Der rechte Rand

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15. Dezember 2017 Björn Radke

Schleswig Holstein: »Unser Haushalt 2018 atmet Zukunft«– wirklich?

Regierung und Opposition haben sich im schleswig-holsteinischen Landtag eine Debatte über den Haushaltsentwurf 2018 geliefert. Unter dem blumigen Motto »Unser Haushaltsentwurf 2018 atmet Zukunft« legt die grüne Finanzministerin der Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein ein halbes Jahr vor den Kommunalwahlen den Etat-Entwurf der Regierung vor.

Die Regierung will im kommenden Jahr mit Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Innere Sicherheit und Digitales deutliche Akzente setzen. »Mit dem ersten Haushalt der Jamaika-Koalition wollen wir frische Impulse setzen, um Schleswig-Holstein noch sicherer, schlauer, gerechter und attraktiver zu machen«, sagte Ministerpräsident Daniel Günther. »Wir starten eine Bildungsoffensive, investieren in die Infrastruktur und stärken die Innere Sicherheit. Das ist ein ehrgeiziger Haushalt für die großen Herausforderungen unseres Landes.« Der Entwurf sei zukunftsgerichtet und generationengerecht.

Ein zentraler Punkt: Im nächsten Jahr sollen 395 neue LehrerInnenstellen geschaffen werden. Ursprünglich war vorgesehen, 495 Stellen im öffentlichen Dienst abzubauen, weil angeblich nur über Personalabbau eine Sanierung der öffentlichen Finanzen erreicht werden könne. Jetzt erfolgt der Kurswechsel in Sachen Verschlankung des Staates. Auch für Polizei, Justiz und Verfassungsschutz will man mehr Geld geben. »Wir wollen Schleswig-Holstein sicherer, schlauer, gerechter und attraktiver machen«, erklärt der Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und lobt die Finanzministerin Heinold, weil sie streng auf die Einhaltung der Schuldenbremse geachtet habe. Heinold schätzt ihr Zahlenwerk als Gesamtkunstwerk ein, was nicht ganz falsch ist.

Das gesamte Investitionsvolumen umfasst 1,07 Mrd. Euro bei einer erwarteten Gesamteinnahme von 12,04 Mrd. Euro, ein Plus von 625 Mio. Euro zum Soll des laufenden Jahres. Die Ausgaben sollen um fast 500 Mio. auf 11,86 Mrd. Euro steigen. 531 Mio. Euro sind für Zinsen geplant. Nicht ganz 36% aller Ausgaben sind Personalkosten. Für eine höhere Qualität an Kitas gibt es fünf Mio. Euro. 5,2 Mio. Euro zusätzlich sind für Polizei und Verfassungsschutz veranschlagt. In das Sonderprogramm »Impuls« zum Abbau des Sanierungsstaus in der Infrastruktur werden 211 Mio. Euro eingestellt. Nicht zuletzt: Der Haushaltsentwurf sieht auch eine Schuldentilgung im Umfang von 185 Mio. Euro vor.

Die Ausgaben für Investitionen steigen gegenüber dem Soll 2017 um 174 Mio. Euro auf 1.069 Mio. Euro. Die Investitionsquote liegt bei 9% gegenüber 7,9% im vergangenem Haushaltsjahr. Die Defizitabbauvorgabe wird eingehalten. Gegenüber dem Soll 2017 sinkt der strukturelle Finanzierungssaldo um 68 Mio. Euro. Die Bundeshilfe wegen »Überschuldung« in Höhe von 80 Mio. Euro ist daher gesichert.

