Der rechte Rand

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4. Januar 2018 Peter Stahn

Wohnen in Frankfurt - wem gehört die Stadt?

Was es bedeutet, sich keinen Wohnraum leisten zu können, davon können rund 860.000 Menschen in Deutschland Zeugnis ablegen. So viele haben 2016 über keinen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum verfügt. Gegenüber 2014 bedeutet das eine Steigerung um 150 Prozent. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) prognostiziert von 2017 bis 2018 einen weiteren Zuwachs um ca. 350.000 auf dann ca. 1,2 Millionen wohnungslose Menschen.

Das wäre eine weitere Steigerung um ca. 40 Prozent. In diesen Zahlen ist auch die Zahl der wohnungslosen anerkannten Flüchtlinge, die die BAG W auf ca. 440.000 Menschen schätzt, enthalten. Diese zusätzliche Gruppe Wohnungsloser, die im Regelfall zunächst weiterhin in den Gemeinschaftsunterkünften geduldet wird, stellt also ca. 50 Prozent aller Wohnungslosen in Deutschland. Die übrigen Wohnungslosen leben teilweise in Notunterkünften, Wohnheimen oder bei Freunden – manche aber auch auf der Straße. Armut ist neben der verfehlten Wohnungspolitik der Hauptgrund für den Anstieg der Wohnungslosigkeit. 

Die Zuwanderung habe die Gesamtsituation dramatisch verschärft, sei aber keinesfalls alleinige Ursache der Wohnungsnot, erklärt Thomas Specht, Geschäftsführer der BAG W. Die »wesentlichen Ursachen für Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit liegen in einer seit Jahrzehnten verfehlten Wohnungspolitik in Deutschland, in Verbindung mit der unzureichenden Armutsbekämpfung« betont Specht (Mitt. der BAG W v. 14.11.17).

Besonders in den Städten ist die Sorge, einen bezahlbaren Platz zum Wohnen zu finden, enorm gestiegen und betrifft schon lange nicht nur die Einkommensschwachen. Für den Psychologen und Gründer des Marktforschungsinstituts Rheingold, Stephan Grünewald, gehört Wohnraum zur Grundversorgung der Menschen: »Wenn es der Politik nicht gelingt, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist das auch für die Psyche der Stadtbewohner ein riesiges Problem. (..) Fehlt er, führt das zur Verunsicherung und trifft auch die Mittelschicht.« Und »wenn Wohnraum knapp und teuer wird, führt das zu einer Entwicklungsblockade« (FAS v. 31.12.17). 

Das Gefühl der mangelnden Wertschätzung durch die Politik entsteht so leicht bei Wohnungslosen und Flüchtlingen, Obdachlosen und osteuropäische Zuwanderern genauso wie bei den sog. Mittelschichten, die keinen angemessenen Wohnraum finden. In dieser Notsituation werden leicht Ressentiments gegenüber Zugewanderten und Ängste vor »Armutsmigranten« aus Osteuropa geschürt, die angeblich nach Deutschland kämen, um Sozialleistungen zu kassieren. Anstatt die Gründe für den Erfolg von Rechtspopulisten in den Versäumnissen der Wohnungs- und Sozialpolitik zu suchen, gräbt manch ein Politiker - beispielsweise Seehofer - weiter rechts: «Wir sind nicht das Sozialamt für die ganze Welt» (Passau, 2015). 

Maßgeblich für den dramatischen Anstieg der Zahl der Wohnungslosen ist das unzureichende Angebot an bezahlbarem Wohnraum, der Sozialwohnungsbestand schrumpft ständig. Seit 1990 ist nach den Angaben der BAG W der Bestand an Sozialwohnungen um ca. 60 Prozent gesunken. 2016 gibt es noch ca. 1,2 Millionen Sozialwohnungen, bis 2020 werden weitere 170.000 aus der Bindung fallen. »Zusätzlich haben Kommunen, Bundesländer und der Bund eigene Wohnungsbestände an private Investoren verkauft. Damit haben sie Reserven bezahlbaren Wohnraums aus der Hand gegeben« so Specht.

