuständige Behörde geht auf Grundlage des Prognoseberichts von Hapag Lloyd (HL) zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr davon aus, dass sich im saisonal in der Regel schwächeren 4. Quartal noch Entwicklungen ergeben, die zu einem positiven Konzernergebnis für 2012 führen werden. Daher werden sich die Finanzierungskosten der HGV wahrscheinlich wegen mangels Dividende für 2012 kurzfristig nicht ausgleichen lassen.«

In Hamburg reicht es immer nur zum ersten Schritt. Der für die Sicherung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen an sich richtige Ausbau des öffentlichen Anteils an der maritimen Wirtschaft (sprich die Erweiterung des Engagements bei Hapag Lloyd) wurde erstens nicht begleitet von einer offenen Debatte über die Risiken, die man damit eingeht (stattdessen Schönfärberei), und zweitens nicht ergänzt mit einer zukunftsträchtigen Strukturpolitik, die die starke Abhängigkeit der Stadt von der Hafenwirtschaft tendenziell verringert. Immer deutlicher fällt ins Gewicht, dass Hamburg Basisstrukturen wie Hafen, Industrie, Dienstleistungen, Infrastruktur, Wohnungen und Verkehr allein den Marktkräften überlässt. Diese Schwäche erlaubt es auch der Opposition von CDU, FDP und Grünen dem Senat im Zusammenhang mit der Aufstockung des Hapag Lloyd Anteils »Roulette mit Staatsgeld« vorzuwerfen.[1]

Für Finanzsenator Tschentscher sind die Schwächesymptome in der Wirtschaft kein Problem. Er hält es »aus heutiger Sicht« zwar auch für »eher unwahrscheinlich«, dass die Stadt die erwartete Dividende von 35 Mio. Euro von Hapag-Lloyd für das Geschäftsjahr 2012 bekommen wird. Dennoch fürchte er keine negativen Auswirkungen auf den Haushalt. »Das wird nach heutiger Einschätzung nicht dazu führen, dass wir den Verlustausgleich für unsere Konzernholding HGV erhöhen müssen.« Diese Eleganz der Problemvertagung wird nur noch bis zum Jahresende Bestand haben. In der Gesamtabrechnung für 2012 werden trotz Rotstiftpolitik massive Deckungslücken sichtbar werden.

Wie schon so oft, übt sich der Finanzsenator hier – wie seine Vorgänger Peiner und Freitag – in der hohen Kunst des Spurenverwischens. Die rezessive Entwicklung und die Überkapazitäten im internationalen Containergeschäft werden die maritime Wirtschaft weiter erschüttern – mit den entsprechenden Folgen für Arbeitsmarkt und Haushalt der Hansestadt. Es wäre deshalb endlich an der Zeit über einen Plan B nachzudenken und umzusetzen, der die Bedeutung der maritimen Wirtschaft für Hamburg relativiert. Mit dem Einstieg bei Hapag Lloyd hat die Stadt zwar einen ersten wichtigen Schritt zur Steuerung der Hafenwirtschaft getan, ohne allerdings die dadurch gewonnene Möglichkeit, direkt auf die Geschäftspolitik der Reederei Einfluss zu nehmen, auch zu nutzen.

Jetzt müsste Hamburg allerdings zwei Schritte weitergehen und die Möglichkeiten des starken Pfunds öffentlicher und genossenschaftlicher Unternehmen nutzen, um einen Umbau der Hamburger Wirtschaft auf den Weg zu bringen. Das würde zwar Geld kosten, das damit aber besser angelegt wäre als bei der Verschleuderung von Steuergeldern, um ein Pleitebank am Leben zu halten oder aber Leuchtturmprojekte wie die Elbphilharmonie zu Ende zu bringen.



[1] Besonders absurd ist allerdings die Kritik von Mitgliedern der Linkspartei, die die Zustimmung der Bürgerschaftsfraktion der LINKEN zum Hapag-Engagement infrage stellen: Das sei »neoliberale Standortpolitik« und habe mit »demokratischer Vergesellschaftung« nichts zu tun. Um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, die Lohnabhängigen vor den Kopf zu stoßen, wird noch nachgeschoben: »Und ob die Beteiligung an der HLAG für die Beschäftigten etwas bringt, ist zumindest fraglich.« Fraglich scheint uns dagegen, ob die Partei mit dieser Art »Oppositions-« resp. »Antisystem«-Politik politische Glaubwürdigkeit zurückgewinnen kann. Es geht nicht darum sich den »Kopf des Kapitals« oder auch »des SPD-Senats« zu zerbrechen, sondern ausgehend von den realen Strukturen, zu denen die Hafenwirtschaft gehört, glaubwürdige Alternativen für die Zukunft der Stadt zu entwickeln.

