Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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18. September 2015 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Hanseatische Flüchtlingspolitik

Die Hansestadt Hamburg erwartet bis Ende dieses Jahres rund 30.000 Flüchtlinge. Die Regierungsfraktionen SPD und Grüne sprechen in diesem Zusammenhang von einem organisatorischen und finanziellen »Kraftakt«. Ca. 15.000 Schutzsuchende müssen in der Stadt auf mittlere Sicht eine Unterkunft finden und mit all dem versorgt werden, was ihnen eine Lebensperspektive gibt. Die anderen werden auf andere Bundesländer umverteilt. Zurzeit ist in der Hansestadt Platz für 25.000 Flüchtlinge, Unterkünfte für weitere 11.500 Flüchtlinge sollen bis zum Ende des Jahres folgen.

Ungefähr 3.000 Flüchtlinge leben in Zelten, die nun durch Heizgeräte winterfest gemacht werden sollen. Rund 850 Flüchtlinge leben bereits in Zelten der Bundeswehr, die standardmäßig mit Heizgeräten ausgestattet sind. Neben der Schaffung von winterfesten Quartieren und der medizinischen Betreuung kommt es auf die Integration in den Arbeitsmarkt, in Schule und Kita an. Und Hamburg wird mehr als 6.000 neue Wohnungen im Jahr bauen müssen. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Bewegung der Schutzsuchenden auch im nächsten Jahr auf einem hohen Niveau blieben wird.

 

Die Sozialbehörde hat zur Flüchtlingsunterbringung unter anderem zwei Hallen in Rahlstedt gekauft, sagte Senator Scheele : »Wir hätten nicht gedacht, dass wir zu solchen Maßnahmen greifen müssen«, so der Senator, der im Oktober Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsagentur in Nürnberg wird und damit seine deutsche Gründlichkeit wieder im Hartz IV-System verwirklichen kann.

Dass Hamburg die von der Bundeskanzlerin geforderte Flexibilität nur mühsam realisieren kann, ist auf dem Hauptbahnhof zu besichtigen. Dort stehen seit kurzem zwei Sanitätszelte. Weil täglich rund 2.500 Flüchtlinge per Zug am Hauptbahnhof ankommen, wurden nach erheblichen Protesten aus der Zivilgesellschaft endlich Unterkünfte auf dem Vorplatz geschaffen. Seit etwa zehn Tagen haben Ehrenamtliche täglich mehrere Hundert schutzsuchende Menschen in der Wandelhalle notdürftig versorgt – danach konnten sich die um eine Olympia-Ausrichtung strampelnden Behörden endlich den am Hamburger Hauptbahnhof ankommenden Schutzsuchenden in Zelten auf dem Hachmannplatz ein Notquartier anbieten.

Der Bezirk Mitte und die Deutsche Bahn brauchten lange für eine Notlösung, um die zeitweilige Unterbringung, medizinische Versorgung und die sanitären Anlagen bereitzustellen. Zwar wollen die meisten dieser Flüchtlinge nicht in Hamburg bleiben, viele können aber nicht am selben Tag weiterreisen. Ziel der am Hauptbahnhof Gestrandeten ist meist Schweden. Ehrenamtliche HelferInnen forderten die Stadt auf, zusätzlich 500 Schlafplätze für durchreisende Flüchtlinge zu schaffen. Bislang werden die Zufluchtsuchenden über Nacht im Schauspielhaus, Kirchen und Moscheen etc. untergebracht, was sicher keine optimale Lösung ist.

Der organisatorische Kraftakt hat also durchaus Schwachpunkte. Die städtischen Behörden müssen ihre Flexibilität weiterentwickeln. Und die Finanzen? Für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen hat die Hamburgische Bürgerschaft Anfang September zusätzliche 501 Mio. Euro genehmigt. Der Senat hatte den Mehrbedarf für 2015 und 2016 beantragt, da die Stadt aufgrund des großen Flüchtlingszuzugs zusätzliche Mittel braucht. Bereits im Juni waren weitere Mittel in Höhe von 67,6 Mio. Euro für dringende Investitionen verabschiedet worden. Insgesamt werden somit 2015/2016 mindestens 1,17 Mrd. Euro für die Betreuung der Schutzsuchenden anfallen, also pro Haushaltsjahr ca. 560 Mio. Euro.

