Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
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11. September 2014 Joachim Bischoff / Bernhard Müller

Doppelhaushalt: Konsolidierung zulasten der Beschäftigten

Bei der Einbringung des Entwurfs für den Doppelhaushalt 2015/2016 in die Bürgerschaft haben Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) und SPD-Haushaltsexperte Jan Quast die Grundlinie ihrer Haushaltskonsolidierungspolitik (»Neoliberalismus light«) verteidigt. Seit 2011 würden die Ausgaben konsequent begrenzt werden, die Kreditaufnahme gehe stetig zurück, das Defizit schrumpfe, und von 2018 an würden »strukturelle Überschüsse« erwirtschaftet werden, also schwarze Zahlen, die nicht auf Zufall wie hohen Steuereinnahmen beruhten. »Wenn die gute Konjunktur anhält, ist eine Schuldentilgung schon früher möglich, 2015 oder vielleicht schon in diesem Jahr«, sagte Tschentscher.

Vor dem Hintergrund dieser (vordergründigen) Erfolgsmeldungen wirkt insbesondere die Kritik aus den Reihen der bürgerlichen Oppositionsparteien hilf- und zahnlos. So nörgelte etwa der CDU-Finanzexperte Heinze daran herum, dass die im Doppelhaushalt vorgesehenen Ausgabensteigerungen deutlich über der anvisierten Steigerung von 0,88% lägen. Hätte der christdemokratische »Experte« die Stellungnahme des sicherlich nicht der Linkslastigkeit verdächtigen Rechnungshofs zu diesem Punkt gelesen, hätte er auch gleich ganz auf eine Stellungsnahme im Parlament verzichten können. Darin heißt es nämlich: »Der Rechnungshof hat keine Anzeichen dafür gefunden, dass der Senat die Umstellung des Haushaltswesens auf die Doppik genutzt hat, den Ausgabenspielraum zu erweitern oder den zu kameralen Zeiten vorgezeichneten Konsolidierungspfad materiell zu verändern.« Getoppt wurde Heinzes Nörgelei allerdings noch vom Grünen-Fraktionschef Kerstan, der sich zu der Behauptung verstieg: »Sie geben das Geld aus, als wenn es kein Morgen gibt.«

Nun tut sich die bürgerliche Opposition (CDU, Grüne und FDP) sicherlich auch deshalb schwer in der Auseinandersetzung mit dem SPD-Senat, weil der umsetzt, was sie selbst fordert: eine Haushaltswirtschaft, die sich konsequent an der Einhaltung der Schuldenbremse orientiert. Sie soll nur noch strikter sein (»rigoroser Neoliberalismus«). Da dies ohne Erhöhung der Einnahmen etwa durch Steuererhöhungen erfolgen soll (auch hier sind sich Senat und bürgerliche Opposition ganz einig), konzentrieren sich die Anstrengungen logischerweise ganz auf die Begrenzung der Ausgabenpositionen.

Anders als die bürgerliche Opposition sieht denn auch der Rechnungshof die Risiken des Haushalts vor allem darin, dass erstens »Puffer, die in der Vergangenheit geholfen hatten (…) Risiken abzufangen, in den letzten Jahren bereits ausgeschöpft bzw. aus dem vorgelegten Haushaltsplan-Entwurf herausgestrichen wurden.« Das betrifft zum einen finanzielle Mittel (Haushaltsreste, aber auch beim Finanzsenator angesiedelte zentrale Reserven), die in den vergangen beiden Jahren die Folgen des Sparkurses abgemildert haben. Das betrifft zum anderen aber auch etwa die Zinsausgaben, die im Doppelhaushalt 2015/2016 vor dem Hintergrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus nur mehr mit den tatsächlich zu erwartenden Kosten »eingepreist« sind. In den Vorgängerhaushalten lagen die geplanten Zinsausgaben immer deutlich über den tatsächlichen, was Spielraum für zusätzliche Ausgaben geschaffen hat. Die logische Konsequenz: Da es im neuen Haushaltsplan keine Puffer mehr gibt, werden wir in den nächsten Jahren eine deutliche Verschärfung des Sparkurses erleben.