Lübecker Nachrichten vom 25.11. 2012:

Schifffahrts-Krise: Experten warnen Land vor Milliarden-Risiko

Weil sich die Krise der Schifffahrtsbranche verschärft, braucht die HSH Nordbank schon im kommenden Jahr neue Finanzspritzen von den Anteilseignern, Schleswig-Holstein und Hamburg: Das sagt der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Prof. Rudolf Hickel voraus. Er spricht von einer "Katastrophe für die Schiffbaufinanzierung". Zurzeit seien in Deutschland 130 Schiffe in der Insolvenz, Banken stünden vor hohen Abschreibungen. Die HSH Nordbank habe noch knapp 30 Milliarden Euro in der Schiffsfinanzierung. "Die Gefahr, dass die Hälfte davon wegbricht, ist hochgradig gegeben", sagt Hickel im LN-Interview. Zuletzt hatte die Bank erklärt, ab 2019 neue Hilfen zu benötigen.

"Ich sehe die Kapitalforderungen wesentlich schneller auf die Länder zu kommen, denn auch die HSH hat eine Reihe von insolventen Schiffen im Portfolio. Ich rechne damit, dass das Anfang kommenden Jahres zum Thema wird", sagt Hickel. Wenn tatsächlich die Hälfte der Kredite verloren gehe, gebe es zwei Optionen: "Entweder man wickelt die HSH Nordbank ab wie die WestLB, oder die Länder schießen zu - und da sehe ich ganz große Probleme", erklärt der Bremer Professor - einerseits, weil das die Länder immens belasten würde, andererseits, weil die EU Milliardenbeihilfen nicht akzeptiere.

"Mit einer baldigen Erholung der Schiffsmärkte ist nicht zu rechnen. Fast alle Marktbeobachter gehen davon aus, dass sich angesichts der abkühlenden Weltkonjunktur die Lage noch weiter verschlechtern wird", sagt auch Prof. Martin Faust von der Frankfurt School of Finance and Management. Es gebe sehr große Überkapazitäten auf dem Schiffsmarkt, die Charterraten sinken und damit auch der Wert der Schiffe, die als Sicherheit für die Kredite dienen. "Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Problemkredite auch bei der HSH Nordbank weiter steigt. Da die höheren Risiken mit Eigenkapital unterlegt werden müssen, wird eine weitere Kapitalerhöhung damit wahrscheinlicher", erklärt Faust. Vielen Landesbanken sei es bisher nicht gelungen, ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. "Zumindest kurzfristig bleibt die See stürmisch. Durch eine Kapitalerhöhung würde die HSH Nordbank Zeit gewinnen", sagt Bankenexperte Faust.

Schon die Ankündigung der Bank, ab 2019 neue Hilfen zu brauchen, sei ein "Alarmzeichen" gewesen, sagt Rainer Kersten, Geschäftsführer beim Bund der Steuerzahler Schleswig-Holstein. "Weitere Hilfe der Länder wird erforderlich sein, das ist klar." Es gäbe keine Alternative dazu, die Bank am Leben zu erhalten, denn eine Abwicklung käme die Eigner noch um ein Vielfaches teurer. "Das würde den Staatsbankrott für Hamburg und Schleswig-Holstein bedeuten", erklärt Kersten.

Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) hatte vor zehn Tagen im Landtag erklärt, dass es nur eine Prognose sei, dass die Bank 2019 neue Hilfe brauche. "Die endgültige Höhe der Verluste ist genauso offen wie die Frage, wann genau diese eintreten", sagte sie. Mit den möglichen Folgen für die Finanzplanung müsse man sich jetzt schon beschäftigen. Für Anfang Januar 2013 hat Heinold alle Fraktionen und den Landesrechnungshof zu einem Gespräch eingeladen.

 

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