Der rechte Rand

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Das antifaschistische Magazin (Hrsg.)
Das IfS. Faschist*innen
des 21. Jahrhunderts

Einblicke in 20 Jahre
»Institut für Staatspolitik«
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Friedrich Engels zum 200.

Reiner Rhefus
Friedrich Engels im Wuppertal
Auf den Spuren des Denkers, Machers und Revolutionärs im »deutschen Manchester«
184 Seiten | in Farbe | Hardcover | zahlreiche Fotos | EUR 16.80
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Lebenswertes Hamburg
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Karl Marx war fünf mal in Hamburg?

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Linke Kommunalpolitik –
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Für Einsteiger*innen und Fortgeschrittene
Aktualisierte Neuausgabe |
Crashkurs Kommune 12
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ISBN 978-3-89965-799-9

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33 Stätten der Erinnerung und Mahnung | Herausgegeben von der Willi-Bredel-Gesellschaft – Geschichtswerkstatt e.V.
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ISBN 978-3-89965-578-0

7. Juni 2017 Joachim Bischoff / Norbert Weber

HSH Nordbank – die Öffentlichkeit wird hinter die chinesische Fichte geführt

Das Ende dieser öffentlichen Großbank ist absehbar. Sie war seit der Finanzkrise 2008 nie wirklich aus dem Zustand einer drohenden Insolvenz herausgekommen. Immer wieder haben die Großaktionäre – die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein – durch Kapitalaufstockung, Garantieleistungen und Übernahme von notleidenden Schiffskrediten zu marktfernen Vorzugspreisen die Bank am Leben erhalten. Der entscheidende Grund für die jahrelange Nibelungentreue: Ohne diese vielfältigen Rettungsversuche hätte der HSH Nordbank seit 2009 immer wieder die Abwicklung gedroht – mit fatalen Folgen für die Länderhaushalte.

Die HSH Nordbank soll – so die Auflagen der EU-Kommission – bis Frühjahr 2018 verkauft sein. Offiziell wurde das Verkaufsverfahren im ersten Quartal 2017 eröffnet. Wie im Unternehmensbereich üblich, müssen bis dahin weitere Altlasten entsorgt und das angebotene Institut »verschönert« werden. Eine wichtige Operation war der Ankauf von notleidenden Schiffskrediten (4,9 Mrd. Euro) durch die Eigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein. Dieser Schritt umfasst die Hälfte der Problemfälle unter den Schiffskrediten aus den Jahren bis 2009 und er hat die HSH Nordbank stark entlastet. Ohne diesen Transfer hätte das Institut nicht länger bestehen können.

Unserer Auffassung nach reicht dieser Verkauf von faulen Schiffskrediten als »Verschönerungsoperation« jedoch nicht aus. In der Bank sind weitere notleidende Kredite geparkt und vor allem die Entwicklung in der Schifffahrtsbranche signalisiert keine Trendwende. Im Gegenteil: Vor wenigen Tagen hatte die HSH Nordbank »sehr überraschend« und »ohne weitere Verhandlungsbereitschaft« die Kreditanträge der Rickmers-Gruppe abgelehnt und die große Reederei in den Konkurs geschickt.

Die HSH war der größte Gläubiger der Reederei, die zuletzt insgesamt fast 1,6 Milliarden Euro an Finanzverbindlichkeiten auswies. Im geplanten Sanierungskonzept hätten der HSH Nordbank aus einem geplanten Verkauf des Unternehmens 75 Millionen US-Dollar zufließen sollen. Das Engagement der Bank bei Rickmers wird auf eine dreiviertel Milliarde Euro taxiert, rund zwei Drittel davon hatten die Hamburger bis 2020 bzw. 2021 verlängert und Bereitschaft zu einem Forderungsverzicht signalisiert. Ein Sprecher der HSH Nordbank will der Öffentlichkeit weismachen, dass die Bank keine größeren neuen Belastungen aus der Rickmers-Pleite zu tragen hätte. Dies grenzt an Verhöhnung des Publikums. Die Bank hatte schon im Vorjahr rund zwei Milliarden Euro Kreditvorsorge gebildet, in erster Linie auf faule Schiffskredite. Sie gerät mit Rickmers und den weiteren Pleiten immer tiefer in den Abwärtsstrudel.