Finanzministerin Monika Heinold betonte den Anspruch, auch weiterhin mit ausgeglichenen Haushalten zu arbeiten und gleichzeitig das Land weiter zu modernisieren: »Wir agieren mit Herz und Verstand. Jamaika packt entschlossen an. Wir setzen sowohl auf Schuldentilgung als auch auf gezielte Investitionen. So gestalten wir die Zukunft in Schleswig-Holstein.« Mit zusätzlich 289 Ausbildungsplätzen stellt das Land 2018 damit 2.246 Plätze zur Verfügung. Insgesamt sind für Personalausgaben in 2018 rund 4,3 Mrd. Euro eingeplant. Diese Zahlen nehmen sich angesichts der von allen Regierungen seit Jahren vollzogenen Ausdünnung der Beschäftigten im öffentlichen Sektor doch ziemlich mickrig dar.

Mit dem Haushaltsentwurf startet das Land eine »Bildungsoffensive in den Bereichen Schule, Hochschule und Kita«. Für Ministerin Heinold gar »der Höhepunkt dieses Haushalts«. Im Jahr 2018 sollen nicht wie ursprünglich vorgesehen 495 Stellen abgebaut, sondern 395 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Damit stehen für 2018 rechnerisch insgesamt 890 mehr Stellen zur Verfügung. Die entsprechenden Mehrausgaben belaufen sich für 2018 auf 19,6 Mio. Euro, in 2019 auf 44,6 Mio. Euro.

Um den im Infrastrukturbericht beschriebenen Sanierungsstau schrittweise abzubauen und das Land zu modernisieren sind über das Sonderprogramm »IMPULS 2030« rund 211 Mio. Euro vorgesehen. Die wesentlichen Schwerpunkte liegen in der Sanierung von Landesstraßen (58 Mio. Euro), Hochschulen (35 Mio. Euro), Krankenhäusern (16 Mio. Euro), Justizvollzugsanstalten (neun Mio. Euro), klimaneutralen Liegenschaften (sieben Mio. Euro) und in Investitionen in die IT und Digitalisierung (26 Mio. Euro). Im Wirtschaftsplan des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr sind 27 Mio. Euro für die Landesstraßen vorgesehen. Die Zuwendungen an den Landesbetrieb werden insgesamt von 106 Mio. Euro auf 111,2 Mio. Euro erhöht. Um das bereitgestellte Geld auch tatsächlich verbauen zu können, sollen die noch offenen Stellen für PlanerInnen besetzt und zehn zusätzliche Stellen geschaffen werden. Das Land schafft zudem die Voraussetzung für die Einrichtung eines neuen Studiengangs »Bauingenieurwesen« an der Fachhochschule Kiel, um mittelfristig leichter Planungskräfte gewinnen zu können.

Auch diese Maßnahmen sind weniger Zukunftsinitiativen als der Versuch offensichtliche Fehlentwicklungen durch den permanenten Abbau von Personalstellen und die damit einhergehende Dequalifizierung zu begrenzen.

Für die gesetzlichen Erstattungsleistungen im Rahmen der Sozialhilfe, der Grundsicherung, der Jugendhilfe für die unbegleiteten minderjährigen Ausländer, der Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz und dem Pflegewohngeld kommt das Land 2018 mit rund 1,2 Mrd. Euro auf. Um ambulante, stationäre und intersektorale Angebote zu stärken, wird mit zwei Mio. Euro im Haushaltsentwurf 2018 erstmalig ein Versorgungssicherungsfonds eingerichtet. Die Mittel für die Förderung von Schulplätzen werden im Rahmen der Ausbildung in der Altenpflege um eine Mio. Euro aufgestockt. Das Zukunftslabor zur Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme wird im Rahmen des vorhandenen Budgets mit 250.000 Euro ausgestattet. Der Haushaltsentwurf 2018 sieht asylbedingte Gesamtausgaben in Höhe von rund 474 Mio. Euro vor. Der Bund beteiligt sich daran mit 174 Mio. Euro zu 37%. Gegenüber dem Haushalt 2017 sinken die Landesausgaben damit um rund 65 Mio. Euro.

