Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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Linke Kommunalpolitik –
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ISBN 978-3-89965-578-0

14. September 2013 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Hamburg: Altersarmut und Sparpolitik

Niedrige Einkommen, gesundheitliche Probleme und schwindendes Selbstwertgefühl machen den BürgerInnen das Älterwerden schwer. Vermehrt leiden RentnerInnen unter Altersarmut. Lange Zeit schien die Entwicklungstendenz zu beträchtlicher Altersarmut gebrochen. Durch die negativen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und die unzureichenden Regelungen bei den Altersrenten kehrt dieses Problem in großen Schritten zurück.

Immer mehr Hamburger RentnerInnen rutschen in die Altersarmut. Ende 2012 haben in der Stadt 20.925 Menschen, die älter als 64 Jahre sind, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Anspruch genommen. Das waren 6% mehr als noch im Vorjahr und 27% mehr als 2007. Damit hat sich also der Zuwachs der Vorjahre fortgesetzt.

57% der Unterstützten
waren Frauen, 7% lebten in Einrichtungen und 75% erhielten die Hilfe ergänzend zur Altersrente. 28% der HilfeempfängerInnen sind unmittelbar aus dem Bezug von Arbeitslosengeld II (»Hartz IV«) in die Grundsicherung abgeschoben  worden und 29% hatten zuvor Sozialhilfe in Form von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten. Das Problem der Altersarmut wächst so stark an, weil der Niedriglohnsektor ausgeweitet wird und Sozialleistungen wie Hartz IV keine ausreichenden Rentenansprüche ermöglichen.

Im reichen Hamburg waren im Jahr 2012 damit 6,0% der Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter auf Grundsicherung angewiesen. Das bedeutet 2011 Rang eins im negativen Ländervergleich der 16 Bundesländer bei einer bundesdurchschnittlichen Hilfequote von 2,6%. Das heißt, die Hilfequote lag in Hamburg über der in den beiden ärmeren Stadtstaaten Bremen (5,3%) und Berlin (5,0%) und deutlich über der in Nordrhein-Westfalen (3,2%), dem Flächenland mit dem höchsten Anteil Hilfebedürftiger im Rentenalter.

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wurde zum Jahr 2003 eingeführt. Eine Konsequenz der wachsenden Altersarmut ist die immer stärkere Inanspruchnahme der Grundsicherung. Als bedarfsorientierte Sozialleistung für hilfsbedürftige Personen ist sie das letzte Netz der sozialen Sicherung für ältere Menschen in Deutschland. Eine ausreichende gesellschaftliche Teilhabe ist damit nicht gewährleistet, da in der Regelsatzberechnung – wie bei den Hartz IV-Leistungen – viele Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden.

Seit ihrer Einführung
ist die Zahl der EmpfängerInnen der Grundsicherung im Alter deutlich gestiegen. Waren 2003 erst knapp 258.000 Personen bezugsberechtigt, so ist die Zahl der Betroffenen bis 2011 auf 436.000 (+69%) gestiegen. Bei knapp vier Fünftel dieser GrundsicherungsempfängerInnen wird eigenes Einkommen angerechnet. Zumeist ist das eine nicht ausreichende Altersrente. Und immer mehr RentnerInnen sind seit 2003 unter die Bedürftigkeitsschwelle gerutscht. Denn die Anzahl der GrundsicherungsempfängerInnen, bei denen eine Altersrente angerechnet wird, ist seit 2003 um 113.480 Fälle oder 71,7% gestiegen.

Schlussfolgerung: Die jetzige Entwicklung muss sozialpolitisch dringend korrigiert werden. Die Beiträge oder Prämien zu einem Alterssicherungssystem – sei es die gesetzliche Rentenversicherung, ein betriebliches Versorgungssystem oder eine kapitalgedeckte Privatrente – müssen sich an der durchschnittlichen Lebenserwartung der dort Versicherten orientieren. Ohne Eingriffe in die Verteilungsverhältnisse lässt sich aber ein sicherer Ruhestand nicht gewährleisten. Die kapitalgedeckten Renten sollten als reine Zusatzsicherung für wohlhabendere BürgerInnen ausgestaltet werden, was allerdings zur Voraussetzung hat, dass man von der gesetzlichen Alterssicherung auch existieren kann. Dies unterstellt andere Lohneinkommen und entwickeltere Beteiligungen von Unternehmen und Zuschüsse seitens des Staates.

