Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

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»Institut für Staatspolitik«
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Reiner Rhefus
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Linke Kommunalpolitik –
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33 Stätten der Erinnerung und Mahnung | Herausgegeben von der Willi-Bredel-Gesellschaft – Geschichtswerkstatt e.V.
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11. April 2013 von Joachim Bischoff und Bernhard Müller

Die Hanseatische Sozialdemokratie und die neue Schuldenregel

Der Hamburger SPD-Senat hat den BürgerInnen der Stadt versprochen, durch eine »sparsame Haushaltsführung« bis 2020 einen ausgeglichen Haushalt vorzulegen und damit die grundgesetzlich festgeschriebene »Schuldenbremse« einzuhalten. Die überhebliche Beflissenheit der hanseatischen SPD drückte sich in der demokratischen Trockenübung aus, die Schuldenregel auch in die Hamburger Verfassung zu übernehmen und ein »Finanzrahmengesetz« beschließen zu lassen, in dem sich der SPD-Senat selbst auferlegt, wie viel Geld die Stadt maximal ausgeben darf. Will dieser oder ein künftiger Senat dagegen verstoßen, müsste er zunächst die Bürgerschaft bitten, das Gesetz zu ändern – so eine scharfe Regelung ist nach Auskunft der Finanzbehörde bundesweit einmalig.

Um das so mehrfach beschworene Ziel zu erreichen, dürfen die jährlichen Ausgabensteigerungen 0,88% nicht übersteigen. Dies bedeutet schon angesichts der Preissteigerungsrate praktisch, dass in vielen Bereichen jährlich Ausgabenkürzungen stattfinden müssen. So sollen pro Jahr 250 Stellen (Vollzeitäquivalente) gestrichen werden. Eine solche Politik hat natürlich gravierende Folgen für das städtische Personal und Quantität und Qualität der von der Stadt angebotenen Dienstleistungen.

Es war absehbar, dass diese Methode der sanften oder schleichenden Haushaltskonsolidierung, die auf brachiale Eingriffe in die Ausgabenstruktur und »Giftlisten« verzichtet und stattdessen über die Jahre verteilt in den verschiedenen Ausgabenbereichen moderat erscheinende Ausgabenreduktionen vornimmt, sehr schnell an ihre Grenzen stößt – insbesondere dann, wenn die gute Konjunktur der letzten Jahre und damit sprudelnde Steuereinnahmen – wie sich bereits im IV. Quartal 2012 angedeutet hat – ein Ende findet. Kommen dann noch »unvorhergesehene« Einnahmeausfälle (z.B. Dividendenausfälle bei Hapag Lloyd) und Ausgabensteigerungen (z.B. Hafenausbau: +243 Mio. Euro, Elbphilharmonie 300 Mio. Euro + oder weitere Millionen Euro für die HSH Nordbank hinzu) ist schnell das Ende der Fahnenstange erreicht.

Dies zeigt sich jetzt auch bei der Debatte über die Folgen der Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst für den Hamburger Haushalt. Im März hatten sich die Länder und Gewerkschaften nach langen Verhandlungen geeinigt – mit spürbaren Auswirkungen für die Etats der Länder. Die Gewerkschaften hatten für die Angestellten in den Länderbehörden und Landesbetrieben ein Lohnplus von 2,65% für dieses und 2,95% für das Jahr 2014 ausgehandelt. Außerdem haben sie gefordert, den Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst von insgesamt 5,6% für 2013/2014 ohne Abstriche auf die Landesbeamten zu übertragen. Hamburg wird dem im Unterschied zu anderen Bundesländern nachkommen und den Abschluss in gleicher Höhe auch auf seine Beamten übertragen. Das hatte Bürgermeister Scholz den Gewerkschaften zugesichert. In diesem Jahr wird der Tarifabschluss für die rund 68.000 Beschäftigten der Stadt rund 140 Mio. Euro, im kommenden Jahr noch einmal 156 Mio. Euro kosten – zusammen also fast 300 Mio. Euro.