Fakt ist: Dieser Haushaltsentwurf setzt einige Vorhaben der Jamaika-Koalition um, ohne wirklich an den großen Baustellen des Landes zukunftsträchtig Hand anzulegen. Für die Finanzministerin gilt: »Wenn ich alle Forderungen, die für den 2018er-Haushalt auf dem Tisch lagen, addiere, hätte ich locker eine halbe Milliarde Euro mehr ausgeben können. Als Gegenargument hilft mir die Schuldenbremse. Die verpflichtet uns von Verfassung wegen, nur die Mittel auszugeben, die absehbar dauerhaft da sind – und den Rest in Tilgung zu stecken. Zwar gilt die schwarze Null erst ab 2020, aber wir praktizieren sie schon jetzt, damit wir nicht durch unvorhergesehene Entwicklungen, Einnahmeausfälle oder notwendige Ausgabensteigerungen abrupt einen harten Spargang einlegen müssen.«

Ob diese Rechnung aufgeht, ist nicht sicher, denn schon der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein stellt fest: »Das größte Risiko für die Landesfinanzen stellt die HSH Nordbank dar.« So heißt es im jüngsten Bericht, die Bank habe Schleswig-Holstein bereits Milliarden gekostet und »viele weitere« könnten noch hinzukommen. Peter Nippel, Finanzwissenschaftler an der Uni Kiel, hält es für realistisch, dass die Landeshaushalte von Hamburg und Schleswig-Holstein am Ende bei »Kosten von 15, 16 Milliarden landen – ohne dass wir dafür noch unbedingt neue Beschlüsse der Landesparlamente bräuchten, die dazu führen, dass noch weiteres Geld fließt«. Es ist kaum anzunehmen, dass in den nächsten Haushalten bis zu acht Mrd. Euro zurückgestellt werden können. Umso mehr setzt die Regierung auf das Prinzip Hoffnung.

Ebenso unsolide ist die Hoffnung auf weiter sprudelnde Steuereinnahmen, die bisher die Basis der Gegenfinanzierung dargestellt haben. Im Bericht des „Ministeriums für Inneres, ländliche Räume und Integration vom 12.12.2017 heißt es: »Nach der aktuellen Steuerschätzung von November 2017 können Bund, Länder und Kommunen auch in den nächsten Jahren mit soliden Steuereinnahmen rechnen. (…) Für 2018 wird mit einer Wachstumsrate von 1,9 % gerechnet. Die Gesamteinnahmen der Kommunen in Schleswig-Holstein steigen 2017 gegenüber 2016 beträchtlich, und zwar von 4.548,2 Mio. € um 532,1 Mio. € oder 11,7 % auf 5.080,3 Mio. €. Dies stellt den höchsten absoluten Zuwachs seit Einführung des Euro dar. (…) Spürbare Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sind bei einer Reihe von Kommunen bereits zu verzeichnen. Obwohl die Kommunen 2015 den hohen Zustrom an Schutzsuchenden zu bewältigen hatten, ist absehbar, dass sich in Schleswig-Holstein die Finanzlage der Kommunen 2015 weiter verbessert hat. So wird sich der Bestand an den in vergangenen Jahren aufgelaufenen Defiziten bei den Kommunen in Schleswig-Holstein erstmals seit dem Jahr 2008 voraussichtlich wieder reduziert haben. Die derzeit bereits vorliegenden Daten lassen vermuten, dass sich der Trend im Jahr 2016 in etwas abgeschwächter Form fortgesetzt haben könnte und ab 2017 an Fahrt aufnimmt. Voraussetzungen hierfür sind neben einem weiterhin verantwortungsbewussten Umgang der Entscheidungsträger vor Ort auch das Anhalten der günstigen konjunkturellen Rahmen- sowie attraktiven Zinsbedingungen an den Finanzmärkten.«

