Der rechte Rand

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20. Februar 2015 von Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Hamburg: Sozial gespaltene Demokratie

Der neueste Armutsbericht des paritätischen Wohlfahrtsverbandes enthält eine bedrückende Botschaft: »Die Armut in Deutschland hat mit einer Armutsquote von 15,5 Prozent ein neues Rekordhoch erreicht und umfasst rund 12,5 Millionen Menschen … Einen mehr als doppelt so starken Anstieg der Armut als im Bundesdurchschnitt sehen wir in den Ländern Thüringen (+1,2 Prozentpunkte), Saarland (+1,7 Prozentpunkte), Bremen (+1,7 Prozentpunkte) sowie Hamburg mit dem größten Zuwachs von 2,1 Prozentpunkten.«(1). Die Konsequenz, abgesehen von der Beschränkung in der Lebensgestaltung: Erwerbslose, Arme und ethnische Minderheiten stoßen heute auf große Ressentiments. Markt, Leistung und Konkurrenz sind dagegen zentrale Bezugspunkte der Gesellschaftsentwicklung geworden.

Weitere Konsequenz: In ärmeren Stadtteilen stimmen weniger BürgerInnen ab als in wohlhabenden Vierteln. Die Armen verabschieden sich von der demokratischen Willensbildung. Diese Tendenz zeigte sich erneut in den Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft. Während die Wahlbeteiligung in Sülldorf bei 64,8% und in Wellingsbüttel bei 73,8% lag, betrug sie in Jenfeld 37,7%, in Steilshoop 43,8%, in Billstedt 40,6% und in Billbrook sogar nur 26,3%.

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel fällt die Sonntagsansprache ein: »Die soziale Spaltung in puncto Wahlbeteiligung ist dramatisch.« Ein wichtige Aufgabe in der neuen Legislaturperiode sei es deshalb, gerade in sozial schwächeren Stadtteilen wieder mehr Partizipation zu schaffen. Dass sozial Schwache weniger häufig von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, beobachten Gesellschaftsforscher schon seit längerer Zeit.

Die Gründe liegen nach Ansicht von Armin Schäfer vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung im geringer ausgeprägten politischen Interesse, einer schwächeren Parteibindung, dem mangelnden Zutrauen in die eigenen Kompetenzen und dem fehlenden Glauben, durch politisches Engagement etwas zu bewirken.
Nutznießer dieser Entwicklung sind die bürgerlichen Schichten und das politische Establishment. Dazu gehört auch die hartnäckige Ignoranz gegenüber der sich verfestigenden sozialen Spaltung in der Stadt.

Im Ergebnis sind wir nicht nur mit einer Tendenz zur Zersplitterung der politischen Landschaft konfrontiert, sondern auch mit einer Abwendung von Teilen der Wählerschaft vom politischen System. Diese »Bewegung der Armen« in die Wahlenthaltung hat sich bei der Bürgerschaftswahl noch verstärkt. Die wachsende soziale Ungleichheit wirft uns im Kampf gegen die Armut um Jahrzehnte zurück. Arme Menschen sind von dieser Entwicklung doppelt betroffen: Sie bekommen ein kleineres Stück vom Kuchen, und weil Ungleichheit Wachstum hemmt, ist dieser zu verteilende Gesamtkuchen kleiner, als er sein könnte.


An der Bürgerschaftswahl in Hamburg beteiligten sich nur 56,9% Prozent der Wahlberechtigten, das sind 0,4% weniger als 2011 und damit so wenig wie bei keiner Bürgerschaftswahl zuvor. 43,1% bzw. 560.000 BürgerInnen sind damit in Hamburg nicht (mehr) zur Wahl gegangen.
Seit den 1980er Jahren sind (nicht nur in Hamburg) rückläufige Wahlbeteiligungsquoten, also zunehmende Nicht-Wähleranteile, bei Europa-, Bundestags- und Bürgerschaftswahlen zu verzeichnen. Bis Anfang der 1980er Jahre pendelte die Beteiligung an Bundestagswahlen um 90%, ging dann zurück und bewegte sich zwischen 1990 und 2002 nahezu unverändert um die 80-Prozent-Marke. Seit den letzten beiden Wahlen ist wieder ein weiterer Rückgang zu beobachten.