Der aber wird, so wie im Haushaltsentwurf geplant, nicht reichen – sagt der Rechnungshof, weil bei etlichen Ausgabenpositionen illusorisch niedrige Ausgabensteigerungen angenommen würden. Das betreffe etwa die gesetzlichen Leistungen. »Bei den Sozialhilfeausgaben (rund 12% der bereinigten Gesamtausgaben) betrug die durchschnittliche Steigerung in den Jahren 2008 bis 2013 rund 3,7%, bei den sonstigen gesetzlichen Leistungen (rund 10 % der bereinigten Gesamtausgaben) rund 5,0% gegenüber den jeweiligen Vorjahren.«

Selbst unter Berücksichtigung der für diesen Bereich noch vorgesehenen zentralen Vorsorge (2015: 37 Mio. Euro) geht der Rechnungshof davon aus, dass die geplante Ausgabensteigerung von 0,88% nicht zu halten ist. Sehr viel gewichtiger für die Gesamtplanung aber sind die Personalausgaben, die der Rechnungshof in den Haushaltsplänen für deutlich zu gering angesetzt sieht. »Die Personalkosten binden über 30 % der Gesamtausgaben. (…). Es ist fraglich, ob die ab 2016 deutlich geringer geplanten Steigerungsraten von unter 2% ausreichend sein werden.«
In Sachen Personalausgaben gibt es im Konsolidierungskonzept des SPD-Senats tatsächlich zwei Stellschrauben, die 2011 implementiert wurden: erstens sollen die Einkommen der im öffentlichen Dienst Beschäftigten nur um 1,5% jährlich steigen. Zweitens will man jährlich 250 Vollkräfte abbauen. Der Stellenabbau betrifft allerdings nicht alle Bereiche gleichmäßig – die »Heckenschere« ist deshalb ein falsches Bild.

Der Senat unterscheidet hier vielmehr zwischen »Schonbereichen« (Polizei, Feuerwehr, Lehrpersonal an Schulen und Hochschulen, Job Center team.hamburg und Bundesbauabteilung), wo kein Personalbbau stattfinden soll bzw. sogar ein Stellenzuwachs zulässig ist, und Bereichen der »direkten Steuerung«, wo entsprechend rigider Personal abgebaut werden muss. Die »Schonbereiche« umfassen nach Berechnungen des Rechnungshofs 56,1% des gesamten Personalbestands in Vollzeitkräften.

Erstreiten sich die städtischen Beschäftigten höhere Tarifeinkommenssteigerungen als die im Plan vorgesehenen 1,5% sollen im Unfang der dadurch entstehenden Personalmehrkosten zusätzliche Arbeitsplätze abgebaut werden. Welche das sein sollen, wird nicht zentral, sondern in den einzelnen Abteilungen der Behörden entschieden.

Faktisch werden mit diesen Vorgaben, wie bei der Haushaltsplanung insgesamt, wesentliche demokratische Rechte außer Kraft gesetzt. Die grundgesetzlich verankerte Tarifautonomie wird faktisch ausgehebelt, weil die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften unter das Diktat der Schuldenbremse gezwungen werden. Setzen sie »unbotmäßige« Tariferhöhungen durch, müssen sie mit dem Abbau von Arbeitsplätzen bezahlen. DIE LINKE moniert zurecht, dass das mit »arbeitnehmerfreundlicher« Politik gar nichts mehr zu tun hat, sondern vielmehr »eine Kampfansage an die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften« (Norbert Hackbusch) ist.