In Hessen fehlen nach einer Untersuchung des Verbandes der südwestdeutschen Wohnungswirtschaft jährlich 37.000 Wohnungen. Tatsächlich würden aber nur 17.000 Wohnungen jährlich fertiggestellt. Vor allem in den Ballungsräumen und Studentenstädten ist preisgünstiger Wohnraum kaum noch zu finden. Dass die Landesregierung der Wohnungspolitik kein eigenes Ressort widmet, ist laut Specht ein Fehler. Spätestens nach der Landtagswahl 2018 müsse sich ein eigenständiges Bauministerium um das Thema kümmern. Specht: »Wir brauchen höhere Zuschüsse, sonst rechnet sich der Bau von Sozialwohnungen nicht« (FAZ v. 21.12.2016).

Schon seit Jahren wird viel zu wenig gebaut. In Frankfurt werden jedes Jahr durchschnittlich 2426 Wohnungen zu wenig gebaut (bundesweit über 100.000). Zudem fallen öffentlich geförderte Sozialwohnungen aus der temporären Preisbindung und werden nicht erneut gebunden. In Frankfurt gab es 1990 noch 70.000 Sozialwohnungen, heute weniger als 27.000. Laut Planungsdezernent Mike Josef (SPD) verlassen jedes Jahr 50.000 Menschen Frankfurt in Richtung Umland, viele unter ihnen vor allem, weil sie sich die Stadt nicht mehr leisten können - die Hälfte habe in einer  Befragung angegeben, dass sie gerne in Frankfurt geblieben wäre. 

Die »Wohnraumversorgungsquote« in Frankfurt sank nach Angaben des Wohnungsamtes in Frankfurt auf 90,4 Prozent und das bedeutet, dass immer mehr Menschen, die getrennte Haushalte führen, sich eine Wohnung teilen. Es gibt in Frankfurt also mehr Haushalte (415.054) als Wohnungen (375.006). Für einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt fehlen rund 40.000 Wohnungen. Und die Lage für Wohnungssuchende verschärft sich zusehends. Die Frankfurter Bevölkerung wächst jährlich um ca. 16.000 Einwohner, aber nur 3.300 Wohnungen sind im letzten Jahr hinzugekommen.

Infolge des Wohnraummangels steigen die Mieten insbesondere in den Städten wie verrückt. Und das gilt vor allem auch für Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet. Wer jetzt in Frankfurt umziehen oder neu mieten muss, zahlt zwischen 13 und 15 Euro und je nach Lage noch mehr Miete pro Quadratmeter. Für die allermeisten Bürger mit einem mittleren Einkommen ist deshalb die Anmietung eines angemessenen Wohnraums in Frankfurt in zunehmenden Maße nicht mehr erschwinglich. Für Familien mit einem mittleren Haushaltseinkommen sind Wohnungen - wenn überhaupt  vorhanden - nur noch bis 60 Quadratmetern drin. Während die Nettokaltmieten seit 2010 bis zu 50 Prozent anstiegen, haben sich die Einkommen im gleichen Zeitraum nur um acht Prozent erhöht. Ca. 40 Prozent des Einkommens für die Warmmiete auszugeben ist mittlerweile bei Neuvermietung zum Standard in Frankfurt geworden. Diejenigen, die die hohen Mieten nicht stemmen können, Bezieher eines durchschnittlichen Einkommens und darunter, prekär Beschäftigte, Alleinerziehende, verarmte Rentner und weniger gut betuchte Studierende werden zunehmend an den Rand oder aus der Stadt verdrängt. Der Kostendruck auf die Studierenden ist in München, Köln und Frankfurt mit monatlichen Mietpreisen bis zu 665 Euro für ein Zimmer am höchsten.

Vor Verdrängung aus der Stadt schützte lange Zeit ein gemeinnütziger Wohnraumsektor. Der wurde 1989 von der Kohl-Regierung abgeschafft. »Nach 1989 haben dann viele kommunale Wohnungsbaugesellschaften Bestände verkauft oder die Miete stark angehoben. Bis 1989 waren etwa im Frankfurter Gallus 70 Prozent aller Wohnungen Eigentum gemeinnütziger Unternehmen und damit preisgebunden. Damals konnte es dort keine Gentrifizierung geben. Heute sind vielleicht noch gut 30 Prozent der Wohnungen im Gallus nicht in privater Hand, aber davon gehören die meisten der AGB, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, die bis vor kurzem gewinnorientiert die Mieten in die Höhe getrieben hat« sagt Sebastian Schipper vom Institut für Humangeographie der Goethe-Universität (Journal Frankfurt 2017/14). Er spricht sich für  die Reaktivierung der Förderung des gemeinnützigen Wohnungssektors ähnlich wie vor 1989 aus. 