 

Ausweg Verkauf?

An Sanierung ist nicht mehr zu denken. Es wird ein naiver Käufer gesucht. Die wohlwollende Presse berichtete Anfang Mai darüber, dass chinesische Finanzkonzerne ihre Fühler nach der HSH Nordbank ausstrecken würden. Insgesamt seien noch zwischen sieben und neun Interessenten im Rennen. Bis Ende Juni müssen die Bieter verbindliche Angebote abgeben. Dann werden die Länder im Idealfall zwei Bieter auswählen, mit denen sie in Endverhandlungen treten. Ende Mai hieß es dann, die chinesischen Konzerne hätten sich wieder zurückgezogen. Europäische Banken hingegen sind nicht interessiert. Die Stunde der Wahrheit naht. Ein Drehbuch für dieses Bankdrama liefert die WESTLB.

Die Zeitung DIE WELT titelte am 14.12.2010: »Chinesen wollen die WestLB vollständig übernehmen«. Wir alle wissen, was aus der WestLB geworden ist: Niemand hat die Bank als Ganzes übernommen, weder die Chinesen noch irgendwelche Finanzinvestoren. Die WestLB wurde zum 30. Juni 2012 in drei Teile aufgespalten, Rechtsnachfolgerin wurde die neu gegründete Portigon AG im Eigentum des Landes NRW. Diese Portigon musste weitestgehend alle bekannten und latenten Risiken der ehemaligen WestLB auf sich nehmen. Zudem musste die Portigon nahezu alle Mitarbeiter der ehemaligen WestLB übernehmen (davon ausgenommen sind etwa 450 Mitarbeiter, die in die neu gegründete »Verbundbank NRW« wechseln konnten). 2012 waren es von ehemals 4.500 Mitarbeiter noch 2.776, 2015 waren es noch 451.
Die verbliebenen drei Teile der ehemaligen WestLB setzen sich so zusammen:

  1. Die Portigon AG als Rechtsnachfolgerin, Gesellschafter sind zu 69,49% das Land NRW, zu 30,51% die NRW Bank.
  2. Die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) als Bad Bank unter Aufsicht des SoFFin.
  3. »Verbundbank NRW« – führt unter dem Dach der Frankfurter Helaba das Geschäft mit den landesweiten Sparkassen, Kommunen und Firmenkunden weiter.

 


Ist das ein Drehbuch für das Ende der HSH Nordbank?

Auch im aktuellen Verkaufsprozess der HSH Nordbank wird von den Managern und Politikern die Karte der chinesischen Anleger gespielt. Der Öffentlichkeit wird gebetsmühlenartig sowohl von Bankseite als auch von der Politik erzählt, im Verkaufsprozess läge alles im grünen Bereich. Weder die Parlamentarier in Hamburg bzw. Schleswig-Holstein noch die Öffentlichkeit bekommen konkrete Antworten auf dringende Fragen, alles wird nebulös gehalten. Transparenz? Fehlanzeige!

Da bleibt nur, auf Faktenmaterial zurückzugreifen. Die Bank bzw. die Politik kann nicht verhindern, dass dieses gesetzlich publiziert werden muss. Als Reaktion auf die große Finanz- und Bankenkrise gibt es ein strikteres, aber immer noch löchriges Reglement der Bankenaufsicht. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hatte am 14. Dezember 2016 endlich die finalen Leitlinien für die Offenlegung der Risiken veröffentlicht, die auch die öffentlichkeitsscheue Zombie-HSH-Nordbank zwingt, Einblicke in ihr Innenleben zu gewähren.  Im Offenlegungsbericht finden sich zusätzliche Informationen über das Risikoprofil der Bank, die im entsprechenden Geschäftsbericht nicht zu finden sind.

