Der rechte Rand

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27. Februar 2013 von Joachim Bischoff und Norbert Weber

HSH Nordbank versenkt weiter öffentliche Finanzmittel

Der HSH Nordbank geht es weiterhin wirtschaftlich schlecht. Die Bank befindet sich bereits ohne die Wirkungen der immer noch andauernden Schifffahrtskrise immer stärker »unter Wasser«. Seit Monaten werden Verluste geschrieben. Das neue Geschäftsmodell greift nicht. Angestrebt wurde vom Management der Übergang zu einer »Regionalbank« mit Schwerpunkt auf der Mittelstandsfinanzierung. Die frühere international agierende Kapitalmarktbank sollte sich auf das Geschäft mit mittelständischen Kunden in Norddeutschland konzentrieren, in dem bislang vorwiegend die Sparkassen unterwegs sind.

Die »Bank für Unternehmer« steht in den Strategiepapieren gut dar, die praktische Umsetzung wirft aber immer noch zu wenig ab, um den aufwendigen Bankenapparat finanzieren zukönnen. Die Bank bahnt Geschäftskontakte an, aber aus den Geschäften werden zu geringe Deckungsbeiträge erwirtschaftet.

Damit kommen die Anteilseigner unter Druck. Die Krisenbank braucht eine Kapitalerhöhung oder eine Ausweitung des Garantierahmens, weil die Kapitalausstattung für alle Finanzinstitute zurecht deutlich erhöht wurde. Politisch umsetzbar scheint bei der HSH Nordbank bestenfalls eine Aufstockung der staatlichen Milliarden-Garantien. Die HSH war in der Finanzkrise 2008 vom Staat gerettet worden und hatte dafür Auflagen von der EU-Kommission aufgebrummt bekommen. Als sich die Lage der Bank etwas besserte, gab das Institut drei Milliarden Euro an Garantien zurück, um die dafür fälligen Gebühren zu sparen – rückblickend eine krasse Fehlentscheidung.Wegen hoher Verluste im Schifffahrtsgeschäft will die Bank den Garantierahmen von sieben nun wieder auf die ursprüngliche Höhe von zehn Mrd. Euro aufstocken, was ein Beihilfeverfahren der EU-Kommission nach sich ziehen dürfte.

Die beiden Länder hatten 2009 drei Mrd. Euro an Kapital nachgeschossen, was ihren HSH-Anteil auf über 85% erhöht und den des Anteilseigners Flowers auf rund 10% gedrückt hatte. Außerdem hatten sie einen Garantieschirm über zehn Mrd. Euro gestellt. Diese Maßnahmen hatte die EU als illegale Beihilfe gewertet und harte Auflagen erteilt: Die Bank musste Geschäftsbereiche wie die Flugzeugfinanzierung komplett aufgeben, der Aktienkurs musste nachträglich von 19 auf 13 Euro nach unten korrigiert werden, weswegen die HSH den Ländern 500 Mio. Euro zurückzahlen musste. Da diese das Geld sofort wieder eingezahlt haben, wurden die Anteile der beiden kleinen Miteigentümer, Flowers (heute noch 9%) und der schleswig-holsteinischen Sparkassen (5%), immer wertloser.

Die Minderheiten-Aktionäre um den US-Investor Flowers sind gegen den bisherigen Sanierungsprozess, weil dies für sie mit erheblichen Wertabschreibungen verbunden war. Und die an der Bank beteiligten Sparkassen aus Schleswig-Holstein geraten wegen der Wertberichtigungen immer mehr in Schwierigkeiten und wollen ihr Geschäftsengagement daher komplett beenden.

Flowers-Klage

Erst im Januar 2013 ist herausgekommen, dass der Minderheitseigentümer Flowers über zwei seiner Fonds vor dem EU-Gerichtshof gegen EU-Auflagen klagt. Die Klage selbst ist nicht überraschend, wahrscheinlich muss sich Flowers mit diesem Schritt dagegen absichern, nicht von seinen eigenen Anteilszeichnern in den USA auf Schadenersatz verklagt zu werden. Erschreckend sind in diesem Zusammenhang zwei Tatbestände:

  • Mit dieser Klage ist eine neue schiefe Ebene aufgemacht worden. Mit der Einreichung der Klage wird in Kauf genommen, dass das EU-Beihilfeverfahren vollständig gekippt werden und eine EU-Vorgehensweise wie bei der WestLB erfolgen könnte, nämlich sofortige Zerschlagung und Abwicklung.
  • Mindestens so schlimm ist, dass die Mehrheitseigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein von der Klage nichts wussten und erst vom Bund nachträglich informiert wurden. Vielleicht hätte man im Vorfeld einiges an Schadensbegrenzung betreiben können, Gespräche mit Flowers haben offensichtlich jedoch nie stattgefunden. Dieses konterkariert auch die permanenten Verlautbarungen des Hamburgischen Senats, man wäre mit Flowers im Gespräch wegen einer Beteiligung an der Garantieerhöhung.