Zwar hat inzwischen ein Umdenken bei AGB und der Politik nicht zuletzt auch durch breite Bürgerproteste und die Abwahl des schwarz-grünen Magistrats 2016 stattgefunden. Es wird im neuen Magistrat zusammen mit OB Feldmann ernsthaft versucht, Investoren dazu zu bringen, dass bei Neubauten 30 Prozent für geförderten Wohnraum bereitgestellt werden. Allein selbst das wird aber nicht reichen, um die gegenwärtige Wohnungsnot einzudämmen. In Frankfurt haben laut einer Studie des Instituts für Wohnen und Umwelt 49 Prozent der Mieterhaushalte Anspruch auf eine Sozialwohnung. Die Quote müsste also bei mindestens 50 Prozent  liegen. 

Die Kommunen können zudem ab 2018 Neubau- und Verdichtungsareale als urbane Gebiete ausweisen »und so Wohnen und Gewerbe viel intensiver zusammenbringen, wie es auch der Städtebaubeirat fordert. Wenn sie das tun, könnte es wirklich zu einer Wende und sogar zur Blüte einer neuen Stadtbaupolitik kommen« träumt die FAZ. Die Lokalpolitik sei im Jahr 2017 viel weniger, das Opfer eines Marktes, der alles diktiert. Sie könne viel besser als früher eine Idee vorgeben, was die Stadt ist, und Regeln, nach denen gebaut wird. Investoren und Bauindustrie werden - so die Einschätzung - manchmal gern, machmal zähneknirschend, mitmachen - wo doch so viel Geld zu verdienen sei mit dem Wohnen in der Stadt (vgl. FAZ v. 31.01.2017). Fakt dagegen ist: es werden zur Zeit noch eine Reihe Wohnhochhäuser und kombinierte Büro-Wohntürme nach alten noch gültigen Plänen gebaut, die so gut wie keinen sozial geförderten Wohnraum enthalten. Der Architekt mehrerer Wohnhochhäuser in Frankfurt ist überzeugt: »Man kann den Anteil von 30 Prozent öffentlich geförderten Wohnraums aber nicht in jedem Gebäude verwirklichen. Das Wohnhochhaus löst nicht das Problem des Wohnungsmangels« (FR v. 28.12.17). 

Eine neue Stadtbaupolitik, die die Wohnungsfrage im Interesse der Vielen lösen will, ist zwingend auf die finanzielle Unterstützung von Bund und Land angewiesen. In Frankfurt wird indes der Versuch einer neuen sozialeren Baupolitik von der hessischen Landesregierung konterkariert. So wurde einst von der schwarz-gelben Landesregierung das Gesetz zur Wohnraumzweckentfremdung abgeschafft - vorgeblich um das Bauen anzukurbeln. Mit ihm hätte die Stadt die Möglichkeit gehabt, zum Zwecke der Spekulation leerstehenden Wohnraum wieder dem Markt zuzuführen. Und anstatt der Stadt die möglichen Mittel an die Hand zur geben, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Spekulation auf dem Immobilienmarkt wirksam bekämpfen zu können, verabschiedet die schwarz-grüne Landesregierung obendrein ein Gesetz zur Verkürzung der Sozialbindung, was den Wegfall von weiteren 2900 Sozialwohnungen bedeutet (vgl. FAZ v. 24.02.2017). 