Jedoch wäre die HSH Nordbank nicht die HSH Nordbank, wenn man nicht auch hier alle Möglichkeiten ausnutzen würde, Informationen nicht veröffentlichen zu müssen. Beispiel: Als Begründung für die gesunkene Eigenmittelanforderung bezüglich Kreditrisiken wird ausgeführt: »die hierfür maßgebliche RWA-Reduktion resultiert insbesondere aus der Veräußerung von notleidenden und weitgehend in US-Dollar denominierten Schiffskrediten an die HSH portfoliomanagement AöR (Länder) zum 30. Juni 2016 und der vorgenommenen Verbriefung von Portfoliorisiken (synthetische Verbriefungstransaktion, siehe Abschnitt 2.3.3.) sowie dem fortschreitenden aktiven Abbau des Altportfolios. Dagegen entwickelten sich die wesentlichen Risikoparameter der Bank insbesondere aufgrund der Entwicklung der Schifffahrtsmärkte gegenüber dem Vorjahr negativ.«

»Synthetische Verbriefungstransaktionen«… da war doch noch was? Genau diese Geschäfte hatten die HSH Nordbank in 2007/2008 in Schieflage gebracht, weshalb sie aus Steuergeldern gerettet werden musste. Folgt man dem Hinweis auf Abschnitt 2.3.3, findet man … nichts … der Abschnitt ist in der publizierten Fassung des Offenlegungsberichtes nicht zu finden. Hier gibt es lediglich einen Hinweis auf Abschnitt 4 – Verbriefungen.

In dem Abschnitt wird als Erstes darauf hingewiesen, dass »Verbriefungen« ein wichtiges Instrument zur Refinanzierung, zur Eigenkapitalentlastung und zur Risikosteuerung der Bank seien. Eine schöne Beschreibung für die Auslagerung von Risiken in bilanzferne Zweckgesellschaften.

Schaut man sich das aktuelle Volumen (Risikopositionswert) dieser Geschäfte an, so kommt man auf mehr als 33 Mrd. Euro. (Seite 46ff. Offenlegungsbericht) Neben altbekannten Namen von Zweckgesellschaften wie Carrera, Castellum, Ocean usw. taucht ein neuer Name auf: Smartfact S.A. Luxemburg. Dass ausgerechnet BlackRock die Kreditanalyse der Bank unterstützt und als Dienstleister für die entsprechenden Unternehmensbereiche der Bank fungiert, beruhigt eher nicht.


Fazit

Laut Offenlegungsbericht hat die Bank (neben den Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ländergarantie) im IV. Quartal 2016 nochmals Forderungsverbriefungen von Kreditforderungen aus den Bereichen Unternehmenskunden und Immobilienkunden im Volumen von insgesamt drei Mrd. Euro vorgenommen! (Seite 54, Abschnitt 4.4.ff. Offenlegungsbericht)

Wie jede andere Bank auch kann diese hereingenommene Sicherheiten von Kunden o.ä. selbst weitergeben und als Sicherheit für eigene Refinanzierungen hinterlegen. Der Buchwert dieser belasteten Vermögenswerte beträgt 29,466 Mrd. Euro, ein Drittel der gesamten Bilanzsumme der Bank. Vermutlich trägt diese Situation auch dazu bei, dass die Bank kaum Sicherheiten verwerten kann. Diese »gehören« der Bank gar nicht mehr zur freien Verwertung und Verfügung.
Darüber hinaus ist dem »Offenlegungsbericht zu entnehmen, dass die Bank, über die Bilanzsumme hinaus, weitere »außerbilanzielle Risikopositionen zum Bruttonominalwert« über 12,643 Mrd. Euro zu tragen hat.

Der aktuelle Offenlegungsbericht gibt also nicht präzise Aufschluss darüber, wie hoch der aktuelle Stand der von der Bank eingegangenen Risiken ist. Fest steht, dass in der Bank auch nach dem Verkauf von Schiffspapieren an die Bundesländer erhebliche Risiken verblieben sind. »Über« allen Betrachtungen steht die reale Befürchtung, dass am »Ende aller Tage« der ganze Schrott den Ländern vor die Tür gekippt wird.

Bekanntlich haben sich die Länder zum Jahreswechsel 2015/2016 zu unserem Bedauern nicht für die Überführung der HSH Nordbank in ein geordnetes Sanierungs- und Abwicklungsverfahren nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) entschieden, sondern haben erneut frisches Steuergeld in die Hand genommen, um die Bank zu stabilisieren. Wir haben bereits mehrfach ausführlich darüber berichtet.

Zu betrachten ist jedoch nochmals die Rolle der bundesweiten Sparkassenorganisationen. Hier regt sich zunehmend Unruhe. Offiziell wird Gelassenheit demonstriert, im Hintergrund herrscht jedoch hektisches, teilweise panisches Treiben.