Garantieerhöhung über drei Mrd. Euro

Mittlerweile scheint so gut wie festzustehen, dass die HSH Nordbank nur noch überleben kann, wenn die Ländergarantie erneut von sieben Mrd. Euro um 3 Mrd. Euro auf 10 Mrd. Euro erhöht wird. Diese Garantieerhöhung muss jedoch noch von den Länderparlamenten entschieden werden, deren Zustimmung jedoch keinesfalls als gesichert angesehen werden kann. Die Bank scheint alles zu tun, um die Ländern vor den Kopf zu stoßen.

  • Die Länderparlamente werden einfach nicht sachgerecht von der Bankenführung informiert. Es gibt keine Transparenz, die Zahlen werden zurückgehalten, Antworten auf konkrete Fragen werden nur ausweichend beantwortet. Ständig wird von den Bankvorständen der Eindruck vermittelt, dass sie selbst nicht so richtig wissen, wie es weitergehen soll. Jedenfalls ist weder Entschlossenheit noch Kompetenz ersichtlich.
  • Mit einer möglicherweise erneuten Garantieerhöhung ist der Bank nicht geholfen. Im Gegenteil, die Probleme werden nur weiter übertüncht und somit nicht angegangen, sie zu erkennen und zu beseitigen. Eine solche Erhöhung bedeutet sicherlich kurzfristig einen rechnerischen Hebel zur marginalen Erhöhung der Kernkapitalquoten, jedoch macht das nicht das operative Geschäft der Bank erfolgreicher. Man wird sich schon im Kalender markieren können, wann die Bank die Länder erneut um weitere Hilfe anbetteln wird. Der entscheidende Grund: die hartnäckige Schifffahrtskrise. Wegen Überkapazitäten und gesunkener Frachtraten können viele Unternehmen ihre Kredite nicht mehr bedienen, etliche Firmen gingen bereits Pleite. Die HSH warnte daher die Märkte, dass sie im laufenden Jahr einen Verlust nach internationaler Rechnungslegung (IFRS) erwartet. Bestenfalls 2014 kann das Kreditinstitut wieder schwarze Zahlen erwarten.
  • Erschreckend ist die allgemeine Ratlosigkeit. Sowohl die Eigentümer als auch die Bankvorstände legen zwar operative Hektik an den Tag und werden nicht müde, Schreckensszenarien zu formulieren, falls die Garantien nicht genehmigt werden. Effektive Lösungsansätze und Lösungswege sind jedoch nicht herauszuhören. Das Ganze erinnert eher an ein riesiges Flugzeug, das sich zwar in der Luft befindet, aber orientierungslos fliegt und ständig in der Luft betankt werden muss, damit es nicht abstürzt. Es geht gar nicht mehr um den Zustand und den Erhalt des Flugzeuges selbst, sondern nur noch um Vermeidung vermeintlicher Schäden beim Aufschlag am Boden.
  • Obwohl die Bank bereits in Aussicht gestellt hat, dass die Garantie spätestens 2019 zumindest teilweise in Anspruch genommen wird, sind große Teile der Politik tatsächlich geneigt, der Garantieerhöhung zuzustimmen. Wohlwissend, dass die Bank nach wie vor den Parlamenten kein Worst-case-Szenario, wie mehrfach verlangt, vorgelegt hat. Einen solchen Resolutionplan wird die Bank bereits in der Schublade haben, hält diesen aber nach wie vor in bewährter Art und Weise zurück.

Schiffsportfolio

Die HSH Nordbank hat einen Bestand an Krediten im Zusammenhang mit Schiffen über etwa 30 Mrd. Euro in ihren Büchern. Davon ist ein Teil in der Abwicklungseinheit »Restructuring Unit« und ein Teil in der Kernbank. »Im Zusammenhang mit Schiffen« deshalb, weil die Bank beileibe nicht nur Schiffe finanziert hat, sondern fleißig auch Vermittlungsprovisionen usw. Will heißen, dass den Krediten schon bei der Kreditgenehmigung keine ausreichenden Sicherheiten gegenüberstanden. Hinzu kommt derzeit, dass erhebliche Teile dieser Engagements nicht ordnungsgemäß bedient werden. Kaum jemand kann die Kapitaldienste leisten.

Die Situation wird von Tag zu Tag dramatischer! In 2013 werden wohl etliche Schiffsfonds Insolvenz anmelden, was die Situation der HSH Nordbank als finanzierendes Kreditinstitut zunehmend unkomfortabler macht. Dieses würde eine starke und kompetente Bankenführung verlangen, um die Interessen der Bank und damit der Anteilseigner vehement zu vertreten und die Bank durch die Krise zu steuern.