Bei den signifikant gestiegenen Zahlen für Flüchtlingsunterbringung und -betreuung sind deutliche Mehrbedarfe unvermeidlich. Weil die städtischen Behörden sich nicht zutrauen, diese Bedarfe differenziert aufzuschlüsseln, wird es einen zentralen Topf in der Finanzbehörde geben, um ein flexibles Finanzmanagement sicherzustellen.

Und wie sollen die zusätzlichen Mittel aufgebracht werden? Im Prinzip freut sich der Finanzsenator Tschentscher über aufwachsende Mehreinnahmen. Die Stadt Hamburg wird in den kommenden Jahren deutlich mehr Steuern einnehmen, als bislang in der Planung unterstellt. Hamburg wird in diesem Jahr wegen der guten konjunkturellen Lage voraussichtlich Steuern in Höhe von rund 9,91 Mrd. Euro und im nächsten Jahr 10,16 Mrd. Euro einnehmen. Das sind für beide Jahre zusammen fast 290 Mio. Euro mehr als noch in der Steuerschätzung vom November 2014 angenommen.

Steuermehreinnahmen in Verbindung mit einem rigorosen Sparkurs bedeuten: Hamburg erwirtschaftet Überschüsse. Nachdem Hamburg schon 2014 einen Haushaltsüberschuss von mehr als 400 Millionen Euro erzielt und damit ausschließlich Schulden getilgt hatte, lag der Etat per Ende Mai erneut mit 360 Mio. Euro im Plus. Der Hamburger Finanzsenator betont zurecht, dass sich diese Summe nicht einfach linear aufs Gesamtjahr hochrechnen läßt. Aber wenn es keinen Konjunktureinbruch gibt, dürfte am Jahresende auf jeden Fall wieder ein Überschuss im hohen dreistelligen Millionenbereich stehen. Das selbstgestrickte politische Problem ist allerdings: Die Stadt darf dieses Geld nur zur Schuldentilgung nutzen. Neben der Schuldenbremse hat sich Stadt durch eine Finanzrahmengesetz gebunden.

Eine Änderung dieses Finanzrahmengesetzes wäre denkbar und politisch machbar. Die rot-grüne will dies auf keinen Fall und wird in dieser Haltung von den bürgerlichen Oppositionsparteien bestärkt. Der Grund: Das Finanzkonzept des Senats beruhe darauf, den festgelegten Ausgabenrahmen festzuschreiben. Wie im Grundgesetz festgelegt und in die Hamburgische Verfassung hineingeschrieben – deren Änderung hinsichtlich der Schuldenbremse mit großer Mehrheit beschlossen wurde – soll die Schuldenbremse auf jeden Fall eingehalten werden.

Mit der Notwendigkeit einer Aktualisierung des Steuertrends im Finanzrahmengesetz werde sich der Senat im Zusammenhang mit der Überarbeitung und Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung bis in das Jahr 2019 befassen. Eine solche Änderung sollte nicht nur deshalb erfolgen, weil man gerade mehr Geld benötige. Dies sei nicht die »Denkart« des rot-grünen Senats. Es gelte das Grundgesetz und die Hamburgische Verfassung einzuhalten und das sei ihnen bisher auch durch eine sehr konservative Planung und neoliberale Praxis gelungen. Der Haushaltsüberschuss 2014 wäre andernfalls nicht zustande gekommen und hätte in der Zinsentwicklung auch nicht in dem Umfang zu Entlastungen geführt. An dieser konservativen Denkart will der Senat entschlossen festhalten.

Die politisch konservative Schlussfolgerung: Die zusätzlich bewilligten Gelder von etwa 500 Mio. Euro) an konsumtiven und investiven Mitteln sollen u.a. durch eingesparte Zinsen (240 Mio. Euro), Reservemittel (82 Mio. Euro) und Umschichtungen in den Behördenetats (ca. 180 Mio. Euro) finanziert werden. Weil die Mehrbedarfe aber immer noch unterschätzt sind, wird der jetzt beschlossene Finanzrahmen nicht ausreichen und Hamburg laboriert damit weiter an einem Luxusproblem: Es gibt Finanzmittel, aber die Ausgaben für Flüchtlinge sollen durch Kürzungen bei bestehenden Ausgabenplänen aufgebracht werden.



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