Dem Rechnungshof geht das allerdings – ganz seiner harten Sanierungslogik folgend – noch nicht weit genug. Er rechnet dem Senat vor, dass er mit seiner Abbaulinie seit 2011 bisher nicht erfolgreich war. »Für den Bereich der ›direkten Steuerung‹ ist das Ziel, 250 VK im Jahr abzubauen, im dritten Jahr (2013) zwar erreicht worden und insgesamt wurden über knapp drei Jahre 577 VK abgebaut. Gleichzeitig wurden aber im Bereich der ›gesonderten Steuerung‹ 1.645 VK aufgebaut. Betrachtet man den Gesamthaushalt, ist somit im Saldo kein Abbau erfolgt, vielmehr wurden rund 1.068 VK aufgebaut.« Als Folge dieses Personalaufbaus, über dem Plan liegender Tarif- und Besoldungserhöhungen sowie eines Anstiegs der Versorgungsempfängerzahl steigen die Personalausgaben nach dem Haushaltsplanentwurf von 2014 auf 2015 um 9,5%. Vor diesem Hintergrund sei die Annahme einer jährlichen Steigerung der Personalausgaben ab 2015 um 1,5% reine Augenwischerei.

Gehe man von realistischeren Annahmen aus (vor allem: Aktiv- und Versorgungsbezüge +2,0%) ergebe sich im Finanzplanungszeitraum bis 2018 bei den Personalausgaben ein zusätzlicher Konsolidierungsbedarf von rund 106 Mio. Euro. Dies bedeute praktisch, dass nicht nur 250, sondern 800 Vollkräfte im Jahr eingespart werden müssten. Nehme man noch die Landesbetriebe hinzu, bedeute dies für die Gesamtverwaltung »einen notwendigen Abbau von rund 900 VK jährlich, also beinahe dem Personalbestand einer mittelgroßen Behörden.« Um das umzusetzen schlägt der Rechnungshof vor, auf die Übertragung von Tarifabschlüssen auf die Beamtenbesoldung zu verzichten, die Wochen- und Lebensarbeitszeit zu verlängern, und die in den nächsten acht Jahre wegen Altersabgängen frei werdenden 15.000 Stellen weitgehend nicht neu zu besetzen.

Was dieser Crashkurs mit dem vorgeschlagenen Abbau einer mittelgroßen Behörde für die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und Umfang und Qualität öffentlicher Dienstleistungen bedeuten würde, darüber machen sich die neoliberalen Hardliner des Rechnungshofs natürlich keinen Kopf. Ihre Vorschläge werden deshalb so sicher auch nicht umgesetzt, aber klar ist: Der Druck aufs Personal wird durch die strikten Vorgaben der Haushaltskonsolidierungspolitik noch einmal enorm steigen, was für die Beschäftigten der Stadt und ihre BürgerInnen sehr unwirtliche Zeiten mit sich bringen wird.

Selbstverständlich ist eine solche gemeinwohlschädliche Politik nicht alternativlos. Das niedrige Zinsniveau könnte auch genutzt werden, um die überfälligen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur auf den Weg zu bringen und so auch neue Arbeitsplätze zu schaffen. Es könnte zudem genutzt werden, um einige gewichtige soziale Problemlagen in der Stadt mindestens zu mildern. Ein positives Beispiel dafür ist die gerade beschlossene Erhöhung der Mittel für die Flüchtlingsbetreuung für dieses Jahr um knapp 148 Mio. Euro auf insgesamt 300 Mio. Euro. Finanziert werden kann das vor allem aus den für dieses Jahr gegenüber dem Plan deutlich niedrigeren Zinsausgaben. Angesichts der großen Flüchtlingswelle fordert Sozialsenator Scheele allerdings zurecht eine bedarfsgerechte Beteilung des Bundes. Auch auf europäischer Ebene wäre eine solcher Fonds dringlich erforderlich, um die wachsenden Kosten für die Betreuung von Flüchtlingen in den Mitgliedsländern aufzufangen.

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