Wenn die Informationen stimmen sollten, dass die Bank darüber hinaus versucht, nennenswerte Teile dieses Portfolios an Hedgefonds zu verscherbeln, so zeigt das erst recht eine operative Hektik, gezeichnet von Panik und Unfähigkeit. Kein Hedgefonds wird eigenes Geld in die Hand nehmen, um einen solchen Deal zu machen. Man wird sich den Ausverkauf von der HSH finanzieren lassen, sicherlich zu unverschämt günstigen Konditionen. Somit kommt es bestenfalls zu einem Aktivtausch. Vergleiche mit den eingegangenen Risiken wie bei den »Omega-Deals« sind aufgrund der absolut schlechten Verhandlungsposition der HSH Nordbank gegenüber verhandlungsstarken Hedgefonds nicht von der Hand zu weisen.

Aktienkurs

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat immer noch HSH Nordbank Aktien in ihren Beständen, die ehemals zu 90 Euro /Stück erworben werden mussten. Bei der Kapitalerhöhung in 2008/2009 musste sich die Stadt einen Aktienkurs von 19 Euro anrechnen lassen. Selbst dieser Kurs war viel zu hoch, nicht nur aus unserer Sicht, sondern auch aus Sicht der EU-Kommission. Direkte Folge aus den viel zu hohen Kaufpreisen für die Aktien war, dass wegen der EU-Auflage im Beihilfeverfahren nochmals ein Kapitalanteil über 500 Mio. Euro im Wege einer Kapitalerhöhung »gedreht« werden musste. Entsprechende Aktien wurden den beiden Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein ausgegeben.

Der letztbekannte Aktienkurs lag bei etwa 11 Euro je Aktie, Tendenz deutlich fallend. Jeder Wertverfall der Aktien schlägt sofort auf die Kernhaushalte der Länder durch. Bereits bisher mussten – aus Hamburger Sicht – im Versorgungsfonds der Stadt (der bereits die Renten aus dem Kernhaushalt bedienen muss), der HSH Finanzfonds AöR und der ländereigenen Beteiligungsgesellschaft deutliche Abschreibungen in Milliardenhöhe vorgenommen werden. Zum 31.12.2012 wird die nächste Kurskorrektur erfolgen müssen mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Länder.

Sparkassen

Die Feststellung des Aktienkurse zum 31.12.2012, basierend auf die Jahresergebnisse der HSH Nordbank (wahrscheinliche Veröffentlichung Anfang April 2013), hat weitreichende Konsequenzen. Der Kurs wird über eine Wertberechnung ermittelt, weil die Aktien eben nicht gehandelt werden. Logischerweise bedeutet eine weitere Absenkung des Kurses für die Kapitaleigner weitere Abschreibungen. Dies trifft die – neben den von Flowers betreuten Investoren – vor allem die Sparkassen. Sie müssen sich z.T. refinanzieren über den Sanierungsfonds des Bundesverbandes der Sparkassen.

Die Sparkasse Südholstein droht erneut zum Sanierungsfall für den schleswig-holsteinischen Sparkassenverband werden. »Es hängt von der Höhe der Abschreibungen auf die Anteile an der HSH Nordbank ab, ob wir eine Stützung benötigen«, erklärt die Sparkasse. Die nicht geklärte Frage: Ist allein die Sparkasse Südholstein betroffen oder müssen die anderen 13 Sparkassen auch zum Teil refinanziert werden? Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband knüpft Kapitalhilfen für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Land an harte Bedingungen. So sollen die 14 Sparkassen im Norden ihren Anteil von 5,3 Prozent an der krisengeschüttelten HSH Nordbank komplett auf Null Euro abschreiben und an die Mehrheitseigner, die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, abtreten. Die Sparkassen sollen zudem auch ihre Anteile an der Landesbank Berlin an die Sparkassen-Familie abtreten, jedoch zum abgeschriebenen Wert. Im Gegenzug könnten die Sparkassen bis zu 500 Mio. Euro aus dem Notfalltopf für Schieflagen erhalten.

Zusammengefasst: Die Situation der Bank ist hochkritisch und es besteht die reale Gefahr, dass die Länder als Haupteigentümer von der Bank zusammen mit den Sparkassen immer tiefer in einen Abwärtsstrudel hineingezogen werden. Die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein erhalten eine teure Quittung dafür, dass sie nicht bereits 2009, und zwar vor dem riesigen Sanierungseinschuss in Milliardenhöhe, den Problemfall HSH Nordbank schonend beendet haben. Die wirtschaftlichen Risiken, die möglicherweise an der Allgemeinheit hängen bleiben, vergrößern sich von Monat zu Monat, in denen die HSH Nordbank noch weiter künstlich am Leben gehalten wird.

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