Auch die Beteiligung an Bürgerschaftswahlen hat sich in den 1990er Jahren auf einem Niveau um die 70% stabilisiert und nimmt seither weiter ab. »Die Wahlbeteiligung bei dieser Bürgerschaftswahl beträgt nur 56,9 Prozent und ist um 0,4 Prozentpunkte geringer als 2011. Es ist damit der niedrigste Wert seit 1949. Zum vierten Mal in Folge, seit 2001, sinkt damit die Wahlbeteiligung bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen. Damit setzt sich ein Trend fort, der sich bei den Bundestagswahlen bereits abzeichnete.«(2)

Allerdings zeigt schon ein oberflächlicher Blick auf die Bezirke, dass die Wahlbeteiligung im Stadtgebiet ganz unterschiedlich ausgeprägt ist. Gingen etwa im Bezirk Eimsbüttel 62,1% der berechtigten BürgerInnen zur Wahl, waren es im Bezirk Mitte nur 46,2%. Und geht man auf die bezirkliche Ebene gibt es auch hier eine enorme Schwankungsbreite. So lag die Wahlbeteiligung im Bezirk Mitte im neuen Stadtteil Hafencity bei 68,9% und in Billbrook bei nur 26,2%. Ähnliche Spannbreiten lassen sich auch in den anderen Bezirken nachweisen.

Entscheidender Faktor für diese unterschiedliche Beteiligung an der politischen Willensbildung ist vor allem die weit auseinanderlaufende ökonomisch-soziale Lage, die soziale Schere, in den Stadtteilen und Bezirken. »Hinter der zunehmenden Ungleichheit der Wahlbeteiligung verbirgt sich eine soziale Spaltung der Wählerschaft. Deutschland ist längst zu einer sozial gespaltenen Demokratie der oberen zwei Drittel unserer Gesellschaft geworden. Die Demokratie wird zu einer exklusive Veranstaltung für Menschen aus den mittleren und oberen Sozialmilieus der Gesellschaft, während die sozial prekären Milieus deutlich unterrepräsentiert bleiben.«(3)

Wer ein gutes Einkommen und oder Vermögen hat, geht zumeist zur Wahl, während derjenige, der eine prekäre Arbeit mit geringen Einkommen oder auf sozialstaatliche Leistungen angewiesen ist, sich so wenig von der Wahl verspricht, dass sie/er auf die Wahrnehmung seiner staatsbürgerlichen Rechte verzichtet.

In den Altonaer Stadteilen Nienstedten und Blankenese, wo Durchschnittseinkommen je Steuerpflichtigem von deutlich über 100.000 Euro erreicht werden und kaum Menschen leben, die auf Sozialleistungen angewiesen sind (Quote: 1,2%) liegt die Wahlbeteiligung bei 73-75%. Dagegen gehen im Mitte-Stadtteil Billstedt, wo das Durchschnittseinkommen nur knapp 22.000 Euro beträgt und 26,4% der BürgerInnen auf Sozialleistungen angewiesen sind, nur 40,6% der Wahlberechtigten ihr Stimmrecht auch wahr.

Diese Tendenz zur sozialen Spaltung der Wählerschaft hat sich bei der Bürgerschaftswahl noch verstärkt. Während die Wahlbeteiligung in den Quartieren der Besserverdienenden und Vermögenden leicht zugenommen hat, ist sie in den Stadtteilen, wo viele Menschen mit prekären Lebensverhältnissen leben, noch einmal deutlich zurückgegangen.

»Eine vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung weisen jene Stadtteile auf, in denen die Bevölkerung selten SGB II-Leistungen (›Hartz IV‹) bezieht und/oder das durchschnittliche Einkommen hoch ist. Statusniedrige Wohngebiete mit relativ häufigem Hilfebezug und niedrigem Durchschnittseinkommen sind dagegen durch eine geringe Wahlbeteiligung gekennzeichnet. Bei hohem Hilfeempfängeranteil beträgt die Wahlbeteiligung 43,6 Prozent, bei niedriger Hilfequote dagegen 70,2 Prozent.

In Stadtteilen mit hohem Durchschnittseinkommen gaben 70,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, während es in Gegenden mit geringem Einkommen nur 44,1 Prozent waren. Im Vergleich zur Bürgerschaftswahl 2011 geht die Wahlbeteiligung in den Gebieten mit eher statusniedriger Bevölkerung leicht zurück, während in den ›besseren‹ Vierteln eine geringfügige Zunahme verzeichnet wird. Das ›Reich-Arm-Gefälle‹ bei der Wahlbeteiligung war schon bei der Wahl 2011 zu beobachten und hat sich 2015 noch etwas erhöht.«(4)