Zudem spekuliert die Landesregierung gegenwärtig selber auf dem freien Immobilienmarkt mit einer seit zehn Jahren ungenutzten Fläche, der des ehemaligen Polizeipräsidiums, die mitten in der Stadt in der Nähe des Hauptbahnhofs in Frankfurt liegt, ohne die Stadtbaupolitik einzubinden. Sie will das Gelände an einen meistbietenden Investor für den Bau eines Büroturms versteigern. Die Stadt hingegen will hier ein urbanes Quartier, ein durchmischtes Quartier mit Wohnungen und Arbeitsplätzen sowie einer anderen Verteilung der Baumasse entstehen lassen. Selbst die Industrie- und Handelskammer gibt der Stadt Rückendeckung: »Wir brauchen keinen zweiten Bürostandort wie seinerzeit in Niederrad, sondern urbane Viertel. Die derzeitige Strategie der Stadt, auf Mischquartiere, Co-Working-Spaces und die Revitalisierung von Bestandsimmobilien zu setzen, funktioniert gut« (FAZ v. 17.10.17). Von der Landesregierung heißt es dazu geradezu zynisch: »Sozialer Wohnungsbau als Teil einer gemischten Bebauung ist für das Land ebenfalls denkbar. Allerdings müssten auch die haushaltsrechtlichen Vorgaben des Landes im Blick behalten werden« (FNP 15.11.2017).

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lebe (CDU) fragt sich, ob Bund und Länder wüßten, wie die Verhältnisse in den Städten sind: »Eine Reihe von Kommunen sind, um die Flächen für Wohnraum zu schaffen, darauf angewiesen, dass Liegenschaften des Bundes oder des jeweiligen Landes genutzt  werden … der Bund will ein Höchstgebot. Das verteuert aber das Bauen und Wohnen deutlich…« (FAZ v. 29.12.17). 

»Wem gehört die Stadt?« fragt sich Lebe: »Allen, die hier Leben. Gebaut und gestaltet werden muss deshalb so, dass die Menschen ihre Stadt  auch annehmen. Die Stadt  soll sich ein wenig  so anfühlen wie eine Großfamilie. Dazu muss man Identifikationen schaffen. Räume und Viertel, auf die man stolz ist. Der Einzelhandel entwickelt sich nur dort, wo die Leute gerne hingehen, wo sie Angebote bekommen, die sie lieber nutzen, als zu Hause vor dem Bildschirm zu sitzen. Das liefern nicht immer die Investoren, die mit ihren Shopping-Centern den höchsten Preis bieten. Das ist vielleicht kurzfristig gut für den Haushalt, aber langfristig schlecht für die Zukunft  der Stadt« (ebd.). 

Es wäre höchste Zeit der gegenwärtig stattfindenden regelrechten Rekordjagd auf dem Investmentmarkt nach Grundstücken und Immobilien in Frankfurt - Investoren sprechen bereits von einem Zehn-Jahres-Hoch - Einhalt zu gebieten und diese Fläche dem Markt zur entziehen und mit einem wesentlichen Anteil an bezahlbaren Wohnungen bebauen zu lassen. Wenn man die Wohnraumversorgung ohne Auflagen dem Markt überließe, würden wie in Frankfurt zur Zeit fast nur noch Büro- oder Wohnhochhäuser gebaut, die für die Investoren eine hohe Rendite mit Wohnungsmieten um rund 35 Euro pro Quadratmeter versprechen, die bislang nur mit Büros erreicht werden konnten. 

In Frankfurt sind zur Zeit zwölf Wohnhochhäuser im Bau, für die alle keine Verpflichtung besteht, einen Anteil geförderte oder Sozialwohnungen zu schaffen. Im Grand Tower, einem der neuen Wohntürme mit geplanten 172 Metern, entstehen beispielsweise 400 Wohnungen auf 51 Etagen, die im Durchschnitt 8700 Euro den Quadratmeter und ein Penthouse 8,3 Millionen kosten. Die Befürchtung, dass die Wohnungen in den Türmen nur der Kapitalanlage dienen, dass dort tatsächlich gar nicht gewohnt wird, findet der Architekt dieses und zwei weiterer Wohnhochhäuser in Frankfurt nicht bedenklich: Wohnhochhäuser seien »auch ein Anlageprodukt, das ist auch gut so. Dass jemand eine Zweitwohnung in Frankfurt hat, finde ich nicht schlimm. Der Grand Tower ist eines der ersten Produkte, das auch für ausländische Investoren interessant ist« (FR v. 28.12.17).