Das zu lösende Problem im Zusammenhang mit der Zukunft der HSH Nordbank ist für die Sparkassen immens und beschreibt sich wie folgt: Wenn über Sicherungsinstrumente und Möglichkeiten gesprochen wird, die SteuerzahlerInnen und SparerInnen vor den Risiken von in die Schieflage gesteuerten Banken zu schützen, darf die Sicherungsreserve der Landesbanken und Girozentralen nicht vergessen werden, denen neben der HSH Nordbank folgende Landesbanken angehören: Bayerische Landesbank, München; Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg – Girozentrale – Bremen; DekaBank Deutsche Girozentrale, Frankfurt/Main; Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart, Karlsruhe und Mannheim; Landesbank Berlin AG, Berlin; Landesbank Hessen-Thüringen – Girozentrale – Frankfurt/Main und Erfurt; Landesbank Saar, Saarbrücken; Norddeutsche Landesbank Girozentrale, Hannover, Braunschweig und Magdeburg; sowie die folgenden Institute: Berlin Hyp AG, Berlin; DEG Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH, Köln; Deutsche Hypothekenbank (Actien-Gesellschaft) Hannover; Frankfurter Bankgesellschaft (Deutschland) AG, Frankfurt/Main; Landesbank Berlin Holding AG, Berlin; Portigon AG, Düsseldorf (ehemals WestLB); Sparkassen Broker AG & Co KG, Wiesbaden; Weberbank Actiengesellschaft, Berlin.

Nach den Statuten dieses institutsbezogenen und amtlich anerkannten Einlagensicherungssystems müssen sich alle Mitgliedsinstitute gegenseitig wirtschaftlich unterstützen, um eine Insolvenz eines Mitglieds zu vermeiden. Im Falle einer Insolvenz werden die Einlagen bis zu 100.000 Euro aus dieser Verbundsicherung erstattet.

Die HSH Nordbank begibt regelmäßig Schuldverschreibungen zur eigenen Refinanzierung. Diese Schuldverschreibungen beinhalten das sogenannte Emittentenrisiko, der Anspruch »steht und fällt« mit dem Fortbestand der Bank. In einem möglichen Insolvenzszenario würden die Ansprüche der Gläubiger aus den Schuldverschreibungen »gegen Null« gehen. Von den begebenen etwa 12 Mrd. Euro sind ca. 7 Mrd. Euro an Schuldverschreibungen »über den Tisch« von Sparkassen gegangen, die diese an ihre Endkunden verkauft haben.

Sollte das Ganze schiefgehen, haben diese Sparkassen ein weiteres Problem. Anlegeranwälte reiben sich bereits die Hände, um wegen Falschberatung gegen diese Thekengeschäfte vorzugehen, mit dem Ziel, die Gelder von den vermittelnden Sparkassen zurückzufordern. Ob es sich die Sparkassen aus Imagegründen leisten können, diese etwa 7 Mrd. Euro nicht an ihre Kunden zurückzuerstatten, bleibt fraglich. Die gesamte Sparkassenorganisation hat für solche Fälle nach unseren Informationen einen »Topf« mit über einer Mrd. Euro gebildet. Alle Sparkassen und somit Bundesländer als deren Eigentümer müssten also ordentlich nachschießen.

Das einfache Ende wird es im Fall der HSH Nordbank nicht geben. Gleich, ob sich ein Käufer findet oder ob die Bank letztendlich doch im Rahmen der europäischen Bankenregelung abgewickelt werden wird, die Schlussabrechnung wird für die Bundesländer in jedem Fall das Anwachsen der öffentlichen Schulden nach sich ziehen. Frau Heinold von den Grünen und in den letzten Jahren als Finanzministerin für Schleswig-Holstein für die Rettungsversuche der HSH Nordbank mitverantwortlich, hat die künftigen neuen Koalitionspartner CDU und FDP bereits in den Verhandlungen auf die Aufgabenstellung vorbereitet: » Die HSH ist und bleibt das größte Haushaltsrisiko für unser Land. Wir wissen, dass da zusätzliche Schulden in immer noch ungewisser Höhe auf uns zukommen. Und die entsprechenden Zinszahlungen. Deshalb haben wir auch festgelegt, dass wir die Zinsvorsorge für die HSH ständig überprüfen und bei Bedarf anpassen, also aufstocken werden.«

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