Dass diese Zinsbedingungen in absehbarer Zeit nicht mehr so sein werden, deutet sich bereits an, denn auch Schleswig-Holstein liegt nicht im Weltall, sondern ist Teil des europäischen Wirtschaftsraumes. Die konjunkturelle Erholung Europas hat sich zwar gefestigt. Das Wachstumsgefälle innerhalb der EU bleibt dabei nach wie vor groß. Die europäische Konjunktur sollte nicht als endlos betrachtet werden und gleichermaßen ist das niedrige Zinsniveau ein zeitweilig günstiger Umstand. In Anbetracht der verhaltenen globalen Entwicklung und zahlreicher Unsicherheits- und Risikofaktoren – wie die bevorstehende Abspaltung Großbritanniens, die erheblichen Schuldenlasten und die verdeckte Bankenkrise – wird der laufende Konjunkturzyklus auch demnächst auslaufen. Von einer vorsichtigen Haushaltsplanung ist nichts zu sehen. Zu Euphorie ist trotz der guten Entwicklung für 2018 kein Anlass.

Ignoranz gegenüber der sozialen Spaltung

Der Haushaltsentwurf dokumentiert auch, dass es für diese Regierung keine soziale Spaltung, keine Armut und kein ernstzunehmendes Wohnraumproblem gibt. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus: »120.000 Kinder leben allein in Schleswig-Holstein in Armut«, sagt Ingo Loeding vom Landesvorstand des Kinderschutzbundes in Kiel. »Das ist jedes vierte Kind.« Kinder, die bei Alleinerziehenden oder Arbeitslosen aufwachsen oder in Familien mit Migrationshintergrund seien am häufigsten betroffen. Immer sei der Spagat zwischen der Notwendigkeit einer existenzsichernden Beschäftigung und der fehlenden Zeit für Kinder und Eltern belastend. In Schleswig-Holstein erhalten 15,43% der Kinder Hartz IV. »Als arm gelten aber alle, die Anspruch auf das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket haben. Und das sind auch die Kinder, die Wohngeld beziehen, die Sozialhilfe beziehen, für die der Kinderzuschlag gezahlt wird und die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.« Dies seien dann etwa 25%. »Etwa 420.000 Menschen im Norden lebten im Jahr 2015 unterhalb der Einkommensarmutsgrenze«, erläuterte Hans-Jürgen Nestmann vom AK Senioren der IG Metall Unterelbe. Das Durchschnittseinkommen der abhängig Beschäftigten ist seit 2007 in Schleswig-Holstein um 3,7% gestiegen, auf 32.248 Euro, die Hälfte der Steuerpflichtigen konnte nicht profitieren, ihr Einkommen lag bei höchstens 23.173 Euro.

Wie im Bund zeigen sich auch innerhalb von Schleswig-Holstein starke Unterschiede: Rund um Hamburg – in den Kreisen Herzogtum Lauenburg, Pinneberg, Segeberg und Stormarn – werden sehr hohe Einkommen erzielt, und gelten mit 11,5% nur relativ wenige Menschen als arm. Dagegen sind die kreisfreien Städte und einzelne Regionen wie Steinburg und Dithmarschen (17,6%) besonders stark von Armut betroffen. »Schleswig-Holstein ist ein extrem zerrissenes Land.« Da in den großen Städten »die Mieten explodieren«, hätten hier viele Betroffene kaum noch eine Chance, der Armut zu entkommen. Angesichts von immer mehr Menschen, die damit einfach abgehängt werden, sei eines sehr besorgniserregend: »Es wird immer schwerer, ihnen zu vermitteln, dass wir in einer Gesellschaft leben, die zusammenhalten muss«, sagt Jan Dreckmann vom Paritätischen Wohlfahrtsverband im Norden.