Mehr öffentlich geförderten Wohnraum für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen schaffen fordert deshalb die SPD für Frankfurt. Es brauche neben der Verpflichtung für neue Bauprojekte, 30 Prozent geförderten Wohnraum zu schaffen, dringend ein Sonderprogramm »Wohnen in der Metropolregion«, das vom Bund und den Ländern finanziert werden muss. Die Metropolregionen dürften bei der Bewältigung  der Wohnungsnot nicht allein gelassen werden. Zudem wolle die Frankfurter SPD, dass Ehepaare ohne Kinder, Single-Haushalte und Lebensgemeinschaften ebenfalls die Möglichkeit bekommen, eine geförderte Wohnung  zu erhalten (vgl. Journal Frankfurt 2017/14). Die Partei Die Linke unterstützt diese Forderung mit einem entsprechenden Antrag zur Aufnahme der Forderung eines bezahlbaren Wohnraums für jeden in die hessische Verfassung. 

Auch der Landesverband Hessen des Bunds Deutscher Architekten (BDA) fordert angesichts der fortdauernden Wohnungsnot in den Ballungsgebieten Hessens als Staatsziel in die hessische Verfassung aufzunehmen, dass jeder Bewohner des Landes Hessen Anspruch auf eine angemessene Wohnung habe. Es sei Aufgabe des Staates, die Verwirklichung dieses Anspruchs zu fördern: Die aktuelle Wohnungsnot gefährde den sozialen Frieden und verletzte die Menschenwürde. Eine angemessene Wohnung diene dem Schutz der Privatsphäre und der Entfaltung der Persönlichkeit. Sie wirke sich damit unmittelbar auch auf die Qualität des Zusammenlebens, die Bereitschaft zum Engagement für die Gemeinschaft und die Qualität des öffentlichen  Raums  aus, der nur dann seine Funktion als freier Begegnungs- und Kommunikationsraum erfüllen könne, wenn es eine sichere Privatsphäre gebe, so der BDA in seiner Begründung. 

Gegen Immobilienspekulation helfen nach Ansicht von Schipper vom Institut für Humangeographie vor allem zwei Aspekte. ein strengerer Mieterschutz und eine Eigentümerstruktur, die nicht gewinnorientiert sei, zum Bespiel durch mehr an Genossenschaften und öffentlichem Wohnraum, sowie eine funktionierende Mietpreisbremse mit einem Mietspiegel, in dem alle Mieten aufgenommen werden (nicht nur der letzten vier Jahre). Doch um langfristig was an der Wohnungspolitik zu ändern, müsse politischer Druck von unten kommen: Stadtteilgruppen, Mieterinitiativen und Demos: »Von sich aus wird sich wenig ändern. Es passiert zwar schon eine Menge, es muss jedoch mehr geschehen« (vgl. Journal Frankfurt 2017/14).

Die Fragen nach Grundbesitz und Bodenspekulation als den eigentlichen politischen Bedingungen für das Wohnen in Städten, werden auch in dem Kurzfilm »The Property Drama« aus Deutschland, der auf der Architekturbiennale in Chicago bisher mehr Aufsehen erregte als noch hierzulande, gestellt. Es geht in dem Film um die materielle Basis der Stadtgesellschaft, »es geht darum, wie die Politik die Steuerung dessen, was eine Stadt ausmachen sollte, zurückgewinnen kann« (vgl. die Besprechung in der FAZ v. 8.11.2017). »Property Drama« erzählt »blitzlichtartig anhand kurzer historischer Aufnahmen, was passierte, als die öffentliche Hand sich vermehrt von der Kontrolle über den Boden zurückzog und ihn dem Spiel der Marktkräfte überließ und in der Folge die städtische Baupolitik endgültig vor wirtschaftlichen Privatinteressen kollabierte« (vgl. ebd.) wie die Beispiele der Verdrängung der Mittelklasse aus Manhattan oder der Besserverdienenden durch noch reichere russische und arabische Investorengruppen aus London zeigen. »Property Drama« ist Mahnung an die Politik und Aufforderung zugleich, die Zukunft unserer Städte nicht dem Markt zu überlassen.

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