Die Grundsicherung markiert eine der untersten Ebenen im sozialen Netz und soll die Existenz sichern. Der Regelsatz beträgt derzeit 374 Euro für einen Alleinstehenden (wie Hartz IV). Hinzu kommen Unterkunfts- und Heizkosten plus etwaige Mehrbedarfe. Gezahlt wird das bisher von den Kommunen. Der Bund übernimmt ab dem Jahr 2012 jeweils einen Anteil von 45% der Nettoausgaben des Vorvorjahres für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§ 46a SGB XII). Im nächsten Jahr sollen es 75% und ab 2014 dann 100% sein.

Dass der Bund
die Kosten der Grundsicherung im Alter schrittweise von den Kommunen übernimmt, war im Rahmen des Bund-Länder-Kompromisses zur Hartz-IV-Reform vereinbart worden. Das Maß der Begrenzung der Ausgabenentwicklung 2013 bis 2015 wird also auch davon abhängen, ob diese Entlastung der Kommunalhaushalte (und damit auch des Hamburgischen Haushalts) durch den Bund tatsächlich stattfindet.
Im Rahmen der Fiskalpaktverhandlungen im Bundesrat ist dieser Konsens jetzt festgezurrt worden: Der Bund wird die realen Kosten bis 2015 ansteigend übernehmen. Für Hamburg bedeutet dies eine wirksame Entlastung, wobei freilich offen ist, wie dies im Rahmen der Ausgabenentwicklung verteilt wird.

Hamburg hat im Jahr 2011 für die Grundsicherung 181,4 Mio. Euro aufbringen müssen – 127 Mio. Euro mehr als noch 2003. Die Übernahme der Kosten durch den Bund entlastet daher den Landeshaushalt in finanziell schwierigen Zeiten in nicht unerheblichen Umfang. Im Jahr 2015 wird die Entlastung immerhin 183,6 Mio. Euro betragen.



Zu befürchten bleibt, dass die Entlastung bei der Grundsicherung ausschließlich zur Stopfung von Haushaltslöchern genutzt wird und dem Spardiktat des SPD-Senats zum Opfer fällt. Es gibt allerdings gute Argumente, diese Beiträge wenigstens teilweise dazu zu nutzen, um auf unsinnige Sparmaßnahmen im Sozialbereich zu verzichten und die Lage der SozialleistungsbezieherInnen der Stadt (z.B. durch eine angemessene Senkung der Kosten des Sozialtickets) zu verbessern.

Erinnert werden muss zudem daran, dass die Entlastung der Kommunen bei der Grundsicherung erkauft wurde mit Milliardenkürzungen bei der Bundesagentur für Arbeit – mit der Konsequenz einer drastischen Kürzung der Mittel für Langzeitarbeitslose. Es wäre deshalb sinnvoll, einen Teil der Mittel auch für Qualifizierung und Beschäftigung zu verwenden.

Bedrohlich ist vor allem: Die Tendenz zu höherer Altersarmut wird in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. Die  aktuellen  Zahlen sind erst der Anfang. Lücken in der Beschäftigung, geringere Löhne infolge von Teilzeitarbeit oder Mini-Jobs und Rentenabschläge werden das Problem verschärfen und in wenigen Jahren die Zahl jener BürgerInnen steigen lassen, die in ihren letzten Jahre einer bedrückenden Altersarmut ausgesetzt sind. Die Bekämpfung der Altersarmut wird in den nächsten Jahren deshalb zu einer zentralen sozialpolitischen Fragen aufrücken. Neben einer dynamischen Entwicklung eines gesetzlichen Mindestlohns müssen  wir  auch für ein ein entsprechendes Mindestniveau bei den Alterseinkommen eintreten.

Die Linkspartei will  die Rente ab 67 zurücknehmen und eine Mindestrente von netto 1.050 Euro einführen. Das Niveau der Renten soll insgesamt steigen. Zudem plant DIE LINKE  einen Mindestlohn von zehn Euro, der bis 2017 auf zwölf Euro steigen soll.
 

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