Aber das trostlose Argument, bei knappen Kassen müsse man auch beim Personal kürzen, bleibt auch den Hamburger Beschäftigten nicht erspart. Das Dilemma: Finanzsenator Peter Tschentscher hat nur Tarifsteigerungen von 1,5% in seiner Haushaltsplanung für 2013/2014 eingeplant. Die Lücke allein 2013 beträgt damit rund 45 Mio. Euro, im kommenden Jahr werden es beinahe 104 Mio. Euro sein. Tschentscher hatte noch im letzten Jahr vorsorglich angekündigt: »Wenn die Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst 1,5% übersteigt, müssen wir zur Not mehr als 250 Stellen pro Jahr streichen.«

Kurz nach dem Tarifabschluss
hat der Senat die Ankündigung dann relativiert: Die Mehrausgaben müssten nicht »automatisch« durch Personalabbau gegenfinanziert werden. Also »never mind«? Keineswegs. Denn die Mehrkosten sollen nun im Rahmen der Behörden aufgefangen werden. Der Senat sei »bei seinem Beschluss über den Haushaltsentwurf 2013/2014 davon ausgegangen, dass im Haushaltsvollzug auftretende Mehrbedarfe der Behörden grundsätzlich im Rahmen der Bedarfe, die sich aus Tarif- und Besoldungsanpassungen ergeben.« Die Behörden müssten also selbst zusehen, wie sie mit dem zugewiesenen Geld auskommen. Dabei könnten sie auf Reserven zurückgreifen, die genau dafür an alle Behörden verteilt worden seien. »Durch die bisherige Personalreduzierung und sparsame Haushaltsführung haben die Behörden im vergangenen Jahr Haushaltsreste von rund 60 bis 100 Mio. Euro erwirtschaftet. Damit können wir vermutlich die zusätzliche Tarifsteigerung 2013 und 2014 ausgleichen.«

Das wird »vermutlich« nicht reichen. Soll deshalb die Vorgabe des Senats auf Behördenebene eingehalten werden, wird das nicht ohne weiteren Personalabbau vor sich gehen. Da aber in vielen »Amtsstuben« vor allem auf Bezirksebene die Personaldecke schon so stark ausgedünnt ist, dass (aufwachsende) Dienstleistungen mindestens nicht mehr in der gewünschten Qualität erbracht werden können, muss der SPD-Senat entweder gibt der SPD-Senat die selbstgesetzte Grenze von 0,88% jährlichen Aufgabensteigerung aufgeben und das durch entsprechende Einnahmeverbesserungen (Steuerprüfungen, Initiativen für Steuererhöhungen auf Bundesebene) absichern oder aber die Politik der Haushaltskonsolidierung schlägt in eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen   um. Ein Opfer dieser Politik steht schon jetzt fest: Da sind die Beschäftigten der Zuwendungsempfänger (Träger, Organisationen und Vereine). Diese würden, heißt es lakonisch, 2013/2014 auf dem bisherigen Niveau gefördert. Dies schlösse aber ein, »dass rein rechnerisch keine Preis- und Tarifsteigerungen weitergegeben werden können«.

Dabei sind die 140 Mio. Euro Mehrausgaben fürs städtische Personal in 2013/2014 eher noch das kleinere Problem. Denn die drohenden Mehrkosten im Bereich der maritimen Wirtschaft, der Elbphilharmonie und der HSH Nordbank summieren sich auf deutlich über eine Mrd. Euro. Tschentscher sieht auch hierfür ausreichende Vorsorge getroffen: »Wir haben für diesen Fall Reservemittel in ausreichender Höhe vorgesehen, die wir jetzt nutzen können. Wir müssen in solchen Fällen mit dem Geld auskommen, das im Haushalt steht.« Die im Haushalt 2013/2014 vorgesehenen Mehr- und Minderausgaben in Höhe von etwa 700 Mio. Euro sind allerdings schon jetzt so gut wie verfrühstückt. Sollten die Steuereinnahmen in diesem Jahr dann auch noch deutlich unter den Planzahlen bleibt, ist der Senat sehr schnell mit seinem Latein am Ende.

Das gesellschaftspolitische Latein war noch nie die Stärke der SPD. Viel gravierender ist die Logik mit Verweis auf die knappen Kassen den Beschäftigten eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen aufzubürden. Bislang hat sich das versprochene »gute Regieren« eben nicht durch Offenheit, breite Beteiligung und gerechte Lastenverteilung ausgezeichnet.


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