Aber hier sind keine ernsthaften Ansätze einer zukunftsweisenden Politik zu sehen. Immer noch ist Schleswig-Holstein das Niedriglohnland Nummer Eins. Die Tarifverdienste werden nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes im Jahresdurchschnitt 2017 voraussichtlich um 2,3%  höher liegen als im Vorjahr. »Immer mehr Beschäftigte bekommen keinen Tariflohn und werden so um Lohnerhöhungen betrogen: Der Unterschied beträgt rund 600 bis 800 Euro monatlich bei einer Vollzeitstelle. Die Niedriglohnpolitik der Arbeitgeber muss endlich beendet werden – dazu können die Gewerkschaften ihren Beitrag leisten, aber auch Bundes- und Landesregierungen«, sagt Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord. 56% der Beschäftigten in Schleswig-Holstein müssen ohne Tarifvertrag arbeiten.

Nach einem vom DGB erstellten ersten Minijob-Report für Schleswig-Holstein ist von den rund 1,2 Mio. sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten in Schleswig-Holstein ein Fünftel im Minijob beschäftigt. Etwa zwei Drittel davon sind Frauen. Im vergangenen Jahr waren in Schleswig-Holstein 269.980 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Minijobs beschäftigt. Davon waren zwei Drittel im klassischen Erwerbsalter von 25 bis 64 Jahren. Eine überproportionale prozentuale Steigerung ist bei älteren Beschäftigten festzustellen. 60% der geringfügig Beschäftigten sind weiblich, der Anteil der Männer steigt aber in den letzten Jahren. Wie bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beträgt der MigrantInnenanteil auch bei den Minijobs 6%. Vor allem im Einzelhandel und der Gastronomie sind Beschäftigte von diesen prekären Beschäftigungsformen betroffen. Deutlich mehr Frauen als Männer arbeiten in den Minijobs, meist zu Niedriglöhnen. Zwischen 2003 und 2016 hat sich die Zahl der geringfügig Beschäftigten in Schleswig-Holstein von 204.102 auf 269.980 erhöht, eine Steigerung um 32%.

Die absolut meisten Minijobbenden beschäftigen mit Abstand der Einzelhandel und die Gastronomie mit mehr als 37.000 bzw. 30.000 solcher Arbeitsverhältnisse. Allein diese beiden der insgesamt 89 ausgewerteten Branchen vereinen ein Viertel aller geringfügigen Arbeitsverhältnisse auf sich, fünf Branchen vereinigen 40% der Minijobs allein auf sich. Ebenfalls in den TOP 5: Gebäudebetreuung/Garten- und Landschaftsbau (darunter auch Gebäudereiniger), das Gesundheitswesen und die privaten Haushalte mit Hauspersonal.

Unter dem Strich ist für die Jamaikakoalition alles Gut. »Wir tilgen Schulden, sanieren die Infrastruktur und investieren in die Bildung«. Aus der Opposition ist keine grundlegende Kritik am Kurs der Landesregierung zu entnehmen. Es gibt bei den Sozialdemokraten eine blasse Erinnerung an die sozialen Probleme im Land, daher fordern sie kostenfreie Kitas. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner schimpft: Der Etatentwurf sei ohne Ideen und mutlos und räumt dann ein: Jamaika macht »in weiteren Teilen Sie nichts anderes, als die guten alten Projekte der Vorgängerregierung mit mehr Mitteln auszubauen«. Das ist auch keine Zukunftsgestaltung.

Die Ratlosigkeit der SPD wird nur noch von dem Zynismus der Grünen getoppt. Die klagen larmoyant: »Jede fünfte abhängige Beschäftigung bei uns im Land ist nur geringfügig entlohnt, viele müssen ihr Leben durch Minijobs finanzieren oder bekommen einen sehr niedrigen Stundenlohn. Unsichere Arbeitsverhältnisse und ein Festhängen im Niedriglohnbereich führen zu Altersarmut und zu gesundheitlichen Problemen. Deshalb gehört faire Bezahlung auf die politische Agenda. Wir Grüne kämpfen auf allen Ebenen für faire Löhne und gute Beschäftigungsverhältnisse.« Der Hauptakteur dafür ist aber der Bund. Deswegen kann in Schleswig-Holstein die Finanzministerin alles beim alten belassen.

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