Dass die CDU in »statushohen Stadtteilen« überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt ist wenig überraschend, steht sie doch mit ihrer Politik und Programmatik für die Verteidigung bestehender Einkommens- und Vermögenspositionen. Allerdings hat sie bei der Bürgerschaftswahl bei ihrer bisherigen, eher gutsituierten Wählerklientel dramatisch an Unterstützung verloren. »Im Vergleich zur Bürgerschaftswahl 2011 verliert die CDU in allen untersuchten Stadtgebieten Stimmenanteile, besonders stark in gutsituierten Wohnlagen. Beispielsweise büßen die Christdemokraten in Stadteilen mit wenigen ›Hartz IV‹-Bezieherinnen und -Beziehern 9,0 Prozentpunkte ein, während der Rückgang in Vierteln mit hoher Hilfequote lediglich 5,3 Prozentpunkte beträgt.«(5)

Von dieser Umgruppierung im bürgerlichen Lager hat zum einen die FDP profitiert, weil sich ein Teil der bürgerlichen WählerInnen von neoliberaler Politik eine bessere Sicherung ihrer Interessen verspricht. »Wie bei der letzten Bürgerschaftswahl verzeichnet sie die besten Ergebnisse allerdings in den Wohngebieten mit hohem Status. Ihr Stimmenanteil in Gegenden mit hohem Einkommen beläuft sich auf 13,8 Prozent. In Stadtteilen mit niedrigem Einkommen sind es dagegen mit 4,4 Prozent deutlich weniger. Im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren hat die FDP in allen untersuchten Stadträumen leicht hinzugewonnen. Am größten ist der Anstieg in ihren ›reichen‹ Hochburgen (Stadtteile mit hohem Einkommen), wo die Freidemokraten um 1,9 Prozentpunkte zulegen.«

Der andere Profiteur dieser Zersplitterung des bürgerlichen Lagers ist die rechtspopulistische »Alternative für Deutschland« (AfD), die einem starken Zustrom ehemalige CDU-WählerInnen verzeichnen konnte und 6,1% der Stimmen erreichte. Allerdings hat die AfD als für den Rechtspopulismus charakteristische Sammlungsbewegung auch Resonanz in eher prekären Milieus erfahren. »Der Stimmenanteil der AfD ist in statusniedrigen Gebieten höher als in ›guten‹ Wohnlagen. So erzielt die Partei in Stadtteilen mit hohem Anteil von SGB II-Leistungsbezieherinnen und -beziehern 7,4 Prozent der Stimmen, in Gegenden mit niedriger Hilfequote dagegen lediglich 5,7 Prozent. In einkommensschwachen Wohnlagen stimmten 7,2 Prozent für die AfD, in einkommensstarken Gegenden nur 5,2 Prozent.«

Bei der Bewertung dieser unterschiedlichen Stimmenanteile in »guten« und »schlechten« Wohnlagen muss allerdings die unterschiedliche Wahlbeteiligung berücksichtigt werden. Ein Stimmenanteil von 6,3% im Reichenviertel Wellingsbüttel mit einer Wahlbeteiligung von 73,8% hat mindestens genau so viel Gewicht wie ein Stimmenanteil von 9,4% im sozialstrukturell benachteiligten Neuallermöhe mit einer Wahlbeteiligung von 39,7%.



Erwartbar war auch, dass die Sozialdemokratie in Stadtteilen »mit geringem sozialem Status« deutlich besser abschneidet als in sozialstrukturell privilegierten Gegenden. »Die SPD schneidet auch diesmal in Stadtteilen mit geringem sozialen Status besser ab als in sozialstrukturell privilegierteren Gegenden. In Gebieten mit hohem Bezug von SGB II-Leistungen erreicht sie 45,4 Prozent, in solchen mit geringem Hilfeempfängeranteil dagegen nur 43,4 Prozent.

Die Sozialdemokraten verlieren in ihren traditionellen Hochburgen mit sozial eher benachteiligter Bevölkerung an Zustimmung. In den einkommensschwächsten Stadtteilen beträgt der Verlust 5,4 Prozentpunkte, in den einkommensstärksten Wohnlagen nur 1,1 Prozentpunkte. Für Stadtteile mit hohem Sozialleistungsempfängeranteil errechnet sich ein Rückgang des SPD-Stimmenanteils um 4,9 Prozentpunkte, während es in Gegenden mit niedriger Hilfequote sogar eine Zunahme um 1,1 Prozentpunkte gibt.

Insgesamt haben sich 2015 gegenüber 2011 die Unterschiede beim SPD-Stimmenanteil zwischen statusniedrigen und statushohen Stadtteilen verringert.«6 Diese Stimmenverluste der Sozialdemokratie vor allem in einkommensschwächeren Stadtteilen hängen vor allem auch mit der hartnäckigen Ignoranz gegenüber der sozialen Spaltung in der Stadt zusammen, die bei vielen WählerInnen dazu geführt hat, dass die Partei nicht mehr als Vertreterin von sozialer Gerechtigkeit wahrgenommen wird.

Wahlbeteiligung und sozialer Status

Die soziale Spaltung ist dagegen das Thema der Linkspartei. »DIE LINKE findet auch bei dieser Wahl in statusniedrigen Wohngebieten vergleichsweise viel und in statushohen Lagen nur relativ wenig Zustimmung. So liegt ihr Stimmenanteil in Wohnvierteln mit überdurchschnittlich vielen ›Hartz IV‹-Leistungsbezieherinnen und -beziehern bei 13,8 Prozent gegenüber nur 4,7 Prozent in Gebieten mit geringem Hilfeempfängeranteil. Im Vergleich zur Bürgerschaftswahl 2011 hat die Partei insbesondere in den statusniedrigen Gegenden an Zustimmung gewonnen. In Stadtteilen mit geringem Durchschnittseinkommen beträgt die Zunahme 3,8 Prozentpunkte, in solchen mit hohem Einkommen dagegen nur 1,5 Prozentpunkte. Der Zusammenhang zwischen der Sozialstruktur der Stadtteile und dem Wahlergebnis ist auch diesmal bei den LINKEN besonders deutlich ausgeprägt.«

Schließlich zeigen die Wahlergebnisse auch, dass die AfD, wie andere rechtspopulistische Parteien auch, vor dem Hintergrund weiterer sozialer Polarisierung und wachsender Enttäuschung über das politische System als Sammlungsbewegung unterschiedlicher sozialer Interessen durchaus Entwicklungspotential hat. Laut Infratest-Dimap hatte die Mehrheit der AfD-WählerInnen sich für die Rechtspartei entschieden, weil es ihnen in Hamburg zu viele Flüchtlinge gebe, sie mit »PEGIDA« sympathisieren und – zu 71% – nicht von der AfD überzeugt waren, sondern gegen die andere Parteien protestieren wollten.

Der Richtungsstreit in der AfD ist trotz des Einzugs in die Hamburgische Bürgerschaft noch nicht entschieden. Alexander Gauland, Parteivize und Fraktionschef in Brandenburg, erklärte gegenüber der FAZ: »Man darf schon mal die Frage stellen: Ist es wirklich klug und richtig, das Wahlprogramm der FDP nachzustellen. Dann wählen die Leute nämlich das Original.« Es müsse darum gehen, Positionen zu besetzen, die die FDP nicht einnehme. Dazu zählte Gauland u.a. »die ganze Einwanderungsproblematik«. Frauke Petry, neben Lucke AfD-Sprecherin auf Bundesebene und Fraktionsvorsitzende in Sachsen, sieht dies ähnlich. Sie meinte, die AfD hätte in Hamburg besser abgeschnitten, wenn sie stärker auf »originäre AfD-Inhalte wie innere Sicherheit, Islam und Zuwanderung gesetzt hätte«. Auch BürgerInnen in den prekären und benachteiligten Stadtquartieren sind für die Protesthaltung seitens der AfD empfänglich. Gleichwohl dominiert hier eher die Tendenz der Wahlabstinenz.

Schlussfolgerung: Wird weiterhin zu wenig gegen die ökonomisch-sozialen Zersetzungsprozesse (Prekarisierung der Lohnarbeit, wachsende Armut ) auf Landes- wie Bundesebene getan, wird die Diskreditierung des politischen Systems weiter voranschreiten. Auch auf der Ebene der Hamburger Landespolitik sind hier keine Ansätze erkennbar, da die Sozialdemokratie das Thema der sozialen Spaltung für zweitrangig erklärt und ihr möglicher grüner Koalitionspartner auch für nicht mehr als ein paar kosmetischen Korrekturen steht.

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1.  Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Die zerklüftete Republik. Bericht zur regionalen Armutsentwicklung in Deutschland 2014, S. 8

2. Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig Holstein, Analyse der Bürgerschaftswahl 15.Februar 2015 in Hamburg. Vorläufige Ergebnisse, S. 7

3. Armin Schäfer, Robert Vehrkamp, Jérémie Felix Gagné, Prekäre Wahlen. Milieus und soziale Selektivität der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013, Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung; www.wahlbeteiligung2013.de/fileadmin/Inhalte/Studien/Wahlbeteiligung-2013-Studie.pdf

4.  Ebd., S. 25
5.  Ebd., S. 26
6. Ebd.; S. 26

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